Meldungen stellen einen mittelstaatlichen Antrag auf Zulassung eines schleswig-hosteinischen Gesandten beim Bundestag mit nahe­zu gesicherter Majorität in nächste Aussicht.

Wien, 18. Mai. Es bestätigt sich, daß die österreichische Depesche vom 12. d. M. den früher von Oesterreich selbst gemach­ten und von Preußen bereits angenommenen Vorschlag, vorerst die schleswig-holstein'schen Stände von 1854 einzuderusen, aus­drücklich fallen läßt und sich für die Berufung nach dem Wahl­gesetz vou 1848 erklärt. Darf man nun aber der Nordd. Allg. Ztg. glauben, so besteht jetzt Preußen auf der von Oesterreich vorgeschlagenen und von Preußen angenommenen vorgängigen Berufung der Provinzialstände. Also ein neuer Kreislauf der Verhandlungen, der das Ende des Provisoriums nicht beschleuni­gen kann.

Berlin, 20. Mai. Von offiziöser Seite wird versichert, die Zustimmung Oesterreichs zu dem beabsichtigten Anträge der Mittelstaatey bei der Bundesversammlung (s. Wien) sei unwahr­scheinlich.

Berlin, 17. Mai. Tie Marinecommission schloß nach der gestrigen Nachtsitzung und einer heute abgehaltenen vierstündigen Sitzung ihre Berathnugen. Der Gesetzesentwurf wurde einstim­mig abgelehnt; ebenso sämmtliche Amendements.

Frankreich. In Lyon herrscht große Noth unter den Arbei­tern. Nahe an 64,000 Einwohner haben so gut wie gar keinen Verdienst und die Unterstützungen, die ihnen geboten werden, sind wie ein Jropfeu auf einen heißen Stein.

Amerika. Die Leiche des Präsidenten Lincoln ist am 4. d. in Springsield, Illinois, zur Erde bestattet worden. Das The­ater in Washington, in welchem der Präsident das Leben verlor, soll niedergerissen und auf der Stätte ein Monument dem Mär­tyrer zu Ehren errichtet werden. Ein einziger Lobspruch aus Feindes Munde wiegt schwerer als die längsten Lobreden der An­hänger und Freunde. Bei der Nachricht von Lincolns Ermor-' düng hat General Lee tief erschüttert den Ausruf gethan: Lin­colns Güte war mächtiger als Granl's Artillerie. An heim­licher Stelle ist der Leichnam des Mörders Wilkes Booth beer­digt worden. Außer einigen Mitgliedern der Regierung und den unmittelbar zu dem Begräbnisse hinzugezogenen Arbeitern weiß niemand in Washington, wird wohl niemand in der ganzen Welt je wissen, wo der fanatische Meuchler seine Ruhestätte gesunden hat. Ein Newyorker Blatt nennt es mit Recht den besten Wunsch, den die Angehörigen Bocth's hegen können, daß sein Name und sein Andenken so viel wie möglich verwischt werde. Wie De­peschen aus Washington melden, wäre an die canadische Negie­rung eine förmliche Aufforderung ergangen, die innerhalb ihrer Gerichtsbarkeit aufzufindendcn Theilhaber an dem Mordkomplott auszuliefern; und der Newyorker Herald dringt sogar darauf, daß die Regierung zu Washington die Auslieferung Jefferson Davis von jedem Lande, wohin er etwa fliehen sollte, ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Richtbestehen bezüglicher Verträge verlange. Von den flüchtigen Führern des Ausstandes weiß man nur so viel, baß Davis, Breckenridge und Benjamin mit 11 Wagen, die, wie man glaubt, mit Geld und Gelbeswerth beladen sind, und gedeckt von 2000 Mann Kavallerie am 28. April Aorkville in Südkarolina erreicht hatten, und Laß am 29. Stoneman's Kavallerie dort eingelrosfen ist. Davis hätte also einen Tag Vor­sprung.

Mit in das Grab.

(Erzählung von Friedrich Friedrich.)

(Fortsetzung.)

Mein eigenes Interesse führt mich zu Ihnen," begann er Rittmeister endlich.Sie können mir einen Dienst erweisen, Herr Richter, dessen Werth ich nicht hoch genug anschlagen kann."

Ich weiß nicht, ob es in meiner Macht steht," erwiederte Roth halb zustimmend und halb ablehnend.

Sie wissen, Herr Richter, daß ich mit Fräulein Heinold verlobt bin," fuhr der Rittmeister fort.Ich will ganz offen gegen sie sein verschiedene Verhältnisse lassen w.icb diese Ver­bindung wünschen, obschon meine Braut nicht vom Adel ist. Ich

bin durchaus nicht so engherzig, daß ich mich nicht bei einem Mädchen, welches viele andere Vorzüge besitzt, draüber hinwegsetzen sollte. Meine Familie ist eine sehr alte, meine Vorfahren haben immer streng darauf gesehen, den Namen von Pleß stets rein zu erhalten, und auch ich muß die Ehre meines Namens darin streng wahren, daß ich mich nicht mit einem Mädchen verbinde, auf dessen Ruf irgend ein Makel haftet."

Er stockte. Fragend blickte er den Richter an, der schwieg.

Sie werden mich gewiß verstanden haben, Herr Richter," fuhr der Rittmeister zögernd fort.

Nein nicht ganz," gab Roth zur Antwort.Uebrigens stimme ich Ihnen in Ihrem Grundsätze vllkommen bei. Auch ich würde denselben Grundsatz haben obschon ich nur ein Bürger­licher bin." ,

Absichtlich schien der Rittmeister das Bittere, was in diesen letzten Worten lag, zu überhören.

Herr Richter," Hub er wieder an.Sie haben vor wenigen Tagen bei meiner Verlobten bei Fräulein Heinold Haussu­chung gehalten darf ich Sie fragen, weßhalb?"

Roth zuckte die Achseln.

Meine Pflicht als Richter gestattet mir nicht, mich Ihnen gegenüber anszusprechen," erwiederte er.Es ist nicht Mangel an Gefälligkeit. Hat Fräulein Heinolb es Ihnen mitgetheilt, so lassen Lie, sich von ihr Aufklärung darüber geben. Dagegen kann ich nichts einwenden."

Ich weiß es nicht durch meine Braut", warf der Rittmeister ein.Sie schweigt darüber vollständig. Ich kann sie nicht dar­nach befragen. Die Frage können Sie mir indeß vielleicht be­antworten, ob Ihre Haussuchung mit der Ermordung des Försters Grunert in Verbindung steht?"

Ja. Wie kommen Sie indeß auf diese Vermuthung?"

Weil Sie meine Braut schon einmal deßhalb verhört ha­ben. Das fand ich nach den Umständen erklärlich, weil Grunert am Tage zuvor bei ihr gewesen war, allein einen Grund zur Haus­suchung vermag ich nicht zu fassen. Sie können doch unmöglich vermuthen, daß meine Braut mit dem Verbrechen in Verbindnng stehe!"

Ich habe diese Vermuthung noch nicht gegen Sie ausge­sprochen."

Sie würden mir durch vollständige Offenheit einen großen Dienst erweisen."

Ich bin offen gegen Sie, so weit meine Pflicht als Richter es gestattet."

Sie dürfen sich auf meine Verschwiegenheit fest verlassen".

Ich habe noch keinen Zweifel darein gesetzt," gab Roth zur Antwort.Gesetzt den Fall, Herr Rittmeister, ich hätte wirklich einen Verdacht gegen Fräulein Heinold gefaßt, so könnten Sie sich durch denselben, so lange er der Beweise entbehrte, doch nicht beirren lassen. Sie müssen ja ihre Verlobte am besten kennen und ich traue Ihnen Scharfblick genug zu, erkannt zu haben, ob sie unschuldig oder schuldig ist."

Sie verkennen meine Absicht," warf der Rittmeister ein. Bon der Unschuld meiner Braut bin ich vollkommen überzeugt, aber Sie werden mir zugestehen, daß schon das einen Makel auf ihren Namen und ihre Ehre Wersen würde, wenn ein öffentlicher, obschon unbegründeter Verdacht gegen sie vorläge!"

Sie sind sehr bedenklich."

Ich muß es sein. Mein Name, meine ganze Lebensstellung gebietet mir äußerste Vorsicht."

Herr Rittmeister," warf Roth plötzlich ein.Und haben Sie selbst keinen Verdacht, wer den Förster erschossen haben könnte?"

Keinen. Ich habe mich auch wenig darum gekümmert."

Und doch hatten Sie mit ihm an dem Morgen desselben Tages, an dem er ermordet wurde, ein unangenehmes Zusam­mentreffen."

Das nicht durch meine Schuld herbeigesührt war."

Was ich auch nicht behauptet habe," bemerkte der Richter.

(Fort etzung.folgt.)

ILedizirt, gedruckt und verlegt von A. Geltckläger.