Berlin, 6. Juli. Es ist ein Circular des Regi^rungs Prä­sidenten zu Düsseldorf ins Publikum gekommen, welches die Beamten vor oppositioneller Haltung warnt. Nach derRhein. Ztg." sollen ähnliche Verfügungen von allen Regierungs-Präsidenten zufolge einer höheren Weisung ergangen sein; der Eingang derselben soll so ziemlich überall wörtlich übereinstimmen.

Breslau, 3. Juli. DieScblesische Zeitung" hat in Folge

eines Berichtes über ein zu Ehren Simon's stattgehabtes Festessen heute eine Verwarnung erhalten. Auch dasSchlesische Morgenblalt" hat wegen Neproduzirung obigen Artikels aus derScblesischen Zeitung" heute eine Verwarnung erhalten. (Fr. A) »

Wien. Vor einiger Zeit ging die Nachricht durch die Blätter, >

Napoleon III. habe in Turin ungefragt, ob man ihm für gewisse ^ Eventualitäten mit einer Hilfsarmce von 60,090 Mann zur Seite ^ treten könne und wolle. Diese Nachricht war vollkommen begrün-! der, auch wurde ihr weder von Turin noch von Paris aus ein offizielles oder offiziöses Dementi entgegengcstellt. Indessen da man in Turin diese Gelegenbeit benützen wollte, um gewisse Concessio- nen zu erlangen, die damals inopportun erschienen, so blieb die Sache auf sich beruhen. Jetzt aber ist sie, wie man demN. E." sagt, wieder ernstlich ausgenommen, und das bevorstehende Wieder- erscheinen des Prinzen Napoleon in Turin steht damit in Verbin­dung. Wie die Dinge liegen, braucht Napoleon ganz sichere Alli­anzen; für alle Fälle könnte er jedoch nur auf Schweden und auf Italien rechnen. (Fr A)

Lemberg, 4. Juli. Heute Nacht hat ein Brand in Wisch-

nitz über 300 Häuser eingeäschert und über 500 Familien obdach-! los und nahrungslos gemacht. Der Kreisvorsteher- bat die Zufuhr" von Brod und Nahrungsmitteln von Bocbnia eingelcitet und wei­tere Hilfe von Krakau erbeten. Kirche, Pfarrhaus und Bezirks­amt sind abgebrannt, ein Theil der Akten wurde gerettet. Die Stadt ist ein rauchender Schutthaufen, cs herrscht unsäglicher Jam­mer. Drei Kinder sind verbrannt. (Fr.A)

Krakau, 1. Juli. Erzbischof Felinski wurde vom Kaiser em­pfangen und nach einem längeren Gespräche mit letzterem nach Jaroslaw abgesührt. Tie neuesten Telegramme der Wiener Blätter aus Krakau, 7. Juli, melden von mehreren glücklichen Geseckten der Insurgenten.

Von der polnischen Grenze, 8 Juli. Aus Warschau wird unterm 6. gemeldet: Die Nationalregierung hat ein Rundschreiben nachstehenden Inhalts erlassen: Sie habe ihr Programm vom 22. Ja­nuar d. I. nicht geändert, nie den Werth der auswärtigen Diplo- ' matie überschätzt, keine Unterhandlungen über einen Wassenstillstand gepflogen und könnte Verbindlichkeiten gegen auswärtige Mächte nur in dem Fall eingehen, wenn sie als Vertreter einer freien Nation mit jenen auf gleichem Fuße unterhandeln dürfte. (Fr.A.)

Polen. Warschau. Auch der Großfürst Konstantin soll, nach dem Vorgang Murawiew's in Wilna. Befehl gegeben haben, die Waldungen bis ans 150 Saschenen zu beiden Seiten der Ei­senbahnlinien auszurottcn. Murawiew soll die Gefangenen sehr schlecht unterbringen und beköstige» lassen. Ein Mädchen, Namens Marie Zapasnik, welche arretirt wurde, weil sie den Aufständischen Lebensmittel zugcführt hatte, soll in der Citadelle zu Wilna er­drosselt gesunden worden sein. Drei Gefangene, die derCzas" namentlich aufführt, sind wahnsinnig geworden. 4. Juli. Ge­stern hat die russische Regierung von der Citadelle aus wieder ge­gen 1000 politische Gefangene unvermuthet mit einem Extrazug der Eisenbahn nach Rußland (Sibirien?) befördern lassen. Die rückständigen Steuern sollen par lorco eingezogen werden. Der Schuldner wird aufgefordert, zu zahlen, und zwar in 4 Tagen nach Empfang der schriftlichen Aufforderung mit Angabe der Summe. Wenn der Ausgeforderte nicht zahlt', so wandert er nach dem Po- liziarrest. Dagegen wird heute in einem der Hauptorgane der re­volutionären Presse ein Erlaß des Stadthauptmanns veröffentlicht, worin die Bürger aufgemuntert werden, bei der Steuerverweige­rung zu beharren, auf die Gefahr hin, ins Gesängniß zu kommen. Zuwiderhandelnde werden vou den den Nationalgerichten bestraft. Zugleich wird in dem Erlaß das Verbot alles Verkehrs mit den russischen Behörden erneuert. In diesen Tagen erwartet man seiten der geheimen Nationalregierung eine Generalaushebung im ganzen Königreiche, und zwar wird sich dieselbe aus die Altersklas­sen vom 1840. Jahre erstrecken. Dispositionen werden bereits an mehreren Orten dazu getroffen. Man erzählt sich hier, daß in

voriger Woche 25,000 Stück vortreffliche Gewehre glücklich ins Land gekommen seien, und zwar für die Jnsurgenten-Abthcilungen im Plocker Gouvernement. 5. Juli. Gestern Abend 9 Uhr ist ein geheimer Potizeiagenl in seiner Behausung erstochen worden. Heute erzählt man, daß eine Abtheilnng Insurgenten eine Summe von 80,000 Rubel, die von der hiesigen Intendantur abgesendet war, unterwegs ausgegriffen und als gute Beute konfiscirt hat.

Rußland. Ein Privatbrief aus St. Petersburg schreibt: Gortschakoff hat am 4. d. M. versöhnlich lautende Antwortsnoten dem Kaiser unterbreitet. Dieselben gehen diese Woche an den Ministereath. Nach der Nat.-Zzg. ist der finnländische Land­tag definitiv auf 15. Sept. auf Grund des Verfassungsgesetzes von 1772 einberufen. Tie Rüstungen werden in Finnland mit größter Energie fortgesetzt. In Tavastehus sollen 150,000 Säcke, in Hel- sinfsfors 70,000 Säcke Mehl aufgehäuft werden, ein Dorrath, der hinreichen würde, eine Armee von 150,000 Mann ein ganzes Jahr lang zu unterhalten. An den Batterien in Sveaborg und rings um Helsingfors wird mit größter Hast gearbeitet; alle Arbeitskräfte des Landes werden zu hoch hinaufgesvraubtem Preise von der rus­sischen Regierung für diese und andere militärische Zwecke verwen­det. Ein Telcgr. ans Konstantinopel vom 3. Juli meldet: Nach­richten aus Tiflis (Kaukasus) vom 21. Juni zufolge ist zwischen Tiflis, Karadagh und in den lesghischen Provinzen voller Aufruhr. Der Fürst Cholukoff ist nebst 200 Soldaten in der Nähe der Ci­tadelle von Zakatal getödtet worden. Die Straße von Houkha ist vollständig abgesperrt. Was dieser Bewegung Wichtigkeit verleiht, ist, daß die Tataren, die bisher den Russen freundlich gesinnt waren, sich an dem Aufstande betheiligten Das ganze Land zwischen Tiflis und Houkha ist von den Aufständischen bedroht In Daghestan wächst der Aufstand gegen die Russen. Die Tscherkesscn haben das befestigte Torf Zakatal genommen. 920Soldaten und zwei Gene­rale, darunter General Citianeff, sollen bei dieser Affaire geblieben sein.

England. London, 6 Juli. Unterhaus. Warner fragt, ob die Ansicht französischer Zeitungen, daß in einem eventuellen Kriege wegen Polen England unmöglich werde neutral bleiben können, begründet sei? Viscount Palmerston erwiedert: In Betreff der polnischen Angelegenheit sind wir mit keiner Macht Verbind­lichkeiten eingegangen; wir sind nach keiner Seite bin gebunden und können uns bei eintretenden Ereignissen nach Maßgabe der Interessen Englands entscheiden. (Fr. A.)

Griechenland. Athen, 4. Juli, Abends. Der Kampf, der am 30. Juni begonnen hatte, endigte am 2. Juli. Es wurde da­bei viel Blut vergossen. Kanaris, der Sohn, und viele andere sind getödtet. Ruso, Klimeko, Mauromicbalis, Nikolopulos haben ein neues Ministerium gebildet. 6. Juli. Die Ruhe ist wie­derhergestellt. Die Nationalversammlung hat die gleichzeitige Ent­fernung der Truppen beider Parteien aus der Stadt durebgcsetzt.,

Amerika. Newyork, 27. Juni General Banks hat am 14. Port Hudson angegriffen, wurde aber auf allen Punkten ge­schlagen. Er verlor 7001000 Mann und zog sich in seine Ver­schanzungen zurück. Es wird ein neuer Angriff vorbereitet.

Unterhaltendes.

Ein schwer geprüftes Mutterhcrz.

Gort'chung.)

Die Gräfin öffnete ein Kistchcn und nahm daraus einen schweren Beutel, den sie der Mutter anbot:Seht, liebe Freundin, hier ist eine Börse mit einer bedeutenden Summe in Gold," sagte sie;legt sie in die Sparbüchse unserer Klara und erleichtert ihr damit das Le­ben ; verweigert ihr nichts, erfüllt ihre Wünsche, laßt sie alles lernen; ich will, daß der liebe Engel nicht die geringste Widerwärtigkeit erfahre. Wenn Ihr mich in diesem Vorhuben unterstützt, werde ich Euch ewig dankbar sein."

Die Sparbüchsen der Waisen stehen unter der bcsondern Leitung der Aufseher, gnädige Frau; jede Ausgabe muß von den­selben bewilligt werden. Ich kann über das Geld nicht in der Weise verfügen, wie Ihr es wünscht", versetzte die Mutter.

Welch eigenes Derhängniß kehrt doch Alles gegen mein Vor­haben l"

Wenn Ihr erlaubt, gnädige Frau, daß ich einen kleinen Theil des Geldes zurückbehalte und darüber selbst verfüge, so könnte ich Euren gütigen Absichten zum Theil Nachkommen."