die beiden Missionare, die gestern für ihren neuen Posten abgeordnet wurden, bedeutet die bevorstehende Ausreise einen sehr ernsten Gang. Emst und würdig, aber getragen von edler Glaubenszuversicht, verlief die Abordnungsfeier. Reise­prediger Kaul lenkte den Blick der Teilnehmer hinaus aufs weite Missionsfeld, wo noch so viel Arbeit zu tun sei an viel hundert Millionen Heiden, die noch nicht unter den Schall des Evangeliums gekommen seien. Das lege heilige Ver­pflichtungen auf. Exzellenz Graf von Westarp, Gene­ralmajor a: D. sprach im Auftrag einer Vereinigung gläu­biger Offiziere der deutschen Armee, die für den Unterhalt eines der beiden Missionare aufkommen wollen und ihnen wünschen, daß sie wie einstens Josua auf den Herrn blicken und sich von ihm von Sieg zu Sieg führen lassen möchten. In schlichter Weise erzählten die beiden Missionare, die Brüder Kraft und Döpke, ihren Lebenslauf und baten die zurückbleibende Missionsgemeinde, vor Gott ihrer treulich zu gedenken. Heiligen Eifer für Gottes Sache und freudige Begeisterung für ihre ernste Aufgabe hörte man aus den Worten, las man in den Gesichtern dieser jungen Männer. Es folgte unter Gebet und Handauflegung ihre Verpflichtung und Einsegnung, die Missionsinspektor Pfarrer Coerper vomahm. Nachdem noch Prediger Wiese und Fabrikant Blank herzliche Abschiedsworte an die beiden jungen Missionare gerichtet hatten, schloß mit dem Gesang des LutherliedesEine feste Burg" die erhebende Feier.

4t Althengstett, 1. März. Gestern fand hier im Gasthaus zumLamm" die jährliche Ausschußsitzung des Gausänger­bundes statt. Erschienen waren die Vertreter fast aller zum Gau gehörigen Vereine. K i r ch h er r - Stammheim be­grüßte die Anwesenden, worauf der Kassenbericht erstattet wurde. Da beim letzten Preissingen in Merklingen dieser Ort die Hälfte der Preisrichterkosten getragen hatte, so ist ein Keiner Ueberschuß zu verzeichnen. Hierauf schritt man zur Wahl eines Gauvorstandes, da der bisherige Gauvorstand, Hauptlehrer Letsch - Stammheim, nach Dürrmenz-Mühlacker verzogen ist. Gewählt wurde durch Zuruf Kaufmann Wie- landt - Merklingen, Gaudirigent ist Hauptlehrer Wied- meyer- Merklingen. Das nächste Gausängerfest wird wohl in Deckenpfronn abgehalten werden, vorausgesetzt, daß sich genügend Vereine am Preissingen beteiligen. Zum Schluß gedachte der neue Gauvorstand mit Worten des Dankes der selbstlosen, aufopfernden Wirksamkeit des bisherigen Gau­leiters und forderte die Mitglieder der Gauvereine zu treuem Festhalten am Gau und zur Einigkeit auf. Einige frisch ge­sungene Männerchöre beschlossen die harmonisch verlaufene Versammlung.

Neuenbürg, 2. März. Im nahen badischen Huchenfeld brannten heute nacht gegen 1 Uhr Stall, Scheuer und Woh­nung der großen Adlerwirtschaft nieder. Der Schaden be­trägt etwa 60 000 ,F.. Brandstiftung liegt bestimmt vor. Zwei Nachbarhäuser von Fricker und Maier wurden stark be­schädigt. Kurz vor dem Brande fand die Wirtin, die Witwe v. Au, unter ihrem Bett einen eingeschlichenen Menschen; sie beförderte ihn hinaus. Später wurde er nach dem Schopf gehend gesehen, in dem das Feuer ausbrach. Nach dem Brande wurde er verhaftet. Er ist der nicht ganz normale 28 Jahre alte ledige Goldarbeiter Gustav Kröner.

Pforzheim, 2. März. Im benachbarten Dietlingen brach heute nacht schon wieder Feuer aus. Es brannte die Doppel­scheune des Ferdinand Schlittenhardt und des Landwirts Christian Friedrich Bischofs nieder. Es liegt Brandstiftung vor. Der Schaden beträgt 5000 Mark. In Lienzin - gen wurden heute nacht zwei große Scheunen mit erheblichen Vorräten durch Feuer vernichtet. Der Schaden beträgt etwa 30000 Mark. Auch 15 Hühner sind verbrannt. Die beiden Scheunen gehörten 5 Personen. Brandstiftung wird ver­mutet. Außer der hiesigen Feuerwehr waren auch die Weh­ren von Schmieh, Mühlacker und Zaisersweiher tätig.

->> Limmersfeld, 2. März. Hier wurde durch Land­jäger Thumm ein ganz gefährlicher Einbrecher festgenom­men und ans Kgl. Amtsgericht in Nagold eingeliefert. Er hat im Oberamt Ravensburg verschiedene Diebstähle aus­geführt, unter anderm entwendete er einem Bauern 700 ^k.. (Spöttisch bemerkte er dem Landjäger gegenüber, er möchte nur auch das Gesicht des Bauern gesehen haben, nachdem er das Fehlen seines Geldes bemerkte.) Jetzt hatte er im Sinn, sein gefährliches Handwerk in unsere Gegend zu ver­legen, was aber noch rechtzeitig verhindert wurde.

Württemberg.

v. Schillings will zurücktreten.

Generalmusikdirektor am Kgl. Hostheater, Pros. Dr. Max von Schillings hat mit Rücksicht auf die neuerdings gegen ihn gerichteten Angriffe, die auch in einer hiesigen Zeitung zum Ausdruck kamen, um seine Entlassung aus dem Verbände der Kgl. Hostheater gebeten. Das Gesuch ist abgelehnt worden mit der Begründung, daß diese bisher in keiner Weise erwie­senen Beschuldigungen ein solches Gesuch werde rechtfertigen noch einen Anlaß bieten, Herrn v. Schillings das ihm seither entgegengebrachte Vertrauen zu entziehen

Eine Mutier, die ihre Kinder umbringt.

Ulm, 3. März. Die 32jährige Ehefrau Käthe Marion fand sich im Amtsgericht ein und machte die Anzeige, daß sie ihre drei Kinder im Alter von 6 und 4 Jahren und 4 Monaten in Abwesenheit ihres Mannes inihrerWohnungauf- gehängt habe. Die sofort angestellten Ermittlungen er­gaben die Richtigkeit dieser Anzeige; die Kinder wurden teils an der Zimmerdecke, teils an den Türpfosten hängend tot aufgefunden. Was die als fleißig und ordentlich geschilderte Frau zu der unseligen Tat veranlaßte, bedarf erst noch der Aufklärung.

Burger.

Heilbronn, 2. März. Der verhaftete Stadtpfleger Bur­ger befindet sich schon seit Mitte Dezember in Brindisi. Von dort soll er nach Chiafso heraufgebracht werden, doch scheinen die Behörden über die Wertchttansportierung noch nicht schlüssig geworden zu sein. Durch die Schweiz soll Burger, wie die Württemberger Zeitung berichtet:per Schub" ge­bracht werden, weil die Schweizer Eisenbahnen Gefangenen­transportwagen nicht führen. Burger wird die Schweiz in Begleitung von Gendarmen, die sich ablösen, zu Fuß durch­queren müssen und es wird noch einige Zeit dauern, bis er in Heilbronn eintrifst.

Fleischabschlag.

Gmünd, 28. Febr. Die hiesigen Metzgermeister haben den Preis des Ochsenfleisches von 1 auf 95 H, den des Rindfleisches von 95 auf 90 H und den des Kuhfleisches von 80H auf 75 H herabgesetzt. Die Preise der übrigen Fleisch­sorten bleiben wie seither.

Kircheuaustrittsversammlung.

Göppingen, 2. März. Die Kirchenaustrittsbewegung will nun auch hier Boden gewinnen. In einer von dem prole­tarischen Freidenkerverein veranstalteten Versammlung sprach ein Herr Ripp aus Mannheim über denKampf der Kirche gegen die Arbeiter". Er forderte zum Schluß zum Austritt aus der Kirche auf. In erfolgreicher und eindrucksvoller Weise trat dem Redner Dekan Kalchreuter gegenüber, der die christ­liche Kirche gegen die von dem ersten Redner erhobenen An­griffe verteidigte. Der Erfolg der Versammlung soll bezüglich des Kirchenaustritts recht unbedeutend gewesen sein.

Stuttgart, 2. März. Das Haupt der Urach'schen Linie des Hauses Württemberg, Herzog Wilhelm zu Urach, vol­lendet am 3. März sein 50. Lebensjahr. Er ist in Monaco geboren, hat seit 1883 Dienst bei der Kavallerie getan, war

lange Zeit im Generalstab und kommandiert gegenwärtig die 26. Division in Stuttgart.

Oberndorf, 2. März. Heute wurde hier unter allgemeiner Beteiligung und mit der üblichen Feierlichkeit das neue Schulhaus eingeweiht. Ms Vertreter der Schulbehörde war Reg. Rat Dr. Kottmann anwesend. Das nach Plänen der Architekten Bihl und Woltz in Stuttgart erbaute Gebäude be­herrscht infolge seiner Größe und Lage die Stadt und das Neckartal. Es ist modern eingerichtet und enthält neben Fest­saal, Lehrerzimmer etc. 12 Klassenzimmer für 70 Schüler und 2 Klassenzimmer für je 54 Schüler. Die Baukosten betrugen rund 300000 Mark.

Lackendorf OA. Rottweil, 2. März. Einen Weg von 205 000 Kilometer hat Postbote Langenbacher hier zu Fuß zurückgelegt. Er besorgt seit 27)4 Jahren den Postgang für Lackendorf und Stetten (in den ersten Jahren auch für Flöz- lingen). Die Postsendungen werden abgeholt erstmals in Hochwald, für den zweiten Gang in Rottweil, woraus sich eine Tagesleistung von mindestens 24 Kilometer, eine Jah­resleistung von 7500 Kilometer ergibt. In Anerkennung seiner gewissenhaften Amtsführung wurde er mit der silbernen Verdienstmedaille ausgezeichnet. Der Militärverein, dessen eifriges Mitglied er ist, beehrte laut Schwarzw. Volksfreund seinen treuen Kameraden durch eine Keine Feier.

Lonsingen OA. Urach, 2. März. Ein lOjähriger Knabe von hier gratulierte dem König zum Geburtstag. Er schrieb ihm einen Brief mit dem Bemerken, daß er selbst seinen Ge­burtstag am 25. Februar feierte und auch Wilhelm heiße. An das Schultheißenamt kam nun ein Kistchen, gefüllt mit Schokolade und Gebäck, samt einem Schreiben aus der könig lichen Kanzlei, worin sich diese im allerhöchsten Aufträge für den Glückwunsch bedankt und ihrerseits dem Schreiber des Briefes zu seinem Geburtstage gratuliert.

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Der deutsche Reichstag

erledigte am Samstag den Eisenbahnetat und begann gestern die zweite Lesung des Postetats.

Der Krankheitszustand der Wer.

Straßburg, 2. März. In einer Zaberner Korrespondenz eines hiesigen Blattes war behauptet worden, daß im Jnf.- Regt. Nr. 99 ob des langen Aufenthalts in den unglücklichen Baracken von Bitsch und Oberhofen eine ganze Menge Er­krankungen vorgekommen seien. Demgegenüber stellt eine aus amtlicher Quelle stammende Mitteilung der Straßburger Neuesten Nachrichten fest, daß die Unterkunftsverhältnisse auf den Truppenübungsplätzen Bitsch und Oberhofen denen eines Standorts in nichts nachstehrn. Trotz der unwirtlichen Witte­rung der vorausgegangenen Wochen ergibt die Krankheits­statistik, z. B. für 1. Februar d. Js. keinen ungünstigen Stand. An diesem Tage hatte das erste Bataillon des ge­nannten Regiments in Oberhofen 17 Kranke, davon 1 im Revier, das zweite Bataillon nur 16 Kranke, davon 6 Re­vierkranke.

Gegen die Soldatenmißhandluugen wendet sich ein Erlaß des bayrischen Kriegsministers. In ihm werden strenge Strafen denjenigen Vorgesetzten Militärs angedroht, die direkt und indirekt zur unwürdigen Behand­lung von Mannschaften beittagen. Der Soldat müsse die Em­pfindung haben, daß seine Vorgesetzten auf gute und gerechte Behandlung sehen.

Gegen die »Berliner".

Köln, 2. März. Die gestern von der Zentrumspartei nach Köln einberufene Protestversammlung gestaltete sich zu einer großen Kundgebung gegen die Berliner Richtung und gegen den Grafen Oppersdorfs. Die Versammlung war von mehr als 4000 Personen besucht. Viele hundert Zustimmungs­erklärungen aus allen Teilen des Reichs waren ihr zugegan­gen, die Protest erhoben gegen dieIntegralen". Nach

BulkaMsdrW j, aller md aeaer Zell.

Von OberreallehrerDr. Brösamlen-Calw

ll.

Wir wenden jetzt unsere Aufmerksamkeit wieder dem Kraterschlunde und dessen Lebensäußerungen zu. Auf seinem Boden baut sich zeitweise ein kleiner Aschenkegel auf, aus dessen Oeffnung ständig Wasserdampf quillt, der durch seinen Schwefelgehalt das Atmen erschwert. Von Zeit zu Zeit kommen glühende zähflüssige Klumpen, Bomben, kleinere Steine. Lapilli, und seiner Aschenregen hervor. Der größere Teil dieser Massen fällt in den Krater zurück, nur weniges bleibt auf dem Abhang des Kegels liegen. Blickt man bei Nacht nach dem Gipfel des Berges, so scheint er Feuer zu speien, weil dann die glühende Lavamasse des Kratergrundes einen Wider­schein in der Dampfwolke hervorruft, und weil hin und wieder die glühenden Bomben als Feuerkugeln den Berg herabrollen.

Recht harmlos also im großen und ganzen ist die gewöhnliche Tätigkeit des Vulkans. Tod und Verder­ben bringt aber der Feuerschlund, wenn es nach langer Ruhepause den aufwärts drängenden hochgespannten Gasen gelingt, den sperrenden Lavapfropf zu sprengen. Durch eine gewaltige Explosion wird das Magma empor­geschleudert, zu Fetzen zerrissen, ja zu feiner Asche zer­stäubt. Wenn die Kraft der Gasexplosionen erschöpft ist. bricht die Lava als Strom hervor, zuweilen aus dem Gipfelkrater, meist aus seitlichen Spalten. Bei ganz großen Katastrophen, wie von 1872 und 1906, wird da­gegen zuerst der Krateroerschlutz durch Lavaausbruch ge­

lockert; dann wird die verderbenbringende Dampfwolke, mit Asche und Bomben beladen, in die Höhe gejagt.

Der größte Ausbruch desVesuv ist der vom Jahre 79 n. Ehr. Niemand wußte bis dahin, daß der Berg ein Vulkan sei. In der Tat, in einem Krater, wie dem heutigen, hätten jene Sklavenhorden, die 73 v. Ehr. aus der Fechterschule in Lapua ausgebrochen waren und die Umgegend brandschatzten, niemals Zu­flucht und Schutz finden können. Strabo berichtet über den Zustand des Berges:Oberhalb liegt der Ve. suv ringsum herrlich bebaut bis auf den Gipfel; dieser ist zwar eben, aber ganz unfruchtbar, von aschigem Aus­sehen, mit durchlöchertem rußfarbigem Gestein, als hätte diese Stätte einmal gebrannt und Feuerschlünde ge­habt." Darnach bildete der Berg einen einfachen Kegel mit ganz flacher Kratereinsenkung. Der Ausbruch vom Jahre 79 veränderte die Gestalt des Berges völlig: die Mitte samt der seewärts gelegenen Flanke wurde in die Luft gesprengt; inmitten der so entstandenen huf­eisenförmigen Vulkanruine schütteten die niederfallen­den Stein- und Aschenmassen einen neuen Kegelberg, den heutigen Vesuv, auf. Ueber die Vorgänge des Schreckenstages es war der 24. August 79 sind wir durch den jüngeren Plinius genau unterrichtet (sein gleichnamiger Oheim fand bei dem Versuche, den bedrängten Küstenbewohnern von der See her Hilfe zu bringen, den Tod durch giftige, vom Wind herbeigeführte Gase). Kurz nach Tagesanbruch leitete ein heftiges Erdbeben den Untergang der drei blühenden Orte Her- kulanum, Pompeji und Stäbiae ein. Dann erhob sich über dem Gipfel eine Riesenwolke aus Wasserdampf und

Asche, deren Gestalt Plinius mit einer Pinie vergleicht. Als die Asche in dichtem Regen zur Erde fiel, bedeckte eine furchtbare, nur durch grelle Blitze erhellte Finster­nis Land und Meer. Wolkenbrüche verbanden sich mit dem Vulkanstaub zu einem ungeheuren Schlammstrom, der sich bis zum Meere hinunterwälzte, die Stadt Her- kulanum etwa 20 Meter tief begrabend. Die daußen in der Arnoebene gelegenen Orte Pompeji und Stabiae fielen den vom Wind herbeigeführten Bimsstein- und Aschenmassen zum Opfer. Heftige Gewitterregen ver­kitteten nachträglich die losen Schuttmassen zu einem festen Tuff. In diesem Tuff wurde wie durch eine groß­artige Augenblicksaufnahme der Natur ein Stück anti­ken Lebens und antiker Kultur festgehalten. Nach fast 2000jähriger Ruhe ersteht es wieder durch großzügig an­gelegte Ausgrabungen vor unseren staunenden Augen. Die Einbettung muß ungemein rasch und ohne sonder­liche Hitzegrade vor sich gegangen sein, denn Wohnhäu­ser und Tempel, Hausgerät und Bildwerke werden in wunderbarer Erhaltung zu Tage gefördert. Mitunter stößt die Spihhacke des Arbeiters auf Hohlräume; sie werden vor der weiteren Ausräumung mit Gips ausge­gossen. Es handelt sich um getreue Hohlformen umge­kommener Menschen oder Tiere. Viele dieser Eipsaus- güsse wirken in ihrer lebendigen Tragik ergreifend auf den Beschauer: da ein Spaziergänger auf dem Weg niedergekauert, die Hände wie zum Schutz über den Kopf erhoben, dort ein Häuflein Menschen in der Ecke eines Hauses zusammengedrängt eine ganze Familie im Tode vereint.

(Fortsetzung folgt.)