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wohl in früherer Zeit, wo die Kille stets voll gewesen war, ver­mittelst eines Vorlegschlosses versichert wurde. Dieser Bügel war noch sehr fest, allein das Verlegen eines Schlosses nicht mehr für nöthig erachtet worden, so daß der Deckel nur durch Uebersallrn auf die Krampe zugemacht wurde. Es war kein Zweifel, daß ein unvermuthetes Zufallen des gewaltigen Deckels gewiß alles zer­schmettert hätte, was sich zwischen ihm und der Kiste befand, auch gehörte eine starke Manneskraft dazu, den Deckel in die Höhe zu bringen und an der Wand zu befestigen.

Weßhalb wir uns etwas weitläufig über diese Oertlichkeiten auslassen mußten, wird der Leser aus der Folge erkennen und wün­schen wir deßhalb, daß ex dieselben genau im Gedächtniß behält.

Dieses Wirthshaus gehörte in früheren Zeiten dem Maurer­meister Lange, dessen Vorältern, Deutsche, sich hier einst niederge­lassen, Bürgerrechte erlangten und durch die Länge der Zeit als geborne Polen betrachtet wurden, dem Schwiegervater des jetzigen Besitzers. Der alte Lange war, wie man sagte, ein Wirth comino il taut gewesen. Ei» ewig heiterer, jovialer, mit viel natürlichem Witz und Humor begabter Mann, der mit jedem seiner Gäste auf dein sreundschastlichstcn Fuße stand und dessen Gesellschaft man suchte, wenn man trübe gestimmt war. Sein Wirthshaus war da- hdr stets der Sammelplatz einheimischer und fremder Gäste und ward, wie man behauptete, eine Goldgrube für den Besitzer, wel­ches dadurch viel Wahrscheinlichkeit erhielt, daß es dem alten Lange selten aus einige Füchse ankam, wenn es galt, seinen Gästen eine frohe Stunde machen zu können. Man hatte deßhalb vollkommen Ursache, ihn für einen grundrcichcn Mann zu halten. Der jetzige Besitzer fristete fein Leben nur kümmerlich, das war aus der gan­zen in Verfall gerathenen Besitzung schon zu erkennen. Er hatte das zur Wirtschaft gehörende Land bereits in Pacht gegeben, hielt weder Magd, noch Knecht, noch Kellner, weil er und seine Frau die wenig einkchrenden Fremden leicht bedienen konnten. Einhei­mische Gäste ließen sich gar nicht mehr sehen, nnd waren Gänge außer dem Hause nöthig, so wurde dazu ihre älteste, kaum den Kin- derjahrcn entwachsene Tochter benutzt.

Der alte Lange hatte seine Frau schon frühe verloren. Ein Sohn und eine Tochter waren die Früchte seiner kurzen Ehe gcwe sen: um dieser willen und aus wahrer Liebe und Anhänglichkeit an die Verstorbene war er kein zweites Eheband eiugcgangen, lebte und sorgte für sie und ihr Glück.

Marie, seine Tochter, stand zu der Zeit als der Krieg zwischen Rußland und Frankreich ausbrach, der Wirthschast mit vor. Sein Sohn Herrmann, den wir bereits in Amsterdam kennen gelernt haben, war zu jener Zeit ein, eben den Lehrjahren den Rücken kehrender Handlungs-Commis in Posen, und lebte dort nicht karg; denn der Vater unterstützte ihn so bereitwillig und reichlich, daß er auch ohne jedes Salair den noblen Mann spielen tonnte; ja er hatte ihm sogar für das nächste Frühjahr zu einer Reise durch Deutschland, England, Frankreich rc. die nicht unbedeutende Summe von 200 Louisd'or zugesagt; alles Dinge, die nur ein sehr ver­mögender Mann ausführen konnte.

Der alte Lange, wenngleich sonst sehr gesprächig und mit sei­nen Kindern auf dem vertrautesten, herzlichsten Fuß lebend, war, was seine Vermögensumstände betraf, äußerst schweigsam, aber die Goldgrube war einmal angenommen, und der Lange'sche Reichthum sprüchwörtlich geworden; daher wurde seine Tochter Marie auch als eine der besten Parthieen angesehen, und daß es da nie an An­betern feblt, wo ein Mädchenanllitz, gleichviel ob häßlich oder schön, aus goldenem Schilde hervorschaut, weiß man ja. Das Gold ver­leiht selbst den HciligensckMN für die Welt, sie betet es an und nimmt, von ihm geblendet, alles in den Kauf ohne zu überlegen, ob es Glück oder Unglück bringt. Marien's Aeußeres, Gestalt und Gesicht, war keineswegs anziehend, wem es aber gelang die sehr Zurückhaltende naher kennen zu lernen, wurde bald gefesselt von den Schätzen ihres Innern. Ihr frommes, reines, gutherziges Ge- müth, ihre edle Seele, ihre vortrefflichen Gesinnungen, gaben die sicherste Bürgschaft für jenes Erdenglück, welches man das Erden- Paradies nennt, waren mehr als ihr Gold, waren Diamanten, vom hellsten Wasser, aus welchem der reinste azurblaue, ungetrübte Erdcnglückshimmel dem Manne ihrer Wahl entgcgenlachte. "

Als Frankreichs Heere sich der russischen Grenze näherten, zim- - Merte der alte Lange eigenhändig, wie e r sagte, der zu erwarten­

den großen Frequenz wegen, die oben genau beschriebene große Aut- ter-Vorraths-Kiste. Er wies dabei hartnäckig jede fremde Hilslei- stung zurück, brachte sie auch selbst an den Ort, wo sie jetzt nocb stand, und daß er mit der Vergrößerung der Frequenz Recht ge­habt hatte, erwies sich daraus, daß ihr gefüllter Inhalt sehr oft nicht für den ganzen Tag reichte und eine zweite Füllung unter­nommen werden mußte.

Jetzt wimmelte es wahrhaft in seinem Wirthshause. Fremde Truppen lagen überall im Quartier, auch das ganz nahe Praga beherbergte schon längere Zeit eine Abtheilung französischer Hilfs­truppen, Baiern, welche des heiteren Wirthes und der guten Speisen und Getränke wegen, die man bei Lange erhielt, den täglichen Spaziergang hierher nicht scheuten und oft bis tief in die Nacht daselbst verkehrten.

Mariens bisher noch sreigebliebenes Herz sollte jetzt zum er- stenmale in Liebe entbrennen, und dieß Gefühl bei ihr zu erwecken, einem Feldwebel jener baierischen Hilfstruppen, Namens Thomar, gelingen. Es war anfangs freilich nur ein Interesse, welches sie an dem wirklich gebildeten, seinen Mann nahm; aber wo im Mäd­chenherzen erst Interesse rege wird, da ist auch ein innigeres Gefühl nickt gar fern und bemerkt es, daß gleiches Interesse auch in der andern Brust erwacht, so verwandelt es sich schnell in Liebe. So währte es auch nicht lange, bis beide Herzen sich gefunden und verstanden hatten, nnd da Thomar die redlichsten Absichten zeigte und aussprach, erhielt er auch bald Mariens Zustimmung, mit des Vaters Einwilligung sein Weib zu werden.

Thomar, ein durch und durch biederer deutscher Charakter, hatte auch gar nicht die Absicht gehabt, ein Liebesverhältniß hinter des Vaters Rücken mit Marien anzuspinncn; sobald er sich von ihrem inneren Werthe überzeugte, trat er offen mit seiner Werbung vor sie hin, und als er ihre Zustimmung erhielt, eben so offen mit derselben vor den Vater.

Ter alte Lange konnte nie anders als humoristisch sein, und da solchen Charakteren jeder Hinterhalt zuwider ist, so rief er la­chend und Themar die Hand schüttelnd:

Ei, wenn cs meiner Marie recht ist, in Gottesuamcn, mir ist's auch recht. Seid Ihr meines Kaisers Feind, seid Ihr dadurch nicht der Meinige und bei der Liebe fällt so was gar nicht in die Wagschale. Die fragt nicht nach Stand, Vaterland und Verhält­nissen, die will glücklich sein. Also meiner Marie Zustimmung habt Ihr na, so erfüllt ihre Hoffnungen, macht sie glücklich, sie ver­dient es wahrhaftig. Meine Zustimmung gebe ich Euch hiermit auch."

Er zog ihn in seine Arme, flüsterte ihm noch einmal in's Ohr nnd zwar mit dem herzlichsten bewegten Tone:Macht sie glück­lich, sie verdient es wahrhaftig, ihr Herz ist ein Schatz. Und nun holt sie herbei, sie soll die Schüchternheit bei Seite legen. Heira« thcn ist des Weibes Bestimmung, holt sie, damit ich Euch meinen Segen geben kann. Ihr seid ein ächter, biederer Mann, das Hab' .ich längst an Euch wahrgenommcn. Na, davon ein andermal. Holt Eure Braut ich will Euch segnen und" noch einmal setzte er weich hinzu dann macht sie mir recht glücklich!"

(5"ls-yu»g folgt.)

(DerArztundder Schnapse r. Posth.) Arzt: Euch schlt'S, wie mir scheint, an den Augen. Vor Allem dürft Ihr gar keinen Branntwein mehr trinken .... Patient: Und sür's ander, Herr Doktor, sind mir fertig. Meinet denn Ihr Wege de Fensterte aller chöu ma 'sganz Huns lah zämesalle? Adieu und zürnet nüt.

Frankfurter Gold-Conrs vom 17. Februar.

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Stuttgart, 15. Februar 1862 K. Staatskassenverwaltung.

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