Provisorische Negierung Griechenlands hat den Schntzmäehtcn die Zusicherung gegeben, daß ein gewallsamcr Angriff auf die Turku keinen Theil ihres politischen Programms bilde. In Liver­pool sind Proben von Asclepia Baumwolle aus Quebec eingctros- fen, welche die Mitte zwischen Baumwolle und Seide hält, und mit dem gründliche Experimente angcstcllt werden sollen. Kann sie die Banmwolle nicht ganz ersetzen, so eignet sie sich vielleicht zur Mijchungmit ihr, Seide und Schafwolle. Diese Asclepia warbst in Kanada wild, kann durch Kultur verfeinert und um 84 ci. jpcr Psd. nach London geliefert werden. Inmitten mancher derartiger Erörterungen und Versuche dauert die Roth in den Fabriksdistrikten ungeschwächt fort. Trctzdcm die Beiträge reich­lich zuflicßcn, wird der Ruf nach einer umfassenden Aushilfe von Staatswegcn immer dringender. In Blackburn (in Len Fa- brikdistriktcn) hat die Verhaftung einiger Wilddiebe gestern einen ziemlich ernsten Krawall veranlaßt. Ein Pöbelhaufc suchte die Ver­hafteten zu befreien, schlug im Nachhalls die Scheiben ein und griff die Polizei mit Stcinwürfen an. Es wurde die Aufrnhrakte verlesen und Militär rcquirirt. In den hiesigen Straßen meh­ren sich die Raubanfälle in beunruhigender Weise. Kaum vergeht ein Tag, an dem nicht ein derartiger Fall vor dcn.Polizeigerichten verhandelt würde, und oft entwischt der Räuber mit seiner Beute straflos. Nicht etwa in abgelegenen Quartieren und in früher Mor­genstunde oder gegen Mitternacht, nein, bei Anbruch der Dämme- rnug, und zuweilen in sehr belebten Straßen, wird Jemand von hinten Plötzlich mit einem Knüttel zu Boden geschmettert und im Nu seiner Uhr und Börse beraubt. Bis er zur Besinnung ge­langt und die Vorübergehenden auf die Thal ausmerksam werden, ist der Räuber gewöhnlich entflohen. An eine Vertheidigung gegen derartige Ueberraschungen ist nicht zu denken. Man verlangt von der Regierung außerordentliche Maßregeln zum Schutz.

Dänemark. Kopenhagen, 8. Nov. Bei einer gestern Abend stattgchabten Tafel für die Neichsraihsmitglieder bei dem Könige sagte derselbe, indem er auf einen Toast des Landthingspräsidcntcn erwiedcrte:Er hoffe bald seinen ganzen Staat geordnet zu sehen; sollten cs aber die Umstände erheischen, so baue er darauf, daß sein ganzes Volk sich ihm anschließe." Tie Bcrling'sche Zeitung sagt: Tie Minister seien unter sich, wie in Ucbcreiustimmung mit dem König, vollkommen einig über die Schritte, welche nothwcndig und zweckmäßig sind. Das Antwortschreiben auf die deutschen Noten ist gestern abgegangcn. Dem Vernehmen nach ist dasselbe eine weitläufige Depesche an Preußen und eine kürzere an Oester­reich, von einem ausführlichen Memorandum begleitet. Dieses Me­morandum wird zugleich auch der preußischen Regierung mitgetheilt.

Unterhaltendes.

Des T o d t e n Ehre.

Novelle von Aug. Kchravcr.

(Fo-ch::,mig)

2 .

Arnold, im grauen Oberrrcke und in schwarzer Pelzmütze, schritt rüstig durch die Straßen. Es war bitter kalt, der Schnee knirschte unter den Füßen. Ein schneidender Wind ttieb einzelne Schneeflocken durch die Helle Luft. Die Sonne blitzte in den über­eisten Fenstern der Häuser. Ter Schreiber achtete des Wetters nickt ; bald erreichte er eine schmale Gasse und in dieser ein Haus, welchem der Stempel der Armuth ausgeprägt war. Nachdem er die Nummer angesehen, öffnete er die schwarze Thür und betrat die dunkle Hausflur. Eine alte Frau kam ihm entgegen.

Wohnt hiev Wittwc Junk, Mütterchen?

Ja, mein lieber Herr! antwortete freundlich die Alte unter dem Tuche hervor, welckes sie um den Kopf geschlungen hatte. Steiacn Sie süns Treppen hinaus und Sie stehen vor der Thüre der Frau Junk.

Fünf Treppen!

Ja, Herr, arme Leute können nur unter dem Tacke woh­nen, und wenn die Steigerung der Miethspreise so fort geht, wer­den wir bald weder Dach noch Fach baben.

Das Mütterchen trat srostbebcnd auf die Straße hinaus.

Arnold tgppte, sich an einem Seile haltend, welches als Ge­hinder diente, süns schmale, finstere Treppen hinan. Auf dem klei-

" Nkdigin, gcrrucki und vc

ncn Vorplatze, der durch ein kleines Fenster im Dache schwach er­hellt ward, blieb er stehen. Er schöpfte tief Athem. Das Erstei­gen der fünf Treppen war ihm sauer geworden; er zählte ja anck bereits fünfundfünfzig Jahre. In dem Stübchen, das durch eine schwache Wand von dem Vorplatze geschieden ward, hatte man das Kommen des Fremden gehört. Die Thür öffnete sich und ein jun- des Mädchen trat heraus.

Wen suchen Sie, mein Herr?

Tie Wittwe Junk.

Meine Mutter wohnt hier.

Ich möchte sie sprechen. Der Herr Advokat Brander sen­det mich.

Das zarte bleiche Gesicht des Mädchens erröthete. Mit zit­ternder Stimme lud es den Schreiber ein, das Stübchen zu betre­ten. Der Raum war so lustig, daß das Feuer in dem Kanoncn- osen ihn kaum zu erwärmen vermochte. Das dicke Eis an den Fensterscheiben wehrte dem Eindringen des Sonnenlichts; cs war dämmerig am Hellen Morgen in der kleinen, aber sauber und nett gehaltenen Wohnung.

Tie Wittwe, eine durch Gram und Sorgen früh gealterte Frau, saß emsig nähend am Tische. Ohne aufzubliüen, fragte sie :

Wer ist da, Wilhelmine?

Ein Bote vom Herrn Advokaten Brander.

Arnold grüßte und überreichte den Brief.

Die Wittwe überreichte ihn schweigend der Tochter, welche an das Fenster trat und mit zitternden Händen das Couvert öffnete. Als sie die Banknoten erblickte, stieß sie einen leisen Schrei aus.

Geld! Geld! flüsterte die Mutter.

Lieber Herr, fragte Wilhelmine, der Herr Amtsrath hat wohl gezahlt?

Ich weiß cs nicht, antwortete Arnold. Lesen Sie gesälligst den Brief.

Wilhelmine las die wenigen Zeilen, die Ernst rasch aus das Papier geworfen hatte.

Mein Gott! rief sie bestürzt.

Enthalt der Brief ungünstige Nachrichten? fragte rasch die Mutter.

-- Ter Advokat ist todt!

Großer Gott!

Der junge Herr Brander sendet uns einstweilen fünfzig Thäler; aber wir sollten unbesorgt sein, er würde, da er die Ge­schäfte des Vaters fortsetze, uns bald zu der ganzen Summe ver­helfen, die wir rechtmäßig zu fordern hätten.

Tie Wittwe hatte ihren Platz verlassen.

Ach. das ist doch ein Trost I sagte sie seufzend, sich zu dem Schreiber wendend. Ich habe durch das Brandunglück nicht nur meinen guten Mann verloren, sondern auch Alles, was ich besaß. Wir sind als Bettler zur Stadt gekommen. Nun arbeiten wir Tag und Nackt, sind krank von Wachen und Sorgen; aber es will uns nicht gelingen, so Viel zu erwerben, als wir nothwcndig gebrauchen. Ach, da» übersendete Geld ist eine Hilfe in der größ­ten Noth! Wir lassen dem jungen Herrn Brander herzlich danken. Mag er sich unser nur annehmen, es soll ihm reichlich gelohnt werden. Ich verlange nicht, daß er umsonst arbeitet. Aber, lieber Herr, fragte besorgt die Wittwe, mein Papier ist doch durch den Tod des Herrn Advokaten, in dessen Handlich meine Erbschaft ge­legt habe, nicht gefährdet?

Durchaus nicht, Frau Junk. Sie haben ja bereits eine Abschlagszahlung erhalten. Mein junger Herr, der seinem Vater an Kenntnissen und Rechtlichkeit nicht nachsteht, wird das Seinige schon thun. Ich kenne zwar Ihre Angelegenheit nicht näher, aber wenn sie mein Herr übernommen hat, wird sie schon zu einem ge­deihlichen Ende gefühlt werden. Zählen Sie das Geld nach ich erbitte mir eine Quittung.

Tie Mutter zählte unter Thränen, die Tochter schrieb die Quittung.

Ein fünfjähriger Knabe, braun und blau gefroren, trat ein. Er trug ein Brod in den erstarrten Händen, das er weinend aus den Tisch legte. Die Mutter zog ihn an sich, küßte sein blondeS Haupt und drückte ihm die Hände, um sie zu erwärmen.

(Fortietzung folgt.) ^

lcgt von A. Velschlä-cr.

Mit einer litcrar. Beilage.