Kunstnotiz. Soeben erfahren wir aus bestimmter Quelle, daß künftigen Samstag die Teinacher Cur Kapelle hier im Gar­ten des Herrn Thudiüm ein Concert geben wird. Wir neh­men gerne Veranlassung, ein kunstliebendes Publikum schon deßhalb besonders aufmerksam zu wachen, da die Kapelle aus lauter Künstlern der Fürstlich hohenzollern-hechingen'schen Hofkapelle zu Löwenberg in Schlesien besteht und ihre Leistungen als wirklich vortrefflich genannt zu werden verdienen. An recht zahlreicher Betheiligung zweifeln wir nicht. Mehrere Kunstfreunde.

Tagesneuigkeiten

Das erledigte Oberamts-Physikat Neuenbürg wurde dem praktischen Arzte Dr. Faber in Bietigheim, Oberamts Besigheim, übertrügen.

Herrenberg, 8. Juni. Am Pfingstmontag, Abends 10 V- Uhr, entspann sich zwischen 2 jungen Männern von Nebringen und Kayh in elfterem Ort aus unbedeutender Ursache ein Streit, welcher damit endete, daß der eine Theil von dem andern mit einem Messer in den Leib gestochen, 12 Stunden nach Ausbruch der Händel den Geist ausgab. Der Verstorbene war der einzige Sohn einer Wittwe; der Thäter ist in Haft.

Stuttgart. Aus sicherer Quelle geht uns die Mittheilung zuh daß im Laufe dieses Späljahrs sämmtliche württembergische Truppen zu größeren Marsch- und Kriegsübungen ausmarschiren werden und zwar Heuer erstmals mit kürzerer Dauer als sonst in der Art,daß jede Garnison für sich ihre Uebung hält. (N. T.)

Stuttgart, 9. Juni. Von Pros. Mährlen ist eine neue Schrift über die. Sckwarzwaldbahnen im Sinne Zellers und für die Richtung über Böblingen gegen die über Leonberg erschienen, die indeß nur im Wesentlichen früher Gesagtes rekapitulirt.

Als anno 1848 der Erzherzog-Reichsvcrwcser unter dem Ge­läute aller Glocken in Frankfurt einzog, sprang die große Ca­rolus-Glocke vor Freuden. Die Gegner sprachen von allzuheftiger Parteinahme des Glöckners für denkühnen Griff" und sahen darin ein böses Omen. Sie behielten leider Recht und bei der Kaiser-Wahl konnte die große Glocke gar nicht geläutet werden; jetzt aber wird die Glocke umgegossen, um den Sprung und die Verstimmung aus der Welt zu schaffen; nur der Riß durchs Reich scheint unheilbar.

-- Eisenach, 7. Juni. Heute trat hier der erste deutsche Protestantentag ins^Leben. Es tritt damit ein Werk zu Tage, das ursprünglich der religiösen Bewegung in Baden seine Ent­stehung verdankt, dessen Ausführung im vorigen Jahre wegen der die ganze deutsche Welt in Anspruch nehmenden politischen Be­wegung vorläufig aufgeschoben ward und nunmehr, nachdem es in kleineren und größeren Kreisen vorbereitet worden, an die Oesfent- lichkeit gelangt. Es handelt sich darum, das Leben und die leben­dige Theilnahme innerhalb der so vielfach zerfahrenen protestan­tischen Kirche zu wecken, den religiösen Sinn, die sittliche Kraft zu stärken, die evangelischeKirche und ihrenAusbau auf derGrundlage des Gemeindeprinzips zu fördern, die Rechte, die Ehre und Frei­heit des deutschen Protestantismus zu wahren; es handelt sich aber auch darum, alles unprotestantische, hierarchische Wesen zu bekämpfen. Heute wurde die Versammlung in der hiesigen Niko­laikirche mit einer geist- und kraftvollen Predigt des Hofpredigers Meyer von Koburg eröffnet, worauf die Versammlung sich unter dem Vorsitze von Bluntschli und Schwarz mit den eigentlichen Verhandlungen zu beschäftigen begann. Bluntschli eröffnete den ersten deutschen Protestantentag mit einem Blick auf die Lage der protestantischen Kirche und die oben angedeuteten Gründe für die Entstehung des Vereins. Er sprach mit Offenheit und Ge­schick von dem Nothstande, dem abgeholfen werden muß, von dem staatlichen und geistlichen Druck, der zu bekämpfen ist. Dann redete Rothe von Heidelberg über die Mittel, das Leben innerhalb der Kirche zu Wecken, Schwarz wird von der Lehrfreiheit und dem Symbolzwang reden, Holtzendorff von Berlin über die ge­mischten Ehen, Ewald über den Nothstand der mecklenburgischen Kirche sprechen.

Der junge König von Baiern machte kurz vor Pfingsten von Berg einen Ausslug zu Pferde nach Tegernsee. Aus dem Rückwege wurde er von einem Gewitter überrascht und das

Pferd des Reitknechts setzte denselben, vom Donner erschreckt, ab und ging durch. Der König ritt zur Stelle zurück, wo sein Reitknecht lag und reichte ihm die Hand. In demselben Augen­blick fuhr ein Blitz mit gewaltigem Donner hernieder, das Pferd des Königs wurde auch scheu, setzte ihn ab und ging ebenfalls durch. Der König und sein Knecht gingen nun zu Fuß und wa­ren froh, ein Bäuerlein zu treffen, dem sie den Regenschirm ab­kaufen konnten, um fichZgegen den Regen etwas zu schützen. Sie trafen spät in der Nacht wieder in Berg ein.

Die neue Eisenbahn von Nürnberg nach Würzburg soll am 20. Juni dem öffentlichen Verkehr übergeben werden.

Wien. DieFr. Pstz." schreibt: Es ist seit Kurzem viel von der Entfernung des Herzogs von Augustenburg aus den Her- zogthümern die Rede. Der Großherzog von Oldenburg ist nickt der Erste gewesen, der sie angeregt. Preußen hat schon geraume Zeit hindurch, unter Beifügung ausführlicher Rechlßdedukticnen, darauf gedrungen. Oesterreich widersetzt sich der unfreiwilligen Entfernung des Herzogs von Augustenburg aus Schleswig-Hol­stein.

Berlin. In der Abgeordnetensitzung vom 2. Juni ent­stand bei Berathung des Marinebudgets zwischen dem Minister­präsidenten v. Bismarck und dem Berichterstatter Virchow ein Streit, welcher eine ernste Richtung genommen hat. Virchow un­terwarf die Politik der Regierung einer scharfen Kritik und sagte aus den Vorwurf Bismarck's, daß die Kommission kein Interesse für die Preußische Marine habe, der Ministerpräsident könne Len Bericht gar nicht ganz gelesen haben, sonst wüßte er (Virchow) in der Thal nicht, was er von dessen Wahrhaftigkeit denken solle. Der Ministerpräsident glaubte hiefür persönliche Genugthuung fordern zu müssen, um so mehr, als der Viccpräfident kein Un­recht in Virchow's Rede zu erblicken vermochte. Ohne den steno­graphischen Bericht abzuwarten, sandte v. Bismarck einen Offizier an den Abg. Prof. v. Virchow und ließ ihn auffordern, entweder die im Abgeordnetenhause gethane beleidigende Aeußerung zu wi­derrufen, oder mit den Waffen Genugthuung zu geben. Virchow (ein berühmter Arzt) war aber, als der Cartellträger kam, zur Berathung eines kranken Freundes nach Elberfeld abgereist. Am 8. Juni wurde nun die Bismarck'scke Duellsorderuug im Abge­ordnetenhause besprochen und sder Präsident Grabow sprach auf Forckenbeck's Antrag die Erwartung aus, Virchow werde das Duell zurückweisen, wogegen der Kriegsminister protestiere. Bei daran sich knüpfender Debatte war die überwiegende Mehrheit des Hauses der Ansicht, daß ein Abgeordneter für seine Aeußerun- gen in der Kammer durchaus nicht außerhalb derselben Saris,ak- tion geben dürfe, sondern nur dem Hause verantwortlich sei, weil sonst die Redefreiheit illusorisch würde. Virchow lehnte auch wirklich das Duell mit Berufung auf seine parlamentarische Pflicht, und zwar wiederholt, ab. Die Motive der Ablehnung will er in der Sitzung am nächsten Donnerstag angebeu. Eine Anerken- nungsadrefse an Virchow findet zahlreiche Unterschriften.

Berlin, 9. Juni. DieNordd. Allg. Ztg." theilt eine Circulardepesche vom 31. Mai an. die Zollvereinsregierungen Betreffs der Handelsverhaltniffe zu Italien, bezüglich der damit zusammenhängenden Anerkennungsfrage n.it. Nach vorläufigem Austausch der Ansichten Preußens und Italiens hat Italien, als Form für das zu treffende Abkommen die Form eines Handels­vertrags mit dem Zollvereine allein als annehmbar bezeichnet. Auf den Vorschlag, durch ein zu vereinbarendes Protokoll einen moäus vivendi herzustellen, ist es nicht eingegangen. Jralien hält es mit seiner Würde und Stellung ,im eigenen Lande un­vereinbar, ein Abkommen in anderer Form abzusckließen, als mit Frankreich und England. Es weist darauf hin, daß das Parla­ment ein Abkommen mit Staaten nicht genehmigen würde, die Italien nicht anerkennen, aber Vortheil aus ihm ziehen wollen. Die Bedeutung der Wichtigkeit der Handelsbeziehungen des Zoll­vereins zu Italien seien unverkennbar, eine sorgsame Erwägung der Sache werde daher für dringend nothwendig gehalten.

Frankreich. Paris, 7. Juni. Der Kaiser wird am 10. in Paris zurückerwartet. Es scheint, daß er das große Wettren­nen, das am nächsten Sonntage statlfindet, durch seine Anwe­senheit verherrlichen und dort zugleich die Ovation der Pariser