und das Attentat auf den Staatssekretär Seward stellen wir aus den verschiedenen Berichten Folgendes zusammen: Am Eharfreitag Abend '/« nach 8 Uhr fuhr Lincoln mit seiner Gemahlin ins Theater. Er ging ungerne und nur deßhalb, weil die Zeitungen schon mitgetheilt hatten, daß er und Grant der Vorstellung beiwohnen werden; da Grant bereits abgereist war, wünschte er, die Erwartung deS Publikums nicht ganz zu täuschen. Das Haus war bereits dicht gefüllt, als der Präsident mit seiner Gemahlin, einer dieser befreundeten Dame und deren Stiefbruder Major Rathburn seine Privatloge betrat. Während des dritten Aktes fiel ein Pistolenschuß, der aber im ersten Momente wenig beachtet ward, da das Publikum der Meinung war, er gehöre zu dem Stücke. Ein Aufschrei der Frau Lincoln erst lenkte die Aufmerksamkeit auf die Loge des Präsidenten und brachte das Publikum zu dem schrecklichen Bewußtsein, was der Knall zu bedeuten gehabt. Der Wtvrder, welcher unter dem Vorwände, daß er Depeschen von Grant zu überbringcn habe, Zutritt zur Loge erhalten hatte, sprang auf die Bühne, einen Dolch in der Reckten schwingend, mit dem Ruse: 8io 8emper lzwrmnis! d. h. so möge es jedem Tyrannen ergehen, und entwischte durch eine Thüre im Hintergründe auf die Straße, woselbst er ein für ihn bereit gehaltenes Ps^y bestieg und fortsprengte. Der Präsident, welcher durch den Hinterkopf geschossen war, wurde in ein dem Theater gegenüber liegendes Privathaus gebracht und die Aerzte dahin berufen. Um Mitternacht hatten sich die Mitglieder des Ka- binets eingefunden und neben ihnen umstanden einige persönliche Freunde das Lager des Sterbenden, die Minister in Thränen ge badet, Stauten neben den, Bette knieend und wie ein Kind weinend, Charles Sumner in tiefer Bewegung die rechte Hand Lin- colns haltend Die Aerzte boten ihre ganze Kunst auf, doch vergeblich. Tie Blutung des Hinterkopfes war nicht zu stillen; der Präsident lag La völlig ohne Besinnung und langsam a:h- mend. Der Abschied der Familie von dem hingemordetcn Gatten und Vater läßt sich nicht beschreiben. Morgens kurz vor halb 8 Uhr hörte das edelste Herz der Republik zu schlagen auf. Die Straßen der Stadt boten einen wilden Anblick dar: der Sckrecken war kurz nach der Erschießung des Präsidenten noch erhöht worden durch die Nachricht, daß auch Seward von Mörderhand angefallen worden war. Tiefer Schmerz und heftigste Entrüstung gaben sich in den Ausrufen rer Volksmassen kund Die Spur des Mörders hat man verloren; doch weiß man, daß er der Schauspieler John Wilkes Booth ist, indem mehrere Augenzeugen ihn erkannt haben und auch ein in der Loge gefundener Hut und ein auf der Bühne fallen gelassener Sporn als Booths Eigenthum erkannt wurden. — Seward und sein Sohn Friedrich befinden sich besser; man glaubt, daß beide genesen werden. — Der Mensch, welcher den Mordversuch gegen Seward ausgesührt hat, ist eingebracht worden. Als sein Name wird Surrat angegeben. Er soll in seinem eigenen Hause in Washington, gerade in Verkleidung und mit Koth bespritzt heim- kebrend, verhaftet worden sein. Mit Major Seward und den Dienern konsrontirt, wurde »r sofort als der Verbrecher identisi- zirt. — New York, 19. April. Die Leiche Lincoln's wird in Illinois begraben und unterwegs in allen Hauptstädten, die sie berührt, ausgestellt werden. In Baltimore, Richmond und Washington haben Verhaftungen stattgesunden. — Ter neue Präsident Johnson drückte in seiner Antrittsrede, ohne sich über seine künftige Politik auszulassen, die Uebcrzeugung aus, daß die Ver- räther die volle Strafe erhalten werden.
Mit in das Grab.
(Erzählung von Friedrich Friedrich.)
(Fortsehung.)
„Sie halten meine Lermuthung also nicht jür so sehr unwahrscheinlich?" fragte der Richter.
„Durchaus nicht!" erwiederte Burkart. „Weßhalb haben Sie dieselbe noch nicht verhaften lassen?"
„Weil ick noch nicht den zgeringsten Beweis gegen sie habe. Ich darf mich durch bloße Vermuthungen n icht z u weit hinreißen
Ütvijiri, gedruckt und vrrlu
lassen. Vollständig uncrklärbar bleibt es ja noch immer, wie sie in den Besitz von Grunerts Büchse gekommen wäre. Ein Verdacht gegen sie stieg allerdings sofort in mir auf, und wurde durch das Verhör, welches ich an demselben Tage mit ihr allstellte, noch gesteigert. Sie war zu ruhig für ein Mädchen, dessen Verlobter ermordet ist und doch lag in ihrer Ruhe wieder viel Gezwungenes, Unnatürliches. Sie machte den Eindruck großer Schlauheit und Berechnung auf mich und deßhalb muß ich gegen sie ganz besonders vorsichtig sein. Ich werde nichts erreichen, wenn ich offen gegen sie verfahre, denn dann wird sie doppelt aus ihrer Hut sein. Schon bei dem Verhöre siel cs mir durch eine hingeworfene Bemerkung von ihr auf, daß sie den Verdacht auf einen Andern zu leiten suchte, auf Karsten, ohne daß sie ihn nannte. Sie wußte offenbar, daß er an dem Abend im Walde gewesen war."
„Ich muß Ihnen in jedem einzelnen Punkte Reckt geben," erwiederte Bnrkart. „und dennoch halte ich es für unmöglich, daß eine Frau eine solche That begehen konnte. Es widerstreitet dem Charakter eines Weibes."
„Eines wirklichen Weibes gewiß," fiel Roth ein. „allein vergessen Sie das Eine nicht, hat einmal eine Leidenschaft in der Brust einer Frau Platz gegriffen, so tritt sie auch viel schroffer und rücksichtsloser als beim Manne auf. Es gibt Gottlob unter Len Frauen nur wenige Verbrecher, allein die unnatürlichsten und blutigsten Verbrechen sind von Frauen ausgeübt "
„Und was wollen Sie gegen sie beginnen?" fragte Bnrkart.
„Ich weiß es selbst noch nickt," entgcgncte der Richter. „Sie wissen, weßhalb ich so vorsichtig sein muß. Ich habe noch so wenig Beweise gegen sie in Händen, um eine Haussuchung bei ihr vornehmen lassen zu können, und bin auch überzeugt, daß dieselbe ohne jeden Erfolg sein würde. Auch ihre Dienerschaft mag ich nicht vernehmen, um zu erfahren, ob sie an dem Tage in dem Walde gewesen ist."
„Soll ich nachforschen?" erbot sich Burkart.
„Thun Sie das, aber seien Sie vorsichtig. Sie müssen rS schon deßhalb sein, weil ich mich immerhin in meinen Vermu- thungen leicht irren kann, und ich möchte auf keinen Unschuldigen den öffentlichen Verdacht lenken."
Burkart versprach es. Er war zum provisorischen Förster an Grunerts Stelle ernannt, um die Geschäfte desselben zu be« sorgen und es blieb ihm Zeit genug, sich auch dieser Angelegenheit zu widmen.
All' seine Mühe blieb vergeblich. Er erfuhr allerdings durch den Diener Augustens, daß sie an jenem Tage, nachdem Grunert sortgegangcn, den Garten verlassen hatte, und erst nach einigen Stunden zurückgekehrt war, ob sie im Walte gewesen, vermochte er nicht anzugeben. Sie ging öfter an heiteren Tagen um dieselbe Zeit fort, um an einem Lieblingsorte von ihr, wo zwischen zwei Felsen durch einen Bach ein kleiner Teich gebildet war, an dessen Ufer sie eine Bank hatte machen lassen, auszuruhen. Auch an jenem Tage konnte sie dort gewesen sein — der Diener wußte es nicht. Der kleine Teich lag in der Richtung zum Wald»
Bei so verschiedenen Personen Burkart auch nachsorschtc, so fand er doch Niemand, der um jene Zeit an dem Teiche gewesen war und sie dort hatte sitzen sehen. Und selbst Ließ würde noch wenig bewiesen haben, denn sie konnte dort und auch im Walde gewesen sein.
Burkart wohnte nicht in dem Försterhause, aber jeden Tag kehrte er dort ein, um Marie zu besuchen, da ihn ohnehin sein Weg täglich an dem Hause vorüberführte. Noch immer hatte das arme Mädchen sich über den Verlust ihres Bruders, an dem ihr Herz mit ganzer voller Liebe gehangen, nicht zu beruhigen vermocht. Vergebens wies Burkart darauf hin, daß das Geschehene durch keine Macht ungeschehen gemacht werden könne, und daß ihr eigenes Wohl es erfordere, es mit Fassung zu ertragen, ver? gebens schilderte er ihr das Glück der Zukunft, wenn sie erst ganz sein eigen sei. Ihre Wangen blieben ganz bleich und so oft er kam, fand er ihre Augen von Thränen gerötlhet.
_(Foriietzim g
von A. <deif»>ä-er