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Bürschchen, wie Sie den jungen Mann zu nennen belieben, sieben Jahre hindurch in meinem Regiments gedient, daß er in einem Zweikampf seinen Fechtmeister getödtet und im Pistolenschießen Göard dem Löwen- tödter den Rang abgenommen hat. —
— Sie wollen wohl scherzen.
— Scherzen! In einem Momente, m welchem ich einen Menschen von einem blutigen, unvermeidlichen Schicksal bedroht sehe, kenne ich keinen Scherz und kann Ihnen nur den guten Rath geben, Ihr Testament zu machen, da Sie nun schon einmal unbesonnener Weise sich in eine Wolfshöhle begeben haben.
Er grüßte und ließ die Beiden allein.
7 .
— Ein ganz allerliebster Mann, der Graf, begann der Marquis nach einer längern Pause; — es soll ihm aber nicht gelingen, mir mit seinen pathetischen Reden Angst zu machen.
— Was gedenken Sie aber zu thun? Sie werden doch dem Gegner keine Entschuldigung bieten, um . . .
— Ich ein Gercour und mich entschuldigen! Nun und nimmermehr! Ich fürchte nur Eines.
— Und das wäre?
— Meinen Freunden gegenüber- lächerlich zu erscheinen, wenn die Sache eine für mich schlimme Wendung nehmen sollte.
— Das wird sie nicht!
— So will ich hoffen. Haben Sie sich schon einmal geschlagen?
— Leider nein, lieber Marquis; ich hoffe aber, mich bei dieser Gelegenheit mannhaft zu erproben.
— Und zwar recht wohlfeilen Kaufes.
— Wie gerne möchte ich ihren Platz einnehmen!
— Und wie gerne, — dachte Gercour, — möchte ich Dir ihn überlasten.
— Lassen Sie uns in den Clubb gehen, —z> meinte Henri, — um dort die Ansichten einiger Ducllveter- anen zu hören.
r— Gehen Sie, lieber Henri, ich habe Anderes zu thun.
— Was denn? Wollen Sie wirklich Ihr Testament machen?
— Nein, das nicht. Da aber die Sache eine so sonderbare Wendung genommen hat, daß ich einer Vermählung halber Hierher gekommen bin und mit ver Aussicht auf ein Duell fortgehe, so werde ich, den Regeln der Klugheit gemäß, mir heute die Hand ein wenig auf dem Fechtboden geläufig machen und morgen früh einige Schießübungen vornehmen.
Henri und der Marquis hatten sich kaum entfernt, als Elise bleich und mit verstörten Gesichtszügen wieder zum Vorschein kam. Der laute Wortwechsel hatte ihre Aufmerksamkeit erweckt und beinahe unwillkürlich hatte sie vom Nebenzimmer aus Alles mit angehört. Sie wußte, daß ein Zweikampf stattfinden sollte, und konnte sich nicht verhehlen, daß im Grunde nur sie die Veranlassung dazu war. Jetzt erst wurde es ihr klar, wie sehr sie Paul liebte. Der Gedanke, Pauls Familie aufzufordern, daß sie durch Bitten und Thrä- nen den jungen Menschen von dem Kampfe abhalten sollten, mußte vor der Erwägung weichen, daß Paul, der Soldat gewesen, ihr zürnen könnte, ihn durch Mutter und Schwester von der Entscheidung einer Ehrensache abhalten zu wollen. Von ihm selbst konnte sie eben so wenig hoffen, da er, so sicher sie auch seiner Liebe zu sein glaubte, dieselbe doch noch nicht gestanden hatte, und so war die Herzogin die Einzige, an die sie sich wenden, von der sie Beistand erwarten konnte.
Sie schrieb dieser, daß sie einer wichtigen Angelegenheit halber mit ihr sprechen müsse, und bat sie um eine Zusammenkunft für den nächsten Morgen.
Die Antwort der Herzogin ließ nicht lange auf sich warten; sie verhieß, um neun Uhr Morgens schon bei Elisen sein zu wollen. Um neun Uhr — und das Duell war für zehn Uhr anberaumt.
Elise fand die Nacht hindurch keinen Augenblick Ruhe und unablässig fragte sie sich, ob sie denn noch
Zeit gewinnen werde, den Zweikampf zu hindern, und wie es denn gekommen, daß ihr sonst so gütiger, alle ihre Wünsche stets berücksichtigender Vater sich gerade in der wichtigsten Angelegenheit ihres Lebens so hart und unerbittlich zeige.
Die sehnlich erwartete Herzogin fand sich pünktlich zur angegebenen Stunde ein. Das verstörte Aussehen des Mädchens fiel ihr sogleich auf und sie überhäufte sie mit einer Fluch von Fragen, die alle darauf hinausgingen, ob sie denn gar so sehr Furcht vor einer Verheirathung habe.
— Es handelt sich nicht um meine Verheirathung, — sagte die endlich zu Wort kommende Elise, — sondern um ein Duell.
— Um ein Duell! Und wer schlägt sich denn? Etwa der Marquis? Und Sie sind besorgt um ihn?
— Nein, Frau Herzogin, ich habe an Herrn Gercour noch gar nicht gedacht.
— Sehr schmeichelhaft für ihn. Dann gilt aber Ihre Besorgniß einem Andern ... Sie erröthen? Ich bin also mit meinen Voraussetzungen nicht irre gegangen.
— Mein Bruder ist Secundant des Marquis.
— Und darum sind Sie so unruhig? O Sie unerfahrenes Kind! Die Secundanten laufen gar keine Gefahr. Mit wem schlägt sich aber der Marquis? Wahrscheinlich mit dem Grafen Folleville? Diese Algierer sind in der That furchtbare Eisenfresser.
— Graf Folleville ist Secundant des Andern.
— Welches Andern?
— Des . . . des . . . Herrn Paul Vermon.
— Unglaublich! Mit einem Commis, und was hat denn Veranlassung zu diesem Streit gegeben?
— Die bitteren Sarkasmen des Marquis haben Herrn Vermon, der sich in meiner und meines Vaters Gegenwart zum Schweigen mit übermenschlicher Anstrengung zwang, endlich außer Fassung und dahin gebracht, daß er den übermüthigen Spötter