— Hier sind sie alle!
Und Monsieur zieht ein großes Paket hervor. Marie Antoinette erkennt sofort die Handschrift. Die Briefe sind mit L> unterzeichnet— also Laval-Montmorency. Die Königin braucht gar nicht lange zu lesen, um, sich zu überzeugen, daß die-gute Aebtis- sin total närrisch ist; man muß ihr schleunigst zu Hilfe kommen. Die Königin fragt sich, wen sie mit in Las Vertrauen ziehen soll. Eine exempiarischc Rache. Monsieur ist fort und fast zu gleicher Zeit tritt die Comtesse,
A»s den M«m.-Iren der'.«öni.-in Marie Antoinette. i Marschallin von Msuchy ein. Da die Königin nicht wußte, an
Der spätere König Ludwig XVIll. von Frankreich war als wen sie fick wenden sollte, so erzählt sie dieser alten Dame ihre
"und Monsieurs Verlegenheit.
Hauptkirchen der Prozeß gemacht. Derselbe hat auf her Kanzel die Fortschrittspartei, die Anerkennung Italiens, die Presse, die Telegraphen verflucht, und dadurch eine solche Empörungen der Kirche hervorgebracht, daß es zu einem förmlichen Kampfe zwischen denen, die ihn von der Kanzel werfen, und jenen, die ihn schützen wollten, kam, bis endlich Polizei und Gendarmerie einschritt und den Pastor von der Kanzel holte.
Monsieur seines Witzes, seiner satyrischen Einfälle wegen gefürch.- tet. Die einfache Folge davon war, daß er den ganzen Hof gegen sich hatte. Man machte ihm in seinen Plänen allenthalben heimlich Querstriche, spiouirte seine zarten Verhältnisse aus und bestrebte sich, den Spaßvogel selbst zum Gegenstand des Gelächters zu macken.
Vorsichtig geworden, wählte er den Gegenstand seiner Liebe auf einem, den meisten Hofleuten ziemlich fremden Gebiet — im Kloster, oder vielmehr in der Erziehungsanstalt von Montmartre
Der strengen Ehrendame der Königin wäre cs nie in den Sinn gekommen zu glauben, daß es Jemand auf der Welt habe wage» können, Ihre Majestät zu mystificiren, und noch dazu dadurch, daß man die ehrwürdige Acbtissin von Montmartre compromittirte. Sie glaubt also völlig daran und denkt nur auf Mittel, die alte Dame von ihrem Liebesfieber zu heilen Sie schlägt der Königin vor, daß sie sich in die Abtei begeben, darüber Erkundigungen einziehen. und mit Madame Montmorency,
zu Paris, welche von einer sehr strengen, sogar für heilig gehal-.mit der sie in Freundschaft stand, sprechen wolle. Marie Antoi- tencn Dame überwacht wurde. ! nettes billigt dieß, und Madame von Mouchy fährt hin.
Eine junge Marquise, Lilly de Noyers, war's, welche Mon-! Den Abend zuvor hatte die Aebtissin ein sorgfältig versiegel- ficur bezaubert hatte. Er fand Gelegenheit, sie heimlich zu spre-! tes Briefchen erhalten Es kam von einem Freunde, der sie von chen und empfing von ihr die zärtlichsten Briese. seinem Unglücke der Madame von Mouchy in Kenntniß setzte.
Eines Tages ward er zur Acbtissin, eine Dame von Montmc-!Die Marschallin war plötzlich in heftiger Leidenschaft zu Mon- rency, unterthanigst eingeladen. j sieur entbrannt, und schon hatte sie sich durch ihre Zuvorkommen-
Monsieur erscheint mit bangen Ahnungen Heiken gegen den Prinzen am Hofe zum Gegenstände des Spottes
Die Aebtissin empfängt ihn sehr feierlich — Monsieur, mein Prinz, Ihre unselige Verbindung mit Lilly de Noyers ist entdeckt, fängt die Aebtissin an.
Monsieur legt sich auj'ssLügen.
— Alles ist klar — hier sind Ihre Briese. Bereits als Lilly den ersten Brief an Sie abjandte, schöpfte ich Verdacht Ich bemächtigte mich des Brief's-
— Wie gütig, Frau Aebtissin! rief Monsieur erröthenv.
— Ich schrieb den Brief ab, sandte Ihnen meine Abschrift und behielt das Original, um solches den Eltern Lillys später vorlegen zu können. Alle anderen Briefe von Lilly sind durch
meine Hand gegangen, habe ich abgeschrieben-
— Und ich habe Ihre Schreiberei in der Brusttasche mit herumgeschleppt. — Dieß ist eine höllische Grausamkeit, Madame! Aber Sie sollen von mir hören! Parbleu!
Monsieur ging außer sich ab.
Eines Tags sagt Monsieur der Königin, daß er sich in einer sehr schwierigen Lage befände.
--- Was ist's denn, mein Bruder?
— Mein Gott, theure Schwester, der Fall ist so sonderbar, daß ich Ihnen kaum das Geständniß zu thun wage! Und gleichwohl muß man Maßregeln nehmen, denn der Eclat eines solchen Ungebürnifses würde ein ganzes Nonnenkloster und die Würde eines großen Hauses compromittiren
Monsieur hält inne, seufzt und schlägt die Augen nieder; die Neugierde der Königin ist gewaltig gespannt und sie bittet ihren Schwager, unter Zusicherung des tiefsten Schweigens, sihr die Sache zu offenbaren. Monsieur beginnt endlich wieder, indem er unruhig um sich blickt.
— Sollten Sie es wohl glauben, liebe Schwester, fuhr er fort, daß Mad. v. Laval Montmorencys, diese betagte und ehrenwürdige Aebtissin von Montmartre, ganz toll in Ihren unterthä- nigen Diener verliebt ist? Täglich erhalte ich Briefchen von ihr, worin sie mir ihre heiße LiebeSflamme schildert, und ich weiß in der That nicht, wie ich diesem verliebten Abenteuer entgehen soll Die Königin ist ganz erstaunt; Monsieurs ernstes Wesen und Kummer läßt nicht den Gedanken in ihr aufkommen, daß er einen Scherz vorbabr. Der Prinz führt alsdann mehrere Fragmente aus dieser Corr.spondenz aus dem Gedächtnisse an, die er, wie er sagt, noch sebr bemäntelt.
Die flyriscken Ergüsse sind indeß stark genug, um bei der Königin einen Verdacht au,schießen zu lassen.
Wy find die Ärieie? fragte sie Ich brauche nur einen
gemacht. Man bat die Aebtissiin, ihre intime Freundin, sie nach Montmartre kommen zu lassen, ihr darüber Vorstellungen zu machen und sic schleunigst zu Vernunft zu bringen.
Die edle und fromme Dignitarin seufzte jüber die Folgen einer eben so unsinnigen als strafbaren Liebe, und Lachte die ganze Nacht darüber nach, was da zu thun sei. Sie war noch zu keinem Entschlüsse gelangt, als eine Pförtnerin ganz außer Athen gelaufen kam, um ihr zu sagen, daß die Madame Marschallin von Mouchy am Gitter stehe und mit ihr zu sprechen wünsche. Die Aebtissin, an die Besuche fihrer Freundin gewöhnt, erstaunt nicht über ihre Ankunft. Nichtsdestoweniger aber sieht sie einen Fingerzeig Gottes darin und freut sich über den Umstand, der ihr Gelegenheit gibt, ganz im Vertrauen mit ihr über einen kitzligen Punkt zu verhandeln. Sie befahl also, die erste Ehrendame der Königin alsobald einzulassen.
Man stelle sich nun diese beiden ehrwürdigen Matronen vor, von denen jede über einen so delikaten Gegenstand sprechen null! Die Unterhaltung dreht sich anfangs um allgemeine Maximen, dann leitet man das Gespräch allmählig auf Monsieurs Verdienst: er ist würdig, heftige Leidenschaften einzuflößen, aber das Alter muß vor solchen Thorheiten schützen. Erst spricht man ungemein schonend und behutsam, es kommt aber allmählig zu deutlicheren Erklärungen, bis man sich zuletzt gegenseitig die Beschuldigung, in Monsieur verliebt zu sein, geradezu unter sehr anzüglichen Komplimenten ins Gesicht sagt. — Alsbald springen die Aebtissin und die Ehrendame auf und sehen sich mit fragenden Blicken an; die Erklärung platzt los wie eine Bombe; ein Wort gibt das andere, eine Beleidigung folgt der andern; die Unterredung glich einem Lauffeuer, einem Strome des Zorns und des Unwillens, den nichts aufzuhalten vermag. Endlich kamen aber die beiden Damen, da ihre Lungen zn sehr angegriffen waren, zu der etwas späten Ueberlegung, daß dieß Alles wohl nur eine unverschämte Mystifikation sein könne: Monsieur war der Anstifter und das Gewitter zog sich über ihm zusammen.
Madame von Montmartre schrieb an den König und beklagte sich über den Leichtsinn des Prinzen, der ein siebzigjähriges tugendhaftes Leben comp-omitirte. Madame Mouchy kehrte wüthend nach Versailles zurück. Obwohl die getäuschte Königin diesen Scherz ein wenig zn stark fand, so mußte sie doch mit Monsieur, dem Grafen von Artois und der ganzen übrigen Königsfamilie darüber lachen, nur der König behielt, des DecorumS halber, seine Ernsthaftigkeit bei; er schrieb an Madame von Montmartre, sagte der Madame vou Mouchy etwas Schönes und so gelang es ihm
einzigen z» sehen — ick kenne die Hand der Aebtissin sehr genau, endlich, diese Sache niederzuschlagen.
««drurki und verl«i ««« A. S«ltchl4Zer