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prachtvollen Schauspiele, welches das brennende Schiff, dessen Flammen im Meere sich spiegelten und dasselbe mit einer dunkelrvthen Gluth übergossen, im nächtlichen Dunkel ihm gewährte. Plötzlich erschütterte ein furchtbarer Knall die Luft; an der Stelle des brennenden Schiffes schwebte eine dunkle Wolke auf dem Meere, über welche die brennenden Balken des Cleveland durch die Gewalt der Explosion gleich eben so vielen Raketen in die Luft geschleudert wurden; dann trat plötzlich eine tiese Finsterniß ein. Der Ueber- gang von der Tageshelle zum nächtlichen Dunkel war ein so schneidender, Plötzlicher, daß selbst van Borbeck, trotz seiner eisernen Nerven, sich einer lebhaften Erschütterung nicht zu erwehren vermochte.
Vom Cleveland, der noch vor wenig Stunden sich stolz auf den Wellen gewiegt, war nichts mehr übrig, als einige halb oder ganz verkohlte Balken, die einsam auf dem Meere trieben; alles Andere hatte die Flamme verzehrt oder die Tiefe verschlungen.
So bleibt auch von dem Manne, der heute noch aufrecht und sicher durch das Leben schreitet, das Herz von stolzen Hoffnungen geschwellt, Las Haupt mit kühnen Plänen erfüllt, einst nichts übrig, als Asche und Staub.
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Van Borbeck hatte dem Britten und seiner Tochter ein Zimmer neben der Capitänskajüte angewiesen. Dasselbe war nicht nur hübsch, sondern selbst luxuriös eingerichtet; auch befanden sich, außer den mit rothem Plüsch überzogenen Divans, die an den Wänden Hinliesen, noch zwei mit allem Erforderlichen versehene Kojen darin. Allein das Zimmer hatte keinen andern Aus- und Eingang, als durch die Capitänskajüte hindurch, was namentlich Glan- ville nicht ohne peinliche Besorgniß bemerkte.
Der Schiffschirurg kam und legte, da glücklicherweise eine Abnahme des zerschossenen Arms nicht erforderlich war, dem Britten einen Verband an, vor Allem ihm Ruhe empfehlend. — Nun ist es aber entschieden leichter für den Arzt, seinem Kranken Ruhe zu verordnen, als ihm dieselbe wirklich zu verschaffen. Obgleich er desselben so sehr bedurfte, so kam doch kein Schlummer in die Augen des Greises. Die Unruhe über sein und seiner Tochter Geschick hielt ihn wach; ohnedieß durch den Blutverlust geschwächt und mithin nervös erregt, zuckte er bei jedem Geräusch fast fieberhaft zusammen.
Der Grundzug in Glanville's Charakter war eine schrankenlose, unaussprechliche Liebe zu seinem Kinde, eine Liebe, die an Anbetung grenzte. Glanville lebte nur in seiner Tochter: Mary war sein Stern, sein Idol, welches er mehr als sich selbst.liebte. Nun war er mit dieser seiner Tochter gefangen auf einem Kaper, der Willkür des Capitäns desselben preisgegeben, schutzlos in der Gewalt eines Mannes, der zwar formell dem Kriegsgcsetze unterworfen war, in Wirklichkeit aber.schwerlich ein anderes Gesetz anerkannte, als das seines Willens.
Mary war schön, man sah sich zu diesem Geständnisse gezwungen, selbst wenn man sie nicht mit dem Auge des Vaters betrachtete. Und wenn nun diese Schönheit die Leidenschaft oder die Begierden des Capitäns erregte? Der bloße Gedanke daran ließ Glanville's Blut zu Eis erstarren! Allein wenn nun die Möglichkeit zur Wirklichkeit wurde, welchen Schutz konnte er seinem Kinde gewähren? Wie sollte er es onfangcn, seine Tochier auf die Gefahr vorzubereiten, welche ihr vielleicht drohte?
So scheuchte die Sorge den Schlummer von den Kiffen des Greises. Miß Mary hatte sich, um ihrem Vater alle die kleinen Dienste erweisen zu können, deren ein Kranker bedarf, bestimmt geweigert, das Bett zu suchen. Unter anderen Verhältnissen würde Glanville Ließ Opfer nicht angenommen haben, heute gab er es zu. Er wollte eben sein Kind nicht einen Augenblick aus den Augen verlieren, denn nur so glaubte er sie in Sicherheit.
Miß Mary erneuerte die kalten Umschläge, bereitete die kühlende Limonade, welche der Chirurg verordnet und war unermüdlich, ihrem Vater alle die kleinen Dienste zu leisten, deren nur eine weibliche Hand fähig ist. Endlich nahm sie Platz an seinem Bette, lehnte ihr Haupt auf seine Kiffen, ihr Arm sank matt am Körper herab, und bald zeigten ihre ruhigen, gleichmäßigen Athemzüge, daß die Natur stärker gewesen, als ihr Wille, daß sie sitzend entschlummert. Nur in das Auge des Greises kam kein Schlaf: mit ängstlichem Auge bewachte er jede Bewegung seines Kindes.
Nach Mitternacht kam van Borbcck in seine Kajüte. Beim Tritt seines Fußes fuhr der Greis zusammen und nur als das Geräusch im Nebenzimmer ihn belehrt, Laß der Capitän gleichfalls das Bett gesucht, wagte er es, die Augen zu schließen, und sofort machte auch die Ermüdung ihr Recht geltend. Allein der Schlummer, der sich endlich aus seine Augenlieer herabsenkte, war unruhig und wenig erquickend.
Wenn Glanville wenig schlief, so ging es van Borbeck nicht besser. Ihn hatte der Traumgott besucht und ihm zuerst Seenen von Mord und Blut vor die Seele geführt, in welche jedoch bald eine lieblichere Erscheinung sich mischte, die Erscheinung der holden Miß Glanville.
Jetzt fuhr er mit der Hand über die Stirn, als wollte er das Bitd des jungen Mädchens verscheuchen, welches nicht nur in seine Träume, sondern selbst wackend in seine Gedanken sich zu verirren drohte.
Die Freundschaft ist eine Blüthe, welche zu ihrer Reife Zeit bedarf; allein die Liebe ist zuweilen eine Tochter des Augenblicks. Sie fliegt uns an, wir wissen nicht wie, sie erfaßt uns, ohne daß wir wissen woher sie kommt; sie ergreift uns, elektrisirt uns, bemächtigt sich unseres ganzen Wesens, ohne daß wir uns ihrer Gewalt entziehen, oder selbst nur die Natur derselben zu anatomiren vermöchten, und so entscheidet ost ein Moment über das Schicksal eines ganzen Lebens.
Man muß gestehen, daß die Umstände, unter welchen er Miß Glanville zuerst gesehen, ganz geeignet waren, einen tiefen unauslöschlichen Eindruck auf das Herz des Capitäns hervorzubringen; immer schwebte das Bild des bleichen, jungen Mädchens, wie sie flehend die Hände zu ihm erhoben, vor seinem Auge, immer noch glaubte er ihre Stimme zu hören.
—- „Ah!" murmelte er, „ich muß sie Wiedersehen, das ist da» beste Mittel, ihr Bild los zu werden!"
Indem vernahm er Geräusch im Nebenzimmer. Glanville war erwacht und seine Bewegung hatte auch seine Tochter erweckt.
Die meist zum Hinwegnehmen eingerichteten Wände eines Schiffes sind sehr dünn und das Ohr eines Seemannes ist sehr fein, so daß van Borbeck keine Silbe von der im Nebenzimmer geführten Unterhaltung verlor.
— „Wie geht es Dir, Vater?" fragte Miß Mary. — „Fühlst Du Dich etwas wohler?"
„Ich danke, ich danke, mein Kind!" antwortete der Greis. — „Der Schmerz hat etwas nachgelassen und es geht besser."
Allein trotz dieser beruhigenden Versicherung entrang sich der Brust des Greises ein dumpfer und schmerzlicher Seufzer.
— „Was ist Dir, mein Vater, was fehlt Dir?" fragte Miß Mary.
„Ach!" murmelte Glanville, „Mary, Mary, was soll aus «nS werden? Oder vielmehr — an mir altem Manne ist wenig gelegen — was soll aus Dir werden, mein geliebtes Kind?"
— „Muth, mein Vater!" antwortete das junge Mädchen. — „Was kann uns bedrohen? Hat nicht der Capitän Deine grauen Haare geachtet? Hat er nicht Dein Eigenthum verschmäht und war er nicht voll Rücksicht gegen uns?"
„Ach! Mary," versetzte der Greis, „ich glaube nicht recht an den Edelmuth des Mannes, der, gleich, dem Capitän der Hirondclle, den Krieg nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Neigung führt, aus Lust am Blutvergießen oder aus Gewinnsucht. Den Soldaten ruft das Gesetz zur Fahne, der Kaper kämpft auf eigene Hand und eigene Rechnung und richtet dabei seine Angriffe nicht aus die bewaffneten Feinde seines Vaterlandes, sondern er lauert friedlichen Kaufleuten aus. In meinen Augen ist das Gewerbe des Kapers nicht viel besser, denn Seeraub."
— „Wahrhaftig!" murmelte van Borbrck, „ich glaube, der Alte hat seine Ansichten über den Krieg bei den Quäkern geholt!" — Dabei machte er eine Bewegung und das Gespräch im Nebenzimmer verstummte oder sank zu einem unverständlichen Flüstern herab.
Van Borbeck machte seine Toilette und klopfte daun an die Thür des von Glanville bewohnten Zimmers. Auf das ,U'slli in!" des Britten trat er ein.
(Fortsetzung folgt.)
Ncdigirt, gedruckt und verlegt von A. Velschtäger.
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