Des Vaters Augen schwammen in Thräne».

Sieb, lieber Vater, dort ist der Baum! Ach, der schöne Baum! Sieh, er ist so groß, wie unser Christbaum im Saale war! Wie es in den Zwei- gen blitzt, gerade als ob Lichtlein darin brennten! Nicht wahr, guter Vater, das ist der Ehristbaum, den der liebe Gott für die arme Mutter bescheert bat? oder auch wohl für die lieben Todten alle, die hier ruhen ? Und sieh nur, ein Vöglein hüpft in den Zweigen. Tort fliegt's! Ach, es hätte sich nicht fürchten sollen vor uns, das gute Vöglein! Gewiß hat's der Mutter schöne Lieder vorgesun­gen. Ach, die Mutter konnte das Singen so schön leiden und sang gar oft. Eins weiß ich noch, was sie am liebsten sang und wobei sie aber doch jedesmal so recht traurig war. Es sängt an:Einsam bin ich nicht alleine!"

Sie traten jetzt zum schmucklosen Grabe, das der Vater mit dem grünen Kranze schmücken wollte.

Hier ist's oben, lieber Vater," sagte Elise.Wenn Du hierher den Kranz legst, dann ist's gerade so, als setztest Du ihn der Mutter auf ihr schwarzes Haar."

Du hast recht, mein Kind," sagte der Vater, und er legte den Kranz auf die bezcichncte Stelle. Dann hob er sein Kind auf den Arm, und drückte cs an sich, daß seine heißen jThränen die Wangen desselben benetzten.

Als Elise den Vater so weinen sah, weinte sie auch und legte seine Aermchcn um seinen Hals. Dann strich sie seine Wange und sagte: Weine nun nicht mehr, lieber Va­ter! Glaube mir, die Mutter lächelt jetzt so freundlich und bittet Gott, daß er cs uns Wohlergehen lasse!"

Das Kind ahnte es nicht, welch brennende Gedanken und Gefühle seine Worte im Herzen des Vaters anregten. Wie oft hatte Scheuer­lein vergebliche Versuche gemacht, ihn aus seiner verderblichen Richtung herauszureißen! Gewaltige Erschütte­rungen mußten kommen, um eine

Umwandlung in ihm hervorzubrin­gen. Sein Gemüth hatte dem har­ten Erdreich geglichen, das erst durch den Donner des Himmels wieder auf- gelockcrt werden kann.

Ein schönes Denkmal soll das Grab haben," sagte der Vater, in­dem er die Tochter herablicß.Ist Dir das lieb, mein Kind?"

Ach ja, lieber Vater," antwor­tete Elise.Nicht wahr, dann kommt auch ein solcher goldener Engel dar­auf, wie dort einer auf dem Kreuze ist? Solchen Engel seheich so gern. Ich habe aber immer nicht gewußt, was er in der Hand hält."

Das ist eine Fackel, mein Kind. Sie ist umgekehrt und verlischt eben, und deutet auf das Sterben."

Ach, das ist doch gar zu traurig," versetzte Elise, indem sie ihr Köpf­chen neigte.Dann wollte ich Dich lieber um ein fröhliches Zeichen bit­ten. Auf dem andern Kreuze dort sehe ich einen goldenen Schmetter­ling, der emporfliegt. Nicht wahr, das ist etwas Fröhliches?"

Ja, mein Kind," antwortete der Vater,er fliegt zur Sonne auf, und ist das Bild der Seele, die in Gottes Reich eingeht. Dieß Zei­chen soll das Denkmal schmücken, und darunter soll eine goldene Rose stehen."

Wie schön ist das, mein guter Vater!" Und Elise ergriff mit beiden Händen seine Hand und drückte sie.

Vater und Kind verließen hier­auf den Kirchhof.

Jetzt wollen wir nach Hause fahren," sagte der Vater.Deinen Lehrer, Herr Scheuerlein, der Dir jetzt Privatstunden geben wird, habe ich gebeten, unö heute zu besuchen. Siehst Du, das freut Dich. Nun komm, nur, meine große Bildcrmappe will ich Dir auch zeigen!"

Damit stiegen sie in die Droschke.

Es bleibt nur wenig noch zu sagen übrig. Steinberg war von Stund an wie umgewandelt. Er wurde das, was die ersten Jahre seines akademischen Lebens von ihm hatten erwarten lassen. Auf der

igirt, gedruckt und verlegt vvn Sh Oelschlä

nächsten Ausstellung hatte er wieder ein Oelgemälde. Es hieß:Das Waisenkind!" und ward von ver­öffentlichen Kritik als eines der besten Stücke der Ausstellung bezeichnet. Er hatte sich in seinem Herzen gelobt, das Weihnachtsfcst für arme Kinder in jedem Jahre nach Kräften zu unterstützen. Elise war die Freude seines Lebens. Ihr und der Kunst war sein Leben jetzt gewidmet.

Scheuerlein weilt nicht mehr im Lehrerstanve. Eine Brustkrankheit zwang ihn, einen andern Lebensbe­ruf zu wählen. Was er gewirkt hat für die Einführung und Ausbreitung der Weihnachtsfestlichkeit für arme Kin­der, das ist nickt verloren gegangen, sondern wird von seinen Kollegen in treuer Liebe fortgeführt. Möge Gott das Unternehmen und ihn fer­ner segnen!

Näthsel.

Vieles kann der Mensch erraffen, Ird'sche Güter sich verschaffen.

Nenne mit den ersten beiden,

Was dir Niemand mag bestreiten. Etwas wird nicht stets gelingen.

Läßt, wenn echt, sich nimmer zwmgen. Wahrlich, der ist zu beneiden,

Wer besitzt die andern beiden! Zwar das Ganze, mehr und minder Lenkt fast alle Menschenkinder;

Doch wer strebt uach reinstem Glücke, Dieses Ganze nnterdrücke.

Auslösung des Näthsels in Ur. 2: F i n g c r h n t.

Gold-Cours. Frankfurt, den 14. Januar.

st. kr.

Pistolen.S 3435

Fricdrichsd'or .... 9 5455

Holland. 1« st.-Stück . 9 49'/-41'/^

Dukaten.5 2728

29Frankenstückc ... 9 1?'/,18'/2 Engl. Sovereigns . . .11 424« Preußische Kassenscheine. 1 44^45'/«

Sonntug, den 17. Januar 1858, werden predigen: Vormittags Herr Dekan Heberle, Nachmittags Herr' Helfer Rieg er. _

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