gerichtet« Anklage. Keucrlebers Vertheidiger suchte die Zurechnung zu bekämpfen, und indem er an das eigene (Neinüth der O'cschwer- neu bei Bcurthcilung des Seelenzustandes des Keuerleber apellirte, stellte er den Antrag auf Freisprechung von der Anklage. Die Ge- sckwornen hatten nur die Alternative zu beantworten: ob mil'Lor- bedacht beschlossene und versuchte oder im Affekt versuchte Tödtung vorliege. Sie entschieden sich für letztere, und der Schwurgerichts Hof erkannte gegen Len Angeklagten wegen versuchten Todtschlags eine Zuchtt ansstrafe von 5 Jahren. — Der am 19. u. 20. v. M. zur Verhandlung gekommene dritte und letzte Fall war die Anklage gegen Jos. Gebete, 20jährigen Gärtner von Ollwangen wegen versuchten Todtschlags. Am 13. Juli v. I., Nachts 10 Uhr, befand sich Gebete, ein nicht gut prädizirter. aber gewandter und kräftiger Bursche in Ellwangen auf. der Straße im Zustande der Angetrunkenheit, als ein vori'lbergel>nder Maurergeselle von Rothenbach die Unvorsichtigkeit hatte, ihm zu sagen: „Du darfst auch machen, daß du heim kommst". Dieses führte zu Schimpsreden, zu gegenseitigen Püffen und endlich zu einer Rauferei, bei der ein Melchior Spang und Joh. Bay von Rothenbach thätig waren, und in welcher Gebete unterlag, tüchtig durchgebläut und an Len Haaren auf dem Boden herumgeschleppt wurde. Die Nothenbacher Bursche gingen ihres Weges fort. Als aber Gebele sein Taschentuch vermißte, folgte er ihnen und traf sie in der Nähe außerhalb der Stadt und forderte mit Ungestüm sein Sacktuch.' Hier kam es abermals zu Thätlichkeiten, bei denen, nach den Aussagen der Zeugen, nach den vielen in den Kleidern der Rothenbacher Bursche gefundenen Schnitten und den erfolgten Verwundungen Gebele ein Messer, mit dem kr wüthend um sich gehauen haben muß, führte, welches wie die Eericktsärzte mit hoher 'Wahrscheinlichkeit nachwiestn, ein schwach- gekrümmtes Baummesser mit breiter Klinge war, das sich im Hause des Gebele Vorland. Tie Resultate dieser Raufhandlung waren, daß Melchior Spang eine Wunde im Unterleib batte, aus der eine zwei Fuß lange Tarmschlinge heraushing: Jos. Wagner, Soldat eine Schnittwunde am Kinn; Jakob Ziegler einen Stich aus der Seite, und Johann Bay eine Hautschärsung und kleinen Schnitt am Finger hatte. Letzterer starb nach 8 Tagen am Hundskrampf, es war jedoch ein Kausalzusammenhang des Todes mit der Verwundung nicht nachzuweisen. Tie übrigen Wunden waren nach einer Arbeitsunfähigkeit von 8 bis 14 Tagen ohne Nachtheil bald geheilt. Die Gerichtsärzte erklärten indessen die beiden Leibver- letzungen als lebensgefährliche und es für eine große Ausnahme von der Regel, daß die Wunde mit dem Darmvorfall ohne alle sonstige Komplikationen gewesen sei und gut habe geheilt werden können. Ter Verth.idiger konnte die Thatsache der Verwundung des Spang und Ziegler durch Gebele nicht in Widerspruch ziehen, bekämpfte aber auf's Entschiedenste die Absicht desselben zu tödten, indem er nur eine Körperverletzung nach Absicht und Erfolg als vorhanden annahm und diese unter Benützung der erwiesenen Trunkenheit und der durch grobe vorausgegangene Mißhandlung entstandenen großen Aufregung, als im Affekt verübt darstcllte. Ter Schwurgericdtshos legte den Eesebwornen über die streitigen Punkte versuchter Todtfchlag oder absichtliche und vollendete Körperverletzungen zwei Fragen vor, und da deren letztere bloß bejaht wurde, so erkannte er gegen Gebele wegen Körperverletzung eine Kreisge- fängnißstrafe von 9 Monaten, am Anfänge der ersten 2 Monate auf 8 Tage durch Einzelhaft, mit schmaler Kost je um den andern Tag, geschärft. (Sehw.M.) (Forts, folgt.)
Unterhaltendes.
Des Tobten Ehre.
Novell« Aug. Kchnwer. lito^sc?nng )
— Mein Gott, flüsterte Ernst, habe ich gcseblt, so verzeihe es mrv — Wildelmine ist ein Engel, ich muß sie lieben, und wäre sie noch an Glüüsgütern so arm, als sie vor einem Monate war. Ünd diesen Engel zu betrügen, wäre ein Frevel, den keine Reue sühnen kann.
Schon, nach fünf Minuten erschien Wilhclnrue wieder.
— Herr Advokat 1
— Neunen Sie mich nicht so.
— Wie M ich Sie mriffen ? _ ^ ^
Ncrigin, gltruckr euch
— Ernst Brander.
— denn gut, Herr Brander. Mutter läßt Sie freundlich!) einladen.
— Wozu?
— Den Kaffee mit uns zu trinken.
— Ladet mich nur die Mutter ein?
— Auch ick erlaube mir, Herrn Brander zu bitten; denn ich habe eine Taktlosigkeit gut zu macken.
— Und ich segne diese Taktlosigkeit, weil sie uns einander näher gebracht hat.
Eine Stunde später betrat der Advokat sein Arbeitszimmer. Die Liebe zu Wilhelminen erleichterte ihm die Last der Arbeit und der Sorgen, welche die Praxis des verstorbenen Vaters auf seine Schultern gelegt hatte. Aber dasselbe süße Gefühl, welches seine Brust durchbebte, ließ ihn auch die Zukunft in den-dunkelsten Farben erblicken. Der Amtsrath war sein einziger, tvdtlich gehaßter Feind! Jener Mann allein konnte mit einem Worte das Glück zerstören, welches Ernst in der Liebe zu der Tochter der Wittwe fand.
6 .
Tie Alles lindernde Zeit machte ihre sanfte Gewalt aus daS Gemüth des jungen Rechtsanwalts geltend: der Schmerz um den Verlust des geliebten Vaters nahm in demselben Maaße ab, als sich die Liebe in seinem Herzen befestigte. Jede Stunde, die er bei Wilhelminen verdrahte, zeigte ihm neue Vorzüge, neue schätz bare Eigewchasten des jungen Mädchens, dessen Dankbarkeit und Achtung sich in eine zärtliche Neigung verwandelt hatte. Ernst durste nicht mehr daran zweifeln, daß er wieder geliebt ward; aber es entging ihm auch nicht, daß die Freundlichkeit der Wittwe gegen ihn täglich abnahm, daß sie nur gezwungen eine Decenz beobachtete, wozu sie sich durch die Dankbarkeit verpflichtet fühlte. Auch dieser- Umstand mußte den Rechtsanwalt mit Besorgniß erfüllen, der Nichts unternehmen konnte, um die ihm furchtbare Angelegenheit ins Klart zu bringen. Mehr als ein Mal stand er im Begriffe, Wilhelms-- nen in das Geheimniß zu ziehen, ihr seine Seelenangst zu schildern und sie um Vermittlung bei der Mutter zu bitten, der er eine Jahresrente anzubieten gedachte; aber ihm fehlte der Muth, die Ehre seines Vaters Preiszugcben, welche auch die seinige war. Ihm schien es, als ob er in der Achtung der Geliebten sinken müsse, nachdem er so Viel zur Verheimlichung der Sachlage gethan, nach- dem er zu Entstellung und Lüge seine Zuflucht genommen. Einst, nach einer glücklichen Stunde, die er an der Seite Wilhelminen's verlebt, trieb es ihn zu dem Amtsrathe.
— Ist die Sache nun geordnet? fragte Dieser den Eintretenden.
—- Nein, Herr Amtsrath.
— Ich bedaure Sie, mein Freund. Wäre ich reich genug, ich würde Ihnen die Hand bieten, um Sie aus der verhängnißvollen Situation zu ziehen. Aber zweimal jünfzigtausend machen hunderttausend Thaler . . . Das ist ein Vermögen.
— Ich fordere kein Geld. Herr Amtsrath.
— Was kann ich sonst thun?
— Schonen Sie die Ehre meines Vaters, bat der junge Mann.
— Aber- wie?
— Indem Sie die Ausflüchte noch ferner geltend machen, die Ihnen laut mündlichem Vertrage mit dem Baron zustehen. Erfährt die Welt, daß Sie die Quittung meines Vaters besitzen, wird man auch auf mich den Verdacht schleudern, der meine geschäftliche Praxis vernichten muß.
— Aber waS wird aus der Wittwe Junk?
— Ich zahle nach und nach, und gelingt es mir, die nöthigr Summe zu leihen^ so wird die Ehre des Verstorbenen unangetastet bleiben. Es bedarf wohl der Versicherung nickt, daß ich mit der Ihnen gebührenden Rücksicht versahre. Wir machen uns allerdings einer Täuschung schuldig; aber Sie als Freund, ich als der Sohn des Verstorbenen .... ....
— Gut, unterbrach ihn der Amtsrath. Ich werde schweigen, ,s lange ich kann. Unternehmen Sie, was Sie für gut finden, aber sorgen Sie, daß ich nicht comprvmittirt werde. Meine Nachsicht reicht nur bis zu einem gewissen Punkte, aus Rücksicht für den Verstorbenen.
Kalt grüßend begleitete der Amtsrath den Advokaten bis zur Thür. (F-rts. folgt.)
»erlegt von A. Gelschlüger.