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9ik. 293

Mittwoch, 15. Dezember 1926.

101 Jahrgang

Vertagung der Regierungskrise.

Bor der KlSrrmg der LmrerPsMischen Lage.

TU Berlin» 15. Dez. In parlamentarischen Kreisen ist man der Ansicht, dag die Sozialdemokraten ihre Drohung, bei der drit­ten Lesung des Nachtragsetats ein Misstrauensvotum gegen die Regierung einzubringen, nicht verwirklicht werden. Eine endgül­tige Klärung hierüber wird erst dis heutige Fraktioiissitzung der Sozialdemokraten bringen können. Die Regierungsparteien scheinen entschlossen zu sein, eine Erklärung des Inhaltes zu veröffentlichen, dag sie demnächst, d. h. unmittelbar nach Weih­nachten, bereit seien, eine Erweiterung der Rcgierungskoalition vorzunehmcn. Ob cs sich hierbei um eine Erweiterung der Koa­lition nach rechts oder links hin handelt, wird nicht gesagt. Die Wirtschaftspartei hat sich ja bereits gegen jede Beteiligung an einer Regierung ausgesprochen, in der die Sozialdemokratische Partei vertreten sein wird. In Zentrmnskrsisen wird für den Fall des Ausscheidens der Deutschen Volkspartei der Plan erwogen, die Bayerische Volkspartei für eine Beteiligung an der Regie­rung auf der Grundlage der Weimarer Koalition zu interessieren. Den Widerstand der Bayerischen Volkspartei gegen di« Beteili­gung an der Weimarer Koalition scheint man dadurch überwin­den zu wollen, dag man der Bayerischen Volkspartei das Reichs- sinanzministcrium anbieten will, durch dessen Uebcrnahme die Bayerische Dolkspartei in der Lage wäre, bei den endgültigen Verhandlungen über den Finanzausgleich den föderalistischen Ge­sichtspunkten eher Rechnung zu tragen. Man hofft, daß Dr. iStrcsimaim in diesem Falle das Außenministerium als Fachmini- stcr behalten könnte, da man besonders in demokratischen und Zen- trumskreise» nicht glaubt, daß die Volkspartel im Hinblick auf die notwendige Kontinuität der Außenpolitik in eine unbedingte Opposition gegen ein« solche Regierungsmehrheit treten würde. In Kreisen der Regierungsparteien glaubt man, daß nran im Hinblick auf die noch gänzlich ungeklärte parlamentarische Lage die iimerpoliüsche Aussprache bis zur ersten Lesung des neuen Etats für 1927, die anfangs Januar stattfinden soll, verschieben will, um den in Betracht kommenden Parteien die Möglichkeit weiterer Verhandlungen über Weihnachten zu geben.

Heute Verhandlungen des Reichskanzlers ,mt der Volkspartei.

TU. Berlin, 15. Dez. Nach der Germania wird sich der Reichskanzler heute mit dem FrakiionSführer der Deutschen Volkshartei in Verbindung setzen, um eine endgültige Klärung der Haltung der Deutschen Volkspartei herbeizuführen. Nsgrerimgsparteien und Reichsrvshr.

TU. Berlin, 15. Dez. Wie die Germania mitteilt, haben ans Grund der gestrigen Verhandlungen zwischen den Regie­

rungsparteien und der Reichsregicrung die Demokraten den übrigen Regierungsparteien eine Entschließung unterbreitet, die im Reichstag eingcbacht und bestimmte Forderungen hinsichtlich der Reichswehr enthält. Darin wird die Negierung ersucht, da­für zu sorgen, daß die Reichswehr keinerlei Beziehungen zu den rechtsradikalen Verbänden unterhält und daß Verstöße dagegen als Dienstvergehen gewertet werden. Weiter soll auf eine völ­lige Entpolitisierung der Reichswehr hingewirkt werden und dahin gestrebt werden, daß sie zu einem zuverlässigen Instru­ment der Republik wird. Weiter werden in der Resolution bestimmte Richtlinien über den Ersatz von Offizieren und Mannschaften ausgestellt und Maßnahmen in der Richtung er­wartet, daß in der Reichswehr die Republik und ehre Hoheits­zeichen geachtet werden. Die Grundgedanken dieser Resolution werden auch vom Zentrum befürwortet, wenngleich ihre For­mulierung und ihr Inhalt noch einer Nachprüfung bedürfen. Die Zentrumsfraktion hat mit dieser Aufgabe eine besondere Kommission aus ihren Reihen beuaftragt.

*

Aus dem Reichstag.

Notstandsmaßnahmen für Erwerbslose.

Berlin, 15. Dez. Der Reichstag hielt gestern eine stille Sit­zung ab. Die Ungewißheit über das, was noch werden mag, lag wie ein Alpdruck über dem Hause. Man fuhr in der Beratung des Nachtragsetats fort, und zwar Leim Neichsarbeitsministe- riuin. Die Aussprache galt in erster Linie der Erwerbslosenfrage, bi« ja dauernd zu neuen Beschlüssen nötigt. Wieder find es die Sozialdemokraten, die eine generelle Erhöhung der Unterstüt­zungssätze wünschen. Daß die Komnurnisien mit noch überspann­teren Forderungen auftreten, versteht sich am Rande. Aber mit Rücksicht auf die gespannte Finanzlage konnte sich das Haus nur zu einer einmaligen Notstandsmaßnahme, und zwar für lang­fristig Erwerbslose, Sozial- und Kleinrentner verstehen. Für sie wurde ein Betrag von 25 Millionen Mark verlangt und auch bewilligt. Dazu wurde noch ein deutschnationaler Antrag ange­nommen, der bestimmte Mindestsätze für die Wcihnachtsunterstüt- zung der Kleinrentner aufstellt.

Dagegen verfiel ein demokratisch-volksxarieilicher Antrag, zur Förderung des deutschen Außenhandels die gewiß recht beschei­dene Summe von 159 990 Mark beizustcuern, der Ablehnung, ob­wohl der Abgeordnete Keinath diese Forderung mt triftigen Gründen zu belegen wußte. Heute soll der Reichshaushalt der Finanzen und des Auswärtigen Amtes an die Reihe kommen.

Nach der Genfer Entscheidung.

Die Rückkehr de» Neichsaußenministers.

Dr. Stresemann wieder in Berlin.

TU. Berlin» 15. Dez. Reichsaußenminlster Dr. Strese- wantt traf gestern nachmittag 5 Uhr mir dem fahrplanmäßigen Zuge in Berlin ein. Zu seiner Begrüßung hatten sich u. a. Frau Dr. Stresemann, die Reichsminister Dr. CurÄus und Dr. Krohne, mehrere Staatssekretäre und der Reichspressechef Dr. Zechlin eingefunden. Ferner waren zahlreiche Pressevertreter erschienen. Der Reichsaußenminister wurde von den Anwesen­den aufs herzlichste begrüßt.

Die deutsche Delegation über die Genfer Ergebnisse.

TU. Berlin, 15. Dez. In politischen Kreisen wird das Er­gebnis der Genfer Verhandlungen nach der Rückkehr deS Reichs- min'iskrs des Auswärtigen folgendermaßen gewertet: ^

Im Wesentlichen standen zwei Fragen zwischen uns und den Alliierten und eine zwischen uns und dem Völkerbund zur Erörterung. Zunächst war das Jnvestigationsprotokoll Gegen­stand eingehender Beratungen. Ehe der Vertrag von Locarno paraphiert worden war, hat die damalig« deutsche Delegation ihre Zustimmung davon abhängig gemacht, daß ihre Partner ihr volle Klarheit über die Investigation gaben. Es ist der deutschen Delegation häufig zum Vorwurf gemacht worden, daß sic nicht einen noch größeren Wert auf schriftliche Abinachun- gen gelegt habe, weil ein Wechsel im Kabinett alles umwerfen könnte. Es hat sich aber in Genf gezeigt, daß alle Teilnehmer von Locarno zu ihrem Worte standen. Auch im Völkerbundsoat haben sich keine Schwierigkeiten ergeben. Dabei gibt es in der Frag« der Investigation auch nicht einen Punkt, in dem die deutsche Auffassung nicht durchgedrungen wäre. Es gibt keine »stabilen Elemente" und ebensowenig geht die Militärkontrolle unter irgendwelchen, dem bisherigen Zustand ähnlichen Bedin­gungen auf den Völkerbund über.

Schwieriger gestalteten sich die Verhandlungen über den ziveiten Fragenkomplex, der sich auf die Interalliierte Kon­trollkommission bezog. Das zeigt am deutlichsten der schwere Kampf, der in dem Telegrammwechsel zwischen Paris und Genf zum Ausdruck kam. In Genf haben die Verhandlungen trotz der Verzögerungen und trotz aufregender Momente nach der übereinstimmenden Auffassung der Delegation, der sich heute auch das Kabinett anschließen dürfte, unserem Standpunkt vollkommen« Gerechtigkeit widerfahren lassen.

lieber zwei Fragen von großer prinzipieller Wichtigkeit ist nkan sich noch nicht einig geworden. Es ist deshalb auch nicht richtig, daß der deutsche Minister des Acußern in der Frage der Kriegsgeräte Konzessionen für die Ausfuhr von Halbzeug ge­macht hat. Gerade in dieser Frage hat sich die Lage zu unseren Gunsten entwickelt, wie stets bei den kommenden diplomatischen Verhandlungen nicht nuchr die Exportfrage im Vordergrund stehen wird.

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Unstimmigkeiten in Paris.

Briand wieder in Paris.

TU Pari», 15. Dez. Montag abrnd kurz vor 11 Uhr traf der französische Außenminister Briand in Begleitung Paul Voncours in Paris ein. Ani Bahnhof wurde er vom Innenminister Sar- raut, Kolonialmiiiister Perrier und dem Generalsekretär des Quai d'Orsay Verthelot empfangen. Der deutsche Botschaft« hatte sich ebenfalls zum Empfang eingesunden. Ein« Eisenbahner­delegation überreichte Briand eine Dankadresse und einen Blu­menkorb, dessen Schleife die Aufschrift trug:Dem großen Frie­densstifter." Etwa 25 Mitglieder der Action Francais«, die gegen Briand zu demonstrieren versuchte«, wurden zerstreut und mehrere von ihnen verhaftet. Di« Anwesenheit der beiden Mi­nister beim Empfang Briand« wird dahin auLgelegt, daß Poin» care damit di« Gerücht« Lügen strafen wollte, di« von Unstimmig­keiten zwischen Briand und dom Kabinett wissen wollten.

Tsges-Spiegel.

In der innecrpolitischen Lage scheint nunmehr eine Klärung cinzutretcn. Man rechnet mit einer Vertagung der Regier ruugskrise bis Januar.

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Ter Reichstag nahm gestern den Nachtragshaushalt des Reichs- arbeiis- und des Rcichswirftchaftsministrriums an.

Den langfristig Erwerbslosen und den Sozial- und Kleiment, ncrn gewährte der Reichstag eine einmalige Notstandsmaß­nahme.

Der Reichsaußenminister hat nach seiner Ankunft in Berlin ani gestrigen Dienstag dem Reichspräsidenten über die Genf« Verhandlungen berichtet.

Dr. Stresemann wird heute vor dem Reichökabinctt über daS Genfer Ergebnis sprechen.

Im Anschluß an die Genfer Verhandlungen rechnet man in französischen Kabinett mit einer Teilkrife.

Reichskanzler a. D. Michaelis wurde vom Untersuchungsaus­schuß über die Ursachen des Scheiternö der päpstlichen Frie» densaktion im Jahre 1917 vernommen.

Im badischen Landtag gab Staatspräsident Dr. Köhler im Na­men der neuen Regierung die Regierungserklärung ab.

Die Kantontruppen haben in der Provinz Honan die Streit« kräste des Generals Liu Scheu Hu geschlagen. Ein weiteres Dorrücke« der Rationalarmee würde den ganzen Südwrste« Chinas unter die Kontrolle Kantons bringen.

Briand bei Doumcrguc.

TU Paris, 15. Dez. Briand erstattet« gestern vormittag dem Staatspräsidenten Doumergue Bericht über die Genfer Beschlüsse. Der für gestern nachmittag angefetzte Miniflerrat, in dem Briand über die Ergebnisse seiner Genfer Reise Bericht erstatten wollte, ist wider Erwarten abgesagt worden. Es verlautet hier, daß Briand nicht die Absicht habe, seine M in i sie rko liegen schon jetzt über die Einzelheiten seiner Genfer Verhandlungen zu informie­ren. Die Unstimmigkeiten im Kabinett scheinen also trotz der offiziellen Mitteilung, die man über die Uebereinstimmung im französischen Kabinett bezüglich des Genfer Ergebnisses ausgab, Wetter zu bestehen.

Noch keine Einberufung der Botfchafterkonfereuz.

TU Paris, 15. Dez. Nach Mitteilung von zuständiger franzö­sisch. Seite find die Gerüchte, die von einer Einberufung der Bot» schafterkonferenz wissen wollen, unrichtig. Ein neuer Termin ist noch nicht festgesetzt, da man vorerst die Rückkehr des General» Pawels aus Berlin abwarten will.

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Lhamberlain

über die Genfer Verhandlungen.

Tll London, 15. Dez. Lhamberlain erklärte nach seiner An» kauft in London, daß nach seiner Ueberzeugung der neue Völker­bund srat von demselben Geist beseelt sei wie der alte. Der Rat habe in der SchluWtzung selbst die Maschinerie für die Investiga­tionen in Deutschland festgesetzt. Alle beteiligten Mächte, auch Polen seien gut weggekommen. Er betrachte das Abkommen mit Deutschland als ein höchst befriedigendes Ergebnis der Arbeiten der vorigen Woche. Natürlich habe mau Schwierigkeiten zu über- wirtden gehabt. Aber das vertraue» der Delegierten in den gu­ten Willen des anderen und die Harmonie ihrer persönlichen Be­ziehungen sowie ihr« Einigkeit über da« Endziel seien niemals im Zweifel gewesen. Er wolle nicht vorgeben, daß es nicht Au­genblick« gegeben habe, wo er keinen Weg zu einer Lösung der großen Meinungsverschiedenheiten zwischen Großbritannien und Deutschland habe sehen können. Im Verlauf der Besprechungen aber Hab« «r gesehen, daß mit Zeit und Geduld ein Abkommen erreicht werden würde. Man kömrr nun keine sensationelle Ent­wicklung erwarten, aber auf einen stetigen Fortschritt der Eni- wicklung der in Locarno begonnenen Politik hoffen. Der Geist jenes Ortek Hab« niemals die Heizen der Unterhändler des Ver­trages verlassen und würde fortdauern, dt« sichere Grundlage zu sein, auf der alle beteiligten Regierungen weiter bauen würden.

Italien und da» Senfe» Ergebnis.

TU Rom, LS. Dez. Di« italienische Presse stimmt bei Be- sprechung des Genfer Ergebnisses dem deutschen Standpunkt zu, daß sich Sanktionen, wie st« der Versailler Vertrag vorsieht, nicht mit dem Geiste des Vertrauens vereinbaren ließen, wie ihn Lo­carno charakterisier«. Die Blätter loben da» geschickt« Manöver Dr. Strftemmm» und sprechen von einem deutschen Sieg in Genf. Die .Dribuna" schreibt, wenn Deutschland die Restfordernngen der Endwaffnungsfrage bereinigt habe, könne es sehr wohl di« lckmell« Räumung des linken Rheinufers fordern,