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Nr. 295

Amts- unck Anzetgeblatt für äe« Oberamtsbezirk Oalw.

Freitag, 17. Dezember 1S26.

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verantwort!. Schristleitung: Frieckrich Han» Scheel« Druck uncl Verlag äer N Oelschläger'schen Buchänlcherei.

101. Jahrgang

Der Höhepunkt der Krise.

Kein freiwilliger Rücktritt des Neichskabinetts.

TU. Berlin, 17. Dez. Wie die TU. aus parlamentarischen Krei m erfährt, fühlt sich das Kabinett durch den vorgestr. Be­schluß der Sozialdemokraten brüskiert und wird Nicht zurücktre­ten. Es beabsichtigt, wie es heißt, sich dem Reichstage inof­fener Feldschlacht" zu stellen.

Eiu schwarzer Tag im Rsichsparlament.

t Die Erklärung dcS Reichskanzlers im Reichstag.

' TU. Berlin, 10. Dez. Im Reichstag gab gestern Reichs­kanzler Dr. Marx folgende Erklärung ad:

Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei hat durch Be­schluß vom 9. Dezember festgestellt, daß sie eine Entscheidung über die künftige Gestaltung der Relchsregicrung für notwen­dig halte und daß sie diese Entscheidung bei der 3. Lesung des Nachtragsctats herdeiführen werde. Die Reichsregicrung ließ sich demgegenüber von dem Gedanken leiten, d:ß angesichts der außenpolitischen Lage und der dadurch gegebenen Notwendigkeit, für die Lösung einiger bedeutsamer in Genf noch unentschieden gebliebener Restfragen verhandlungsfähig zu bleibe», eine Rc- gierungskrisis wenn irgend möglich vermieden werden müsse. Aus der Gcfamtcntwicklung der letzten Zeit heraus hat die Rsichsregierung daher die Initiative für Verhandlungen mit der Sozialdemokratie als der größten Oppositionspartei zur Erzielung einer Verbreiterung der Rrgierungsbasiss ergriffen. Die Regierungsparteien billigten ohne Ausnahme diesen Ent­schluß der Regierung, so daß am Nachmittag des 15. Dezember der Sozialdemokratischen Partei mitgeteilt werden konnte, die Reichsregierung sei in liebereinstimmung mit den Regierungs­parteien bereit, in Verhandlungen mit der Sozialdemokratischen Fraktion einzutreien, mit dem Ziele der Bildung der großen Koalition. Die Sozialdemokratische Fraktion hat dann bekannt­lich sich zwar zu Verhandlungen über die Bildung der Großen Koalition bereit erklärt, zugleich aber den Rücktritt der Reichs­regierung verlangt. Die von der Reichsrvgierung und den Re­gierungspartoien beabsichtigten Verhandlungen mit der Sozial­demokratischen Fraktion hätten ihren Fortgang genommen, ohne daß die Autorität der Regierung nach innen und außen ge­schwächt worden wäre.

Der geforderte Rücktritt der Reichsregierung mußte für län­gere Zeit zu einer nur gcschäftsführcnden Regierung führen, da unrer den obwaltenden Umständen eine rasche Lösung der Krisis unmöglich erscheint. Die Rcichsregierung vermag die Verantwortung für einen solche« Zustand, der mit den schwer­sten Nachteilen, vor allem für unsere außenpolitischen Interes­sen, verbunden sein muß, nicht zu übernehmen. Sie muß diese Verantwortung denjenigen Parteien des Reichstages, die durch ihre Beschlüsse ihn herbeiführen, überlassen. Namens der Neichs- »egierung habe ich daher die Erklärung abzugeben, daß die Re­gierung entschlossen ist, nicht zurückzmreten. Das Weitere muß sie der Entschließung des Reichstages überlasse«.

Der Reichskanzler vermied in der obigen Erklärung jedes Wort, das aus einen endgültigen Bruch mit den Sozialdemokra­ten hingewiefen hätte. Er wollte also die Möglichkeit, nach links hin die Drücke zu schlagen, noch offen lassem Ob Herr Schei­de m a n n die Alchcht hatte, das zu verhindern, ob sein Tempera­ment ihn über jede Grenze hinweg hinaustrug, ist nicht ersicht­lich. Er ritt eine Attacke gegen die Reichswehr, die an Schärfe und llnverantwortlichkeit nicht zn überbieten ist, indem er das gesamte Material, das die Sozialdemokraten sich ««gesammelt hatte, in breitester Form vortrug, obwohl dieses Material erst vor wenigen Tagen der Negierung zugänglich gemacht war, die «rrsdrücklich eine genaue Nachprüfung in Aussicht gestellt hatte. Besonders haben es Herrn Scheide-mann die geheimnisvollen Be­ziehungen zwischen der Reichswehr und den Russen angetan, und als er die Behauptung ausstellte, daß Offiziere der Reichswehr mit gefälschten Pässen von rmd nach Rußland gereist seien, war die Neuste nicht mehr zu halten. Don allen Seiten hagelte es Zwischenrufe:Landesverräter" und noch schärfere Ausdrücke. Minutenlang war jede Verhandlung unmöglich, bis die Deutsch- nationalen mit einem großen Teil der übrigen Rechten es vor­zogen, den Saal zu verlassen.

Der Kanzler erhob sich sofort zur Erwiderung. Er verlas die formulierte Erklärung über die Stellung der Reichswehr im Staate, die bereits am Mittwoch vereinbart war und wohl nach allen Seiten die erforderlichen Garantien schafft.

Sie hat folgenden Wortlaut:

Entsprechend ihrer grundsätzlichen Einstellung zur Reichs­wehr fällt es ber Reichsrcgirrung nicht schwer, zu den Wünschen Stellung zu nehmen, die in Bezug auf die Reform der Reichswehr ,in der Oeffeutlichkeit laut geworden find. Mit der überwälti- tlrvden Merhheit des Reichstages ist di« Reichsregierung der

Ansicht, daß die Schlagfertigkeit der Wehrmacht der Republik und ihr Zusammenhalt erhalten werden müssen. ^

Die Politisierung der Reichswehr lehnen wir ab. Vielmehr wird die ganze Schulung und Erziehung der Reichswehr nach wie vor auf die Treue zur bestehenden republikanischen Staais- form und zur Pflichterfüllung gegenüber den verfassungsmäßi­gen Gewalten abgestellt. Der Einstellung von Elementen, die sich nachweislich verfassungsseindlich betätigt haben, in die Reichswehr, v-erden wir uns mit allen Mitteln widerfetzen. Un­ser Ziel ist, die Zusammenarbeit zwischen der Bevölkerung und ihren Vertretern in den Parlamenten in Stadt und Land und der Reichswehr gut zu gestalten, um das in manchen Kreisen be­stehende Mißtrauen zu bekämpfen. gehört auch, daß sich der

Ersatz der Reichswehr aus allen Levölkerungs-chichLen und allen Teile,, des Reiches zusemmensetzt; denn die Wahrmacht kann ihre Arrfgabe nur erfüllen, wenn sie von dem Vertrauen des ganzen Volkes getragen ist. Dies vorausgesetzt, habe ich zn den einzel­nen Bcschwerdopunkten folgende Ausführungen zu machen:

1. Den Angehörigen der Reichswehr ist die Zugehörigkeit und durch scharfe Befehle das Zusammenarbeiten mit politischen Ver­bänden aller Richtungen, zu denen sogenannte Wehrverbände l» erster Linie gehören, verboten. Diese Bestimmungen werden strengstens durchgeführt, und Zuwiderhandlungen sollen im Rah­men der bestehenden Gesetze und Bestimmungen streng geahndet werden.

2. Die Frage von Geldspenden unterliegt zurzeit einer Neu­regelung. nach der die Annahme von privaten Geldspenden jeder Art der Zustimmung des Ministers bedarf.

3. Eine Nachweisung der auf privaten Vertrag beim Reichs­heer angestellten Personen kann dem Reichstag auf Wunsch bis zum Ende des Etatsjcchrcs vorgelegt werden.

4. Die Bestimmungen für das Ersatzwesen im Heere sind auf Grund des ihn, im Wehrgesctz verliehenen Dsroidnungsrechtes vom Herrn Reichspräsidenten im Jahre 1921 erlassen. Es wird zurzeit geprüft, ob und inwieweit Veranlassung vorliegt, dem Herrn Reichspräsidenten Aenderungru in diesen Bestimmungen vorzuschlagen. Die unteren Verwaltungsbehörden werden übri­gens schon jetzt mit Nuskunflserteilllng weitgehendst in Anspruch genommen.

Der Kanzler fügte aber dann hinzu, daß er sein tiefstes Be­dauern über die Rede des Herrn Sckeidemarm zum Ausdruck bringen müsse in einer Form, die der allgemeinen Entrüstung ge­recht wurde. Auf Vorschlag des Zentrums vertagte sich das Haus auf eine Stunde, um inzwischen zu den Regierungserklärungen Stellung zu nehmen.

Nich Wiederbeginn der Sitzung antwortete zunächst der Deutfchnationale von der Schulenberg, der frühkre Gencral- stabschef des Kronprinzen, Herrn Schckdeinamr, indem er ihm ziemlich unverblümt Landesverrat vorwarf. Es ist aber doch kennzeichnend, daß die stärkste und eindrucksvollste Rede der frühere Reichskanzler Wirth hielt, der, von stark natio­nalem Pathos getragen, die Art, wie hier die Sozialdemokralen für das Ausland arbeiten, ablehnte. Er bekannte sich dazu, daß mit dem Pazifismus allein für Deutschland nichts zu erreichen ist, er bekannte sich auch mit Freimut und mit anerkennenswer­tem Vevanlwortungsgefühl dazu, daß er in jenen schweren Ta­gen, da Frankreich mit mystischer Kraft nach der Ruhr verlangt habe, alles getan habe, um den polnischen Griff nach Obcr- schlefien um jeden Preis abzuwehren. So kam Herr Wirth dazu, diesen Dag aufgrund der sozialdemokratischen Rede einen schwarzen Tag in der Geschichte des deutschen Volkes zu nen­nen. Bedauerlich, daß er sich um den tiefen Eindruck seiner Rede brachte, indem er zum Schluß auf das innerpolitische Thema überging und hier fein altes Steckenpferd gegen den Bürgcvblock ritt. Auch von allen anderen Parteien wurde Herr Scheidemann abgeschüttelt. Der Bayerische Volksparteiler Leicht ließ gar keinen Zweifel darüber, daß seine Partei aus dieser Art des Auftretens jede Konsequenz ziehen würde. Aehn- lich äußerte sich die Wirtschaftspakte, und auch die Völkischen, so daß das Ergebnis der Tagung eigentlich eine völlige Isolie­rung der Sozialdemokratie war. Jedenfalls ist Wohl das eine festzustellen, daß nach dieser Rede Scheid enmnnS eine Neuan­knüpfung der Verhandlungen zwischen den Parteien der Mitte und der Sozialdemokratie für absehbar« Zeit ausgeschlossen ist.

Das Selbstverständliche wäre nun, daß der Weg nach rechts frei wäre. Dazu aber will sich das Zentrum nicht bekennen. Der Reichskanzler hat die Anregung der Deutschen Volkspartei und der Bayerischen Volkspartei, nunmehr mit den Deutschnationa­len Fühlung zu nehmen, mit aller Entschiedenheit äbgelehnt, und bis Zentrum ebenso Wie die Sc^ialdemokraten haben ihm darin zugestimmt ohne Rücksicht auf jede parlamentarische Lo­gik. Die Regierung will also den Ausgang der Abstimmung, di« heute zwischen 2 und 3 Uhr erfolgen soll, abwarten. Wie das Ergebnis sein Wird, steht noch vollkommen dahin. Die Entscheidung liegt Lei den Deutfchnationalen, die sich erst heute vormittag schlüssig werden wollen. In Regierungskreisen glaubt

Tages-Spiegel.

Die Rcichsregierung hat beschlossen, nicht freiwillig zurückzn- treten, sondern den Kampf im Parlament anfzunehmcn.

Die gestrige Rcichstagssitzung bedeutet einen schwarzen Tag. Durch die brüskierende Haltung der Sozialdemokratie haben sich die KoalftionsverHandluugen sehr erschwert.

Nach einer Erklärung der Rcichsregierung griff im Reichstag der Abgeordnete Scheidcmann in ungehöriger Weise mit ver­altetem Material über die Reichswehr die Regierung an.

Reichskanzler Tr. Marx stellte sich in einer Erklärung schützend vor die Reichswehr: seine Ausführungen wurden von filmt« lichrn bürgerlichen Parteien gebilligt.

In der heutigen Rcichstagssitzung wird über das Mißtrauens« Votum der Sozialdemokraten gegen die Rcichsregierung abge« stimmt werden.

Der Ncichsrat nahm in seiner gestrigen Sitzung das Schmutz- rmd Schundgesetz an.

Rach einer Meldung aus Washington hat gestern im amerikani­schen Repräsentantenhaus die Plenarberatung des Freigabe- gesctzes begonnen. Die Abstimmung erfolgt heute.

man damit rechnen zu können, daß die Deutschnadionalen sich zum mindesten der Stimme enthalten werden. Ob diese Rech­nung richtig ist, kann zweifelhaft sein. Gerade nachdem vom Zentrum und von den Demokraten jede VeÄindung nach rechts abgelehnt worden ist, können die Deutschnationalen sich sehr wohl auf den Standpunkt stellen, daß sie an dem Weiterbestehen der Regierung kein Interesse haben. Allerdings machen sich auch bei ihnen Stimmen bemerkbar, die eine Ablehnung des Miß- trauensvo ums nach der Rede Scheidemanns fordern. Vielleicht aber wirken sich unverbindliche Fühler, die von den Bayern und der Deutschen Volkspartei ausgestreckt sind, dahin aus, doch noch die Deutfchnationalen wenigstens zu veranlassen, daß sie Gewehr bei Fuß bleiben. Tun sie das, dann hängt die Ent­scheidung über das Mißtrauensvotum von der Besetzung des Hauses ab. Allerdings ist wieder durch die Rede Scheidemanns bei den Völkischen die Zustimmung zu dem Mißtrauensvotum verscherzt. Kommunisten und Sozialdemokraten allein aber sind schwächer als die Regierungsparteien, zumal da ein Teil der Kommunisten sich zu seiner Rechtfertigung in Moskau auf- HAt und vermutlich auch ein Teil der SoqiaDemokvatcn der Ab­stimmung fernd leiben wird. Die starke Wahrscheinlichkeit spricht daher dafür, daß heuie dos Mißtrauensvotum der Sozialdemo­kraten obgclehnt wird, daß also das Kabinett Marx am Rurer bleibt und lm nächsten Jahre, wenn die außenpolitischen Fragen bereinigt lind, sehen muß, wie es seinen Weg weiter findet. Nach links kann er jetzt nicht mehr führen.

Heute Abstimmung

über du» Sozialdemokratische Mißtrauensvotum.

Das sozialdemokratisch« Mißtrauensvotum eingebracht.

TU Berlin, 17. Dez. Im Reichstag ist gestern folgendes Miß- trauensvotum cingegangen: ,stl>ie Reichsregierung besitzt nicht das Vertrauen des Reichstages." Di« Deutfchnational« Reichs- tagsfraktion beschäftigte sich gestern nachmittag mit den vorlie- geÄ»en Mißtrauensvoten, beschloß aber, ihre Entscheidung erst vor der heutigen Plenarsitzung zu treffen.

Die Redner der heutigen Reichstagssitzung.

An der heutigen Reichstagssitzung wird an erster Stelle der Abgeordnete Dr. Haas (Dem.) sprechen. Nach ihm spricht Abg. Müller-Franken (Sog.). Für die Deutschnationalcn wird der Abgeordnete Wallras das Wort ergreifen. Die Redner der an­deren Parteien find noch nicht genannt. Man rechnet damit, daß die Abstimmungen über die Mißtrauensvoten etwa gegen 4 Uhr nachmittags stattfinden werden.

Die Kommunisten beantragen Auslösung der Reichswehr.

Am Reichstag ist ein kommunistischer Antrag eingegangen, der di« Auflösung der Reichswehr fordert. An ihre Stelle soll eine Miliz treten, die aus der werktätigen Bevölkerung unter Kon­trolle der Arbeiterorganisationen gebildet werden soll. Die Un­teroffiziere und Mannschaften sollen unter Mitwirkung der Ge­werkschaften und Betriebsräte in die von ihnen selbst gewählten Berufe übcrgesLhrt werden. Im Falle der Ablehnung dieses Antrages schlage» die Kommunisten Maßnahmen zur Reorgani­sation der Reichswehr und Reichsmarine vor. So soll«» die ReichsweHrcmgehörigen das Wahlrecht erhalten. Die Vorrechte der Offiziere sollen aufgehoben, di« Truppenfiihrer von den Un­teroffizieren und Mannschaften gewählt werden. Auch soll der Reichs wehrangehörig« das Recht auf dreimonatig« Kündigung erhalt««.