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Genfer Uhren die Zapfen und Lager hört oder nur einen stummen Gruß
der Räder nicht mehr mit Oel, sondern mit feingeschlcmmtem Graphitpnlocr (sogen. Wasscrblei) eingeschmiert. Das Oel mag noch so rein sein, es wird mit der Zeit durch Aufnahme vonSauer- stvff aus der Luft, besonders unter der fortgesezten Reibung, ranzig, zähe und zulezt zu einer pechartigen Masse, welche den Gang der Uhr von Monat zu Monat verlangsamt und endlich ihr den Stillstand gebietet. So oft dieß cin- tritt, muß die Uhr ausgepuzt werden. Der Uhrmacher ölt die Lager jedoch frisch ein und sezt also neuerdings die Ursache zu dieser Verzögerung in dem Gange der Uhr. In dem Besizc einer alten, jedoch sehr gut gehenden Stand-
von ihm empfangen zu haben. Schweigend ging er, schweigend kam er, immer den Hut tief in die Stirn gedrückt, immer das dunkle Auge zu Boden gesenkt. Was er auf seinem Zimmer trieb, wie er sich beschäftigt, wie er die langen Stunden des Tages in seiner traurigen Einsamkeit verbrachte — Niemand wußte es, Niemand hatte auch nur Vermuthungen darüber.
So verging eine geraume Zeit, und meine brennende Neugierde fand auch nicht die mindeste Befriedigung, bis mir eines Tages der erste forschende Blick in das Zimmer des räthselhaften Mannes gestattet wurde. Die Garnison der Stadt war abgezogen, um dem
uhr wurde ich nicht wenig ärgerlich, >Feinde entgegen zu rücken, und nicht alle Jahre des Pnzens wegen sie 1L ' ' —
Tage vermissen zu müssen. Ich bereitete daher aus feinstem englischem Graphit ein Pulver, ließ es mit Weingeist zur Salbenkonsistenz anreibcn und die gereinigten Zapfen und Lager damit bestreichen, dann die Uhr gehen. Sie geht nun bereits 2 Jahre ganz
wie sonst ertönte eines Morgens das Rasseln der Trommeln vor der Haupt' wache. Mein geheimnißvoller Fremder dagegen stand, wie immer, in der Frühe am geöffi»eten Fenster. Länger als eine Stunde verharrte er in seiner gewöhnlichen Stellung. Der Morgen war schön, warm und mild. DieSon- regelmäßig, obgleich sie dem Staubeüie stand hell am blauen, wolkenfreien sehr ausgesezt ist. Diese Erfahrung Himmel, und die Sperlinge zwitsche» glaube ich zum Besten der Uhreubesizer ten munter auf den Dächern. Plöz- und zur Keuntniß chrlicbender Uhrma- iich trat der Man» vom Fenster zu- cher nicht verheimlichen zu dürfen. Das rück, schloß es aber nickt, wie sonst, Graphitpulver kann ebensowohl auch sondern ging in den Hintergrund des bei den Taschenuhren in Anwendung!Zimmcrs, wohin ich ihm, neugierig und gebracht werden. Auch die Schwarz-Gespannt, mit dem Auge und dem Fern- wäldcr Uhren Herden in neuerer Zeit rohr folgte. Ein paar Mal schritt er im Innern ganz mit Graphit eingerie- in dem kleinen Gemache auf und ab; ben, da die Holztheile sich mehr reiben wenn er sich dem Fenster näherte, zit- als Metalltheile und Oel auf Holzfterte ich vor Furcht, daß er es zuwer-
fchneller zähe wird.
Verkaufte Ehre.
(Fortsezung).
Der Mann ging mich nichts an, er kümmerte mich nicht, ich stand nicht in der mindesten Beziehung zu ihm, — und doch beschäftigte er meine Gedanken fast täglich, und ich hätte gar zu gern etwas Näheres über ihn und seine Verhältnisse erfahren. Aber es war unmöglich, sich ihm zu nähern; einsam war er, und einsam blieb er, — nicht einmal seine Hausgenossen konnten sich rühmen, jemals einWort von ihm gc-
fen werde — aber dieß schien ihm gar nicht cinzufallen, und endlich trat er au eine kleine Drehbank, die, mit dem Fenster in gleicher Linie, gerade demselben gegenüber an der Wand stand, griffe nach dem Handwerkszeuge und fing an zu arbeiten.
Anfänglich konnte ich nichts deutlich erkenne». Das Zimmer war ziemlich finster, und mein Auge mußte sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Allmählich aber bemerkte und sah ich Alles, so deutlich, als ob ich mich in dem Gemache selber befände. Der Mann drehte Schachfiguren, und cs ging ihm so flin^ von Händen, daß er jedenfalls eine lauge Uebung haben mußte. Ein Gefühl von Enttäuschung beschämte mich
fast. Sollte der gehei'mmßvolle Fremde am Ende nichts sein, als ein armer Drechslergesell, der sein Leben »oth- dürstig mit seiner Hände Arbeit fristete? Aber nein! WaS war denn das, waS da über der Drehbank an der Wand hing? Ah, ein Säbel, ein Paar Pistolen, eine Schärpe — aber Alles dickt in schwarzen Trauerflor gehüllt! also der Mann war nicht ein Handwerker, sondern ein Soldat, wie ich von Anfang an vermuthet hatte. Seine Hand, die jezt Sckackfiguren drechselte, hatte einst die Waffen geführt, und die Schärpe, welche bei den Waffen hing, deutete darauf hin, daß er Offizier gewesen sein müsse. Ich hatte mich also in meinen Vermuthungen nicht geirrt, und außerdem war ein Theil meiner Neugierde befriedigt worden.
Aber gebt dem Dürstenden nur einige Tropfen Wasser, und er wird noch heftigeren Durst empfinden! so gierig mir's mit dem Fremden, der mich so lebhaft intercssirte. Ich wußte nun Etwas von ihm, aber noch lange nicht genug, und meine Neugierde war brennender als jemals. Zwar sah ich außer der Drehbank und den Waffen im Trauerflor noch einige Möbel im Zimmer, ein einfaches Bett, einen Tisch mit wenigen Büchern, ein paar Stühle — doch das war auch Alles In daS Herz konnte ich dem Fremden nicht sehen, wie in seine Stube; seine Gedanken hinter der gramvollen Stirn konnte ich so wenig lesen, als seine zugeklappten Bücher. Ich entdeckte nickts weiter, als was ich nun bereits wußte, und auch die nächste Folgezeit brachte mir nichts Neues. Das Fenster blieb, seit die Soldaten abgezogen waren, in der Regel den Tag über offen stehen — aber es verriet!) mir keine Geheimnisse weiter. Der Fremde lebte sehr still und einfach. Er arbeitete sehr fleißig, er genoß die spärlichste Kost, er ging gegen Abend auö, kehrte eine Stunde später zurück und war immer gleich ernst, gleich düster, gleich still und gramvoll wie zu Anfang. Nie lächelte er, nie änderte er den Ausdruck seines Gesichts. Zuweilen, wenn er seine Arbeit unterbrach , sezte er sich an den Tisch, stüzte die Stirn auf seine Hand und saß in die-