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lächelten und nickten dem Kürschner Beifall zu. Er fuhr fort:

Wohl hatte die arme, vielgeprüfte Mutter so lange geweint und zum Herrn für ihr-Kind gebetet, bis sie endlich, überwältigt von der Ermat­tung des Leibes und der Seele, ohne cs selbst zu wissen,' in einen tiefen Schlaf sank. Sonst war sie wacker, wie eine Schwalbe. Heute wurde der Alte zuerst wach. Er sah seine Frau noch schlafen und wollte sie wecken; aber ihre Augenlieder waren roth und dick vom vielen Jammern und Weinen, und ihre Hände waren noch so krampfhaft fest gefaltet, wie sie betend entschlafen war-

Jetzk entsann er sich dessen genau, was geschehen war und in diesem Augenblicke schluchzte die Arme im Traume sie träumte von ihrem Kinde da wehte ein Odem Gottes das harte Herz an. Er blickte in das bleiche, schmerzvolle Antlitz seines vortrefflichen Weibes, mit dem er so lange glücklich gelebt, bis Geiz, Neid und Ehrgeiz ihn ihr, sie ihm entfrem­det hatte, und ein Strom des Un­glücks sich in sein häuslich und ehe­liches Leben ergoß, den er selbst mit frevelnder Hand hineingeleitet hatte. Cr sah sie im Geiste, wie sie die blühende, schöne, vielgeliebte, reiche Meisterstochter ihm, dem armen Küfer­gesellen, aus Liebe ihr Herz und ihre Hand gereicht und er ihr geschworen, dieß Opfer ihr nie zu vergessen und sie im Herzen und auf den Händen zu tragen. Hatte er ihr das gehalten? Zwar lieb hatte er sie gewiß, aber unfreundlich war er oft, hart noch gestern Abend gewesen, und nun hatte er den Liebling ihrer Seele, er mußte es selber sagen, den bravsten Sohn, Hinausgetrieben in die Welt und sie dadurch so tief gebeugt.

Wenn der Prophet des Herrn sagt: Des Menschen Herz sei ein trotzig und verzagt Ding, so zeigte sich das auch wieder in seiner vol­len Wahrheit an dem Gebhard; tief begann ihn seine Heftigkeit am Abend vorher zu gereuen. Er dachte an Fritz und auch hier fühlte er, daß er zu weit gegangen. Er dachte an

die kleine Summe, die er ihm als Zehrpfennig gegeben, und auch das fiel schwer auf sein Herz. Es war ein Sonnenaufgang des Bessern in ihm; aber gar oft geht früh die Sonne gar glänzend und schon auf und einige Stunden später ist der Himmel trübe geworden und es regnet mit aller Macht und Heftigkeit; der schöne Tag, den wir erwartet haben, wird zu Nichte. Grade so war es bei dem Alten. Er stand leise auf, aber doch erwachte seine Frau. Der rührende Eindruck ihres Schmerzes im Schlafe war vorüber, er war wie­der wie vorher auch.

Seine Frau ging stille an ihr Tagewerk; sie nichts und trank nichts; aber überall standen Thrä- nen in ihren Augen und der alte Pelzer, der ehrliche Nachtwächter, als er ihr die letzten Grüße brachte, war ihr ein Bote der Freude und dennoch auch ein Bringer neuen Wehes.

Daß der Alte nicht gesagt: Schreib' uns dann und wann, wo du bist, und wie es dir geht, das hatte Fritz außerordentlich wehe gethan. Der Mutter sagte er das sie hatte es in ihrem tiefen Leide nicht einmal be­merkt- und das fiel ihr, als Be­weis, wie hart sein Herz geworden war, recht schwer auf's ihre. Fritz wollte an Minchen schreiben und die fand durch den alten Pelzer, der cs mit den beiden jungen Leuten gar gut und treu meinte, Gelegenheit, der Mutter ihres Fritz den Brief zu sen­den. Das redeten sie ab.

Nun soll er aber auch nichts von ihm hören, sagte sie recht bitter zu sich selbst, bis er fragt, und dann will ich ihm das Gewissen schärfen, wie ein Pfarrer! das nahm sie sich vor. So vergingen Tage und Wochen, ohne daß sie mehr mit ihm sprach, als was unabweisbar nöthig war. Sie merkte wohl, daß er einmal seufzte und sie verstohlen mit be­kümmertem Blicke ansah, aber sie that, als sähe sie es gar nicht und ging ihren stillen Weg fort. Sie bekam endlich, nach vier bis fünf Wochen, einen Brief durch Pelzer. Fritz war in Köln bei dem Küfer des Herrn

Kurander in Arbeit. Es ging ihm gut. Sein Brief war voll Liebe und Herzlichkeit. Das goß Balsam in ihr Herz. Aber der Alte fragte nicht. Es nagte Etwas an seinem Herzen, aber er schwieg hartnäckig. So behielt sie denn auch ihre Briefe für sich bis auf einmal seine Briefe ausblieben. Es war nach dem ersten Jahre seiner Wanderschaft. Da fiel's auch auf ihr Her;, wie eine Zentnerlast und das Elend zog vollends ein in ihr Herz und in ihr Haus. Sie bedurfte eines Herzens und hatte doch Keins! Und zu Min­chen durfte sie nicht gehen, wenn sic nicht neuen Hader wollte.

Ihr wisset wohl, Ihr Männer, sagte Schmitz, daß des alten Lin- dau's Vater nicht alle Güter droben vom alten Kloster gekauft hatte, son­dern daß die besten in die Hände des Schwiegervaters, des alten Rone- mus, gekommen waren und dieser sie geerbt hatte. Dort besaß er ein Feld­stück, das wohl einst zum Kloster­garten gehört haben mochte (jetzt ist'S eine Wiese), das zum besten Felde dort herum gehörte. Frau Geb­hard hatte dort Bohnen gelegt, die mußten nun angehäufelt werden, denn es war so Mitte Juni und der Fritz war nun schon zwei und ein halb Jahr fort und seit ander­halb Jahren war kein Brief gekommen.

Die Frau Gebhard ging, ein Häckchen in der Hand, zum Obcr- thore hinaus, um die Bohnen an­zuhäufeln. (Forts, folgt.)

Gold-Cvurs. Frankfurt, den 11. März.

fl. kr.

Pistolen. 9 34- 3S

Fricdrichsd'or .... 9 S-t'/l,55'.^

Holland. 19 fl.-Atück . 9 4243

Dukaten.5 2930

20Frankcnstücke ... 9 1920

Engl. Sovereigns ... II 3842 Preußische Kassenscheine. 1 44Vs-> ,

Gottesdienst am kl. März: Herr Dekan Heberle.

otedlgirt, gedruckt und verlegt von A. Oclschlägcr.