Sonntagsgedanken

Die ewigen Gesetze.

Wir fragen nichts nach Ruhm und Glanz, die sind gar bald verdorben; uns Hut die Not des Vaterlands, die harte Not geworben.

Für Weib und Kind,

Für Haus und Herd,

da zücken wir das scharfe Schwert

zum Siegen oder Sterben.

Emanuel Geibel.

Im Jahr 1665 lehnte der Große Kurfürst unter schwerer Gefahr für sich und sein Land ein ihm angetragenes schwedisches Angriffsbllndnis ab.weil wir auf diese Weise ein unruhiges Gewissen hätten, aber wir wollen ein freudiges Gewissen und gute, feste Zuversicht zu Gott haben!" Das war recht deutsch empfunden und war eine gute Politik.

Durchhalten!

Ruhig in wütenden Wogen!

Wahlspruch Wilhelms von Oranien. Einen großen Gedanken im Sinn heimlich hegen und tragen, hoch wie auf Fittigen hebt es dich hin über die täglichen Plagen.

Karl Gerok.

Was getragen werden muß, kann auch ge­tragen werden. Das Hindernis, an dem wir uns die Stirne blutig stoßen, bedeutet immer nur, daß wir höher hinauf sollen, darüber hinausJ. M. Sick.

Die Quittung.

Ein nettes Stücklein erzählt ein Ebersbacher Artillerist in einem Feldpostbrief:Ein Fahrer von uns ging in ein Haus und wollte Stroh holen, je­doch der Bauer lies ihm durch einen Dolmetscher sagen, er müsse ihm seine Quittung über so und soviel Heu und Stroh geben, andernfalls bekomme er nichts. Unser Fahrer, nicht faul, reißt ein Blatt aus seinem Rotitzbuch, schreibt darauf:In der Heimat ist es schön" und zieht wohlgemut mit Heu und Stroh von dannen. Der Bauer wird schöne Augen machen, wenn er das Papier nach Friedens­schluß als Quittung vorlegen will.

Tabak geht über Brot.

Dem Inhalt einer Feldpostkarte ist zu entneh­men : Kommt da gestern so ein Soldat mit zwei Bro­ten unterm Arm durchs nächste Dorf. Ein Kamerad redet ihn an:Gib mir ein Brot, ich gebe dir 2 -K dafür!"Nein!"Dann gib mir ein halbes für 3 -N!"Nix zu machen."Für so ein Stück­chen bekommst du 5 -N!"Nein, es gibt nichts." Bald hernach steht der Brotsuchende mit zwei Ka­meraden zusammen und raucht eine Pfeife. Der Glückliche mit den zwei Broten ruft:Wer mich ein­mal stopfen läßt, bekommt ein Brot!"

Französische Gefangene.

Ulm, 1. Okt. Heute früh ist ein Zug mit unge­fähr 400 französischen Gefangenen, darunter auch eine größere Anzahl Zivilpersonen hier eingetroffen und auf die Gänswiese gebracht worden.

Stuttgart, 30. Sept. Wie wir hören, steht die Abfahrt des ersten Eisenbahnwagens der Etap­penkommandantur-Stuttgart unmittelbar bevor. Die Pakete brauchen nicht auf die Güterstelle im Eüter- bahnhof hier getragen zu werden. Sie werden bei allen Stuttgartern Postämtern angenommen.

Auf Bestellung versenden wir das

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in mit Adresse bedruckten Brief­umschlägen unter Berechnung von

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Rechnung nach erfolgt. Abbestellung.

Geschäftsstelle des Calw» Tagblatt.

Wettere Nachrichten.

Ruffische Ausbrecher.

Grossen, 1. Okt. (Nicht amtlich.) Im hiesigen Lager russischer Gefangener benutzten vor einigen Tagen etwa 200 untergebrachte Russen den Augen­blick eines schweren Unwetters mit heftigem Sturm und Regen zu einem Ausbruchsversuch. Sie stürmten aus den nahe der Kantine gelegenen Baracken auf den Platz zu, auf dem die Gewehrpyramiden der wachhabenden Kompagnie aufgestellt waren. Der Posten eröffnete sofort das Feuer auf die Ausbrecher und alarmierte damit die Wachhabenden, die zum Teil nun ebenfalls von der Waffe Gebrauch mach­ten. Als die vordersten Gefangenen fielen, ist der Ausbruch sofort aufgegeben worden. Von den Rus­sen wurden drei getötet, 8 schwer und mehrere leicht verletzt. Von einer verirrten Kugel wurde der Sta­

tionsverwaltungsinspektor a. D. Schulz in die Lunge getroffen. Außerdem wurde ein Posten der Land­sturmleute durch eine Kugel am linken Unterarm leicht verletzt. Aerztliche Hilfe war sofort zur Stelle. Infolge der Vorfälle wurde dann noch eine Kom­pagnie des Landsturms alarmiert und zur Verstär­kung des Wachkommandos herangezogen. Es trat aber bald wieder Ruhe und Ordnung ein. Die schar­fen Schüsse, die weithin hörbar waren, hatten eine große Aufregung in der Stadt verursacht. Die Un­tersuchung soll ergeben haben, daß der Ausbruch tat­sächlich von einer kleinen Gruppe, die des Zwanges des Lagerlebens überdrüssig war, vorbereitet wor­den war. Auch soll der Wind vorher benutzt worden sein, um Zettel zur gegenseitigen Verständigung nach den anderen Baracken zu übermitteln. Der eine der getöteten Ausbrecher war dicht an den Gewehr­pyramiden zusammengestürzt. In der Kantine, de­ren Holzwände von mehr als 10 Kugeln getroffen wurden, herrschte große Bestürzung.

Schinken, Speck und Wurst.

Berlin, 1. Okt. Im Aufträge des Kaisers hatte der Generalintendant des Feldheeres,, Gene­ralmajor von Schöfler, der Allgemeinen Fleischer­zeitung A.G. mitgeteilt, daß der Kaiser eine Spende der deutschen Fleischermeister von Schinken, Speck, Wurst, Dauerwaren und Fleischkonserven mit Dank annehmen werde. Die Allgemeine Fleischerzeitung hat demgemäß eine Sammlung solcher Liebesgaben, die in größeren Ladungen dem Ost- und Westheere zugehen werden, in die Wege geleitet.

Schlachtenmaler und Filmjäger.

Berlin, 10. Okt. (Nicht amtlich.) Dem stellv. Eeneralstab ist eine so große Anzahl Gesuche um Zu­lassung zum Kriegsschauplatz als Maler, Bericht­erstatter, sowie von Photographen zur Anfertigung photographischer und kinematographischer Aufnah­men zugegangen, daß weitere Gesuche keine Berück­sichtigung finden können. Neue Anträge sind zweck­los und können nicht beantwortet werden.

Soldatenmangel in Frankreich

München, 2. Okt. Eine Anzahl französischer Gefangener erregte in Nürnberg großes Aufsehen. Es waren einige hundert Mann im Alter von 14 bis 15 Jahren, die sich nach Aufforderung ihrer Schulbehörden gestellt hatten und in die aktiven Re­gimenter eingestellt worden waren. Auch in Würz­burg passierten mehrere Züge von 14- bis 15jähr- igen gefangenen Soldaten die Station. Man sogt, daß jetzt schon die französischen Verluste 300 000 Mann betragen sollen.

Für die Schrift!, verantwortlich: I. V. l)r. P. Nadig. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei

Der heutigen Nummer liegt der Fahrplan ab 1. Oktober bei.

vermischtes.

Eine verwegene Schleichpatrouille schildert ein Münchener Feldtelegraphist in einem Briefe an seine Eltern, der in derMünch. Ztg." zum Abdruck ge­langte: Es war am 5. Sept., als unser Kontroll- apparat ein unerlaubtes Anschalten an unsere Lei­tung meldete. Es ist dies eine der wichtigsten Lei­tungen, da hier fast sämtliche Befehle durchgehen. Sofort saßen ich und noch zwei Kameraden auf un­seren Rädern und fuhren so schnell als möglich dem nahen Walde zu, durch den unsere Leitung führte. Am Waldessaum versteckten wir unsere Räder, und nun begann unsere Tätigkeit. Es war eine mond­helle Nacht und wir konnten also die Straße nicht benützen. Vergebens suchten wir durch einen Seiten­weg in den sehr dichten Wald zu gelangen. Wir be­schlossen nun, auf allen Vieren durchzukriechen, und schafften uns mit unfern Beilen einen kleinen Pfad. Nach einer halben Stunde machten wir Halt und lauschten. Nichts ließ sich vernehmen, als der Ruf einer Eule, den ich sofort geschickt nachahmte, aber es folgte kein Zeichen mehr darauf. Wir orientierten uns, ob wir aus dem rechten Wege seien und weiter ging es in gebückter Stellung. Kaum waren wir fünfzig Schritte vorwärts gekommen, da vernahmen wir leise Stimmen. Wir legten uns zu Boden, ich schleiche nach vorn, die andern zwei Mann bleiben zurück, um, wenn zweimal der Ruf der Eule ertöne, vorsichtig nachzukommen. Langsam kam ich an einen Holzstoß heran, es war nichts zu sehen. Nun stand ich auf und sehe, erstaunt über diese Frechheit,, die schönste französische Fernsprechstelle, bei der sich die Burschen ganz sicher fühlten. Ich untersuchte das Ge­lände und entdeckte noch zwei Posten. Ich wußte nun genug und ging zurück, um mit den andern zwei den Angriffsplan zu entwerfen. Wir kamen zu fol­gendem Entschluß: meine zwei Kameraden greifen die drei Telegraphisten an und ich die zwei Posten. Bei dem Miauen einer Katze sollte der erste Schuß fallen und sofort drauf los. Einer nach dem -andern

kroch zu dem Holzstoß, von wo aus die Telegraph­isten angegriffen werden sollten und ich kroch weiter und wollte in der Nähe des Postens im Walde Stel­lung nehmen aber der Posten war fort. Ich kroch zur Straße, dort standen beide in bester Unterhal­tung. Schnell eine günstige Stellung gesucht, und miau". Es krachte; der erste Posten wälzte sich halbtot auf der Straße; nun folgte Schuß auf Schuß, und jeder traf. Noch blieb jeder von uns in seiner Stellung und lauschte, und wir hatten uns nicht ver­rechnet denn noch zwei andere Posten waren auf­gestellt. Auf die Schüsse kamen sie heran, aber zu spät. Auch diese Posten wurden niedergeschossen, aber einer war nur verwundet und stellte sich tot. Plötzlich sprang er auf und wollte mir eben sein Ba­jonett Hineinstoßen, als ihn eine Kugel eines meiner Kameraden zu Boden streckte. Nun untersuchten wir alles, nahmen Schriftstücke und Apparate mit uns und traten den Weg, den wir gekommen, heimwärts wieder an."

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Was wird aus versunkenen Schiffen? Zu Frie­denszeiten können wohl, wie dem Reichsanzeiger geschrieben wird, in vielen Fällen Versuche zur He­bung eines gesunkenen Schiffes gemacht werden, während es im Kriege selten dazu kommen wird. Entscheidend ist zunächst die Tiefe, in der das Wrack liegt, auch der Grad seiner Bedeckung mit sandigen oder anderen weichen Massen des Meeresbodens. Daß versunkene Schiffe einer allmählichen Zerstö­rung anheimfallen, ist selbstverständlich, doch kann diese sehr verschiedene Zeiten in Anspruch nehmen, je nachdem das Schiff aus Holz oder Eisen gebaut, ob es schwer oder wenig beladen war, ob es der Wirkung der Wogen ausgesetzt ist oder nicht u.s.w. Die Schiffe sinken auch schon verschieden rasch. Ein hölzernes, nicht zu sehr belastetes Fahrzeug sinkt, nachdem es einmal der Einwirkung der Meeres­wogen entzogen ist, recht langsam, und es mag wohl eine Viertelstunde dauern, ehe es eine Tiefe von mehr als 150 Meter erreicht. Es wird auch auf dem

Meeresboden nicht gewaltsam aufschlagen, sondern sich ohne heftigen Stoß auflegen. Danach würden solche Schiffe, falls sie nicht schon vorher einen hohen Grad der Zerstörung erreicht haben, in ziemlich fe­stem Zustand auf den Meeresboden gelangen und dort vermutlich auch noch lange bestehen können, wenn in der Tiefe nur chemische Einflüsse und das Tier- und Pflanzenleben an ihrer Zersetzung ar­beiten. Anders wird das Sinken eines Schiffes von hohem Gewicht vor sich gehen, das stärker auf den Meeresboden aufprallt und ganz besonders schnell wird es der Vernichtung anheimfallen, wenn es durch feindliche Geschosse bereits schwere Beschädi­gungen erlitten hat.

Man kann sich von dem weiteren Schicksal eines gesunkenen Schiffes sehr wohl eine Vorstellung ma­chen. Sein Rumpf oder dessen Trümmer werden sich allmählich mit den Kalkteilen überziehen, die von den unzähligen kleinen oder größeren Bewoh­nern der tieferen Meeresschichten abgesondert wer­den. Diese Schichten werden mit der Zeit dicker, nachdem immer neue Geschlechter dieser Lebewesen einander abgelöst haben. Dann siedeln sich Enten­muscheln, Korallen, Schwämme, die unzähligen Weichtiere, ferner zahlreiche Meerespflanzen auf dem vernichtetenGebilde von Menschenhand" an, und auf diese Weise zersetzen sich nach und nach auch die hölzernen Teile des Schiffes. Schließlich muß dann wohl eine Zeit kommen, wo der Zerfall ein- tritt, aber niemand ist imstande zu sagen, wieviel Zeit vergeht, ehe ein Schiff durch diese Kräfte völlig aufgezehrt worden ist. Eiserne Schiffe gehen aber jedenfalls sehr viel schneller zugrunde, als hölzerne, da die chemische Wirkung des Meerwassers das Eisen schnell angreift. Auch das Kupfer widersteht diesem Einfluß nicht lange und von allen Metallen sind nur Gold und Platin für das Meerwasser unangreifbar. Eiserne. Schiffe werden also recht rasch gewisser­maßen im Meer aufgelöst, während die völlige Ver­nichtung hölzerner Schiffe wohl mehrere Jahrhun­derte in Anspruch nehmen mag.