Angenommen: Solches Kriegsschiff mit solchen auch auf dem Jangtse nicht gerade ungewöhnlichen Ausmaßen wird mitten in dem wilden Durcheinander eines chaoti- schen KriegSgetümmels Plötzlich von Bomben getroffen. Mit ihm noch andere Dampfer in seiner Begleitung.
...So wäre dies sicherlich alles sehr be- bäuerlich. Aber etwa ein Anlaß zu großer Verwunderung?
Angenommen aber: Jenes Kanonenboot hätte sich auf die Reise begeben und rings» herum tobte der Krieg. Es wird geschossen und bombardiert. Nur das Kanonenboot wird nicht getroffen: Wäre nicht vielmehr dieses ein ernster Anlaß zu wirklicher Ver» wunderung?
..Es kommt immer auf die Zubereitung an. sprach Hans und spickte eine Kröte", heißt es bekanntlich. Es kommt immer auf den Standpunkt an, sprachen die Mächte, und hatten Anlaß, diplomatische Noten zu wechseln. Womit aber weder Recht noch Unrecht bewiesen war. Klar war nur auf jeden Fall. daß auch ein noch io neutraler Neutraler nur ein Leben zu riskieren hat. wenn er sich mitten im Krieg benimmt, wie ein Schmetterlingsfammler. Und wenn er erwartet, daß dort, wo er erscheint, plötzlich das blutige Ringen aussetzt, um dem Herrn Unbeteiligten Platz zu machen: „Achtung, ein Neutraler!' (Eine Zwischenbemerkung: Man stelle sich eine ähnliche neutrale Harmlosigkeit einmal auf die Verhältnisse des Weltkrieges übertragen vor.)
So ist es also nicht! ,L>as Gute, dieser Satz steht fest, ist stets das Böse, das mau läßt', sagt Wilhelm Busch. Man kann darauf beliebig viel Variationen ersinnen. Etwa: „Der Frieden, dieser Satz steht fest, sind stets die Kriege, die man läßt.' Oder noch kon- kreter: „Die Neutralität, dieser Satz steht fest, sind stets die Schiffe, die man zu Hause läßt.'
*
Re errsliVe Proteftmte WerrMt
Tokio, (6. Dezember. Der britische Botschafter in Tokio. Craigie. hat Außen- minister Hirota die Protestnote der englischen Regierung wegen Beschießung englischer Kanonenboote auf dem Jangtse überreicht. Außenminister Hirota hat nochmals das tiefe Bedauern der japanischen Regierung ausgesprochen und versichert, daß alle Vorkehrungen zur Vermeidung neuer Zwischenfälle ergriffen worden seien.
Im Zusammenhang mit der Versenkung des Kanonenbootes „Panap" und der anderen amerikanischen Schiffe auf dem Jangtse wird in japanischen Marinekreisen erklärt, daß das japanische China- Geschwader eine Kompanie an den Ort des Zwischenfalles entsenden werde, um den Todesopfern die letzte Ehre zu erweisen. Außerdem haben sich die Angehörigen des Geschwaders bereit erklärt, eine Geldsammlung für die Hinterbliebenen der Opfer zu veranstalten.
Die Preispolitik im Bierjahresplan
Preispolitik ist der Ausdruck einheitlicher Wirtschaftspolitik
Kiel, 16. Dezember. Vor dem hiesigen Institut für Weltwirtschaft sprach der Reichs, kommissar für die Preisbildung, Gauleiter Joseph Wagner, über das Thema »Preispolitik im Rahmen des Vierjahresplans'.
Der Reichskommissar wies einleitend darauf hin, daß es sich bei seiner Aufgabe nicht um die einfache Fortsetzung der früheren Preisüber- wachnngstütigkeit. sondern um eine wirtschaftspolitische Arbeit von allgemeiner Bedeutung handle. Die Preis st opverordnung sei keine starre Maßnahme, keine tote Norm von unbegrenzter Geltungsdauer, die über alle Vorgänge der Preisbildung und damit praktisch über das ganze Leben der Wirtschaft verhängt worden wäre. Sie sei der wirtschafts - und sozial-
olitische Schutzwall.des deutschen
olkes. Trotzdem er. der Reichskommissar, diesen Schutzwall gegen viele und heftige Stürme habe verteidigen müssen, sei es gelungen, den Preisstand vom Herbst 1936 fast unverändert zu halten. Auf dem Gebiet der Ernährung ist sogar eine leichte Abschwächung der Preise eingetreten. Der Wohnungspreisindex hat sich im letzten Jahr nicht verändert, und nur auf dem Gebiet der Bekleidung ist eine Steigerung um 3,6 v. H. eingetreten. Auf den wichtigsten Gebieten des täglichen Bedarfs find damit die drohenden Gefahren erheblicher Preist eigerungen von der deutschen Volkswirtschaft, vor allem aber von der Verbraucherschaft, ferngehalten worden. Diese Erfolge sind nicht mit einer starren Politik erzielt worden, die die wirtschaftliche Entwicklung geknebelt hätte.
Der Redner schilderte weiter, wie eine unermüdliche Wachsamkeit auf allen Gebieten der Wirtschaft bald zu Preissenkungen in zahlreichen Wirtschaftszweigen führte. Immer wieder rief er dabei die gesamte Wirtschaft zur Mithilfe auf und verwahrte sich dagegen, als ein ..Preisdiktator" betrachtet zu werden, der keine fremde Initiative dulden wolle. „Staatliche Wirtschafts- und Preispolitik entbinden die verantwortlichen Männer der Wirtschaft keines
wegs von ihren Pflichten. Die staatliche Führung regt an, lenkt und zieht die großen Richtlinien, die verhindern, daß der einzelne die Allgemeinheit schädigt. Die preispolitische Selbstverwaltung der Wirtschaft soll durch einen Reichskommissar für die Preisbildung nicht aufgehoben werden. Durch ihn werden nur solche Gefahren beseitigt, denen weder der einzelne noch eine Gruppe wirksam begegnen kann. Eines ist gewiß: Die Preispolitik muß vor allem Ausdruck einer einheitlichen Wirtschaftspolitik sein. Der einheitliche Wille, dem auch sie untersteht, muß auf der anderen Seite bis in die letzten Wirtschaftszweige mit echter Disziplin geachtet und befolgt werden."
Politik und die Wirtschaft im Gleichschritt
Hagen. 16. Dezember. Der Reichskommts- sar für Preisbildung. Gauleiter und Ober- Präsident Josef Wagner, sprach hier in einer Kundgebung, an der eine große An- zahl von Vertretern der westfälischen Wirk, schaft teilnahmen. über nationalsozialistische Wirtschafts, und Preispolitik:
1. Wirtschaft ist und bleibt die Dienerin der Nation insofern als sie abhängig ist von den großen politischen Zielen und Bestrebungen des Staates. 2. Eine absolute Freiheit des einzelnen Wirtschaftenden ist ebensowenig möglich wie die individuelle Freiheit deS politisch Tätigen. 3. Die Grund, lagen des Wirtschaften? müssen nach Mög- lichkeit auf einigen wenigen übersichtlichen Prinzipien beruhen. 4. Ter Staat muß in seiner staatspolitischen Lenkung in geeig- neter Weise den lausenden Veränderungen der wirtschaftpolitischen Situationen Rechnung tragen. 5. Je größer die vorhandenen Nohstoffmengen sind, je reibungsloser also Erzeugung und Verbrauch sich entwickeln, um so geringer sind die Notwendigkeiten für
Amsturzplikne französischer Kommunisten
Aufsehenerregende Kammer-Anfrage — Enthüllungen einer Wochenschrift
L I g e a k e r I c I> t 6«r
gl. Paris, 17. Dezember. Schon mehrfach wurde in den letzten Wochen von angesehenen französischen Politikern und Zeitungen oie Regierung auf das Vorhandensein von großen kommuni st ischen Waffenlagern und angeblichen komm uni st ischen Um- sturzplänen aufmerksam gemacht, ohne daß es die zuständigen Stellen bisher jedoch für erforderlich gehalten hätten, diesen Angaben Beachtung zu schenken und unter Umständen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die bekannte französische Wochenschrift „Aux ecou- tes" veröffentlicht nun eine Reihe von Einzel- heilen, die der Abgeordnete Gapiaud zum Gegenstand einer Kämmerinterpellation machen will.
Die Zentrale der kommunistischen Umsturzbewegung in Frankreich sei die Pariser „I n- fo r ma tio n s-Sek ti o n für Presse und Propaganda', an deren Spitze die Bolschewisten Dobel, Mocquet und Naux stehen. Diese Zentrale verfüge allein in Paris über vier Büros und außerdem eine Agentur für falsche Pässe, die von dem Italiener Cocchi geleitet werde.
Die Organisierung des gesamten Auf- standsplanes erfolge ausschließlich nach den Anweisungen Moskaus. Verbindungsleute in der Pariser Sowjetbotschaft seien die kommunistischen Abgeordneten Cogniot, Lozeray, Montjovis und Na metten. Daneben bestehe zwischen Frankreich und der Sowjetunion ein raffiniert ausgeklügelter Wechsel verkehr von Spezialkurieren, und zwar entweder auf dem Seeweg oder auf dem Landweg über die Schweiz. Auch die beiden Pariser Zentralen dieses Kurierdienstes werden von dem genannten Blatt angegeben, ebenso wie die Anschrift des Zentralbüros, das den schriftlichen Verkehr durch Geheimbriefe und Chiffretelgeramme besorge.
Zunächst hatten die von Sowjetrußland nach Frankreich entsandten Instruktoren Mirny, Kulagine und Schtukin die Aufstellung militärischer Formationen in die Wege geleitet. Gleichzeitig habe man mit der Schaffung umfangreicher Waffenlager begonnen. Die Bewaffnung der bolschewistischen Stoßtrupps sei namentlich in den letzten Monaten in größtem Stile vervollständigt worden. Eine unter dem berüchtigten Kommunisten Marth stehende Kommission habe bereits im September einen völlig ausgearbeiteteu Mobilisierungsplan aufgestellt. Verschiedene Manöver und Probemobilmachungen wäh
rend des vergangenen Monats sollen di« jederzeitige Einsatzbereitschaft der aufgestellten Kadres ergeben haben.
Nach den angeblich festgelegten Plänen soll im Februar nächsten -Jahres eine neue Un - ruhe-undStreikwelle inszeniert werden, um durch eine„Klassenaktion" die bewaffnete Erhebung vorzubereiten. Am 20. Januar finde bereits eine große Geheimversammlung her wichtigsten Führer dieser Umsturzorgani- fation statt, auf der die einzuschlagende Taktik endgültig beschlossen werden soll. DaS ganze Komplott soll als eine „Aktion zur Unterorük- kung des Faschismus in Frankreich" getarnt werden.
42 Milliarden Franken Schulden in einem Jahre!
Paris, 16. Dezember. Bei der Fortsetzung der Haushaltsberatung in der Kammer wies der radikalsoziale Abgeordnete Posut warnend auf die Schuldenlast vön 500 Milliarden Franken hin. die der französische Staat Jahr um Jahr hinter sich her schleppe. Er betonte die Notwendigkeit einer Umwandlung der französischen Staatsschulden zu einem er. träglichen Zinssatz. Er bezeichnete den Preis- stand in Frankreich als außergewöhnlich hoch. Neue Steuern seien unmöglich, denn die Grenzen des steuerlichen Aufkommens seien erreicht.
Der Bürgermeister von Reims, Abgeord- neter Marchandeau, behandelte die Finanzgebarung der Gemeinden, deren Fehlbetrag er auf insgesamt 26 Milliarden Fran- ken. also die Hälfte der Höhe des ganzen Staatshaushalts, bezifferte.
Ter frühere Finanzminister Abg. Paul Neynaud stellte seine Ausführungen unter das Losungswort: Wahrheit! Allein im Jahre 1937 habe Frankreich für 42 Milliarden Franken Schulden gemacht. Ein Viertel dieser Anleiheschulden sei bei der Bank von Frankreich ausgenommen worden, ein weiteres Viertel durch die Währungsklausel aufgebracht worden und die beiden restlichen Viertel durch Ausländsanleihen in der Schweiz und in Holland und Inlands-Anleihen zu übermäßig hohen Zinssätzen. Die Einführung der 40-Stunden-Woche in den Eisenbahnbetrieben haben deren Unterschuß noch gesteigert. Auch in, nächsten Jahr werde der Staat noch über 40 Milliarden Franken Anleihen suchen müssen. Seit Mai 1936 seien die öffentlichen Lasten um 27 Mi^ liarden Franken gestiegen. ^ '
ein Eingreifen von staatlicher Sette; je stür- ker bestimmte Verknappungserscheinungen austreten, um so stärker mutz sich die Staars- führung um die Dinge kümmern. 6. Der Staat kann diese Aufgaben nur erfüllen, wenn er finanz- und kreditpolitisch völlig souverän ist. 7. Jede kluge staatliche Lenkung der Wirtschaftspolitik wird immer bestrebt sein, die Initiative des einzelnen in der Wirtschaft so frei sich auswirken zu lassen, wie dies überhaupt denkbar ist. rt. Den höchsten Grad persönlicher Freiheit im Wirt- schaftlichen Schaffen kann der Staat dann gewähren, wenn alle Männer der Wirtschaft die höchste Disziplin gegenüber der Gesamtheit zum Gegenstand ihres Handelns gemacht haben.
Gauleiter Wagner hob sodann hervor, daß
es für den Nationalsozialismus kern *o- genanntesWirtschaftsshstem gibt. ES ist vielmehr darnach zu verfahren, daß das. was zweckmäßig undvernünf- tig in der Hand des Privaten Wirtschaft?- Unternehmens liege, dort bleiben soll, und das. was zweckmäßig in der Hand des Staates aus übergeordnetem Interesse sein mutz, dahin gehört, wie auch gemischte Erscheinungsformen respektiert werden, wenn sie zweckmäßig sind'
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Dann hält der Zug. dann hört man draußen Menschen, die die Wagenreihe entlang laufen, dann, von weit her. eine scheltende Stimme: „Wenn Sie nicht dann hört man draußen Menschen, die die Wagenreihe entlang laufen, dann von weit her. eine scheltende Stimme: „Wenn Sie nicht weiterfahren wollen, wird man Sie auf die Schienen binden und den Zug ohne Sie ni Gang bringen." Tann wird es still, dann setzt sich mit heftigen Wagenstößen der Zug wieder in Bewegung, gewaltig röhrt die kleine Maschine. „Bald wird man in Mitau sein", wiede-holt besorgt Ninotschka und rüttelt ihren Herrn. Prack richtet sich auf. gieß» eine Tasse Tee hinunter, sinkt wieder zurück in seine Apathie. —
Am Feuer unterhalten sie sich über den Zarenmord, der Lette mit feiner hohen auf- geregten Fistel führte das große Wort. Wie, Nikolaj Alexandrowitsch soll noch leben, wo er. der Rotarmist Mikkel Osoling, doch dabei war. als man sie m Jekatarinburg alle m einer einzigen Nacht erledigte? Und der Lette zieht zum Beweis aus der Tasche einen Orden. den er damals an sich genommen hat der Orden des toten Kaisers geht von Hand zu Hand, ein paar von den mobilisierten Bäuerlein bekreuzigen sich und werden ausgelacht. Prack sieht es. denkt zurück. An das Aahr 1916, als man in Mohilew im Kaiser
lichen Hauptquartier die Stabswache kom- mandierte und Se. Kaiserliche Majestät nach dem Frühstück immer so behutsam den kran- ken Zarewitsch ins Boot zur täglichen Spa- zierfahrt hob . . . An das Jahr 1914. als dies alles begann und der Krieg noch em Kavalierskneg war und man bei Wirballen durch'S hohe Korn gegen die preußischen Kürassiere angeritten war. . . Trüben, bei den Deutschen, soll damals auch ein Prack, einer von den preußischen Prack, gewesen sein. Ter Kommandeur des Reiterregiments „Bakunin" richtet sich nun doch auf. reckt sich. Was ging ihn das alles, was der Krieg von 1914 und der preußische Prack an. was denn? Neunzehnhundertvierzehn, nachdem er bei Lods verwundet war. schenkte ihm in Moskau im Lazarett Ihre Kaiserliche Majestät ihr Portrait mit eigenhändiger Unterschritt ... man trug S lange unter dem Nock, es wurde gestohlen, wie ihm alles andere gestohlen wurde ... man trägt heute unter dem alten Waffenrock nicht einmal mehr ein Hemd, unter dem Waffenrock sind keine Erinnerungen mehr, unter dem geflickten und verschmutzten Rock kommt sofort er selbst. Awgostjin Nikolajewitsch Prack.
In dieser Erkenntnis schüttelt er endlich die Müdigkeit der kalten Nacht von sich, steht auf. begrüßt den Morgen mit einem furchtbaren Fluch . . .
Fühlt, wie der Zug nun schon über Weichen rumpelt, erledigt seine dürftige Toilette, sieht, während sie hinter ihm noch immer über den Zarenmord und den echten oder unechten Orden des toten Kaisers sich strei- ten. plötzlich die Flammen des aus dem Boden entzündeten Feuers gewaltig auflodern, sieht, daß es Funken auf die Wände des Wagens sprüht, die geteerte Decke zu ergreifen droht. Ta läßt er einen Kotstrom von Flüchen los aus die schwatzende Bande, recht
sie hoch an den verlausten Rockkragen, rüttelt sie. schlägt ihre Köpfe gegeneinander, tritt die brennenden Scheite auseinander. Jetzt erst sehen sie die Gefahr des Brandes, den der gewaltige Luftzug entfacht. „Aida. Genossen, pißt herauf, wer gerade kann.' Nach Möglichkeit geschieht es. mit Rucksäcken. Jacken und Lumpen sucht man die schon über die Wände fahrenden Flammen zu ersticken, kann es immerhin nicht verhindern, daß nun auch schon die Decke glimmt. Ter Zug hält vor der Laderampe von Mitau. „Heraus mit euch!" kommandiert Prack, springt als erster hinaus in den eisigen Morsten. Wagentüren werden ausgerissen. Parkierstege für die Pferde werden zur Rampe hinübergelegt, ins Grau hinaus kriecht nach und nach, fluchend, johlend, lachend, der ganze Inhalt des Zuges. Menschen. Pferde, Vieh. Russen. Letten. pockennarbige Sibiriaken. Frauenzimmer in Nöcken, Frauenzimmer in Männerkleidern. Soldaten mit dem fünszackigen Stern. Soldaten mit den Monogrammen der alten kaiserlichen Regimenter. Strolche in den bunten Husaren- und Dragonerfriedensuniformen eines geplünderten deutschen Kleiderdepots. Zahllose Arbeiter in Blusen und grünen, mit roten Federn geschmückten Filzhüten . . . endlich sogar ein paar Kerle, die auf aufgezäumten Kühen reiten. Prack sieht es. „Treck. Huren und Pferde durcheinander", brummt, mit einem alten russischen Sprichwort. Prack. Ninotschka, im frischen Wind rotbäckig wie ein Winterapfel, bringt ihm den Rapphengst.
Eisig saucht der Ost in den grauenden Morgen. Pferde schnauben dampfend, frierende Soldaten trampeln sich die Füße warm, vorn am Zug werden die Equipagen der Kommissare ausparkiert, die Damen in ihren wattierten Schlasröcken drängen sich um einen Samowar.
Prack ist ausgesessen. hat nur seinen ver- dreckten und vielfach geflickten Rock, der Rock, immerhin, ist einst bei Chwostow (berühmter Petersburger Uniformschneider) gemacht, verrät noch immer die noble Abkunft, der Reiter sitzt gut auf dem gewaltigen Hengst, der Reiter ist ein eleganter Mann auch ohne Hemd unter dem Rock ... noch immer ist er ein Garderittmeister, wippt mit der Reitpeitsche. versteht keinen Spaß, die Leute, i« Grunde, lieben ihn, weil er ein Herr geblieben ist unter all den Kommissaren und Popensöhnen.
Prack ist also aufgesessen. Ein Chinese in englisch geschnittenem Wasfenrock mit eigelben fabelhaften Breeches kommt vom Wagen der Kommissare her gelaufen, überbrmgt Prack den Tagesbefehl. Prack wippt mit der Peitsche. Prack brüllt: „Bestelle du denen da vorn", und mit dem Kopf zeigt er nach dem Kommissarswagen hinüber, „daß sie mir ihre Befehle durch russische Menschen schicken mögen, nicht durch dich.' Ter Chinese grinst verlegen, wendet sich, läuft zurück, die Mannschaft, an der er vorüberläuft, nimmt Partei für Prack. „He. du schiefäugiges Aas., seht ihn nur. will russische Menschen kommandieren." Der Oberkommissar, ein verbummelter und geschniegelter Advokat aus Pskow, bequemt sich nun, selbst zu kommen. „Geruhen Sie. Awgostjin Nikolajewitsch. westlich der Tuckumer Vorstadt aufzuklären', sagt, äußerlich mit süßlicher Höflichkeit, innerlich wutbebend, der Kommissar. „Aufsitzen", kommandiert Prack. „Zu Vieren", kommandiert Prack, will anreiten lassen, sieht plötzlich, daß der harte Wind den Wagen nun vollends in Brand gesetzt hat. daß die Funken schon hin- übersliegen auf die Tecrdächer der nächsten Tepliischken. daß in fünf Minuten der ganze! Train brennen muß ... ,
^ .(Fortsetzung folgl.)^