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Calw.

Landwirthschastlicher Pezirksverein.

Anforderung zum künstlichen Futterbau.

Der landw. Verein hat in besonderen Flugblättern vom 7. Februar 1863 und vom 3. April 1864 seine Üeberzeugung aus- cinandergesetzt, daß das einzig richtige, sicherste und nachhaltigste Mittel zur Verbesserung der landwirthschaftlichen Cultur aus dem Schwarzwalde die Vermehrung des Futterbaus durch die Anlage von künstlichen Fntterseldern sei. Um dieser seiner Ueberzeugung bei der bäuerlichen Bevölkerung der Schwarzwaldseite des Be­zirks leichter Eingang zu verschaffen, hat er seit 2 Jahren nicht nur den Bedarf an GraSsamen, jährlich unter Uebernahme von je 50 fl. der Kosten auf die Vereinskasse, zu billigerem Preise ver­mittelt, sondern auch für musterhafte Grasseld-Anlagen Preise im Gesammtbetrage von je 100 fl. ausgesetzt, wovon für das Jahr 1863/64 zum erstenmal 100 fl. in der durch das Wochenblatt vom 11. Aug 1864 Nr. 90 bekannt gemachten Weise zur Ver- theilung gekommen sind, weitere 100 fl. aber im Lause dieses Sommers zur Vertheilung kommen werden.

Welch' richtigen Weg der landw. Verein durch diese Rich­tung seiner Thätigkeit cingeschlagen habe, Ließ beweisen ihm nicht nur die meist sehr gelungenen Erfolge schon der ersten im Jahr 1663 gemachten Anlagen, sondern auch die vielen Meldungen um Grassamen im Jahr 1864 und die vielfachen Aeußerungen der hohen Befriedigung von bäuerlicher Seite darüber, daß der Verein einen so praktischen, Jedermann einleuchtenden Weg zur Verbesserung des landwirthschaftlichen Betriebs auf dem Walde cingeschlagen habe. Hiernach steht aber auch zu hoffen, daß der gute Zweck, den der landw. Verein im Auge hat, namentlich jetzt, nachdem in vielen Orten so gelungene Resultate vor Augen lie­gen, in immer weiteren Kreisen Anerkennung finden werde, und hat deßhalb der Ausschuß in seiner Sitzung vom 21. Jan. d. I beschlossen, auch dieses Jahr wieder

1) Fünfzig Gulden aus der Vereinskasse zur Anschaffung von billigerem Grassamen in der Weise zu verwen­den, daß diese Summe an den Kosten sämmtlicher bis zum

15. März

bei dem Vcreinskassier, Hrn. Oberamtsthierarzt Stohrer, gemachte» Bestellungen in Abzug kommt.

Bei der Bestellung ist die Größe des Grundstücks anzu­geben, welches eingesäet werden will.

Spätere Bestellungen können an der Preis-Ermäßigung nicht mehr Theil nehmen.

2) Hundert Gulde», wie bisher, in der Art zu Preisen zu bestimmen, daß

s) Ein Preis von 25 fl

für die beste künstliche Grasfeldanlage im Um fange von 3 Morgen an Einem Stücke;

d) Drei Preise von je 15 fl. 45 fl.

für ausgezeichnete derartige Anlagen iw Umfange von je 2 Morgen;

o) Drei Preise von je 10 fl. 30 fl-

für ausgezeichnete derartige Anlagen von

je 1 Morgen, _

100 fl.

ausgesctzt sein sollen.

Die Meldungen um diese Preise sind längstens bis zum .1. Juni d. I

bei dem Unterzeichneten Vereinsvorstande einzureichen.

Die Besichtigung der um die Preise concurrirenden Gras- sekder geschieht vor der Heuernte des Jahres 1866, worauf als­bald die Preisvertheilung erfolgt.

Wegen der richtigen Behandlung der zu künstlichem Futter­bau bestimmten Felder, der richtigen Erntezeit und sonstiger gu­ter Rathschläge darf sich auf die seit 2 Jahren zur Vertheilung gekommenen Flugblätter bezogen werden, welche ohne Zweifel noch in Jedermanns Händen sind; in Anstandssällen ist jedoch der Verrinssecretär E. Horlacher in Alzenberg mit Vergnügen zu jeder gewünschten Auskunft bereit.

Zu recht zahlreichen Bestellungen von Grassamen und Mel düngen uw die obigen Preise ladet ein

Calw, den 26. Januar 1865.

Der Vereinsvorstand: Schippert.

E. Horlacher, Secretär.

TaHeSneuigkeiten

Calw, den 30. Jan. In einer gestern Abend bei Thu- dium abgchaltenen Bürger Versammlung kamen die im letzten Blatte genannten Gegenstände zur Berathung. Unter dem Vor­sitze des Rechtsconsulenten Klinger begründete zuerst E. Hor­lacher die Nothwendigkeit, gerade jetzt eine Petition wegen Re­vision der Verfassung an die Kammer der Abgeordneten zu richten, wo diese seit der Auslösung der 3 Landesversammlung am 6. November 1850 auf unbestimmte Zeit verschobene Frage durch die Adresse an die Krone und mehrfache Interpellationen, in Uebereinst'.mmung mit der Zeitströmung aufs Neue in Fluß ge­kommen ist. Das Einleuchtende des Vortrags, in welchem die einzelnen Forderungen schlagend begründet wurden, vielleicht auch der Umstand, daß das Volk sich in dieser Frage nicht nur in Uebereinstimmung mit der weitaus größten Majorität der Kam­mer der Abgeordneten, sondern gewissermaßen auch mit der Ne­gierung befindet, bewog die Anwesenden, die untenstehende Adresse alsbald mit zahlreichen Unterschriften zu bedecken. Hieraus be­gründete E. Georgii die Bitte an die Kammer um Aushebung der Lebenslängliche der Ortsvorsteher, unter Anknüpfung an ein von Hops darüber verfaßtes Flugblatt. Diese Frage ist der­zeit die populärste in Württemberg und schloß sich die gestrige Versammlung durch Unterzeichnung der deßfallsigen Eingabe an die Kammer der Abgeordneten dem allgemeinen, wie es scheint, jetzt in Zug kommenden Adressensturm an. Diese wie die vorige Adresse werden zu weiterer Unterzeichnung in den nächsten Tagen inCirculation gesetzt werden. Schließlich begründet Ehr. Bozenhardt die von mancher Seite so strenge und bitter angefochtene Erhöhung der Gemeindeumlage im laufenden Jahre durch speziellen Nachweis, insbesondere Hin­weisung auf die jetzt gesetzlich nolhwendige Erhöhung fder Lehrer- besoldungen, ein zufälliges Defizit in der Krankenhausverwaltung, und eine bauliche Veränderung in der Realschule. Die ganze Erhöhung betrage 1500 fl, was bei 800 Steuerzahlenden den Einzelnen sehr wenig betreffe und der starken Anfeindung nicht Werth sei. E Georgii bringt noch den von dem Pfarrgemeinde- rathe, resp. Herrn Helfer Schmidt, gegen den städtischen Turn­lehrer ausgesprochenen Wunsch zur Sprache, daß das Singen der turnenden Schüler durch die Straßen unterbleiben möge, Weil eS vielfach Anstoß erregt habe. Die Sache hat, wie es scheint, in der Bürgerschaft viel böses Blut gemacht, und es wird Sache des politischen Gemeinderaths und des Kirchenkonvents sein, jenem den Werth eines Befehls habenden Wunsche gegenüber den Wi! len der ganzen Bürgerschaft zur Geltung zu bringen. Es wird noch aus den Werth der freien Presse in solchen Collisionsjällen aufmerksam gemacht, was allseitig anerkannt wird, und endlich erwähnt noch Chr. Bozen Hardt den in neuerer Zeit vielfach bemerkbaren Widerstand gegen das obligatorische Turnen in den Schulen, und ermahnt die Väter, in richtigem Verständnisse der Sache den Widerstand der Kinder gegen Len Turnlehrer nicht durch unverstandene Nachsicht zu unterstützen. Klinger schloß hierauf die Versammlung, die den Eindruck allgemeiner Befriedi­gung hinterließ.

Calw, den 29. Jan 1865.

Bitte von Einwohnern der Stadt Calw um Revision der Verfassung.

Hohe Kammer der Abgeordneten!

Mit je größeremJnteresse man allenthalben imLandejdenVerhand- lungen Einer hohen Kammer der Abgeordneten folgt, desto dringen­der tritt auch an das Volk die Aufforderung und die Pflicht heran, nicht nur aus innerem Drange gegen Eine hohe Kammer der Abgeordneten Zeugniß abzulegen von dem Echo, das ihre für die Rechte des Volkes laut erhobene Stimme in dem Herzen deS Volkes findet, sondern gegen dieselbe zu ihrer eigenen Kräftigung