Belgiens Ringen um feine Anabhiingigkeit
Großbritannien fordert „Gegenleistungen" - Eine französische Denkschrift
halb von 6 Jahre» erhalten, tvenn der Wohnungsban am 1. Juli 1937 begonnen und spätestens am 1. November 1937 im Rohbau erstellt ist.
Die Landflucht kann und muß selbstverständlich aufhoren. Ich werde die Landflucht in Zukunft als ein Ausweichen vor der Verantwortung gegenüber d:r gesamten Volkswirtschaft zu werten und zu behandeln wissen. Im übrigen wird die Not an Landarbeitern auch noch durch verstärkten Einsatz arbeit« ipare »der Maschinen erleichtert lver< sen. Auch hierfür habe ich größere Mittel zul Verfügung gestellt. Zu der Befürcht tung, daßes an A r b e i t s k r ä f te fehlen werde, ist keine Veranlass jung mehr. Keiner darf daher von heutg ab aus der Sorge heraus, daß für diese Pflege, und Erntearbeit die Arbeitskräfte fehlen wer-« den, sich meiner Forderung nach Mehrerzeu- gnng entziehen."
Alles im Dienste der Polksernährung
Ministerpräsident Gbring schloß: „Alles das. was auf dem Gebiet der Landwirtschaft nunmehr geschehen ist oder geschieht, ist keine Hilfsmaßnahme für die Landwirtschaft. Solche Maßnahmen wären nicht möglich. Die Maßnahmen haben lediglich die Aufgabe, die Erträge unserer Landwirtschaft über ein Maß hinaus zu steigern. das die Landwirtschaft aus eigener Kraft nicht schaffen kann, das wir aber zur Sicherung unserer Ernährung brauchen. Nicht irgendwelche Privat inter- essen, sondern das Volksinter» esse ist entscheidend!"
Bewöhrrmgsstrmke
-er Larr-roirischafi
Schon am 4. Reichsbauerntag in Goslar hat der Beauftragte für den Vierjahresplau, Ministerpräsident Generaloberst Göring. die Aufgabe, die der deutschen Landwirtschaft im Vierjahresplan des Führers gestellt ist. mit klaren Worten Umrissen: „Die deutschen Bauern müssen als erstes Sturmbataillon bereit stehen, die deutsche Ernährungsfreiheit, die die Grundlage der Gesa m t w ir t sch a f t ist, zu erringen." In wochenlanger gemeinsamer Zusammenarbeit zwischen dem Reichsbauernführer Darr 6 und dem Ministerpräsidenten Göring sind nunmehr die Richtlinien aus- geärbeitet worden für den Einsatz der Landwirtschaft in der großen Front des Vierjahresplanes.
Diese Richtlinien, die ihren Niederschlag in einer Reihe von Verordnungen gefunden haben, stehen alle unter einem einzigen Gesetz: Nicht Privatinteressen, nicht Gewohnheiten und Bedürfnisse des einzelnen land- wirtschaftlichen Betriebes sind entscheidend, sondern einzig und allein das Volksinte resse. Dieses Volksinteresse aber fordert, daß nicht nur die vierjährige Frist für den vom Führer gesteckten Plan eingehalten wird, daß also Leistungen vollbracht werden, für die sonst 10 und 15 Jahre notwendig waren, sondern daß auch Maßnahmen durchgeführt werden, die vielleicht vom Gewohnyeitsmäßigen abweichen.
Da die deutsche Landwirtschaft nach dem Worte Görings das erste Sturmbataillon im Vierjahresplan darstellt — muß sie doch die Voraussetzungen für das Gelingen aller übrigen Aufgaben des Vierjahresplanes schaffen — so muß sie auch in breitester
ex. London, 23. März.
Es ist selbstverständlich, daß im Mittelpunk, der außenpolitischen Gespräche und Zeitungs- betrachtungen in London der Besuch des belgischen Königs steht, der die Vorbesprechungen über die belgischen Neutralitätswünsche führt. Man hebt dabei hervor, daß Großbritannien diesen Wünschen im allgemeinen nicht grundsätzlich ablehnend gegenübersteht, will aber von „Gegenleistungen" für die Verbürgung der belgischen Unabhängigkeit nicht absehen.
Die wichtigsten Wünsche Belgiens sind: Aufgabe aller belgischen Ver^ Pflichtungen als Bürge aus dem ehemaligen Locarno-Vertrag und Aufrechterhaltung aller Bürgschaften, die ihm aus diesem Vertrag gewährt worden waren, Beseitigung der General- stabsabmachungen vom März vorigen Jahres, die Belgien zur gegenseitigen Unterstützung gegenüber Frankreich und Belgien verpflichteten und eine Reform des Artikels 10 der Völkerbundsatzung, d. h. die Aufhebung des Durchmarschrechtes für „etwaige zum Schutz der Völkerbundsatzung zusammenarbeitende Streitkräfte". Die Behauptung, daß Belgien auch »vettere Generalstabsbesprechungen ablehne, wird von „Libre Belgique" bestritten; ein Meinungsaustausch zwischen General- stübcn sei auch für ein neutrales Land durchaus denkbar, wenn er nicht in der Praxis ein verkapptes Militärbündnis darstellt. Diese Wünsche sind, das wird auch von der englischen Presse festgestellt.' in erster Linie eine Folge des französischsowjetrussischen Militärbündnisses, in besten mögliche Auswirkungen Belgien unter keinen Umständen hineingezerrt werden will.
Von britischer Seite strebt man an, die Bürgschaft für die belgische Unabhängigkeit sich immerhin durch die eine Geacnlei-
Front zu seiner Turchstihrung herangezogen werden. Ihr Einsatz ist nach drei Gesichtspunkten möglich: 1. Vermehrung der ,Erzeugung. 2. Ausbau der Vorratswirtschaft und 3. Erziehung der Menschen zu neuer Haltung gegenüber den Fragen der Landwirtschaft. Alle drei Möglichkeiten werden restlos ausgenutzt.
Die Vermehrung der landwirtschaftlichen Erzeugung steht naturgemäß an erster Stelle. Hier spielen keine agrar- oder industriepolitischen Fragen mehr eine Rolle wie im liberalen Staat. Noch fehlen nns 17 v. H. zur völligenNahrungsfreiheit — das ist der einzige Maß stab, den alle anerkennen müssen. In weitgehenden: Maße werden Reichsmittel, d. h. Mittel der Volksgemeinschaft für die Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung, die jedem einzelnen Bauern und Landwirt zugutekommen, zur Verfügung gestellt. Darum darf sich auch kein Bauer oder Landwirt aus selbstsüchtigen Gründen den ihm gestellten Aufgaben entziehen. Die Verordnung Görings zur Sicherung der Landbewirtschaftung gibt nunmehr auch die Hand- habe, jene landwirtschaftlichen Bodenbesitzerin die Gemeinschaft einzualiedcrn, die — es handelte sich in solchen Fällen meist um nicht bodenständige Großgrundbesitzer im Norden und Osten — aus spekulativen oder Bequemlichkeitsgründen den Boden nicht so bewirtschafteten, wie es möglich und nottvendig gewesen wäre.
Der viel zu enge Raum, der unserem Volke in Mitteleuropa zur Verfügung steht, zwingt
stung bezahlen zu lasten, baß Belgien sich zu einer Art „Luftwarnd ienst" für Großbritannien verpflichtet. In Belgien scheint dafür nicht allzugroße Geneigtheit zu bestehen und selbst die liberale „News Chro- nicle" muß zugeben, daß bisher das einzige offensichtliche Entgegenkommen den belgischen Wünschen gegenüber nur in der de u t s ch e n Westpaktnote enthalten ist.
In Frankreich herrscht eine gewisse Nervosität, die auch in einer Denkschrift des französischen Außenministers an das britische Außenministerium zum Ausdruck kommt, wenn das Pariser „Oeuvre" recht unterrichtet ist. Das französische Außenamt spricht darin den Wunsch aus. die Verhandlungen mit Belgien nur auf diplomatischem Wege und nicht in einer Konferenz zu führen; weiter sollen die sich aus dem Generalstabsabkommen vom März v. I. ergebenden Fragen nur zwischen den drei beteiligten Ländern Frankreich, Großbritannien und Belgien geführt werden. Bezüglich des Artikels ,16 der Völkerbundssatzung möge sich Belgien mit den: Völkerbund auseinandersetzen, der dafür allein zuständig sei. Trotzdem macht man sich über die geringe Wirksamkeit dieser französischen Vorstellungen keine Illusion in Paris. Man glaubt sogar schon, den Inhalt der belgischen Antwort zu kennen: Belgien werde sich das Recht Vorbehalten, den Artikel 16 der Völkerbundssatzung nach eigenem Ermessen auszulegen, da das Recht zum Durchmarsch für fremde Truppen nicht das Recht zum Kümpfen auf dem betreffenden Durchmarschaebiet beinhalte.
„Blum verteidigt"
I» einer über einstündigen Kammer-Rebe erläuterte gestern Ministerpräsident Blum de« Standpunkt der französischen Regiernug z«
uns zu höchsten Leistungen, tvenn dieses Voll überhaupt leben will. Voraussetzung für die Steigerung der Leistung zum Höchsten ist aber die Erziehung der Menschen. Dein Reichsnähr, stand obliegt die fachliche und charakterlich« Schulung der in der Landwirtschaft Tätigen. Die Leistungsunterschiede in der deutschen Landwirtschaft sind heute noch recht beträchtlich, da die Leistung des landwirtschaftlichen Einzelbetriebes zum großen Teil von der Fähigkeit und dem Willen des einzelnen Bauern abhängt. Diese Fähigkeiten und diesen Willen auf das Höchste zu steigern — dazu dient auch der Leistungswettbewerb der deutschen Landwirtschaft, der beweisen wird, daß auch die deutschen Bauern und Landwirte den Ruf des Führers verstanden haben und ihm zu danken wissen, daß er in den ersten vier Jahren seiner Staatsführunq ihre ExistenzgruMlagen wieder sichergestellt hat.
Die Stunde der Bewährung für die deutsch« Landwirtschaft ist gekommen. Die Ausgabe, die ihr gestellt ist, ist klar, der Wille, diese Aufgabe zu erfüllen, hat auch den kleinsten Bauern erfaßt. Wenn heute daS Deutsche Reich an sechster Stelle in der Ausnutzung der landwirtschaftlichen Nutzfläche steht, wenn die übrige Welt an die Möglichkeit einer Steigerung der ohnehin hohen Intensität nicht glaubt — deutsche Bauern Zähigkeit wird auch dieses „Wunder" vollbringen. Denn niemals ist der deutsche Bauer abseits gestanden, wenn es den höchsten Einsatz für Volk und Reich galt!
,l. IÄ.
de« blutige« Ereignisse» kn Clichy. 8k«« wurde vo« einem Abgeordnete« der Rechte« als ei« „blutiger Komödiant" bezeichnet, als er erklärte, der Bestand der Republik sei aus mächtige Reaktionen -cs Volkes znrückznsith- reu, und eS sei nicht ausgeschlossen, daß derartige Reaktionen des Volkes auch heut« manchmal notwendig würde«.
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Munitionslager zerstört — Munitionsarbeiter streiken
Salamanca, 23. März.
Nationale Bombenflieger bombardierten gestern Valencia und zer st örtenetn großes Waffen- und Munitionslager. Auch der östlich von Madrid gelegene bolschewistische Flughafen von Al, eala de Henares wurde von nationalen Flugzeuge» mit Bomben belegt.
Wie aus Barcelona verlautet, sind in verschiedenen Orten des katalanischen Industriegebietes, die bekanntlich fast sämtlich auf die Herstellung von Waffen und Munition umgestellt worden sind, Streiks ausgebrvchcn, da die Arbeiter sich weigerten, die auch nach Sowjetspanien verpflanzten bolschewistischen Antreiber- methoden weiter m i t z u m a ch e n. In den katalanischen Jndustrieorten Sabadell und Sarriaist es bereits zu ernst- h asten Zusammenstößen zwischen der bolschewistischen „Polizei" und der aus- gebeuteten Arbeiterschaft gekommen.
Vs8 stleue8te in Kürre
Der Direktor der Zeitung „Giornale d'Jta- lia" wendet sich mit aller Schärfe gegen die iu ausländische« Blätter« ausgestellten Behauptungen, daß italienische Truppe« an de» Kämpfe« iu Spanien teilnehmen. Dagegen steht man 1ü OVO ausländische Freiwillige unter de« Kahne« der Weltrevolntiou gegen die nationale» Rechte Spaniens kämpfe«. Anschließend wird eine iu ihrem Umfang geradezu ungeheuerliche Liste der im Februar a«S Frankreich nach Rot-Spanien verschobene« Waffe» und Hilfskräfte veröffentlicht und de» verantwortlichen Regierungen «ahegelegt, de« schamlose« Betrug der Nichteinmischung z« erkennen.
Der Unterausschuß des Ntchteinmischungs- ausschnffes hat am Dienstag wieder i« London getagt. Nach dem offizielle« Bericht hat er u. a. dem Gedanken -«gestimmt. eine« juristischen Ausschuß zu ernennen, der die Frage« der spauischen Regiernngsgnthabeu im Anstande erörtern soll. Weiter wurde erörtert, ob es möglich sei, das Nichteinmischnngsabkom- me« auf die Berhinbernug der Einreise aller Personen nach Spante» anszndehuen, die de« gegenwärtigen Konflikt verlängern oder verschärfe» könnten.
Im englischen Unterhaus wurde gestern de im Fen-Geviet angeschnitten. Lloyd George stellte dabei Deutschland anf dem Gebiete der HochwaffervekLmpfnng und Drainage als vorbildlich hi«.
Zu einem bedeutsame« sllmkünftlerische« der Anssprache auch das Hochwafferproble« Ereignis im Rahmen -er deutsch - japanische« Frenndschaftsbeziehuuge« gestaltete sich a« Dienstag i« Berlin die Ura»fsühr««g des erste« deutsch-japanischen Gemeinschaftsfilms < „Die Tochter des Samurai".
Schroarrßahet
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30
Herr Silvestre zog seine taubengrauen, wunderbar gebügelten Hosen etwas in die Höhe und stieg auf den Fußspitzen vorsichtig über ein schillerndes, violettes Oelgerinnsel hinweg. Er hatte ganz schmale, zierliche «chiihe ans Wildleder an den Füßen.
Herr Silvestre ging über den Damm zur Haltestelle.
Hier stand er und nahm den schicken, Helle» Hut ab und befingerte vorsichtig sei» vomadeglänzendes schwarzes Haar. Er hatte das beunruhigende Gefühl, daß sein Scheitel in Unordnung geraten sei und trat daher vvr das Schaufenster der Bäckerei und Kon- diwrei einer gewissen Frau Schmitz »nd blickte prüfend in die spiegelnden Scheiben. ^ Wie immer, wenn er unverhofft sein volles Spiegelbild erblickte, war er ein wenig verstimmt über das Mißverhältnis zwischen Umfang und Höhe seines Körpers; aber er Kostete sich sogleich beim Betrachten feines Geiichtes. das wohl auch leicht verfettet, aber gut geschnitten, gepflegt und ausdrucksvoll war, mit tiefschwarzen. von dichten Wimpern beichattelen Augen.
Herr Silvestre rückte seine Krawatte ,u- rechts strampelte ein wenig mit den Beinen, um !lch ani Faltenwurf seiner Hose zu ergötzen, dann wandte er sich mit einem Ausdruck von Befriedigung um. er spähte nach dem Autobus.
> Augenblick hörte er ein kichern
des Lachen.
Er fuhr herum, beschattete die Augen mit der flachen Hand und blickte forschend und mißtrauisch über eine Blechplatte mit Käsekuchen hinweg in das halbdunkle Innere der Konditorei.
Er erblickte zwei lachende Gesichter, deren eines, rot und dick, das Gesicht einer älteren, beleibten Frau war, das andere aber — er kniff die Augen zusammen, um bester zu sehen
— machte auf ihn einen überraschenden Eindruck.
Es war eines jener Gesichter, die Herrn Silvestre im gleichen Augenblick, wo er sie erblickte, in hohem Maße erregten. Es war das Gesicht von einem ganz bestimmten Franentypus, den er durch und durch kannte, und der immer wieder eine jähe Flamme in ihm entzündete.
Ein sekundenlanger Blick genügte, um alle Zweifel in ihm zu beseitigen. Er wußte, ohne mehr als den Schatten eines weißen Kittels zu sehen, daß zu diesem Gesicht ein geschmeidiger, zarter Körper gehörte mit langgestreckten, sehr schlanken Beinen, die er sich nie anders als in durchsichtigen, glänzenden Sei- denstrttmpfen vorstellen konnte: er wußte, daß zu diesem Gesicht schmale, weiße Hände gehörten mit zerbrechlichen, dünnen Fingern, die sich spitz und kühl anfaßten, daß ferner
— beim Betrachten aus der Nähe — kleine Sommersprossen überm Nasenrücken und blitzende grüne Lichter in den Augen sichtbar werden mußten.
All das wußte Herr Silvestre aus Grund großer Erfahrung und mannigfaltiger Er- lebnisse. Er wußte natürlich noch viel mehr. Zum Beispiel, daß Frauen dieser Art unberechenbar. wild und ohne Seele waren, daß sie materiell dachten, untreu waren und nie- mals die Wahrheit sprachen. Aber diese Kenntnisse vermochten nichts daran zu ändern, daß Herr Silvestre diesem Frauen
typ überall, wo er ihm begegnete, mit Zähigkeit und Eifer nachsetzte. Erfahrungsgemäß war diese Art zumeist am Rande der Großstadt in Reinkultur anzutreffen, denn sie war mit allen Mängeln und Vorzügen geradezu ein Produkt der Großstadtperipherie.
Nun sah sich Herr Silvestre ganz unerwartet einem offenbar besonders wohlgelun- genen Exemplar dieses Typs gegenüber; sogleich faßte er den Entschluß, diese Fügung eines gütigen Geschicks nicht unausgenützt zu lassen.
Mit Schwung, ohne eine Sekunde z» zögern, betrat er den Laden. Das Lache» in den Gesichtern der beiden Frauen wich einer etwas peinlichen Ueberraschung: sie hatten nicht damit gerechnet, daß der dicke, kleine Geck von Augenblick zu Augenblick ein zu respektierender Kunde werden könne. Auch fürchteten sie vielleicht, wegen ihres Bcneh- mens zurechtgewiesen zu werden. Aber davon war Herr Silvestre weit entfernt.
„Tag," sagte er aufgeräumt, „haben Sie Eis?"'
Sein lächelndes Gesicht wandte sich Erika zu, als erwarte er von ihr eine Antwort. Die Antwort kam aber aus dem Mund« der Frau Schmitz: Sie zählte sämtliche vorhandenen Eissorten auf. Er hörte hin, ohne sie anzusehen.
„Zitrone," sagte er.
„Zu zwanzig, dreißig, vierzig?" fragte Frau Schmitz.
Er überlegte und sagte: „Zu zwanzig," denn so konnte er Zeit gewinnen, indem er später noch eine zweite Portion bestellte.
Frau Schmitz erschien ihm als eine wenig sympathische Person; er fand, daß sie keinen Grund habe, über andere Leute zu lachen.
Hingegen übertraf das jung« Mädchen alle seine Erwartungen. Er schloß sofort eine Wette mit sich selbst ab. wobei er Elend. Not
und höllische Qualen über sein Haupt herbeiwünschte. wenn er nicht schon in der nächsten Viertelstunde zu irgendeinem, wenn auch noch so geringfügigen Resultat mit diesem wunderbaren Geschöpf gelangen würde.
Eine Wand aus Milchglas trennte den Raum in zwei Abteilungen; diese sogenannte Konditorei bestand aus ein paar trübseligen Blechtischen, einer verstaubten Mondlandschaft an der Wand und einem Pappschild, worauf höflichst ersucht wurde, im vorderen Raum nicht zu rauchen. Herr Silvestre setzte sich ans Fenster, und zwar so, daß die un- symPathische.Frau Schmitz ihn hinter ihrem Ladentisch hervor^nicht erblicken konnte.
Seine Berechnung beruhte im wesentlichen auf der Erwartung, daß der rothaarige kleine Engel das Eis servieren würde. Geschah dies nicht, dann freilich war der erste AngrissS- plan hinfällig.
Aber es geschah.
Erika brachte das Eis. Sie balancierte eS sehr elegant auf der Handfläche, die andere Hand hatte sie in der Tasche des weißen Mantels. Ihr Gesicht schien iern und unnahbar. Sie sah Herry Silvestre nicht an. obwohl er seinen lächelnden Blick nicht von ihr wandte. Sie schob das Blechtablett über die Tischplatte bis dicht vor ihn hin.
„Bit—tä?" sagte sie in leicht affektiertem Ton. Sie drehte sich auf dem Absatz um und wollte wieder gehen, da sagte er: ..Ach — Fräulein..."
Sie drehte sich wieder um. „Ja?" Sie blickte ihn jetzt an. Er sah natürlich gär nicht lächerlich aus. Er war ein sehr eleganter, sehr gepflegter Herr aus dem Westen, sicherlich ein Ausländer. Am Mittelfinger trug er einen tollen Ring. Die ganze Konditorei roch nach seinem seinen Parfüm. Und einen hellgrauen Hut trug er.
(Fortsetzung solgt.j