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Seitenaltare erblickte; sie sah zur Seite es war Amalie. Zitternd kniete er neben ihr auf der Steinstufe nieder.
„Amalie!" flüsterte er
„Vorsicht, lieber Freund, dort betet der Graf. Uns bleiben nur zwei Mi nuten —"
„Amalie, entziehen Sie sich jenem Menschen, folgen Sie mir als meine Gattin, wir bedürfen des Vermögens nicht - iw bin reich und unabhängig."
„Unabhängig?" fragte sie und ihre schmerzlichen Blicke trafen ihn, Blicke, die ihre furchtbaren Zweifel verriethe».
„Glauben Sie mir nickt?" fragte er zitternd „Amalie,' Tod und Leben hängt von Ihrem Entschlüsse ab! Vertrauen Sie meiner heiße», aufrichtigen Liebe! Opfern Eie Ihr Vermögen — aber lassen Sic mich nickt allein reisen!"
Mit flehenden Blicken sah er zu ihr, Thränen standen in ihren schönen Au.icii, und die liebliche Stimme bebte, als sic zurückfliistertc:
„Albrcckt, ick kann Sie jezt noch nickt begleiten!"
„O, Sie lieben nickl! Ick will Sie, ,nur Sie bcsize»! Sie senden mich in
den Tod, w>nn ich ohne Gewißheit gebe!"
„Ick liebe Sie, Albieckt; aber haben Sie Mitleiden!" schluchzte sie leise.
,,Ack, ick muß Ihnen ja vertrauen, ick kan» nickt andeis! Haben Sie nickt Beweise ravon erhalten? Ick glaubt,^Äls Albieckt in ras Freie trat, sah er den W,af,n eiiiznschllcktein, ind,,» ick'chas Kabuobk davonsabr,!,, heute lenkte Sie in meine G.h»'»misse eimveiht» minder Giaf selbst das Pf ir Albreckis mein Veilbeidigei zu seni bat — ri>se>§GlnckIeli.,keil läßt sich nickt beschreiben Sckiiii hat die enlgegeng>s>z>e Wirkung Znnäck il oirnete er bei einem Bangnier heivorg.bia t Ick' b,n !N dli klebe,-iseine G-ldgest'äste, dann schrieb el
nickt ciilsckiede» abweis,n, obgleich er mir in tiefster Seele verhaßt ist."
„Amalie, komme» wir zu einem Beschluss,!" bat Albieckt dringend. „Fol gen Sie mir, wir reisen diesen Ab,nd noch ab, und wenn uns der Gras er reicht, sind Sie meine heißgeliebte Gack tin! Ick schwöre es bei dem Gekreuzig len, zu dessen Fußen wir kniecn!"
„Albieckt, werden Sie nie diesen Sckwur bereuen?" fragte sie in sichtlicher Bewegung.
Nie, Amalie, nie!" rief er schwärmerisch.
„Woblan, so reise» wir auf verschiedenen Wegen. Nennen Sic mir das Ziel."
Ser Baron bezcickncte ein Hotel in München.
„Ick reise diese» Abend, Sie werden mir morgen folgen!" sagte sie fest.
„Nehmen Sie mein Portefeuille, es ist mit Banknoten gefüllt — eS ist der größten Vorsicht wegen."
„Ich bin gezwungen, es anzunehmen, wenn ick keinen Argwohn errege» will! Nun trennen wir uns, reisen Sie nickt vor morgen fiüh!"
„Aus Wiedersehen!"
Er drückte einen heiß,» Kuß auf ihre zitternde Hand. Einige Minuten später verließ sie an der Leite des Giascn, der bis dahin gebetet hatte, den Dom.I
zengung gelangt, daß mit' der »rrck keilicke Mensch völlig i„ seiner Gnvalt hat Er kann mich und Sie verderben."
„Amalie, lass.n wir uns nickt durch .leere Drohungen schrecken, man zeigt Ihnen wie mir ein wesenloses Gespenst. Was kann e, gegen meine Gattin unternehmen? WaS iann er Ihnen, außer Jhs.em Vermögen entzirhen?"
„Sei» Neffe ist angekommcn. derselbe zFuncal, den Sie verwundeten —" „Ick weiß cs. t>r wirbt um Jhie Hand, uud Sie, Amalie, scheinen uichf abgeneigt zu sein —"
„Ich vcrmulhete bereits in Spaa, wer er sei, und darum dulfte ich ihif
eine» Brief »ab Wien, in dem er Fii d,n Beseht eitheilte, mit den Papieren nach Hegerswyl zu r.isen. ES war schon duickel, als er die Vorbereitungen zur Abreise beendet hatte. Träumend saß er in seinem Zimmer Da klopfte es an die Thur und Barchen trat ein
„Herr Baron!" flüsterte der kolossale Mann.
„Was bringen Sie?"
„Die Nachricht, daß Fräulein Amalie so eben mit der Post abgereist ist.- Weder der Gras »ock sein blasser Neffe wissen darum Aber nur mit meiner Hilfe war die heimliche Flucht möglich. Als die reizende Dame in den Wagen stieg,
flüslcite sie mir zu: gehen Sie zu deck Heim Baron von Beck, und sage» Sie ihm, daß Sie mir den lezten Dienst in Aachen geleistet hätte». Ick habe mich beeilt, mein Herr, diesen Auftrag auszurichten "
Albreckt warf ihm einige Banknoten zu, ermahnte ihn zur Verschwiegenheit, und versprach ihm ein bedeutendes Geschenk, das an seinem Hochzeitstage ab- gchen würde. Bai ck on schwor bei allen Heiligen, wie das Grad zu schweigen, und entfeinte fick In der Dämmerung des nächste» Morgens reiste der Baron mit Ertrapost ab. Vielleicht eine Stunde, mochte er das Hotel verlassen haben, alS ein Polizeikommissär erschien und nach ihm fragte. Man wußte ihm weiter nicktS anzugeben als baS Thor, durch das der Gast die Stadt verlassen hatte.
VN.
Der Hochzeitstag.
Nack einer anstrengenden, ununterbloch, in n Reise war der Baron so zeitig IN München eingetroffen, daß er Amalie noch ziivorgekommen zu sein glaubte. Er ließ in dem bezeickneten Hotel die besten Zimmer zu dem Empfange der Dame votbereile». Albreckt hatte Freunde in München, er stattete Besuche ab und erneuerte alte Bekanntschaften, um die ängstliche Ungeduld zu besiegen, mit der ei zwei Tage lang vergebens die Ankunsk der Geliebten erwartete. Am drille» Tage erhielt er durch die Post einen Biies Er kam von Amalie. Sie sckit.b ihm, daß sie Gründe habe, eine V.rsolgnna des Grasen zu fürchte«, und daß sie es daher voiziche, München nickt zu de,schien, wo sie sein Stamn» schloß Hegerswhl, von dem er so oft zu ihr gesprochin habe, ohne Schwierigkeiten ausfinden würde. Der Brief schloß mit der Peisickcruiig ewiger Liebe. Es läßt sich denken, daß Albreckt nickt lange säumte, abznreisen. Am dritten Tage sah er die Thürme des alten, romantiscken Schlosses. Das Posthorn sckmetteite. lustig durch das anmutbige Thal, das Thor öffiiete'sick, und der Wagen hielt an der großen Stein- trcppe'. Die Dienerschaft, die ihn jubelnd empfing, war alt geworden, er