mhmen, so gehört einem solchen Gegner darauf eine öffentliche Rüge. Ueberdieß war die eben erwähnte, von Herrn Rechts-Eon u- lent Schott Unterzeichnete Entgegnung durchaus unrichtig. Das engere Comite hatte nämlich erklärt, es sei weder ihm noch dem Ge­werbeverein eine offizielle Einladung zugekommen, sich an der Einla­dung zu der Tübinger Versammlung zu betheiligen. Hierauf erklärte Herr l)r, Schott, dieß sei nicht richtig, da Herren von Sindeifingcn mid Böblingen eigens zu diesem Zwecke nach Calw gereist seien. Diese Herren erklärten aber wiederholt, sie seien nicht als Comite, sondern als Privatleute hieher gekommen. Es war somit kein offizieller Besuch und keine offizielle Einladung. Doch kehren wir zu unserem Herrn Berichterstatter zurück. Derselbe sprach sehr gut und sehr lange, und wir konnten mit seinen Anschauungen über die Oberneckarthalbahn und die Balingen-Sigmaringer Bahn recht gut übereinstimmen. In Bezug auf erstere führte er aus, wie verkehrt ein Umgehen des preußischen Gebiets zwischen Horb und Sulz, das heißt, ein Verlassen des Thalwegs, und em Ban über Schopfloch, eine solche Bergparthie, wäre. Ueberletztere Bahn sagte er, daß nicht nur die Rücksicht aus die dabei betheiligten Städte Balingen, Ebingen und das Oberland, sondern auch ans unsere preußischen Rachbarstädte Hechingen und Sigmaringen den Bau dieser Linie dringend gebiete, indem sonst zu befürchten wäre, daß Preußen innerhalb der Hohen- zoller'schen Lande selbst baue, und alsdann ein Awchluß, wie er im Interesse unserer württemb. Landestheile liege, nicht mehr möglich sei.

Auf die eigentliche Schwarzwaldbahn übergehend, wurde natürlich dieStammlinie" Stuttgart-Böblingen, mit ihrenstrahlen­förmig" ausgehenden Aesten Böblingen-Ealw-Ragold, Böblingen- Herrenberg-Horb und Böblingen-Tübingen aufs Wärmste empfohlen. Dabei gab sich der Redner jedoch die Blöße, bei Besprechung des Gegenprojekts Stuttgart-Leonberg-Calw za behaupten: während auf der Straße von Böblingen nach Stutgart täglich 230 Zugthiere*) sich bewegen, sei dieß aus der Straße von Leonberg nach Stuttgart bloß mit itt Zugthieren der Fall. Dieß hätte nun Herrn vr. Elben nicht passiven sollen, denn einmal gehen aus dem Oberamt Leonberg 4 sverschiedene Straßen nach Stuttgart, während von Böblingen blos eine dahin führt, sodann aber braucht allein die Bedienung der beiden Eilwägen von Lconberg nach Stuttgart täglich im Durchschnitt iO Pferde. Dazu kommt der sonstige Personenverkehr, die reichen Erzeugnisse des Strohgäus, die meistens nach Stuttgart geführt wer­den, die täglichen bedeutenden Milchznsuhren aus diesem Bezirke, und endlich der Absatz von jährlichen ca. 300,000 Ctr. Bausteinen aus den Steinbrüchen von Renningen und der Umgegend. Herrn vr. Elben konnte dieß nicht unbekannt sein, und es wirft daher ein eigenes Licht äuf diese Agitation, wenn man vor einer solchen Versammlung mit derartigen unrichtigen Angaben auftritt.

Es sollte aber noch besser kommen. Der Redner kam naturge­mäß auch auf die Pressel'sche Denkschrift zu sprechen. Hier erlaubte sich derselbe das Leonberg-Calwer Projekt mit dem Schopflocher Projekt in Verbindung zu bringen, und geradezu zu behaupten, es werde von der andern Seite beabsichtigt, über Leonberg, Calw, Horb und Schopfloch zu bauen, also mit Um­gehung des Neckarthals. Nachdem der Redner schon vorher das Schopflocher Projekt alsRutschparthie" mit Spott überschüttet hatte, brachte er es durch diesen geistreichen Theatercoup dahin, daß ein großer Theil der Versammlung bei dieser Vorstellung in Gelächter ausbrach. Bekanntlich steht aber in der Pressel'schen Denkschrift kein Wort von Schopfloch, diese Behauptung ist somit ganz aus der Luft gegriffen, und sollte eben auch eins der Mittel sein, das Levuberger Projekt in möglichsten Mißcredit zu bringen. Unwillkürlich muß man dabei denken, wenn solche Mittel nicht verschmäht werden, um das Boblinger Project mundgerecht zu machen, so muß es mit demselbeu doch nicht so günstig stehen. Uns Calwern aber pochte das Herz vor Entrüstung über solche Entstellung.

Noch eine weitere Abnormität ist zu berichten. In der vorge- schlagencn Resolution wird die Leonberg-Ealwer Linie alswesent­liche Unte rlands bahn" bezeichnet. Das Verdienst der Erfin­dung dieses genialen Gedankens gebührt ohne Zweifel den Stuttgar-

f) Diese Zahl, ihre Rieotiqkeit vorausgesetzt, würde sich ijedo-h bedeutend reduciren, wenn die Sleigungsverhältnisse nicht eine üb rmätzige Bespannung er­forderten.

ter Herren, wenigstens wurde er unseres Wissens zuerst öffentlich in der Sitzung des Stuttgarter Gemeinderaths in voriger Woche gebraucht.

Man könnte einen curiosen Begriff der geographischen Kenntnisse des Erfinders dieser Bezeichnung bekommen, eine direkt in den Schwar;Wald führende Linie alswesentlich eine Unterlands­bahn" zu bezeichnen. Leonberg liegt allerdings im Unterland, ge­rade wie auch Böblingen. Da nun Böblingen den Stamm der Schwarzwaldbahn bilden soll, wie kann man dann eine andere idirecte Linie in den Schwarzwald als Unterlandsbahn bezeichnen? Mit viel größerem Rechte könnte man denStamm" Stuttgart-Böblingen ' eine Unterlandsbahn nennen, denn hier ist noch kein Schwarzwald. ^ Gegen eine solche Sophistik kann man nur die nackten Thatsachen ^sprechen lassen, und diese liegen zum Glücke so zu uuscru Gunsten .vor, daß keine weitere Erklärung darüber nöthig ist. Vielmehr dient , auch dieser Punkt wesentlich zur Charakteristik der ganzen nur von ^Stuttgarter und Böblinger Herren herv orgernfen en jAgitation.

> Zu weiteren Bahnlinien übergehend, kam nun der Redner auf die Nagold- und En;bahn, und muffen wir sagen, daß wir hier mach dem vorgelegten Programm unsere Wünsche erfüllt sehen könn­ten, insoferne eine Nagoldbahn von Pforzheim bis zum Anschluß an die Oberneckarbahn gebaut werden soll. Nachdem auch noch die F r c u- denstädter Bahn erwähnt und bevorwortet worden war, führte der ! Redner noch ausdrücklich aus, daß es sich bei allen diesen Bahnen § mit Ausnahme der Stammbahn bis Böblingen nicht !um die Prio ritäts frage handle, sondern daß einmal ein Netz ! entworfen werden. solle, und es der Regierung und Kammer überlas­ten werden müsse, welcher derAeste" zuerst in Angriff genommen werde. Dieser Punkt ist nun aber gerade der Brennpunkt, in wel­chem unsere Bestrebungen mit denen der Stuttgarter auScinandergehen. Jene wollen die Stammbahn Stuttgart-Böblingen, wir betrachten die directe Linie Stuttgart-Leonberg-Calw als den richtigeren Stamm einer Schwarzwaldbahn. Bon Calw aus kann der Anschluß an die Oberneckarbahn, sowie eine Abzweigung nach Frcndcnstadt leicht bewerkstelligt werden, ebenso ist eine Abzweigung an einem geeigneten Punkte der Linie nach Böblingen und Tübingen ohne Schwierigkeiten und ohne großen Umweg durchzuführen. Den Anschluß nach Pforz­heim erwähnen wir hier als sich in möglichster Bälde von selbst ver­stehend, nicht besonders.

Wenn nun die Stuttgart - Calwer Linie als Stammbahn aner­kannt würde, so Hütten wir natürlich viel früher Aussicht, die Bahn zu bekommen, als wenn bloß von Stuttgart nach Böblingen gebaut wird, denn bis von da wieder einer der Aeste in Angriff genommen würde, kann manches Jahr hingchen, und können manche Eventuali­täten eintreten, welche den Bau ans unbestimmte Zeit verzögern. Deßhalb müssen wir unsere seitherigen Bestrebungen amrecht erhalten, und gerade weil unsere Gegner fürchten, daß dieselben von Erfolg sein könnten, bieten sic Allem aus, ihr Project zur Geltung zu bringen.

Die von der Tübinger Versammlüng gefaßten Resolutionen

lauten:

Die Versammlung erkennt 1) bezüglich des Weiterbaueöder Eisenbahnen im Schwarzwaldkreiö nur ein so.ches System als richtig an, welches den einzelnen Theilen des KreneS die nächste Verbindung mit dem Landcs-Mittelpnnktc Stuttgart und mit den be­nachbarten Knotenpunkten des Verkehrs (Donau, Bodeusec, Schafs- Hausen, Freiburg, Straßburg, Pforzheim) gewährt. 2) Die richtige Anlage des Schwarzwald-Eiscnbahnsystems im Einzelnen befielst! tu folgenden Linien: a) Der Ausbau der durch das Gesetz vom 17. Novbr. 1858 sestgeslellten Eisenbahn durch das Flußgebiet des oberen Neckars über Rottweil gegen die Landesgrcnze (Tuttlingen, Schwen­ningen) kann zwischen Horb und Sulz nur im Thalwcg des Neckars mit Benützung hohenzollcrn'schen Gebiets erfolgen; der eventuell pro jektirtc, den ganzen Verkehr störende, in Bau und Betrieb theure und schwierige Umweg einer Bergbahn über Schopfloch ist zu verwerfen, b) Die von Preußen verlangte Eisenbahn von Tübingen über Hechin­gen nach Balingen, deren Fortsetzung über Ebingen nach Sigmaringca, sowie außerdem ihre Verbindung mit der oberen Neckarbahn von En­singen nach Rottwcil und Tuttlingen (zugleich Oberschwaben-Kinzigthal) siegt eben so sehr auch im wohlverstandenen Interesse der betreffenden