Unterhaltendes.
Tie beiden Marquis.
(Forts-Kmiq.)
- Die Zeit wird Sie heilen. Jetzt aber zur Sache. Wann soll das Duell siattfinden und wo werden die Gegner früher Zusammenkommen?
— Sie haben beschlossen, sich hier einzufinden und sich um zehn Uhr zu schlagen.
— Wir haben also noch eine halbe Stunde vor uns.
In diesem Augenblicke wurden Schritte im Nebenzimmer gehört.
Der dort zuerst Angckommene war der Marquis, der seit gestern auf Mittel bedacht war, dem Duell in ehrenhafter Weise auSweichen zu können. Er war kein Feigling und hatte sogar bei äbnlichen Anlässen bereits seinem Mann gestanden; dießmal meinte er jedoch in seinem Hochmuth, daß er sich durch die Begegnung mit Paul Vermon lächerlich machen werde und wünschte einen Ausweg zu finden.
Henri, dem seine Ankunft gemeldet worden, war der Zweite, der in daS zum Rendezvous gewählte Zimmer trat; als er des Marquis ansichtig wurde, ries er ihm entgegen: Wünschen Sic mir Glück, ich habe den Oberst gesprochen, Ihre Sache mannhaft vertreten, dabei sehr geschickt manöverirt und so die Angelegenheiten in's Reine gebracht.
— Um so besser! — entgegnete Gercour mit sichtlicher Zufriedenheit.
— Binnen einer Stunde werden Sie sich schlagen.
— Und daS heißen Sie in's Reine gebracht?
— Hätte ich mich schwach zeigen sollen, wo cö sich um Jbre Ehre handelte? Nein, nun und nimmermehr. Wir haben den Degen gewählt, den Degen, die Waffe Ihrer Ahnen, während die Pistole stets mehr eine Waffe des Zufalls ist. Den Obersten habe ich übrigens nicht so fest gefunden, als ich voraussetzte. Es wollte mich beinahe bedrucken, als wenn er zu einer Ausgleichung geneigt gewesen wäre.
— Und Sie sind ihm nicht ent- gegengekommcn!
Die Ankunft des Obersten und Paul Vermon's unterbrach das Gespräch. Man grüßte sich gegenseitig, worauf der Oberst fragte: Herr Marquis, ohne Zweifel sind Sie bereits von Allem unterrichtet, worüber ich mit Ihrem Herrn Sekundanten übereingckommen bin?
— Ich habe mich dieser Pflicht so eben entledigt, — bemerkte Henri.
— In diesem Falle, —- sagte Vermon, — können wir sofort aufbrechen. Die Zeit drängt.
— Er schritt der Thüre zu. Der Marquis nahm das Wort: Entschuldigen Sie, meine Herren; es haben mir jedoch einige Freunde, deren Ehrgefühl ich nicht minder als dem ineinigen vertraue, eine Meinung mitgethcilt, die ich vor Ihnen aussprechen muß, um Ihr Urthcil darüber zu vernehmen.
— Dazu ist es zu spät, — fiel Vermon ernsten Tones ein.
— Um Vergebung, lieber Paul, — sagte der Oberst, — meine Pflicht erheischt, daß ich die Mittheilung des Herrn Marquis anhöre.
— Wohlan denn! diese Freunde sind der Ansicht, daß ein Duell eine so ernste Sache sei und, abgesehen von jenen Fällen, in denen die Beleidigung der Art ist, daß ihr die Gcnugthuung auf dem Fuße Nachfolgen muß, vor Allem Gleichheit des Ranges und Vermögens zwischen den beiden Gegnern erheische ...
— Mein Herr! — unterbrach Paul den Sprechenden mit stürmischer Ungedulo.
Der Oberst hielt ihn zurück.
Der Marquis ergriff nun neuerdings das Wort, um in längerer Rede auseinander zu setzen, wie seine Freunde im Clubb sich einmü- thig ausgesprochen hätten, daß dieses Duell, zu dem ohnehin keine begründete Veranlassung vorlicgc, im Hinblick auf die Ungleichheit der socialen Stellung der beiden Gegner nicht stattfinden dürfe.
— Sie haben Kriegsdienste geleistet, Herr Vermon? — schloß der MarquiS; — wenn Sie doch wenig
stens Offizier, wenn auch nur Subaltern-Offizier gewesen wären, so könnte ich meinen Freunden gegenüber jeder Verantwortung enthoben sein und . . .
Der Oberst hatte Mühe sich eines Lächelns zu enthalten. Vermon knöpfte hastig den Oberrock auf, ließ das am Knopfloch befestigte Offi- zierkreu; der Ehrenlegion sehen und rief: So erfahren Sie denn, daß ich der Erstürmung von Coustantine als Offizier beigewohnt und dort dieses Kreuz erhalten habe. Sind Ihre Bedenken jetzt beseitigt?
— Das sind sie in der That und ich kann nur sagen, daß ich stolz auf einen solchen Gegner bi», der sich zu mir, der ich noch nichts für das Vaterland gethan habe, herabläßt und mich gewissermaßen zu sich cmporhebt. Ich stehe Ihnen zu Befehl, meine Herren.
— Er hat doch auch gute Seiten, — flüsterte der Oberst Paul in's Ohr, — und darf nicht allzu streng behandelt werden.
Den sich der Thüre nähernden vier Männern trat zu ihrer größten Ueberraschung der Herr des Hauses in den Weg, dem die Herzogin und Elise nachfolgten.
Mit eben so viel Ernst als Innigkeit machte er ihnen Vorwürfe darüber, daß sie sein Haus zum Tummelplätze gehässiger Leidenschaften gemacht. Dann wendete er sich vorzugsweise an Paul, fragte ihn, ob er Solches um ihn vervient und ob er ihn nicht stets wie einen Sohn behandelt habe?
Der tief bewegte junge Mann stammelte einige Entschuldigungen; er bekannte, zu weit gegangen zu sein; er erklärte sich bereit, seine Herausforderung zurücknehmen zu wollen; er schickte sich endlich an, das Zimmer zu verlassen, um sofort nach Marseille abzurciscn, als ihn der Bankier mit dem Bemerken zurückhielt, daß er noch bleiben müsse, um zu hören, warum denn dem Vater ElisenS, dem Manne, dem das Glück seiner Kinder Lebensauf- ' gäbe sei, die Verbindung seiner ein- ^ zjgen Tochter mit dem Marquis de