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Mit solcher Gesinnung war der junge Schulmeister in Friedethal eingezogen, und Gott hatte ihn erhört, er hatte ihm all die Liebe, um die er gebeten, reichlich gegeben; damit war er an's Werk gegangen, damit hatte er sich an die Herzen ded verwilderten Gemeinde gehängt und in sie hineingedrängt. Er hatte anfangs viel Widerstand, viel Haß und Bosheit erfahren — aber die Liebe, die sich nicht erbittern läßt, Alles glaubt, hofft und duldet, diese Liebe ist stärker als der Tod, sie überwindet die Welt. Unterstützt von einer holdseligen, von gleicher Gesinnung beseelten Frau, hatte er ein Bollwerk des Hasses nach dem andern niedergerissen, hatte er in ein, wie eine Festung verschanztes Herz nach dem andern Bresche gemacht und Einzug gehalten. Die Kinder waren dabei seine Werkzeuge, seine Mauerbrecher gewesen, erst hatte er sich der Kinderherzen bemächtigt, und diese hatten ihm müssen den Weg in die Gemüther der Aeltern bahnen; dann hatte er sich mit Sang und Klang in die Herzen der reifem Jugend gestohlen. Was waren das auch für wundersame Weisen, die allabendlich aus dem ehedem so düsterstillen Schulhause in's Dorf hinabklangen, gesungen von zwei Menschenstimmen, wie man hier noch keine vernommen? Das tonte wie Engelgesang an die Herzen der Dirnen und Bursche des Dorfes. Es waren Lieder reiner Liebe, treuer Freundschaft, oder Hymnen auf Gott und seine Werke — und Der, der „seine Engeln zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen macht," der verwandelte diese Gesänge in Engel, welche die bessern Gefühle in den Herzen der flammenden Hörer erweckten und ihnen Sehnsucht nach edleren Freuden, nach einem würdigeren Leben einflößten, als sie bisher gekannt hatten. Bald hatte Jonas aus den Hörern Mitsänger, bald die ganze Jugend des Ortes zu Mitarbeitern „in seinem Weinberge" gemacht. So ging er Schritt vor Schritt weiter, ohne Hast, ohne Uebereilung, mit Geduld, unverdros-
sen und sicher. So segnete Gott sein Wirken, so wurde aus dem Streitthal wieder ein Friedethal und mehr: ein Freudenthal.
Dreißig Jahre waltete er schon in seinem Amte und immer noch war er voll jugendlicher Geistcsfrische, voll männlicher Kraft. Auch sein Weib, seine Hanna, die ihm so treu in seinem Wirken beigestanden, überdieß mit manchem holden Liebespfande ihn beglückt und überhaupt des Dichters Wort erfüllt, „himmlische Rosen in sein irdisches Leben geflochten" hatte, dieses traute Weib stand ihm auch noch rüstig zur Seite. Mit dankbarer Freude gegen Gott konnten Beide zurückblicken auf eine lange schöne Laufbahn. Wenn sie unter der umfangreichen Linde zwischen der kleinen Filialkirche und dem Schulhause mit einander saßen und ihre Blicke über das tiefer gelegene Dorf in seiner ganz umgewandelten Gestalt dahin gleiten ließen, durften sie einander wohl stilllächelnd die Hände drücken oder auch eins dem andern zuflüstern: „Denkst Du noch zurück, wie es einst hier aussah?".
So saßen sie wirklich eines schönen Spätsommerabends da und überblickten den Schauplatz ihres schönen Wirkens in recht seliger Feierabendstimmung.
„Denkst du noch daran," — fragte Mutter Hanna — „wie Du mich heute vor dreißig Jahren dort den Beerberg hereinführtest und ich alle Augenblicke dachte, meinKammer- wagen müsse in Stücke gehen, so entsetzlich war der Weg? Und im Dorfe war kaum durch den Morast zu kommen, und die Bauerndirnen und Bursche glotzten die Neuerwählte ihres Schulmeisters ohne ein Wort der Bewillkommnung an."
„Und an der Schenke" — fiel er ein — „konnten wir nicht vorbei, weil da ein Fuhrwerk den Weg versperrte. Man hatte uns entgegen- kommen wollen, war aber in der Schenke beim Bierglas sitzen geblieben. Und wie wir nun ganz verlegen da hielten, ging ein Höllenlärm in der Schenke los und nicht lange dauerte
cs, gin^ es unter Fluchen und Schreien klirr klirr — ein Bierglas flog durch das Fenster dicht an uns vorbei, ja streifte meinem Fraucheu die rosige Wange. Endlich brachte man Einen blutend herausg'etragen und hob ihn auf den Wagen. Wärest du abergläubisch gewesen, so würdest Du diesen Einzug für ein unheilweissagendes Omen gehalten haben."
(Forts. folgt.)
Gebet.
Nicht fleh' ich um den Segen ew'gen Glückes,
Nicht fleh' ich um ein flüchtig Erdengut.
Gib, Ew'ger, nur in Stürmen des Geschickes
Dem Geiste Kraft und meinem Herzen Muth!
Den Pfad des Rechtes laß mich ruhig schreiten,
Ob still die Lust, ob wild die Stürme weh'n.
Und Eines gib mir, Gott, zu alle» Zeiten:
O, die ich liebe, laß mich glücklich seh'n!
Nur der ist arm, der einsam zieht die Pfade,
Von dem hinweg der Liebe Engel flieh'n!
Dir, Schicksal, Dank! Du hast in deiner Gnade
Der Lieb' und Freundschaft Segen mir verlieh'»!
O, Alle, die mir Liebe je gespendet.
Aus Blumenanen laß sie ewig geh'n,
Daß nie ihr Glück nnd ihre Wonne endet'
O, die ich liebe, laß mich glücklich seh n!
Sieh', ihre Freuden will ich jubeln» theilen.
Mich soll bewegen, was ihr Herz bewegt!
Ich weiß es, meine Wunden werden heilen!
So lang sie mild die Hand der Liebe pflegt.
An ihrer Freude soll mein Herz sich sonnen.
Wenn welkend meines Glückes Blumen steh'n.
Und ihre Wonnen seien meine Wonnen!
O, die ich liebe, laß mich glücklich seh'n!
Gold-Cours. Frankfurt, den 16. Juli.
fl. st.
Pistolen.i> S 8 V 2 —3S'r
Fricdrichsd'or .... 9 Slih!,—llly?
Holland. 19 fl.-Slück 9 48—49
Dukaten.5 S9'/r—31',2
SOFrankenstückc ... 9 SO—S1 Engl. Sovereigns ... 11 44—48 Preußische Kassenscheine. 1 45—45^
Predigen wird am Sonntag, den 19- Juli: Vicar Fisch er.
Redigirt, gedruckt und verlegt von A. Oelschläger.
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