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mir der eigenen Konkurrenz im Jnlanvc zuschreiben, gegen welche weder Prohi­

bition noch "Schuzvoll eine Hülse ge­währt. Eine natürliche, leider sehr üble Folge d^r so sehr gedrückten Lohn- Verhältnisse ist das unter den Lohnwe- dcrn so häufig gewordene Veruntreuen der Garne; wird nemlich von dem zum Verwebe» erhaltenen Garne ein nicht geringer Theil zurückbchalten, dar­unter leidet natürlich die Qualität des Gewebes, welches leichter gemacht wird,! als eS sein soll. Das zurückbchaltene Garn wird zu Geld gemacht; der Ge­winn der Lohnweber durch den Verkauf des gestohlenen Garns geht aber da­durch wieder verloren, daß der Fabri­kant sich für diesen Abgang oder Scha­den am Wcberlohn erholt und diesen immer weiter herabsezt. So hat sich denn mit der Zeit ein Zustand des Be trugeS und Mißtrauens ausgcbildet der kaum ärger gedacht werden kau»! und der zugleich eine so zahlreiche Ar­beiterklasse gänzlich zu demoralisircn droht. Das natürlichste Mittel gegen den Garndiebstahl scheint zwar in der Kontrole zu liegen, dem Weber das überlieferte Material zuzuwiegen und dann von dem fertigen Sroff wieder ein bestimmtes Gewicht zu verlangen; doch zeigt sich dich in der Pranö als ungenügend, indem durch einen starkem Zusa; von Schlichte das Gewicht des fehlenden Garns leicht zu ersczen ist. Und wenn endlich wirklich der Beweis des Diebstahls gesüht werden kam», so genügt dafür selbst die mchrwöchent- liche Strafe dcS Krimiiialgcfäiigiiiffcs nicht, weil, nach Aussage eines der bedeutendsten Fabrikanten, viele Lohn- Weber recht gern diese Strafe abbüßcn, da sie es im Gefängniß weit besser hätten als zu Hause, sowohl was die Räumlichkeit, als auch was die Nahr­ung betrifft; denn in den meisten We­bet Wohnungen sieht cS traurig aus und die Gcsangencnkost ist für diese Leute eine Labung. Bei solchem Zu­stande einer Industrie muß freilich eine völlige Hoffnungslosigkeit über deren Besserung obwalten, und man kann

kann man das Herabdrükcn derselben,stühlen (,>awer-Iovin8) ersezt werde.

^Ein kräftiger, geschickter und fleißiger Handweber kann von einem °/s Ellen breiten BaumwoUenzcug täglich etwa

9 Wiener Ellen verfertigen, wogegen die Tagcsarbeit cineS KtaslstuhleS bei >2 wirklichen Atbeitssiundcn 30 Ellen beträgt. Nun hat man es aber jezt so weit gebracht, daß 4 Kraftstühle durch einen Arbeiter und ein Mädchen bedient werden können; cs kommt mit­hin ans einen Arbeiter nebst Gehilfin sine tägliche Erzeugung von 120 El­len. Rechnet man hiervon V, auf den Arbeiter und auf das Mädchen, so beträgt die Produktion dcS Arbei­ters 90 Ellen per Tag oder daü 10 fache der Handarbeit. Die nöthigc bewegende Kraft für eine mechanische Weberei bcmißt sich nach der Erfah­rung, daß von jeder Pferdekiaft Obis

10 Kraftstühle nebst dem aus sie fal­lende» Antheile der Spul-, Ketten- fchecr- und Schlichtmaschinen (oder auch 10j 5 Kraftstühle ohne Zube­hör) getrieben werden können, wenn Baunnvollzeng von V» Wiener Ellen Breite gewebt wird. Die Arbeit selbst ist eine weit leichtere als besidrrHanv- webcrci und besteht mehr in der Be­aufsichtigung, Leitung und Negulir- ung der Maschinen und der Korrek­tion der entstehenden Fehler, als in eigener körperlicher, anhaltender An­strengung. Tie L c inwand w c b c- rei bildet ein Nebelige werbe, dessen Betrieb, so lehr es auch in den lez- ten Jahrzehnten hciuiilerg'kommen ist, noch immer einen Verdienst abwirft, welcher um so wichtiger ist, da fast alle Familiengli.der der ärmeren Land­lrute daran Theilnehmen, und dadurch doch eine Einnahme erzielen, die sie auf andere Weise nicht erlangen könn­

ten. 'Obgleich der Verdienst bei diesem Nebcngcwerbe ein sehr geringer ist, findet bei demselben doch kein sol­cher Nothstand statt, da die Weber meist einen kleinen Besi; oder Land in Pacht haben, auf dem sie außer ih­ren Lcbelrskdürfniffen Flachs bauen und derrftlben bis zur Leinwand selbst vcratKciten und dieselbe endlich auch

nur wünschen, dass d,e Handweberei, Sie sind daher mit einem

d.e so wert herabgekomment, licb«fSrchst geringen Verdienst zufrieden." ganz emgehe und durch Emf-chmn-Nr. Aus dem Vorstehenden, mit wcl- mechanischen Weberei aus sog. Mask-fchcm die Nachrichten von allen andern

Seiten zusammensijiiimen, läßt sich nun auch entnehmen, daß den We­bern in Wirtembcrg mit völliger Zünf- ligerklärniig ihres Gewerbes nicht im Mindesten geholfen, vielmehr da­durch nur das Nebel schlimmer ge­macht würde, weil sie dann von der Zünsligkeit Hilft hoffui nnd Dasjeni­ge mißachten winde», was allein den Zustand des GewenbcS allmählig ver­bessern kann.

Die ordinäre Weberei ist so einfach daß dieselbe sich vorzugsweise znr Ne­benbeschäftigung für Landlcute eignet; bei einem Gewnbe aber, das cimnal in so vielen Ländern Nebengewcib für Landleute geworden ist, wie die ordi­näre Weberei, das übcrdieß den Ma­schinen so sehr anheimgesalleii ist, kann unmöglich mehr der Lohn erzielt wer­den, weichen Derjenige finden muß, der ein Gewerbe als Hauptgewcrbe ireibt. Nick t als zünftiges Gewerbe, sondern nur noch als Nebengtwerbe neben Feldbau, namentlich auch für Fraucnspersontn, kann künftighin die gewöhnliche Weberei in Baumwolle und Leinen fortbesteheii, um damit tuiidcu, die von Feldarbeiten frei blsiben, niftlich auSzufülleu; aber auch für de» Betrieb der Weberei als Nc- bcngewclbc ist die Anschaffung ver­besserter Werkzeuge nöthig, wenn der Verdienst nicht allzu gering werden soll. Wer aber das Weben als H au p t g ew e rbe treiben und davon üben will, muß mcbr vcrste- sten, als die überwiegende Mehrzahl der jezigen Webermeister, er muß die Weberei als Kunst ansüben. Tie Kunst aber kommt nick t ans, wenn sic in den Zunftzwang gebannt wer­den soll. Tie allgemeine Züiiftiger- klämiig der Weberei in Wirtembcrg winde nichts anderes zur Folge ha­ben, als die Verlängerung dcS tran- rigen Zustandes, in dem die Weber Heben, welche aus die ordinäre Webe­rei ihren ganzen Lebensunterhalt ge­gründet haben, und daneben «ine un- »öthige Plackerei Derer, welche neben Feldbau etwas Weiteres arbeiten und mit Weben baares Geld erwerben wollen.

Redakteur: Gustav RiviniuS. Drück und Vertaq der Rivmi'iiS'schen druckerci in Calw.