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„Doch ich unterbreche Sie," fuhr Noch fort. „War' der Vater Karstens mit zugegen. als der Knabe die Tasche brachte?"
„Ja. Er brachte sie ihm."
„War der Alte verlegen — erschreckt, als er sie sah?"
„Mir schien es so. Zum Wenigsten wollte er mir die Tasche nicht gern geben, als ich sie zu mir nehmen wollte."
„Halte er bereits durch Sie erfahren, daß es Grunert's Tasche war?"
Burkart sann nach.
„Ja — das hatle ich sofort gesagt, als ich sie erblickte," cntgegnele er.
„Dann war der Schrecken des Alten natürlich, denn er mußte sich gestehen, daß diese Tasche ein Beweis mehr gegen seinen Sohn sein werde. — Ich habe die Oertlichkeit des Hofes noch genau im Gedächtniß. ES befindet sieb ein Holzhausen an der den Hof nach der Straße zu einsriedenden Mauer. Lag die Tasche hinter diesem Hausen?"
„Ja."
„Und zwischen dem Häufln und der Mauer?"
„Auch das."
„Haben Sie den Sri nicht genauer untersucht?"
„Gewiß, den ganzen Holzhausen habe ick burchftlscht*'
„Und nichts weiter gesunden?"
„Nichts weiter."
„Ich dachte es mir," entgcgnete der Richter und hielt den Blick prüfend, nachflnnend aus die Brieftasche gerichtet.
Erstaunt sah ihn Burkart an. Mehr als einmal halte Roth gesagt, daß die Tasche und die Briefe die sichersten Beweise seien,
„Aber die Brieftasche spricht gegen ihn," warf Burkart ein.
„Auch sie spricht nach meiner Ueberzeugung sür seine Unschuld,". enkgeguete Roth „Ich sehe nicht das geringste Interesse ein, welches er an den in ihr enthaltenen Briefen hakte haben können. Halte er sie Grnncrt in dem Wahn, daß Werthsachen in ihr verborgen wären, geraubt, so würde er doch natürlich die Tasche mit vernichtet haben, sie konnte ja sür thn eben so gut zum Verräther werden, wie die Briese. Meinen Sie nicht auch?"
„Ganz reckt," bestätigte Bnrkart.
„Und jedenfalls würde er nicht so thörichl gewesen sein, die Tasche auf dem Hofe seines Vaters zu verbergen," fuhr Roth fort. „Der Bursche ist keineswegs so dumm, und Sie werden mir zngeben, daß jener Ort auch sehr schlecht gewählt wäre "
Auch dieß mußte Burkart eing.stehen, obschon er nicht ein- znsehen vermochte, wie die Tasche dorthin gekommen sein konnte. Er sprach dieß gegen den Richter aus.
Düser lächelte
„Ich .rill Ihnen meine Vermnthimg mitlheilen, weil ich weiß, daß Sie dieselbe vor der Hand noch als Geheimnis; bewahren werten, selbst gegen Ihre Braut. Ich hin überzeugt, daß Grünen durch einen Menschen ermordet ist, dem cs daran lag, sich in drn Besitz der Briese zu setzen, und dieselbe Hand, die ihn geiödlrt, hat den gegen Karsten einmal verbreiteten Verdacht benutzt. Sie hat die Tasche, ohne die Briese, an den Ort, wo sie gefunden wurde, geworfen, um dadurch den Verdacht zu verstärken und von sich abznwrnden. Die Tasche lag zwischen dem Holzhausen und der Mauer — dorthin konnte sie von der Straße aus geworfen werden, heimlich — während der Nacht.
und jetzt nahm er diesen Beweis mit solcher Kälte und selbst! Ich weiß nicht, ob Sie dem Gange meiner Dermnlhungen voll- fel auf. ! ständig gefolgt sind?"
„Sie scheinen an der Wahrheit meiner Mittheilung zu zwei-> „Sw meinen Auguste Hriuold!" rief Burkart. „Nur sie
fein," sprach Burkart endlich Roth blickte auf.
„Gewiß nicht," erwiederte er. „Das Aussrndcn der Tasche ist sür mich äußerst wichtig, aber nach meiner Ueberzeugung ist sie ein Beweis mehr sür die Unschuld Karstens. Ja, ich halte ihn sür unschuldig — er hat die That nicht begangen."
„^err Criminalrichter," unterbrach ihn Buikart erstaunt. „Horen Sie mich ruhig an." fuhr Roth fort. „Der Schein ist gegen den Burschen, das gebe ich zu. Er hat auch das Reh geschossen, obschon er selbst dieß läugnet, um der harten Straft
könnte es dann gethan haben — nur sie betrafen ja die Briefe!" Ein Lächeln glitt über des Richters Gesicht. (Forts folgt.)
Eine Audieiizgcschichtc. Eine arme Beamtenwittwc mit einem sehr geringen Gnadengehalie erschien zur letzten Montags- Sitzung bei dem Kaiser von Oesterreich. Sie stellte dem Monarchen ihre grenzenlose Armuth vor und bat um eine schleunige Unterstützung. Gewöhnlich wird aus solche Gesuche der Betrag von 15 oder 20 fl angewiesen. Dießmal aber schrieb der Kaiser aus !das Gesuch 150 fl und gab es der Bittenden behufs Einkassirung
!ücht?zu°säwsfrn'g!hÄ' ' Sein ganz^Brmluue^bei^'iuer Vew >^ruck. Als die Frau abtrat und die bedeutende Haftung und in dem Verhöre war nicht das eines Mörders. Ich habe ihn genau beobachtet und habe als Criminalrichter zu viel Verbrecher vor mir gehabt, um sie nicht genau kennen zu lernen."
„Solche Leute sehen eine solche That nicht als Mord, sondern als Nothwehr an," warf Burkart cim, der einmal die feste Ueberzeugung von des Burschen Schuld gefaßt hatte.
„Und selbst wenn ich Jbncn das zugebe, so spricht sein Benehmen nickt sür eine solche That, denn er ist klug genug, um zu wissen, daß das Gericht sie immerhin als einen Mord anschen würde. Sie als Jäger müssen mir zugestehcn, daß, wenn er Grunert wirtlich crsck offen hat, er dieß nur mit seiner eigenen Büchse gethan haben kann."
„Gewiß," bestätigte Burkart.
„Es läßt sich kaum eine Möglichkeit erdenken, wie er Grn- nerts Büchse bekommen haben könnte, um ihn damit zu erschießen,"
„Das ist auch nicht geschehen," warf Bnrkart ein. „Das kann nickt geschehen sein."
„Es freut mich, daß Sie als Jäger mir hierin Recht geben.
Ich habe die Kugeln zu Grunerts Büchse wiegen lassen — sie haben genau dasselbe Gewicht, wie die Kugel, welche in seinem Körper gesunden wurde. Tie Kugeln, welche aus Karstens Büchse geschossen worden, sind ein gutes Thcil leichter und kleiner."
Burkart hatte hievon noch keine Ahnung gehabt, um so mehr war er dadurch überrascht. Als Jäger sah er sofort ein, wie ein großes Gewicht aus d'-esen Un'erschied gelegt werden mußte.
„Die Kugel, welche Grunert gelödtet hat," fuhr der Cri- minalrichtcr fort, „ist aus seiner und nicht aus Karstens Büchse geschossen. Ich halte Karstendeßhalb für unschuldig an dftftr That !"
Illedigirt, gedruckt und verlest
Unterstützung gewahrte, erschrakt sie und bat dringend, noch einmal erscheinen zu Lürsen, „denn cs sei eine Irrung vorgegangen". Der Kaiser empfing sie nochmals mit seiner gewohnten Leutseligkeit. „Ihr Wunsch ist ja erfüllt?" sagte ec. Sie zeigte ihm die Summe und erwiederte: „Eure Majestät geruhen zu ver- zeihrn, Allerhöchsldieselben haben sich wohl verschrieben." Der Kaiser besah das Papier und sagte dann gütig : „Wenn ich mick verschrieben habe, so ists meine Schuld, meine Irrung mag Ihr Vortheil sein --- lassen Sie sich das Geld auszahleu." — Ein ähnlicher Fall hatte sich unter Kaiser Franz I., Großvater des jetzt regierenden Kaisers, zugetragen. Kaiser Franz 1. schrieb aus das Gesuch eines Offiziers, der um 100 fl. Unterstützung bat, den Betrag von 500 fl. Als ihn der Bittsteller, Oberlieutenant N., ehrerbietigst darauf aufmerksam machte, sagte der Kaiser Franz in seinem herzlichen Idiom: „Ich bin Kaiser, ich kann schreiben, was ich will und was g'schrieben ist, bleibt g'schrieben. Lassen Sie flchs nur auszahlen."
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Arankfurtcr Gold-Cours vom 28. April.
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Stuttgart. i.äkVwnl 1865.4 K. Staatsbassenverivaltun,^