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Bugspriet, so erkannte man leicht, daß die Hirondelle zu den besten Seglern gehörte, welche je das Salzwasser durchschnitten, und daß sie bei günstigem Winde mit dem Vogel, der bei ihrer Taufe Pa- thenstelle vertreten, fast in Schnelligkeit zu rivalisiren vermochte. Es war für jedes Seemannsauge eine Lust, sie dahin fliegen zu sehen: sie durchschnitt die Fluth wie ein Messer, nirgends Schaum noch Kräuselwellen, kein Tropfen todten Wassers am Bug.

Außer sechszehn metallenen Kanonen geringeren Kalibers, führte die Hirondelle zwischen ihrem Vor- und Hauptmaste noch einen langen, metallenen Zweiunddreißig - Psünder von trefflichem Gusse, der aus einer drehbaren Lafette ruhte, welche bei einem Unwetter mit dem Geschütze niedergelassen und unter Obdach ge­bracht werden konnte.

Eine solche Bewaffnung war doch selbst in jenen unruhigen Zeiten für einen Kauffahrer von dieser Größe etwas zu viel. Aber die Hirondelle war auch kein Kauffahrer, sondern einfach ein Ka­per, der unter Führung des Capitäns van Borbcck bereits mehrere glückliche Fahrten gemacht hatte.

Die Hirondelle hatte den Kanal passirt, glücklich den biscayi- schen Meerbusen durchschnitten und befand sich jetzt auf dem Wege nach den Antillen.

Van Borbeck hatte sich entschlossen, in der Nähe der westin­dischen Inseln zu kreuzen, weil hier, wo die Britten unbestritten den Meister spielten, die brittischen Kauffahrer aus den Angriff eines französischen Kapers weniger vorbereitet waren, was eine er­giebigere Beute erwarten ließ als im Kanal, der von englischen Kreuzern wimmelte und von Kriegsschiffen, die den Handelsfahr­zeugen als Convoi beigegeben waren.

Wie seine Bestimmung erforderte, war der Schooner stark be­mannt; die Equipage zählte über hundert Köpfe und bildete ein buntes Gemisch fast aller Nationen. Spanier, Portugiesen und National-Franzosen fanden sich hier vereinigt mit Schweden, Dä­nen, Amerikanern, Hannoveranern, Mecklenburgern und Nieder­ländern ; Letztere waren die zahlreichsten, weßhälb auch der Capitän sich bei dem Commando ihrer Sprache bediente.

Es waren lauter kräftige, muskulöse Gestalten; durch die Ar­beit gehärtet, an Wind und Wetter gewöhnt, mit Gefahren aller Art vertraut, hart wie ihr Gewerbe, trotzig wie das Meer, welches sie befuhren, und kühn bis zur Verwegenheit, qualisicirten sich die Mannschaften der Hirondelle vortrefflich für die wilde und aben­teuerliche Laufbahn, welche sie erwählt.

Aber auch ihr Führer mußte außergewöhnliche Eigenschaften, eine seltene Kraft des Charakters, eine ungewöhnliche Energie be­sitzen , um eine aus so heterogenen Elementen zusammengesetzte Masse nicht bloß zusammen, sondern auch Leute, die theils nur mit Mühe dem Zuchthanse entflohen und am Bord des Kapers eine Zuflucht vor der rächenden Hand der Justiz gefunden und die fast alle ohne Ausnahme roh und durch das Gewerbe, welches sie trieben, verwildert waren, im pünktlichsten Gehorsam zu halten.

Gleichwohl zählte van Borbeck noch nickt dreißig Jahre. Von mittlerer Größe, breiter Brust, starken und kräftigen Muskeln und scharf geschnittenen, aber edlen Zügen, trug seine ganze Erscheinung, das Gepräge innerer Gediegenheit. Alle seine Bewegungen waren leicht und gefällig, sein Auftreten fest und sicher, seine Stimme männlich, ohne rauh, sein Ton kurz, ohne abstoßend zu sein. Er 'sprach wenig, um so sicherer war er des Gehorsams, wenn er sprach; van Borbeck war eine zum Befehlen geborene Natur.

Seine meiste Zeit brachte der Capitän in der Kajüte zu, wo er, auf einem Divan ausgestreckt, seine Aufmerksamkeit zwischen einer Cigarre und irgend einer Leetüre theilte. Allein wenn irgend eine drohende Gefahr oder ein bevorstehender Kampf ihn auf das Deck rief, dann war er Seemann durch und durch und rechtfertigte vollkommen den glänzenden Ruf, den er sich trotz seiner Jugend durch seemännische Tüchtigkeit, unerschütterliche Kaltblütigkeit und einen an Tollkühnheit grenzenden Muth gewonnen.

Lieutenant Durand, ein National-Franzose, war ein praktisch tüchtiger, aber nichts weniger denn wissenschaftlich gebildeter See­mann, und sein Umgang mit dem Capitän erstreckte sich fast nur aus die Erfordernisse des Dienstes.

Es war drückend heiß; trotzdem war fast die ganze Mann­schaft, statt ihrer Gewohnheit gemäß die Mittagsstunden zu ver­

schlafen, wenn anders der Dienst sie nicht fesselte, auf dem Ver­decke versammelt.

Der Capitän stand auf dem Hinterdecke, auf die Brüstung des Schiffes gelehnt, und beobachtete vermittelst des Fernrohrs auf­merksam einen kleinen, nur dem Auge eines Seemannes sichtbaren Punkt, der sich in südwestlicher Richtung aus dem Meere zeigte. Auch der Lieutenant hatte ein Glas in der Hand und die Blicke der Mannschaft ruhten abwechselnd aus der Person ihres Capitäns, und auf dem Objekte, welches denselben beschäftigte.

Tie Mannschaft der Hirondelle bildete in diesem Angenblicke ein buntes, malerisches Bild: ihre Tracht war, wenn nicht schön, doch mannigfaltig, malerisch und reich an Farbe. Einige trugen schwarze, gefirnißte, mit einem farbigen Seidenbande geschmückte Hüte, Andere rokhe wollene Mützen, ähnlich dem türkischen Feß, oder gar nur Mützen von Segeltuch; auch chanische Filzhüte, schwarz oder grau, fehlten nicht, freilich von Wind und Wetter arg mitgenommen. Einige zeigten sich in blauen oder grauen Schifferjacken, von den Niederländern gewöhnlich Schubbjacken ge­nannt, noch Andere trugen Hemden von rothem oder blauem Fla­nell, die Südländer Hemden oder Blousen von gestreiftem Kattun; die Meisten aber hatten die Oberkleider gänzlich abgeworfen und zeigten ihre muskulösen Gestalten, den langen Schifferdolch an der Seite, in Hemdärmeln und schmierigen, reichlich mit Theer und Fett eingetränkten linnenen Beinkleidern.

Jeder dieser Charakterköpfe wäre für einen Maler eine unbe­zahlbare Studie gewesen.

Ja, es ist ein Schiff!" wandte sich van Borbeck endlich an Durand. Aber der Teufel mag wissen, welcher Nation es ange­hört! . . . Run, wir werden ja sehen! Wenn das Scbiff seinen jetzigen Cours beibehält, so muß es den unsrigen kreuzen, in zwei Stunden wissen wir jedenfalls mehr!"

Bei diesen Worten ging der Capitan, die Hände auf den Rücken gelegt, langsam auf dem Verdecke auf und ab.

Lieutenant Durand! Wenn das Schiff da vor uns seinen , Cours ändern sollte, so benachrichtigen Sie mich davon!" ,

Van Borbeck kehrte in die Kajüte zurück; die Matrosen such- j ten theils ihre Hängematten auf, theils vertheilten sie sich, Plau­dernd und schwatzend, von erlebten Abenteuern erzählend, in einzelne Gruppen auf dem Verdeck; nur die Wache blieb aus ihrem Posten. ^

Auf einem nur mit der gewöhnlichen Bemannung versehenen ! Kauffahrer dürfen die Matrosen niemals müßig sein. Es gibt immer ! etwas zu thun; man muß das stehende Zeug Nachsehen, muß Schic- ) mannsgarn, Matten, Kabelgarn verfertigen, theeren, schmieren, ölen, ? färben, das Schiff reinigen, Segel flicken und tausend andere Tinge k mehr, und wenn zufällig einmal nichts zu thun sein sollte, so ver­stehen es doch die Kapitäne, wahrscheinlich den Müßiggang für den l Anfang aller Laster haltend, meisterhaft, die Leute nöthigenfalls j durch zwecklose Arbeiten in Athem zu halten. Auf Kaperschiffen in­dessen, wo die Bemannung so zahlreich, würde selbst der sinnreichste ^ Kapitän vergeblich seinen Scharfsinn erschöpfen, für die gesammte Mannschaft immer neue Beschäftigung herbeizuschaffen; auch dachte van Borbeck, ohnehin kein Freund des Zuvielregierens, zu groß, um seine Leute mit zwecklosen Arbeiten zu ermüden. So herrschte venn auf der Hirondelle ein ziemlich ungezwungenes Treiben, ohne , daß die Tisciplin darunter litt: dieselbe war am Bord des Kapers, wenn auch minder förmlich, doch nicht minder streng als auf einem ^ Kriegsschiffe. Die Mannschaft liebte ihren jungen Capitän; aber > sie fürchtete ihn auch, obgleich seine Hand nur selten das Dagh ! auf ihren Rücken tanzen ließ. , , >

Nach zwei Stunden ungefähr erschien van Borbeck wieder aus dem Verdeck. Das fremde Schiff, vor Kurzem ein Punkt, der sich inmitten einer glühenden Lust und eines spiegelnden Wassers zu verlieren schien, war jetzt auch dem unbewaffneten Auge deutlich sichtbar, und mit Hilfe seines Glases erkannte der Kapitän in dem­selben eine größere, wahrscheinlich englische Kaufsahrtei-Fregatte.

tgorlsetzung folgt.)

Nagoldwärme. 1862. 3. Sept. 14,9° k. 4. Sept. 14,6° ll.

5. Sept. 13,9" k. _!

Gottesdienste. '

Sonntag, dcn 7. Sepllr- Vorm (Predigt): Herr Dekan Heberte. l Kinderlchre mit den Töchtern 2..«lasse. Nach»,. (Missend.): Hr. Helfer Rleger. f

Üedigirt, gedruckt und verlegt von A. Vrlschtäger.

Das Laluier M blatt erscheint wo (ich zweimal, n Mittwoch u Ka Äbonnementsvrei jährl.54kr..durcht bezogen inWnrtte 1 ft.'15 kr. E! Nummern kosten

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