war, sich bezüglich der Todesursache dahin aussprach, das; von der! Verblutung in Folge Nichtnnterbindung der Nabelschnur nicht die Rede sein könne, da einerseits nicht eine Blutleere, sondern unreine unglliche Vertheilnng des Blutes in dem.Lörper wahrnehmbar sei, und andererseits jene Unterlassung überhaupt eine Verblutung in der Regel nicht zur Folge habe; das Kind sei in Folge mangels Hafter Entwicklung der Athmungswerkzeuge nur in sehr geringem! Grade lebensfähig gewesen und sei möglicherweise in Folge dessen, gleich nach seiner Geburt, eines natürlichen Todes gestorben; die Annahme eines gewaltsamen Todes sei keineswegs nothwendig. Auf Grund des Gutachtens von Pros Luschka machte der Vertheidiger geltend, daß nicht der Thatbestand eines Kindsmords, sondern nur der der Verheimlichung der Geburt vvrliege. Tie Staatsbehörde hielt die Anklage, welche auf den schweren Fall des Kindsmords gerichtet war, in ihrem vollen Umfange aufrecht und pladirte eventuell, d, h im Fall, daß die Annahme, es sei der Tob des Kindes jedenfalls schon aus natürlichen Gründen, ohne alle verbrecherische Thätigteit Seitens der Mutter, unvermeidlich gewesen, ans Versuch des kindsmords, Tie Geschworenen bejahten von einer größeren Anzahl der ihnen vorgelegten Fragen die auf den leichtesten Fall der Verheimlichung der Geburt gerichtete, worauf die Nngekl, zu einer Kreisgefängnißstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurtheilt wurde. (Forts, folgt )
Unterdaltendes.
Des T o d 1 e n Ehre.
Novelle von Aug. Schrnvcr. lü'!»»iiq I
— Kennst Du keinen Ausweg, Ernst, fragte Veronika nach einer langen Pause, welcher uns aus dieser gräßlichen Lage führt?
— Auf einen Prozeß mit dem Amtsrathe kann ich es nicht ankommen lassen. Selon die Verhandlungen über den Fall würden den Verstorbenen compromittiren. Und dann ist die Quittung vorhanden, welche unter allen Umständen den Ausschlag gibt. Meine Weisheit ist'zu Ende. Der Doktor Anders ist zwar entrüstet über die Schurkerei, welche man an dem Verstorbenen verübt — aber von ihm ist kein Heil zu erwarten, er hat bereits^ gethan, was in seinen Kräften stand.
— Kannst Tu die Summe nicht leihen?
.— Es wäre möglich, wenn auf unserm Grundstücke nicht eine bedeutende Hypothek stände. Und Freunde, die reich genug sind, mir zu helfen, habe ich nicht.
— So werde ich helfen I rief Veronika.
— Tu?
— Ich, die Tochter des Verstorbenen. Max Gruber liebt mich . . .
— Veronika, es siel mir schwer, Dir ein solches Opfer zuzu- muthen Sprich Dich aus, sprich dich aus!
Max Gruber erhalt meine Hand, und der Amtsrath muß noch einmal zahlen . . . mag Pie Quittung nun echt oder falsch sein. Er kann die Familie seiner Schwiegertochter nick t sinken lassen, ohne den eigenen Sobn fallen zu lassen, an dem er mit wahrer Affenliebe bängt. Bringe ich ein Tpfer, so bringe ich es den Manen unseres guten Vaters. Ter Name „Brander" soll rein und fleckenlos bleiben.
Ter Advokat drückte die Schwester gerührt an seine Brust.
— Veronika, letze die Mutter nicht in Angst und Schrecken; irre Gesundheit ist durch den jähen Todesfall angegriffen, wir müssen ihr die Gemüibsrnhe zu erhalten suchen. Aber Tu, Veronika, Deine Zukunft, Tein Leben ... Tu liebst Max nicht.
— Mit meinem Herzen werde ich mich abfinden, wenn die Ebre unseres Hauses gerettet ist. Ich weiß, Max ist leichtsinnig, er lebt als der Sobn des reichen Mannes; aber sein Gemüth ist gut und weich. Vielleicht fügt es der Himmek^daß ich in seinem Besitze glücklich werde.
— Und das höchste Glück hast Tn durch die heroische Thai verdient, die zu vollbringen Tu im Begriffe stehst Aber ich werde nickt hinter Dir Zurückbleiben, Veronika, ich werde durch Entsagung ejn Tpser bringen, das dem Dcinigen gleichkommt.
— Was ist cs, Ernst^ ^ ^ __
— . RcriMl, gcvrucl'.t und
! — Ich liebe Wilhelmincn, die Tochter der Wittwe Junk. . .
Tu kennst sie. Damit nun die Welt nicht sage, mich habe der Eigennutz geleitet oder wohl gar die Nothwendigkeit zu einer Verbindung mit der Tochter meiner Clientin getrieben, werde ich meine Neigung zu ersticken suchen. Ich kann die Wohnung der Frau nicht , wieder betreten, die meine Rechilichkeit in Zweifel zieht, und wie fiel) vermuthe, thcilt auch Wilhelmine diesen Zweifel. Meine Ehre geht mir über Alles!
Am Mittag kam Max.
Ernst führte ihn zu seiner Schwester.
— Sieh zu, sagte er bewegt, ob ich Dein Anwalt gewesen bin, sei dafür mein treuer Freund.
Er zog sich zurück.
— Max, fragte Veronika würdevoll, lieben Sie mich wirklich, folgen Sie nicht einer augenblicklichen Neigung, die im Sturme des Lebens erlöschen wird wie ein schwaches Licht; sind Sie mit Ihrem Herzen zu Nathe gegangen . . .
Der junge Mann lag zu ihren Füßen,
— Veronika, ziehen Sie mich zu sich empor, wenn ich strauchle; leiten Sie mich, wenn ich den rechten Weg verfehle, aber dulden Sie mich an Ihrer Seite! .--eben Sie mich auf, so bin ich verloren!
— Dieses Geständnis;, Max!
— Mag Ihnen darthun, daß ich zur Erkennlniß meiner selbst gelangt bin.
— Ich bewundere Sie, Max! ries Veronika gerührt.
— Ihnen gebe ich mich hin, Veronika, werden Sie mich lieben können ?
Die Liebe entspringt der Achtung — knüpfen wir durch unsere Vereinigung bas B»nd fester, welches unsere Väter umschlang.
Er bedeckte ihre Hände mit Küssen und Thränen.
Nach einer halben Stunde trennten sie sich.
— Gott sei gelobt, flüsterte Veronika, Max ist ein guter Mensch, bleibt er auch fest, werde ich glücklich sein. Ich bringe meinem theuren Vater nur ein kleines Opfer.
7.
— Gruber, sieh mich an! Warum senkst Du die Blicke? WaS ist es mit Tie? Es ist nicht Alles, wie es sein soll.
— Laß mich in Ruhe, Anders! ries der Amtsrath mit dem Fuße stampfend. Ich bin kein Kind, ich weiß, was ich thue.
— Tu weißt es nicht! rief ernst der Toktor.
— Ich weiß es.
— Dann wehe Dir, wenn Du mit Vorbedacht handelst! Ich habe an eine Verblendung geglaubt, habe eine Ausgleichung zwischen uns, die wir Freunde sind, für möglich gehalten . . . Gruber, soll ich Dich ausgeben?
Das volle Gesicht des Amtsraths war fpurpurroth geworden.
— Höre mich an, Anders! sagte er im gewöhnlichen Tone, aber mit erregter Stimme. Es fällt mir nicht ein, mich Dir gegenüber zu vertheidigen ... Du kennst mich seit dreißig Jahren . . . aber Du verlangst zu Viel von mir! Soll ich für die leichtsinnigen Streiche Branders büßen? Niemand hat geglaubt, daß es mit ihm schlecht steht . . . mir hat es geahnt, und darum habe fiel, mir die Quittung geben lassen. Mein Ansinnen empörte ihn dergestalt, daß er in Beleidigungen gegen mieb ausbrach und mit bebender Hand den Empfang des Geldes bescheinigte, welches ich anders nicht ansliesern wollte. Nun kennst Tu den Grund, der ihn alterirle: Brander hat zu viel von der Freundschaft gefordert.
— Hm! murmelte der Doktor, den Amtscath mit scharfen Blicken sixirend. Brander hat also eine so beträchtliche Summe in der Tasche gehabt, als er Dich verließ?
— Ja, ja!
— Er hat nicht einen Thaler in seine Wohnung gebracht.
— Was kümmerts mich?
— Gruber, wir sind nicht allein in diesem Zimmer! Bt'ander befindet sich unter uns, er sieht, er hört Dich, er wird Dich an- klagcn vor dem ewigen Richter, der Herz und Nieren prüft!
Ter Amtsrath zuckte leicht zusammen. Er legte die Hand in die Brustöffnung der Weste und bewegte zitternd, als ob er eine zornige Aufwallung unterdrückte, die Spitze des Fußes.
_(Fvris-tzuna folgt-) ^
vcriegt von A. Gel sch trigcr.