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Tagesereignisse.
— Vom Main Hardter Wald, 26. Mai. In der Gemeinde Maienfels hat der Scharlachsriesel in wenigen Monaten mehr als fünfzig Opfer gefordert. Einen gleich verderblichen Fortgang hat diese Krankheit auch in anderen Gemeinden des Waldes genommen, und mit banger Sorge sehen viele Eltern ihre Kleinen auf das gefährliche Krankenlager gebettet.
— Augsburg, 26. Mai. Die Allg. Z. schreibt: Aus Frankfurt a. M. geht uns die Meldung zu, daß das kurhessische Ministerium abgetreten sei. Ueber die neuen Minister war noch nichts bekannt.
— Frankfurt a. M., 24. Mai. Die Bundesversammlung
hat heute in außerordentlicher Sitzung den Antrag des kur hessischen Ausschusses auf Annahme des von Oesterreich und Preußen gestellten Antrags (Wiederherstellung der 1831er Verfassung) angenommen. Dänemark (für Holstein) und Mecklenburg stimmten dagegen. — Nachdem der Antrag zum Beschluß erhoben, erklärte der kurhessische Gesandte, daß die kurfürstliche Regierung unter Währung ihrer Rechte und den Verhältnissen nachgcbend, demselben Nachkommen werde. (Schw. M.)
— Kassel, 23. Mai. Durch landesherrliche Verordnung vom 22. d. M. wird — unter Bezugnahme auf den Bundesbeschluß vom 13. Mai — das nach Maßgabe der bekannten beiden Verordnungen eingeleitete Wahlverfahren sistirt. — Seit dem 20. Abends ist Herr vr. Friedrich Oetker hieher zurückgekebrt, zur Freude der Verfassungspartei, die in seiner Anwesenheit eine Bürgschaft mehr für das unverrückte Festhalten an dem Rechte des Landes wie für Besonnenheit und Mäßigung erblickt. Der Rath eines Mannes, welcher von Anfang an den Kampf ^um das Ver- sassungsrecht geleitet, der unbeirrt das Ziel, dem wir jetzt nahe zu sein hoffen dürfen, im Auge behalten und verfolgt hat, der die Verhältnisse nach allen Richtungen hin beherrscht, und der vor allen Dingen mit vollster Uneigennützigkeit, aus reinstem Patriotismus, den Kampf begonnen und geführt hat, muß von großem Gewichte sein. Oetkers Gesundheitszustand hat sich wesentlich gebessert.
- — Berlin, 23. Mai. In der heutigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde Grabow zum Präsidenten und Wehrend zum Viccpräsidentcn gewählt.
Schweiz. Bern, 24. Mai. Der Bund schreibt: „Soeben vernehmen wir, daß das Ccntralkomite in Stans beschlossen hat, eine Ehrengabe von 500 Fr., bestehend in einigen eidg. Ordonnanzstutzern, an das Schützenfest in Frankfurt zu senden, hingegen von einer Deputation gänzlich abzusehen. — Dietenwyl (in St. Gallen) wurde am Mittwoch Nachmittag von einer furchtbaren Feuersbrunst hcimgesucht. Mit Ausnahme eines Doppelhauses wurde die ganze, aus 32 Firsten bestehende Ortschaft ein Raub der Flammen.
Türkei. Aus Konstantinopel, 22. wird über Paris gemeldet, die Pforte habe die wiederholten Forderungen Rußlands in Bezug auf Montenegro abgelehnt und nur Reformen in Bosnien und der Herzegowina versprochen; Omer Pascha (auf einmal wieder gesund geworden) sei nun definitiv mit dem Angriff auf Montenegro betraut. Die türkische Angriffsarmee soll 20,000 Mann stark sein und von 4 Dampfern auf dem Skutarisee unterstützt werden. — Ans Skutari vom 23. wird gemeldet: Heute fanden zwei Angriffe von Vucalowich auf die Forts von Subzi nnd ein allgemeiner Sturm statt. Die Montenegriner wurden nach Nicksich energisch von den türkischen Truppen zurückgeschlagen. Hussein Pascha überschritt am 19. mit 7 Bataillonen Infanterie und 4000 Unregelmäßigen die Linie. Ter ganze Distrikt Vassa- vich ist in den Händen der lürkischeu Truppen, die heute (am 23.) bei Spurz in Montenegro einrücken. Eine entscheidende Schlacht wird baldigst erwartet. (Schw.M.) — Ragusa, 25. Mai. (Tel. d. Schw. M.) Derwisch Pascha versuchte vergebens, den Paß von Tuga zu passiren. Blutiger Kampf, große Verluste. Tie Türken verloren die Arnautcnsührer Mehemed Cengsig. Aglambcg -und mehrere Stabsoffiziere. Derwisch rückte gestern mit ansehnlicher Macht nach Bcnjani, um von dort die Passage gegen Nicksich zu versuchen.
Amerika. New-Dork, 13. Mai. Die Unionistcn haben Norfolk (in Virginien, befestigter Hafen an der Mündung des Elizabeth River, die in die des James River ausläuft, seither
Hauptwaffenplatz der Rebellen) ohne Widerstand besetzt, sie fanden alle Schiffe durch die Rebellen zerstört. Die Rebellen haben den Merrimac, 20 Meilen von Richmond (auf dem James River, an dem Richmond liegt) in die Luft gesprengt. (?) — Große Massen Baumwolle wurden zu Memphis (am Missisippi) verbrannt. — Ein Gerücht sagt: die Ver. Staatendampser Monitor, Nangtuket und Galeua seien auf dem Weg nach Richmond (den James River hinaus) — Ein anderes Gerücht sagt auch, Richmond sei genommen. Bestätigung fehlt. (Tel. d. Schw. M.)
Gemeinnütziges
Die Tinte an der Stahlfeder leicht haftend zn machen. Bekanntlich werden die Stahlfedern mit einer fetten Substanz überzogen, ehe sie in den Handel kommen, und es wird von'Vielen wohl schon vergeblich versucht worden sein, selbe mit Tinte zu füllen. Ein einfaches Mittel dagegen ist, wenn man die Feder in eine Lösung von Pottasche taucht, oder noch einfacher dieselbe eine Sekunde laug über eine Lichtflamme hält, worauf sich augenblicklich der Fettstoff entfernt und die Feder sofort zum Schreiben tauglich wird. _(Fortschr.)
Unterhaltendes.
Menschliches Wollen. — Göttliches Walten.
Novcttc aus der Wirklichkeit von Eduard Franke.
(gorksekung.)
In ihrem Zimmer angelangt, fiel Hedwig ganz ermattet in einen Stuhl. Tausend Möglichkeiten und Befürchtungen durchwogten ihre Brust. War der Geliebte krank — war ihm ein Unfall zugestoßen
— hatte er ihre Botschaft nicht verstanden? — Das war nicht möglich! — Liebe versteht Liebe ja stets — ein Wink genügt zur Verständigung, wie konnte ihre für ihn so deutliche Botschaft mißverstanden werden? — Hätte der Bettler mit ihrem Vater einverstanden, vielleicht nicht bestellt, was Beiden unverständlich war? Das wäre möglich — aber daun hätte der Geliebte ja wieder keine Antwort für eine Antwort, für Zustimmung nehmen müssen
— sie hätte das wenigstens gethan — also mußte er es auch, mußte das selbstvorgeschlagene Rendezvous einhaltcn, um sich zu überzeugen, ob er recht geschlossen oder nicht. — Oder — jetzt tauchte plötzlich der Dämon der Eifersucht auf — hätte ihn ein anderes Abenteuer zurückgehalten? — Sie verdrängte den Gedanken mit Gewalt, aber immer neue, sie ängstigende Zweifel stiegen in ihrer Seele wieder auf, marterten, quälten sie, und kein Mittel stand ihr zu Gebote, über diese sich Gewißheit zu verschaffen oder den Geliebten von ihrer nahen Abreise aus irgend eine Weise in Kenntniß setzen zu können.
Diese Aufregung führte eine Nervenschwäche herbei, welche sie fast bewußtlos machte, aus einen Stuhl niedersinken und des, von der Börse hcimkehrcnden, Vaters Eintreten in ihr Zimmer, sowie dessen Gruß nicht vernehmen ließ.
War Marlow auch seinem Mammon unterthan, hart ünd filzig, wo er für diesen zu fürchten hatte, so liebte er doch sein einziges Kind wahrhaft. Seine Härte in Beziehung ihrer Liebe zu dem armen Herrmann entsprang nur aus deni Gefühle, sein Geld preisgebcn zu müssen. Bei ihm herrschte nun einmal die Ansicht vor, je mehr Geld, je mehr Lebensglück. Als er aber jetzt den Zustand seiner Tochter wahrnahm, ergriff ihn wirkliche Besorgnis;. Er war ganz der liebende, hingebende Vater. Er bemühte sich ängstlich um sie, und als es ihm gelang, sie wieder bei vollem Bewußtsein zu sehen, forschte er mit der zartesten Sanftmut!) nach der Ursache dieses Zustandes. Aber Hedwig konnte und durfte ihn nicht zum Mitwisser ihres Geheimnisses machen, sie wich deshalb jeder bestimmten Antwort aus, und da ihre Körperschwäche noch sichtlich vorherrschend war, so verzichtete Marlow auf weitere Nachforschungen, drängte sie besorgt zn ihrem Lager, ward beruhigter, als er sie diesem Wunsche Folge zu geben geneigt fand, und ein Stein schien von seiner Brust zu fallen, als er sie dahingeleitend bald die Augen schließen sah.
Nach einem Arzte zu senden batte Hedwig sich durchaus verbeten. Marlow blieb noch eine Weile an ihrem Lager sitzen, hatte nur Augen für sie und schlich erst dann leise fort, als ihre ruhigeren Athemzüge einen wirklich festeren Schlaf verkündeten.
Durch diese Besorgnis für sein einziges Kind entging es ihm auch, daß in der Zeit, wo er an Hedwig's Bett saß, begünstigt