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Gercour gar so sehr am Herze» liege.
Vergebens bat Paul, ihn fort- gehen zu lassen; der Vicomte habe ja gar nicht nöthig, vor ihm, dem Commis, dem Angestellten des Hauses, gewissermaßen Rechenschaft über sein Thun und Lassen abzulegen.
Der Vicomte nöthigtc ihn zu bleiben; er bemerkte, daß er die keimende Neigung der beiden jungen Leute längst wahrgenommen habe und vielleicht nicht abgeneigt gewesen wäre, die treuen, umsichtigen Dienste Vermon's mit der Hand seiner Tochter zu belohnen, hätte nicht die Bewerbung des Marquis plötzlich seinen Ideen eine ganz andere Richtung geben muffen.
Und nun erinnerte er daran, wie der Grund zum gegenwärtigen Reichthum seines Hauses von seinem Großvater gelegt, wie dieser aber als junger Bursche nur durch die Freundlichkeit und Güte eines freigebigen, vornehmen Herrn, der ihn reichlich beschenkt und unterstützt hatte, in den Stand gesetzt worden sei, sich einige Waaren anzuschaffen, mit denselben als Tabuletkrämer das Land zu durchstreifen und sich so nach und nach einen kleinen Wohlstand und ein Geschäft in Paris zu begründen. Gern hätte er sich seinem Wohlthäter dankbar erwiesen; dieser und mit ihm alle seine Angehörigen seien jedoch nirgends zu finden gewesen, denn die Revolution habe sie über die Grenzen gescheucht.
— Und nun, — fuhr Morin fort, — wird Ihnen Alles erklärlich werden. Der Mann, der meinen Großvater so großmüthig unterstützt hatte, war ein Macquis de Gercour; der junge Mensch, der um die Hand meiner Tochter anhält, kann nur sein Enkel sein, und so sehe ich mich endlich in den Stand gesetzt zu thun, wonach ich mich so lange gesehnt habe, eine Familienschuld durch Dankbarkeit abzutragen.
— Wie, Herr Morin. . . begann Paul mit großer Lebhaftigkeit.
— Unbesonnener!— unterbrach chn der Oberst mit leiser Stimme.
Warten Sie nur noch ein wenig! Wir wollen erst sehen, was der Andere zu dieser Mittheilung sagen wird.
Elise seufzte vor sich hin: Also mit meinem Lebensglücke soll die Vergangenheit bezahlt werden!
— Es ist doch seltsam, — bemerkte der Oberst, indem er sich an den Bankier wendete, — Ihr künftiger Schwiegersohn bleibt ganz stumm. Man könnte sogar meinen, daß ihn die rührende Geschichte, die Sie uns soeben mitgetheilt haben, in Verlegenheit setzt. (Schluß folgt.)
Der Weihnachtsbaum.
Der Lbriiieiilehrcr.
Der Dezember hatte rauh begonnen. Es fehlten noch zehn Minuten zu acht Uhr des Morgens, als der Lehrer Scheuerlein in die Schulstube trat. Er war Lehrer der letzten Mädchenklaffe einer Armenschule. Etwa die Hälfte seiner kleinen Schülerinnen hatte sich bereits versammelt. Freundliche Gesichter empfingen ihn, Helle Stimmen erwiederten seinen Morgengruß.
Scheuerlein war ein junger Mann von 24 Jahren, groß, schlank, einnehmenden Wesens und offenen Angesichts. Jugendlicher Frohsinn lag sonst auf seinem Angesicht, heute war sein Auge trübe. Er stand am Ofen. Eines der Kinder nach dem andern trat in die Stube und ging, ihn grüßend, an ihm vorüber. Wie dürftig war doch manches Kind angekleidet!
Hier hatte Eines ein leichtes, halbzerrissenes Mäntelchen übergezogen, dort war ein Anderes nur mit einem kleinen, dünnen Tuche gegen die Kälte geschützt. Wie zitterte und bebte manch' armes Kind, das aus einer entlegenen Gaffe daher gekommen war!
Wohl euch, ihr armen Kinder, dachte der Lehrer, daß ihr hier eine freundliche, warme Stube findet, manches von euch würde vielleicht zu Hause frieren müssen. Er sah nach dem Fenster, das schon halb abge-
thaut war. Ein kalter Nordwind trieb die Flocken heftig gegen die Scheiben. Und er gedachte der Noth der Armen in dieser trüben Jahreszeit und recht weh ward ihm um's Herz. Da kam die kleine Elise, die artigste und fleißigste Schülerin seiner Klasse. Es war an Geist und Leib ein herrlich Kind. Wie ein betender Engel saß sie stets da in der Religionsstunde, ihre Blicke hingen an des Lehrers Angesicht, wie die goldenen Bienen hängen an der Blume im Mai. Tiefe Innigkeit leuchtete aus ihren großen, von dunkeln Wimpern beschatteten Augen, ihr Angesicht war dem Frühlingsmorgen gleich, der uns zur Freude und doch auch zur Andacht stimmte. Aber wie sah heute das Kind aus! Schnee lag auf dem schwarzen Köpfchen, die Händchen waren feuerroth, die Wangen und Lippen blau; das Kind bebte vor Kälte.
Der Lehrer hätte dem armen Kinde gern die Hände erwärmt in den seinen, aber er that es nicht, denn er hatte ja alle anderen Kinder so vorübergehen lasten, und er wollte durch solche Auszeichnung eines Kindes den andern nicht wehe thun. Gerade in solchen Dingen war er äußerst zurückhaltend gegen die Kinder, und diejenigen seiner Schülerinnen, die ihm die liebsten waren, mochten kaum etwas davon merken. Sein ernstes Streben, das heilige Gebot der Gerechtigkeit nicht zu verletzen, bewirkte es sogar, daß er gegen die, denen er im Herzen am meisten zugethan war, eine größere Strenge walten ließ, als gegen die übrigen. (Forts, folgt.)
Gold - Cours. Frankfurt, den 3. Dezember.
ik. kr.
Pistolen.S 36-37
Friedrichsd'or .... 9 33—56
Holland. 19 st.-Stück . 9 43'/,—-44'.,
Dukaten. 5 39—31
SOFrankenstückc ... 9 19'/,—29'/,
Lngl. Sovereigns ... 11 46—59 preußische Kassenscheine. 1 45—45'/,
Sonntag, den 6. Dez., wird predigen: Herr Dekan Heberle.
Nedigirt, gedruckt und verlegt von A. Oelschlägcr.