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Blattcrnepidemie ausgebrochen. Cvrfu, 28. Okt. Die Mehr­beit der gesetzgebenden Versammlung protestirt gegen die Vertagung des Parlaments und erklärt jeden in dessen Abwesenheit beschlos­senen Akt, welcher den Rechten und Interessen der Ionier schädlich wäre, sich ungültig.

AuKrirn. New-Nork, 2l. Okt. Nachdem General Meade sich aus die Vertheidigungslinie von Washington zurückgezogen, schickt er jetzt seine Kavallerie vor, die in Warrenton-Junction eingetrof- sen ist, ohne auf den Feind zu stoßen. Auch General Lee ist zu­rückgewichen; wie man versichert, ist er wieder hinter den Rappa- hannok gegangen. General Rosenkranz ist durch Generäl Tho­mas ersetzt, General Grant zum Befehlshaber der Armee des Ohio und Cumberland in Kentucky ernannt. (Schw. Bk.)

Mexiko. Veracruz, 5. Okt. Marschall Forey hat heute Vcracruz verlassen. Er begibt sich nach Newyork, wohin er eine Mission erhalten haben soll.

Vermischtes.

Hanau, 26. Okt. Ein hiesiger Bürger ließ seinem Spröß- ling in der Taufe, welche von einem deutsch-katholischen Geistlichen vollzogen wurde, die Namen Francesco Guiseppe Garibaldi geben; es ist ihm aber trotz der energischsten Protestanonen noch nicht ge­lungen, die Geburtsanzeige seines Sohnes in dem Civilstandsre- gister zu erreichen und hat gegenwärtig die Regierung in Kassel darüber zu entscheiden, ob ein kurhessischer Staatsbürger die Na­men Giuseppe Francesco Garibaldi führen darf oder nicht.

Ter bekannte, viel geglaubte und stark angezweiselte Wetter- Prophet Mathieu de la Tronic in Paris hat wieder am 9. Okl. ein Schreiben an den Präsidenten der Akademie der Wissenschaften in Paris gerichtet, welches er zugleich den meisten französischen Blättern zur Veröffentlichung übersandt hat. Indem er sich aus seine am 23. Januar veröffentlichte Note beruft, gibt er unter Andern, namentlich folgende sehr detaillirte Prophezeiung sür den bevorstehenden Dezember: Ter Dezember ist besonders zu fürchten. Tie zwanzig ersten Tage werden ungeheure Massen Wasser geben, in Form von Regen oder Schnee; es werden gewaltige Orkane, namentlich gegen den 5. und 6., Vorkommen. Neue Windstöße und neue bedeutende Wasserniederschläge in den sechs letzten Tagen De­zembers oder den drei oder vier ersten Tagen Januars. Herr Mathieu kann nicht genau sagen, ob dieses Wasser als Schnee oder- tropfbar flüssig herabfallen wird, aber er behauptet, daß, wenn drei Viertel der Menge des Wassers, welches im T czcmber in den Ob­servatorien von Paris und Genf gesammelt werden wird, als Re­gen niederfiel, so seien Unfälle zu befürchten, welche ungefähr, wie folgt, nach einander kommen würden. Vom k. bis 10. Austritt der Bäche; vom 10. bis 20. Austritt der Flüsse, spätestens vom 28. Tczember bis 5. Januar Austritt der Ströme, namentlich der Rhone und vielleicht der Seine. Tiefer letzte Strom wird zum allerwenigst,.:! ein Niveau erreichen, welches sür die Keller in den niedrigeren Gegenden von Paris beunruhigend sein wird. Tie Mehrzahl der Flüsse und Ströme, welche vor dem 28. aus ihrem Bette getreten sein werden, werden zu dieser Zeit von Neuem zu wachsen ansangen, während etwa acht Tagen. Aber wenn Liese Niederschläge größtenthcils als Schnee sich einstellen werden, was sehr zu wünschen wäre, so werden sich die Unglücksfälle auf Lawi­nen in den Gebirgen beschränken. Unter einer oder der anderen Form wird sich die Wasserquantität im Dezember im Observatorium von Gens dem Dreifachen der gewöhnlichen mittleren Quantität nähern, welches ein seltener, sehr gefährlicher Fall ist.

Unterhaltendes.

Ein anderer Tell.

(?.1l Bild ouS di-m WildereUel'cn.

(Fertätznnq.t

Do» alldem hatte Volkh keine Ahnung, also schien es wenigstens.

Ernst-Heiter, wie ein Vater, der sein Söhnlein unterweisend über Feld geleitet, ging Volkh seines Weges nach dem Walde und gab seinem Knaben, der als Neuling dieser Welt gar viel zu fra

Die Frage war eben so naiv als sie von tiesbedeulsamer Un­terscheidung zeigte; Volkh erwiederte nach einer Pause ernst:

Sofern Wilddiebe Diebe sind hat ein ordentlicher Schütze im Revier nicht weiter nach Gut und Bös zu fragen."

Aber die Leute, die keine Schützen sind, reden davon. Wie vor einem Jahre der Rottmann angeschossen war und starb, sagten sie: wie schad' um ihn, er war ein braver Mann. Wie aber ver Blitter an dem Rehposten starb, da sagten sie: o, Reebt geschieht ihm, der war doch sonst auch keinen Heller werth!"

Das merk' Tir, Uli," sagte Volkh, da einer Unterweisung nicht mehr auszuweichen war:Wenige Menschen sind ganz gut und wenige Menschen sind ganz schlecht. Die meisten Menschen haben Tugenden und haben Fehler. Etwas Anderes ist es, ob wir einen Menschen mit Gerechtigkeit richten oder wie wir ihn bloß als Nebenmenschen ansehen sollen. Kann Dein Vater im Revier lange fragen, was der Wilderer sonst für ein Herz Hut, wenn er ihm das angelegte Gewehr entgegenhält oder der Herr­schaft das Wild wegschießt? Zu dieser Stunde ist er mein Feind ein Räuber und ich muß ihn vertreiben oder an meinem Amt den Schlechten machen."

Ich höre immer sagen, Vater, das Wild sollte vogelfrei sein, rann würre kein ehrlicher Mann ein Wilddieb," sagte Uli.

Wenn ein Forstwart in sein Amt tritt, Uli, so schwört er nicht auf das, was die Leute sagen, sondern er schwört, seiner Herr­schaft treu zu fein und ihr Gut in Wald und Flur zu schützen. Das muß er schwören und halten oder er muß das Amt nicht nehmen. Bis heute sagt das Gesetz, das Wild in diesem Umkreis ist der Herrschaft, ist ihr Gut; kommt eine Zeit, wo das Gesetz sich andern Sinnes wendet, so wird auch Amt und Schwur sich anders bilden. Immer aber, Uli, halte fest an dem- hast Du je als Forstmann oder sonst ein Amt, so verlottere es nicht in flunkernden Gedanken; hast Tu aber andere Gedanken, so nehm' ein widerliebes Amt nicht an. Laß die Zeit Gesetze ändert, daran thul sie recht und wohl; wer aber vor ein Recht, so lange es gilt, als Sehildwache gestellt wird, der muß es decken mit Leib und Leben. Ob es in späteren Jahren noch einer Schildwache werth ist, das darf uns nicht bekümmern."

Uli war jetzt stille und schien nachzudenken. Aber es war doch nicht zu verkennen, daß die Rede des Vaters kräftig und wobt thätig wirkte. Schon die Ehre, daß der Vater so mannhaft mir ihm rede, und wohl auch der Gedanke, daß er einmal tapfer, wie der Vater, vor einer Amtspflicht werde Wache halten dürfen, spornte seinen Geist an; war Uli ja das Söhnlein Volkh's und von Na­tur aus mit gewissem Trotz und Stolz begabt. Es stand dem kleinen Schützen waidlich, wie er jetzt dem Gewehr einen Ruck gab und sich munter in die Brust werfend weiter schritt. . . .

Scheidet ein Kind aus seinem Elternhause, so legt die Mut­ter ihm die Hände auf das Haupt, beugt sich betrübten Sinnes darüber und im Schatten mütterlicher Wehmuth ruht die Stirne des thcurcn Kindes. Mutter -Natur hat ihre Stunden auch, wo sie einem Menschenkinde, das Gefahr bedroht, die Hände auserlegt und die Stirne überschattend wehvollen Segen spendet.

Als Uli jetzt vom Saum des Waldes, der noch im Abend­schimmer lohte, unter die Bäume trat und den Spitzhut mit Feder lüstete, war es, als senke sich ein feiner schwarzer Schleier über­feine Stirn und eine unsichtbare Hand suche sie mütterlich zu schir­men und zu trocknen; es war der kühle Schatten des Waldes, der den kleinen Schützen jetzt umfing. Uli fühlte und dachte auch nichts Anderes und ließ sich die angenehme Kühle Wohlbehagen.

Ist es gut oder nicht gut, daß der Mensch, von einem Weh oder Unheil bedroht, zumeist keine Ahnung hat und die milden Winke sder Wehmuth nicht versteht, die ihm Mutter Natur zu geben sucht? Munter blickte Uli durch die Schleier des Waldes­schattens hin und forschte zwischen den Säulen der Baumschäste nach dem Leben und Gedeihen des Waldes.

Bleiben wir nicht im Unterhaag, Vater?" fragte Uli jetzt, da er merkte, daß der Vater plötzlich die Richtung änderte und rechts einbog, statt gerade aus zu gehen.

Schau dort," sagte Volkh nur, indem er auf eine herrliche junge Buche zeigte, welche von Frevlerhand eben frisch und tödtlich

gen hatte, rund und wohlbedacht zur Antwort, was ihm recht schien ^ - .

Sind alle Wilddiebe schlechte Menschen?" fragte Uli Plötzlich, angebletzt war; die Axt stak noch in der klaffenden Wunde des Ba*-

vcn einem früheren Gespräche seltsam überspringend.

>mes, der Frevler mußte also eben entflohen sein. (Forts, folgt.)

vedigirl, gedruckt und verlegt von A. Getschläger.