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vom 20. März 1851 hier abgedruckt:

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Da in der zweckmäßigen Anwendung der Lehrzeit die wesentliche Grundlage der Gewerbebildung besteht, deren För­derung daS Gescz (Art. 76) unter die Hauptzwecke der Znnftcimichtung zählt so wird jedem Lehrhcrrn die Verpflich­tung auserlcgt, den ihm anve, trauten Lehrling nicht nur in allen Arbeiten sei­nes Gewerbes nach bester Einsicht zu unterrichten, sondern ihn auch zur B nnznng der gewerblichen Bildnngsmit- tcl, welche der Ort bietet, namentlich der Abend- und Sonntags - Gewerbe­schulen anzuhaltcn. Auch hat er als Stellvertreter der Eltern sich angelegen sein zu lassen, den Lehrling an Fleiß, Gehorsam, sittlichen Wandel und an dui Besuch des Gottesdienstes zu gc- wohnen, indem derselbe, er mag Kost und Wohnung bei dem Lehrherrn ha­ben oder nicht, in dessen väterlicher Zucht steht.

Zu andern alS gewerblichen Verrich­tungen dars er den Lehrling nur in so weit gebrauchen, als dadurch dem Lehr­zweck kein Eintrag geschieht.

Ueber die Behandlung dcö Lehrlings von Seiten des Lchrherrn, über das sittliche Verhalten und den Schulbesuch deS crstcrn hat die Ortsobrigkeit z» wachen.

Wie die Lehrlinge, so sind auch an­dere sonntagsschnlpflichtige Arbeiter von ihrem GeschäftShcrrn zum regelmäßigen Besuche der Kirche und der Sonntags schule anzuhalten.

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Die Zunftvorsteher haben die Ein­haltung der Verpflichtungen deS Lchr- hcrrn, insbesondere was die Theilnah- me der Lehrlinge an dem Unterricht in den Gewerbeschulen betrifft, zu über­wachen, etwaige Beschwerden über Ver- liack'läßigung des Unterrichts mitStrenge und Unparteilichkeit zu untersuchen, ans die Anschaffung von nüzlichcn Schrif­ten und Modesten zum Selbstunterricht der Lehrlinge hinzuwirken, auch von den Fortschritten derLezteren von Zeit zu Zeit Kenntniß zu nehmen.

Dem Ermessen der Zunftvorsteher bleibt, um von den Fortschritten der Lehrlinge sich Kenntniß zu verschaffen,

zur Endprüfung kommen, anzuordnei! und abznhalten.

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Eine regelmäßige Prüfung der zünf­tigen Lehrlinge wird jedenfalls am Schluffe der Lehrzeit bei jedem zünfii gen Gewerbe, sowie bei dem zünftigen Detailhandel, vorgenommen

Tie Prüfung geschieht unter der »ng deS Znnftobmannö durch we­nigstens zwei Sachverständige, welche für jede Prüfung, mag sie nun mit incm oder zugleich mit mehreren Lehr­

lingen vorgenommen werden, von dem richtnngen desselben besize. Zu diesem Zunstvorstandc unter dem Vorsizc deS Ende hat der zu Prüfende

Obmanns auS seiner Mitte, oder so­fern die Mitglieder deS Znnftvorstan- dcS nicht dem Gewerbe deS Lehrlings angeboren, oder denselben in den Fä­chern, welche in den Sonntags- und Abend-Gewerbeschulen gelehrt werden, nicht zu prüfen vermöchten, oder durch andere gültige Gründe (z. B. durch Blutsverwandtschaft oder Sckwägcr- schaft mit dem Lehrlinge oder Lehrmei­ster, bis zum vierten Grade bürgerli­cher Berechnung einschließlich) verhin­dert wären, auS der Zahl der imBe- irk ansäßigen, sachverständigen Män­ner bestellt werden.

Falls in einem Bezirke kein zur Prü­fungskommission tangligcr Angehöriger

Behörde geschieht, anziiwohneu und die Prüfungsarbeiten eiiizuseheu. Die Zulassung weiterer Personen, nament­lich der Gesellen und Lehrlinge deö be­treffenden Gewerbes, kann von der Prüfungsbehörde gestattet werden/

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Der unmittelbare Zweck dieser Prü­fung ist: zu erforschen, ob der bishe­rige Lehrling den für einen tüchtigen Arbeitögchilfen'(Gesellen) erforderlichen Grad von Kenntniß des Gewerbes und von Fertigkeit in den Arbeitsvcr-

1) passende Fragen, welche sich auf die Kenntniß dcö Gewerbes, seiner Stoffe, der Werkzeuge und ihrer An­wendung re. beziehen, je nachdem eS zweckmäßig erfunden wird, mündlich oder schriftlich zu beantworten;

2) einzelne Arbeiten des Gewerbes, die zur Probe der erlangte» Kenntniß und Fertigkeit vorzüglich geeignet sind, vor den Augen der Prüfenden auszu- sühren;t

3) wo die Natur deS Gewerbes eine Kenntniß deS Zeichnens und Modclli- rens erfordert, sei cs nun, daß die­selbe zur unmittelbaren Ausübung des Gewerbes nothwcndig oder nur in ge­wissen Beziehungen, z. B. um deS

deS bctrffcnden Gewerbes sich findet, Verständnisses neuer Werkzeuge willen rc. kann ein solcher anö einem bcnachbar-jnüzlich ist, da ist besonders auch die ten Bezirke ode ein Angehöriger eineö Anfertigung oder die Erklärung von

verwandten Gewerbes berufen werden.

Das Obcramt hat darüber zu wa­chen, daß solche Gewerbekundige in die Prüfungskommission berufen wer­den, welche fähig sind, auch in den­jenigen Fächer zu prüfen, die in den Sonntags- oder Abend-Gewerbeschulen gelehrt werden.

Die Prüfung kann mit mehreren Lehrlingen zugleich und bei den stärker besezten Zunftvcreincn in Abtheilungen vorgenommen, auch können hiesür pe riodische Prüfungstcrmine festgcsczt wer­den.

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Der Lehrmeister, sowie jeder andere! Meister des Zunftvercinö, auch die Eltern oder Vormünder der Lehrlinge, ebenso Lehrer an Gewerbeschulen und die geistlichen und weltlichen Ortsvor-

nberlassen, von Zeit zu Zeit förmliche sicher sind berechtigt, der Prüfung. Prüfungen derjenigen, die noch nicht'söweit sie vor versammelter Prüfungö-

Zeichnnngen und Modellen und das Arbeiten nach solchen zu einer Prü­fungsausgabe zu machen;

ä) wo der Zweck der Prüfung ohne die Ausarbeitung eines vollständigen Fabrikats deö Gewerbes erreicht wer­den kann, da ist solche nicht unter die Prüfungsaufgaben zu nehmen.

Im cntgegcngesezten Falle darf we­nigstens mir ein Fabrikat aufgegeben werden, das nicht mehr als zwei bis drei Tage zur Ausarbeitung erfordert und sogleich verwerthet werden kann, folglich dem Lehrlinge keinen Kosten­aufwand verursacht.

Wo Abend- oder Sonntags-Gewer­beschulen bestehen, hat sich die Prü­fung auch auf diejenigen Gegenstände zu erstrecken. welche dort gelehrt wer­den, und es ist das dießfallsige Prüfungs- Ergcbniß, wenn es günstig ausfällt, als Empfehlung des Lehrl ings in dem