248
de St. Petcrsb. enthält ein Kais. Dekret, durch welches der Aus' subrzoll aus Lumpen von 60 aus 30 Kopeken Pr. Pfd. herabgesetzt wird. (Schw. M.)
Amerika. New York, 20. Mai. Am Morgen des 18. griff Grant das Centcum und den rechten Flügel Lee's an, war aber gezwungen, sich mit einem Verlust von 1200 Todten und Verwrkndetcn zurückzuziehen. — 21. Mai. Der südstaatliche General Ewell versuchte am 19. d. eine Umgehung des rechten Flügels Grams. Dieselbe ist jedoch mißlungen. General Sherman ist in Casseville (Georgien, aus dem Wege nach Atlanta) ange- kommem Stanton schickte Grant 20,000 Mann alte Truppen zur Verstärkung.
Der Hausarzt.
Ich eilte zu der mir wohlbekannten Schatulle und fand den Brief, den ich in meinem Kleide verbarg. Dieser Brief war aus folgende Weise in unsere Hände gerathen. Eine Frau traf Christian auf der Hausflur und verlangte, daß er sie zu Herrn Simons führe. Als ihr gesagt ward, daß der Herr verreist sei, bat sie den Bedienten, er möge den Brief, den sie ihm gab, seinem Herrn einhändigen, sobald er zurückkehre. Christian, ein argloser Mensch, legte den Brief auf den Schreibtisch, wo ihn Madame Simons fand. Die von einer Frauenhand geschriebene Adresse erregte die Eifersucht, und die Eifersucht veranlaßte Madame, den Brief zu sich zu nehmen und zu erbrechen. Halb ohnmächtig sank sie in meine Arme, als sie die Zeilen gelesen batte. Von da an begann der häusliche Krieg, den ich Ihnen geschildert habe, und der mit der Entfernung des Knaben endigte. So viel Mühe wir unS auch gaben, jene Frau zu ermitteln, wir konnten keine Spur finden. Christian hat an das Papier, bas er für einen Bettelbrief gehalten, nicht wieder gedacht. Zu welchem Zwecke übrigens Madame den Brief aujbewahrte, ist mir ein Räthsel geblieben.
— Und wohin ist er gekommen? fragte der Arzt.
— Ich habe ihn als eine Reliquie meiner unglücklichen Herrin heilig gehalten, da sich einige Zeilen von ihrer Hand darunter befinden. Hier ist er.
Rosa stand auf, erschloß ein Kästchen, das sie aus ihrer Kommode holte, und überreichte dem Doktor einen beschmutzten Brief. Dieser las ihn, anscheinend ruhig, aber der Inhalt berührte ihn schmerzlick.
'— Vertrauen Sie mir den Brief, der Ausschlüsse gewähren kann, für kurze Zeit an, bat er; Sie werden ihn aus meiner Hand zurückerhalten.
Jungfer Beisuß willigte ein und erzählte weiter:
— Tie Kranke kam nach einiger Zeit wieder zur Besinnung, und ich mußte ihr feierlich geloben, Alles, was wir gethan und gesprochen, geheim zu halten, was auch geschehen möge; sie wollte nicht, daß ihr Mann vor den Augen der Welt kompromittirt werde. Gegen Morgen verlangte sie einen Priester; sie empfing das letzte Sakrament und starb ruhig in den Armen ihres Mannes, der vor Schmerz vergehen wollte. Sie wissen es ja, Sie waren Zeuge jener erschütternden Scene. Die Todte ward mit einem Pompe begrabe», wie ihn die Stadt wohl nie gesehen hat. Ungefähr vier Wochen nach dem Begräbniß ließ mich Herr Simons in sein Zimmer kommen. Mit der ihm eigenen Ruhe und Festigkeit kündigte er mir an, daß Doris einer Erziehungsanstalt übergeben werden solle und daß er meiner Dienste entbehren könne. Dann bändigte er mir fünfhundert Thaler ein, und ick zog ab. Das Geld verwandte ich zu meiner häuslichen Einrichtung, suchte und fand Arbeit, und lebe seitdem in stiller Abgeschiedenheit von der Welt. Als ich später hörte, daß Franz Walburg die Tochter seines Prinzipals geheirathet habe, machte ich mir Vorwürfe, geschwiegen zu haben; aber das Versprechen, das ich der Sterbenden gegeben, mag mich enischuldigen.
Der Doktor Martini hatte einige Augenblicke stumm den Brief betrachtet.
— Die Heirath der beiden jungen Leute, die sich leidenschaftlich lieben, hat der verstorbene Simons selbst betrieben! mur- lnelte er vor si ch hin. Bei der Ehrlichkeit des Mannes läßt sich f
kaum annehmen, daß er, um Franz Walburg zu begünstigen, sich eines Verbrechens schuldig gemacht, das seine einzige, rechtmäßige Tochter in's tiefste Elend stürzt. Er hat oft von dem HOraths- projekt mit einer Vorliebe gesprochen, die jeden Zweifel verscheuchen muß. Noch auf dem Sterbebette hat er die kaum getrauten Gatten gesegnet und den jungen Mann ermahnt, sich für die ihm bewiesenen Wohlthaten dadurch dankbar zu bezeigen, daß er über Toris Glück wache.
— Seltsam bleibt die Sache immer! meinte Rosa.
— Sie werden also schweigen?
— Nur Sie, Herr Doktor, können mich zum Reden bewegen.
— Sollte Walburg, was kaum anzunehmen ist, sich an Sie wenden. ...
— Fürchten Sie nichts, Herr Doktor, ich werde zu handeln wissen. Das Glück der Tochter meiner verstorbenen Herrin liegt mir nicht minder am Herzen, als Ihnen. Aber Eins rathe ich Ihnen . . .
— Nun?
— Halten Sie die alte Meta im Auge. Das ist eine boshafte Person. Scheinbar hängt sie mit großer Liebe an Doris; aber ich wette, daß sie noch eine Rache an der todten Madame Simons verübt, von der sie nicht Wohl gelitten war. Wenn Herr Walburg, wie ich aus Ihren Worten schließen muß, Verdacht hegt, so hat ihn nur diese Meta angefacht, von der ich einmal Drohungen gegen Madame ausstoßen hörte. Ich möchte selbst behaupten, daß sie dem armen Mann den Brief in die Hände gespielt hat. Vergessen Sie nur nicht, daß Meta die Vertraute des Herrn war, daß sie sich leicht des Briefes bemächtigen konnte, den, wenn er so wichtige Ausschlüsse enthält, Simons vor seinem Tode Wohl vernichtet haben würde. Glauben Sie mir, Herr Doktor, fügte Rosa eifrig hinzu, dieses Weib ist zu Allem fähig. Ten Christian hatte sie schon damals dergestalt unter dem Pantoffel, daß der gutmüthige Mensch vor ihr zitterte. Bald standen beide hier, bald dort und flüsterten heimlich mit einander — o, ich habe sie oft überrascht. Was Christian wußte, erfuhr Meta, mnd was Meta wollte, that Christian. Der einfältige Mensch fürchtete den Einfluß der Wirthschasterin, denn sein bequemer Posten war ihm lieb. Achten Sie auf die Meta. Je länger ich daran denke, je größer wird mein Argwohn gegen diese Person. Nun, sie brauch! ja Herrn Walburg nicht mehr, sie besitzt ein hübsches Vermögen und kann ohne den Lohn einer Dienstherrschaft leben. Bedenken Sie nur, lieber Herr, mich hat man fortgeschickt, als Madame die Augen geschlossen, und jene Person, die so oft die Kranke geärgert, dieses Weib ist geblieben. Nun, bei meiner armen Seele, da muß ja ein Blinder sehen, wer im Hause regiert hat.
Rosa Beifuß, die bisher so sanft gewesen, war plötzlich in große Aufregung gerathen. Sie legte die Hornbrille ab, griff zur Dose und versorgte ihre spitze Nase mit einer duftenden Prise. Der Arzt versicherte, ihre Winke beachten zu wollen, ermahnte noch einmal zur Verschwiegenheit und entfernte sich. JLa gab ihm das Geleit bis zur Hausthür. (Forts, folgt.)
Vom 1. Juni an kursiren diePostoMMbusse Zwischen
Calw und Pforzheim wie folgt:
Abgang: Ankunft:
Aus Calw um 6" früh. In Pforzheim um 9" VM.
zum Anschluß an Zug nach Mühlacker- Stutrgart um 10°° und den Schnellzug um 11°°, nach Karlsruhe um 9°-. In Pforzheim um 5" NM. zum Anschluß an den Zug nach Mühlacker-Stuttgart um 6 und nach Carlsruhe um 8".
In Calw um 10" VM. zum Anschluß an die Postwägen nach Böblingen u. Herrenberg.
In Calw 6°°
zum Anschluß an den Postwagen nach Wildberg-Nagold.
Aus Calw um- 2" NM.
AusPforzheim7"früh nach Ankunft des Zugs von Stuttgart-Mühlacker um 7°° und von Carlsruhe um 6°°. Aus Pforzhei.m 3" NM. nach Ankunft des Zugs von Mühlacker-Stuttgart um 1", _von^arlsruhe 2°°.
vedlgirt, gedruckt und vertegt von A. VelscklägDr,