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ner hervortrcten sah, welche sich in das Vvgelstellcrhäuschen verfügten. Wer waren und was wollten diese Männer? Standen sie mit Wodzinsky in Verbindung und wollten sie demselben bei Augustens Entführung behülflich sein? Oder waren es Mitglieder der Räuberbande, welche seit einiger Zeit die Umgegend unsicher machte und deren Anführer der wilde Casimir hieß, auf dessen Habhaftwerdung ein hoher Preis gesetzt war? Die Ankunft eines vierten Mannes, in welchem Heinrichs geübtes Auge sofort den Polen erkannte, unterbrach das Selbstgespräch. „Es sind, wie ich richtig ver- muthete, Wodzinskys Genossen" — sprach Winkler vor sich hin, als es nach des Polen Eintritt in dem Vogelsteller- häuSchen still blieb. Vorsichtig schlüpfte Heinrich hierauf unter den Unterbau und spitzte seine Ohren. Deutlich vernahm er das folgende Gespräch:
„Du hast uns kommen sehen, Mawetz —" sprach eine gedämpfte, tiefe Baßstimme — „da Du, ohne daß cs verabredet war, uns hier auf- suchtcst?" „Ja — nein—" stammelte Wodzinsky — „eigentlich kam ich, um das von Euch bestellte Schießpulver, das ich unter diesem Fußboden verborgen habe, an den bekannten Versteck im Walde zu schaffen. Da vernahm ich ein leises Geräusch über mir und fand, nach dessen Ursache forschend, Euch unverhofft."
Wie erschrak der Lauscher, als er Wodzinsky weiter sprechen hörte: „Ihr seid doch nur hierhergekomm-'n, Hauptmann , um das Pulver in Empfang ;n nehmen: Ich eile, es Euren Händen auszuantworten, und bin sogleich wieder zurück". „Bleib!" befahl die Baßstimme rauh — „daS Pulver ist uns gewiß genug, doch nicht Du! Ich bin nicht gesonnen, länger noch Deine Winkelzüge zu dulden, die uns von einer Woche zur andern hinge- halten haben. Wir wollen uns handgreiflich überzeugen, ob wirklich so ganz und gar nichts von der großen Warschauer Erbschaft in dem Försterhause vorhanden sei, wie Tu unsglau-
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ben machen willst.« Wehe Dir, wenn Du uns betrogen haben solltest!" „Bei meinem Eidschwur, den ich in Eure Hände abgelegt habe —" be- thcucrle Wodzinsky — „eS ist nicht anders als ich Euch gesagt habe. Sämmtliche fünfzehnlausend Gulden, welche die Försterstochter von ihrer Tante geerbt hat, stehen bei einem Warschauer Bankier auf Zinsen und vergeblich habe ich mich bis jetzt bemüht, die darüber ausgestellte Schuldverschreibung in meine Hände zu bekommen". „So werde ich solche jetzt mir selbst auSbitten —" lachte der Hauptmann heiser. „Wenn mein Messer dem guten Förster an der Kehle kitzeln wird, gesteht er, oder sein Weib, oder sein Kind ohne Zaudern ein, wo das Papier aufbewahrt wird". „Die Schuldverschreibung allein dürfte Euch noch nicht in den Besitz des Geldes setzen —" erwiederle Wodzinsky gepreßt. — „Man wird bei dem Bankier Euch befragen, auf welche Weise Ihr zu dem Papiere gekommen, wer Ihr seid und darüber gültige Beweise verlangen. Mein Plan ist sichrer angelegt und darum wollt Ihr denselben nicht durch Euer Dazwischentreten vereiteln. Wie Ihr wißt, habe ich die Försterstochtrr durch Liebe bethört und so fest unnstrickt, daß sie eingewilligt hat, noch in dieser Nacht mit mir zu flüchten und mein Weib zu werden. Sie bringt die Schuldverschreibung mit sich und ihr als der wirklichen Erbin, auf welche das Document ausgestellt ist, wird es leicht sein, die Summe ausgezahlt zu erhalten. Ich erwarte die verliebte Dirne jeden Augenblick und deßhalb kam ich hierher."
„Warum hast Du das mir nicht gleich anfangs gesagt, Schurke?" antwortete der Hauptmann zornig. „Weil Du mit dem Geld allein durchbrennen und nicht mit uns theilen wolltest! O ich kenne Deine Schliche, Schlange! aber den wilden Casimir betrügst Du nicht, so wenig Du jemals wieder aus unfern Händen entrinnst. Wir drei werden uns hier in einem Winkel mederducken und Ohrenzeugen werd en von dem, was iglet, gedruckt und verlegt von A. Oelschlä
die Dirne mit Dir verhandelt und wie sonst die Sachen stehen. Erweist sich Alles so, wie Du mir so eben gesagt hast, so bleiben wir verborgen, folgen Dir und der Dirne auf dem Fuße nach, erheben das Geld und theilen eS dann in gewohnter Weise. Ist die Dirne hübsch genug, so mache ich sie zu meinem Weibe und zu unsrer Wirthschaftsführerin. Nun kennst Du meinen Willen.
Unbeschreiblich sind die Gefühle, welche bei Anhörung dieses Gesprächs des Lauschers Brust bewegten. DaS Blut brannte in seinen Ädern, jeder Nerv erzitterte und schwirrte an ihm wie eine berührteSaite unddas Haupt drohte ihm zu zerspringen. Nur den einen Gedanken hegte er: schnelle Vernichtung dieser Satansbrut. Mit welcher Eile er sich des Pulverfäß- cbens bemächtigte, den gelockerten Reifen tastend suchte, nach dem gebohrten Loche forschte, das' vorgeklebte Wachs herausgrub und, das Fäßchen neigend, die Pulverkörner in seine Hand schnurren ließ! Dazwischen horchte er mit aller Anstrengung auf die unheilvolle Ankunft Augustens. Als Heinrichs Hand mit Pulver gefüllt war, streute er eS neben das mit dem gebohrten Loche nach unten geneigte Fäßchen und zog dann Feuerstahl, Feuerstein und Feuerschwamm hervor. Sein Leben in die Schanze schlagend strich er, auf die Gefahr hin, hierdurch der Räuber Aufmerksamkeit zu erregen, den scharfen Stahl an dem Feuerstein herab. Den hierdurch hervor- gernsenen Laut verschlang das Geräusch der sich versteckenden Räuber — der aufblitzende Funke zündete und mit zitternder Hand legte er den länglich abgerissenen Streifen Feuerschwamm, das glimmende eine Ende abgewendet, an das Pnlverhäufchen. Da Alles dieß im völlig Dunkeln aus- gcführt wurde, so mußte Heinrichs Hand durch einen guten Engel geführt werden, ohne dessen Beistand das Pulver vorzeitig Feuer gefangen und dem Urheber der Thal das Leben geraubt haben würde.
_( Forts, fo lgt.)
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