fälle waren nöthig, um einen Justizmord zu verhüten. Star und Ndvertiser benützen den Fall Pelizzioni's als Waffe gegen die Todesstrafe überhaupt. — 7. März Morningpost schreib!, daß Rußland den Großmächten gegenüber offen vo i der Jnkorporalion Polens spreche. Gortschakoff habe dem französischen Botschafter erklärt, daß es unerläßliche Bedingung für eine Wiederannäherung Rußlands sei, daß die polnische Frage fortan nicht mehr als eine europäische behandelt werde. Brunnow habe hier Aehnliches geäußert. Rußland habe Oesterreich ersucht, den Belagerungszustand in Galizien bis zur Durchführung der Einverleibung aufrecht zu halten.
Rußland. St. Petersburg, 1. März. Eine hier herrschende Krankheit, ein ansteckendes Nervenfieber, hat die Regierung zu außerordentlichen Mitteln veranlaßt; unter Anderem hat die Stadttasse 600,000 Rubel angewiesen, um 400 bis 450 Betten für Erkrankte aujzuschlagcn. Inzwischen hat der epidemische Charakter des Typhus und das Anwachsen der Kranken zahl zugencmmen, so daß man auf Herstellung von noch 2000 Krankenbetten bedacht sein und Kasernen dazu nehmen mußte. Das Konnte für öffentliche Gesundheitspflege veröffentlicht eine Anzahl Vorschriften; die letzte davon lautet: „Allen und Jedem wird hauptsächlich in Erinnerung gebracht, weniger Branntwein zu trinken. Die der Branntweinvöllerei ergebenen Menschen sind, wenn sie erkranken, am schwersten herzustellen." Die St. Petersburger Zeitung nennt außer der Trunksucht als Grund des Noth- standes auch den heillosen Zustand des Kleinhandels, der allerlei schlechtes Zeug zum Verkauf bringt, und den Mangel an gutem Trinkwasser. Sie dringt unter Anderem darauf, der steigenden Vermehrung der Schenken ein Ziel zu setzen (Schw.M.)
Türkei. Consta ntincpel. In Adrianopel und Umgegend hat eine große Ueberschwemmung stattgesunden. In Galata ist am 20. Februar eine große Feuersbrunst ausgebrochen, wobei über 100 Personen, darunter der Polizeichef Ibrahim Bey, das Leben verloren. Aus Odessa wild gemeldet, daß in Bessarabieu Räuber Hausen.
Amerika. Man glaubt, daß die Räumung Richmonds derjenigen v. Charleston folgen wird. Lee wird entweder gcnölhigt sein, Grant anzugrcifen, um ihn zu zwingen, die Belagerung auf- zugebcn, oder sich nach Lynchburg, seiner einzigen Rückzugslinie, zurückziehen müssen. _ _ _
Mit in das Grab.
(Erzählung von Friedrich Friedrich.)
(Fortsetzung.)
„Sei doch ruhig, Marie." beruhigte ihr Verlobter sie aufs Neue. „ES ist nicht das erste Mal. daß Hugo eine Nacht aus den, Hause geblieben ist. Er wird eine lustige Gesellschaft irgendwo getroffen haben, hat ein Glas zuviel getrunken, wie ihm das zu Zeiten ergeht und wird jetzt in aller Ruhe ausschlasen. Gib Acht, ehe der Mittag kommt, ist er da, macht ein saures Gesicht und klagt über Kopfschmerzen. So hat er es ja schon öfter gemacht."
Marie schüttelte schweigend, zweifelnd mit dem Kopfe.
„Und was sollte ihm zugestoßen sein?" fuhr Burkart fort.
„Ich weiß es selbst nicht," erwiederte Marie, „aber meine namenlose. Angst täuscht mich nicht. Er ging gestern aufgeregt fort — 'wenn er sich zu einer Eewaltthat hätte hin reißen lasten I"
„Das würden wir längst wissen," unterbrach sie ihr Verlobter. „Du peinigst Dich ohne Grund!"
„Hugo weiß, daß ich mich seinetwegen sogleich ängstige", bemerkte Marie. „Wäre es seine Absicht gewesen, diese Nacht nicht beimzukommen. so hatte er es mir sagen lassen Es muß etwas ganz Besonderes vorgefallen sein!"
Sie saßen beide so, daß sie dured das Fenster den von dem Hause in den Wald führenden Weg eine Strecke lang übersehen konnten. Ein Waldarbeiter law in diesem Augenblicke hastig auf dem Wege dahergelaufen. Marie erblickte ihn zuerst. Erschreckt sprang sie empor.
„Allmächtiger Gottl Der meldet u ns ein Ung lück!" ries sie
Vcvizirl, gcsruckl uns verte.
Auch Burkart sprang auf. Auch er war erschreckt und konnte es Nicht verbergen.
„Nein — nein Marie!" sprach er. „Sei ruhig, Du siehst sogleich zu schwarz. Bleib hier — ich will ihn fragen!"
Ec eilte zur Thür hinaus. Das bestürzte Gesicht des Waldarbeiters deutete allerdings auf ein Unglück hin — er mußte ihn deßhalb zuerst sprechen, ihm ein Zeichen geben — denn Maridurfte die Nachricht nicht sogleich erfahren.
Auf dem Hofe kam ihm ter Waldarbeiter entgegen. Er war außer Athem, Schrecken und Bestürzung sprachen aus seinen Mienen.
„Herr Burkart!" rief er, ohne aus dessen Zeichen zu schweigen zu achten. „Ein schreckliches Unglück! Ter Förster — er liegt todl — erschossen im Waide!"
Mit lautem Aufschrei sank Marie, die Burkart gefolgt war und die Schreckenskunde gehört halte, bewußtlos neben ihm. nieder. Er sing sie in seinen Armen auf. Auch ihm drohten die Sinne zu scbwinden. In den Armen das ohnmächtige Mädchen, dazu die schrecklich^ Nachricht — er mußte mit aller Kraft sich zusammennehmen,. um seine Fassung zu behaupten.
Seine erste Sorgfalt der Geliebten widmend, wollte er sic ins Haus tragen, da siylug sie die Augen auf. richtete sich empor und das Geschehene stand sofort wieder klar vor ihrem Geiste. Sie, die sonst ein so weiches, zartbesaitetes Gemüth hatte, fand keine Thränc. Sie zitierte heftig, aber an sich selbst dachte sie in diesem Augenblicke am wenigsten.
Noch hatte Burkart den Waldarbeiter nicht nach den näheren Umständen gefragt — sie richtete die erste Frage an ihn.
„Wo — wo liegt er?" forschte sie mit bebender Stimme.
Der Arbeiter deutele die Richtung mit der Hand an. „Dort, wo das junge Gehege anfängt."
„Und wer — wer hat ihn ermordet?" fragte sie weiter.
„Ich weiß es nicht," erwiederte der Mann. „Als ich heule Morgen wir meinen Kameraden zur Arbeit ging, fanden wir ihn. Hart am Wege auf dem Rasen lag er. Der Schreck hat mich fast gelähmt. Kaum, Laß ich hieher zu eilen vermochte — mein Kamerad ist bei ihm geblieben!'
„O Gott! o Gott! Das hat meine Angst bereutet!" rief Marie und barg das Gesicht in beiden Händen. Der Schmerz drohte sie zu überwältigen.
Burkart umfaßte sie.
„Marie," sprach er bittend, „geh in das Haus, — Du bedarfst der Ruhe — mich rust die Pflicht jetzt dorthin — zu ihm *
Sie richtete sich wieder empor.
„Nein," erwiederte sie gefasst, „ich gehe mir Dir!"
„Das darfst Dü nicht", unterbrach sie ihr Verlobter. „Du mußt Dir den Anblick ersparen — der Schmerz würde Dich überwältigen !"
„Ich gehe mit Dir," erwiederte sie. „Ich werde stark sein, denn jetzt ist nicht Zeit, an mich zu denken. Burkart, sei jetzt meinetwegen ohne Sorge — Hugo — Hugo — o Gott, ich kann es noch nicht fassen I"
Wieder drohte sie vom Schmerz überwältigt umzusinken. Burkau hielt sie. Diese Schwäche währte nur einen Augenblick, dann hatte sie ihre volle Kraft wiedergewonnen.
„Komm, laß uns jetzt zu ihm gehen!" sprach sie.
„Marie, Du willst es wirklich thun!" warf Burkart ein.
„Ja ich bin stark genug Es ist mein Bruder," entgegnele sie
Die Unterstützung ihres Verlobten ^zurückweisend, schritt sie schnell in der angegebenen Richtung fort in den Wald. Burkail und der Arbeiter folgten ihr.
Noch waren sie keine halbe Stunde geschritten, als sie an der Stätte des Unglücks anlangten. Mehrere Menschen umstanden sie. Sie wichen zur Seite, als sie Marie und Burkart kommen sahen. Bis zu dem Orte ging Marie mit festem Schritte, als sie inteß Len Leichnam des geliebten Bruders da liegen sah, stürzte sie mit lautem Schrei neben ihm nieder.
Sie erfaßte die kalte starre Hand des Tobten, preßte ihr Gesicht darauf und jetzt fand sie zum ersten Male Thränen.
_ (Fortsetzung folgt .)
l von A. L> eltlti l»g er.