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— Die Ocsterr. Ztg. hat aus Dresden ein Telegramm erhalten, nach welchem die sächsische Neaierung den General Hake seines Postens als Kommandant der Exekutionslruppen enthoben und durch einen andern General ersetzt hätte. (Nach einem Tel. der Allg. Ztg. wäre der bereits nach Rendsburg abgereiste säch fische Kriegsminister v. Nabenhorst dessen muthmaßlicher Nachfolger.)
— Dresden, 22. Juli. Aus eine in der heutigen Sitzung der zweiten Kammer von dem Minister a. D. Gcorgi gestellte Interpellation äußerte Staatsministcr v. Beust in Bezug aus die Rendsburger Vorgänge: Tie hohe Kammer wird wohl daran nicht zweifeln, daß der Vorgang der sächsischen Regierung zu sehr ernsten Erwägungen Anlaß geben muß; diese Erwägungen werden sofort eintreten, ich bin aber jetzt, da sie noch bevorstehen, nicht in der Lage, mich darüber auszusprechen; nur davon möge man sich überzeugt halten, daß die sächsische Regierung, wie sie unausgesetzt dessen sich bewußt ist und nicht vergißt, was sie dem Bunde, was sie Deutschland schuldig ist, sie doch nicht vergessen darf und vergessen wird, was sie ihrer eigenen Würde und der Ehre ihrer Truppen schuldig ist. — Zur Bezeichnung der Stimmung, welche in der Sitzung herrschte, entnehmen wir einer Aeu- ßerung des Abg von Nostitz-Paulsdors: Wenn wir nicht ernstliche Vorkehrungen treffen, um das Wiederkehren solcher Gewaltakte zu verhindern, so mußten wir uns schließlich gefallen lassen, daß Preußen die Hauptstadt unseres Landes mit Truppen besetzt, sobald wir der dortigen Regierung durch Wort oder Thal mißliebig geworden. Er hätte gewünscht, General v Hake wäre nicht gewichen, sondern der Gewalt M Gewalt entgegengetreten, um zu erproben, wie weit die bundesfreundliche Gesinnung der preußischen Regierung gehe.
— Altona, 22. Juli (H. N.) Schon beute können über die Militärexcesse nähere berichtigende Nachrichten gegeben werden. Die erste Veranlassung zu dem am 17. dieses Monats auf dem Tanzplatz „Schützenhos" vor dem Nevthor vorgekommenen Konflikte gab ein preußiscberUnterosfizier, indem er den sächsischen und hannoverischen Soldaten ein gegenseitiges Zutrinken auf das Wohl ihrer Armeen untersagte. Die dadurch entstandene, schon etwas gereizte Stimmung wurde jedoch durch das Zureden der sächsischen und hannoverischen Unteroffiziere wieder beruhigt. Nach allseitig fortgesetzter Theilnahme an den Vergnügungen entstand längere Zeit darauf, gegen 6 Uyr, eine Schlägerei, deren Ursache bis jetzt noch nicht ermittelt ist. Doch steht f^t, daß hiebei preußische Soldaten ihre Seitengewehre gezogen und gebraucht haben. Die Schlägerei nahm einen größeren Umfang in- und außerhalb des Tanzsaales an, bis sie aus der Straße durch das Dazwischen- treten der verschiedenen Unteroffiziere zu Ende gebacht wurde. Am 18. wurden die Sachsen und Hannoveraner, um allen Conflicten im Voraus vorzubeugen, durch Blasen der Rctraite zeitig in ihren Quartieren konsignirt, so daß die Straßen gegen 9 Uhr sich ganz leerten. Trotzdem aber wurden einzelne vor den Quartieren ruhig sitzende Hannoveraner bedroht und angegriffen; ja es wurden sogar von der Visitation zurückkehrende hannöverische Korporale von Preußen mißhandelt und hiebei verwundet Einer derselben, Korporal Oppermann, wurde von einer preußischen Patrouille von ca. 16 Mann angegriffen und von hinzugekommenen hannöverschen Offizieren, wie die Preußen mit Gewehren auf ihn eindrangen, am Boden liegend gefunden. Derselbe wurde nur durch Ziehung der Säbel Seitens der hannöverischen Offiziere freigemacht, dennoch aber beim Nachhausegehen noch von Preußen verwundet. Endlich ist noch hinzuzufügen, daß am 19. nicht das Geringste vorgekommen , und daß bereits an diesem Tage eine Untersuchungs Commission, bestehend aus sächsischen und hannöverischen Offizieren zusammengetreten ist. Bezeichnend bleibt es, daß die Beiordnung eines preußischen Offiziers zu besserer und schnellerer Ermittelung der Wahrheit nicht zu erlangen gewesen ist. Am ausfälligsten bleibt aber, daß sich der preußische Kommandanr durch das von Haus aus ganz unglaublich und völlig unbegründete Gerücht, es werde ein Angriff aus die Lazarethe beabsichtigt, zu Meldungen veranlaßt finden konnte, welche jedenfalls ganz übertrieben und entstellt gewesen sein müssen, wenn in solchen die Veranlassung zu den umfänglichsten militärischen Maßregeln — 6000 Mann und 2 Batterien — gefunden werden soll!
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— Ein Korrespondent des „Schw. M." schreibt aus Berlin, 23. Juli: In minsteriellen Kreisen erblickt man in der Besetzung Rendsburgs nur den ersten Schritt, den die preußische Politik gemacht hat, um sich Holsteins zu bemächtigen. Es wird zwar nicht geleugnet, daß der deutsche Bund große Hindernisse diesem Vorhaben entgegensetzen wird, aber dieselben würden doch nur, so re- flektirt man, aus Proteste und Rechtsverwahrungen hinauslausen, also aus Kundgebungen, an die sich der Minister v. Bismarck nicht kehren würde. Der preußische Plan ist kein anderer als her: im Einverständniß mit Oesterreich, das zu gewinnen sein wird, hört die Exekution in Holstein demnächst auf. Die deutschen Großmächte verfügen dann über beide Herzogthümer militärisch allein und administrativ ebenfalls so weit , daß der Einstuß des Bundes ganz zurücktritt. Alsdann soll in diesem Provisorium die wirkliche Meinung Schleswig-Holsteins konstatirt werden. Die bisher landläufig gewesene Vorstellung, daß die ' Herzogthümer den Augustenburger wollten und keinen andern, ist nach feudaler Darstellung ein Jrrthum!! Wird nur erst den schleswig-holsteinischen Vereinen das Versammlungsrecht gründlich beschnitten, fallen ferner die Demonstrationen für den „Angestammten" fort, und kommt die Presse unter scharfe Controle preußischer wie österreichischer Beamten, so wird sich schon zeigen, daß alles Gerede von dem festen Entschluß der Herzogthümer, nur dem Augustenburger angehören zu wollen, eitel Tand gewesen ist. So spekulirt man hier in ministeriellen Kreisen. An Agenten, die gelegentlich dem Anschluß unter Preußen das Wort reden, fehlt es schon jetzt nicht, aber ihre Zahl kann je noch vergrößert werden, und den erheblichsten Erfolg würde die preußische Politik haben, wenn der Augustenburger Las Land räumen müßte.
— Eine Nachricht aus Kiel meldet, Herzog Friedrich habe erfahren, daß ihm eine Aufforderung von Preußen und Oesterreich bevorstand, Holstein zu verlassen, bis die Erbfolgesrage erledigt sei, und auf dieses hin habe er sich entschlossen, freiwillig Kiel zu verlassen, und sei am 2l. nach Gotha gereist. Doch hat diese Nachricht noch keine weitere Bestätigung erhalten.
— Die Regierungen von Hannover und Sachsen haben in Wien auf telegraphischem Wege angesragi und sich Aufklärung über die Besetzung Rendsburgs erbeten. Das kaiserl. Kabinet soll jedoch nicht in der Lage gewesen sein, diesem Wunsche willfahren zu können.
— Wien. 25. Juli. Ter Botschafter glaubt, daß Preußen
in der Rendsburger Angelegenheit zu entsprechender Nachgiebigkeit geneigt sei. Es frage sich nur um das wie? Oesterreich müsse zwar auf das Wohl des Alliirten Rücksicht nehmen, aber auch das Bundesrecht wahren und werde vielleicht die VermitTung übernehmen können. (Tel. d. St.-A.)
—'Wien, 23. Juli. Hr. v. Bismarck ist hier kühl ausgenommen worden. Die eigenmächtige Besetzung Rendsburgs erfährt hier allseitige Mißbilligung. Der Botschafter meldet: daß Hannover und Sachsen einen Antrag auf Genugthuung und Restitution, beim Bunde vorbereiten.
Frankreich. Paris, 23. Juli. Der König der Belgier, der 14 Tage bis drei Wochen in Vichy bleiben wird, hatte bereits mehrere Unterredungen mit dem Kaiser. Es besteht ein sehr berz- liches Einvernehmen zwischen beiden Monarchen. Der König tritt jedoch in der Form ganz als Kurgast auf. Drouyn de Lhuys ist heute aus Vichy nach Paris zurückgekommen. — 26. Juli. Der Moniteur meldet: Anfangs August werden die Schiffe abgehen,welche die französ. Truppen, die Mexiko verlassen sollen, abholen werden.
Amcrika. Die neuesten Telegramme aus Newyork kauten:
11 Juli. 20- bis 40,000 Rebellen bedrohten Washington und Baltimore. Tie Telegraphen- und Eisenbahnverbindung zwischen Baltimore und Philadelphia ist unterbrochen. Es geht das Gerücht, zu Baltimore seien zwei Bundcsarmeekorps angekommen.
— 13. Juli. Es geht das Gerücht, Grant habe Petersburg eingenommen. §— ^Die Invasion in Maryland hat furchtbare Proportionen angenommen; sie bezweckt die Eroberung Washing? tons. Die Hauptmacht der eingedrungenen Rebellen stcht in geringer Entfernung nördlich von Washington. Die Berichte über die Bewegungen der Urionstruppen sind verworren. — 16. Juli. Die Rebellen haben Maryland verlassen. __
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