Amts- und Anzeigebiatl für den Oberamtsbezirk Lalw.
89. Jahrgang.
«,sL,inu»gr k,vck LaUo für i N»ilam«u 2S Psg
Dienrtag, -sn S. März
S«KUg<pretL. Anver Stadt mtt Trägerlohn ML. 1.25 viertelMhrlrch, Post- be»ug-pret< für den OrlS- und NachbarortSverkehr Mk. 1.80 im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.
Amtliche NekÄNntmach«ngen.
§. Oberami Lalw.
Auf die im „Staatsanzeiger" Nr. 48 (Beilage) erschienene Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft vom 18. d. Mts. betreffend die Abhaltung von Prüfungen im Hufbeschlag an den Lehrwerkstätten für Hufschmiede, werden die Interessenten hiemit. hingewiesen.
Der „Staatsanzeiger" kann bei den Herren Orls- vorstehern eingesehen werden.
Den 28. Februar 1914.
Neg.-Rat Binder.
Die Kriegsbrauchbarkeit unserer Pferde.
Der Oberstleutnant und Kommandeur des Ulanenregi- mcnts Nr. 14, Veit, behandelt in einem Artikel im „Tag", in Anknüpfung an die Erfahrungen des 70er Krieges wie des letzten hürkisch-bulgarischen Krieges, welch letztem er als Divisionskommandeur selbst mitgemacht hat, in sehr bemerkenswerter Weise die Kriegsbrauchbarkeit der Pferde. Die von Veit auf Grund eines früheren Artikels des „Militärischen Wochenblattes" mitgeteilten Zahlen sind erschreckend. Hiemach waren allein die Marschverluste bei einer Division ^6 Kavallerieregimenter) 576 Pferde, also annähernd die Sollstärke eines mobilen Regiments. Bei einem Zukunftskrieg rechnet Veit aber noch mit erheblich größeren Marschver- kusten. Aber wenn auch nur durchschnittlich 100 Pferde durch den Marsch verloren gingen, so würde das — sagt Veit — bei 110 Regimentern der deutschen Kavallerie 100 mal 110 — 11060 Pferde betragen, also etwa die Sollstärke von drei Kavalleriedivisionen oder 18 ganzen Kavallerieregimentern! Welch ein enormer Verlust an Aufklärungs- und Gefechts- kraft unserer Waffee, und dies in wenigen Wochen oder Monaten! Und das sind nur die gefallenen Pferde, nicht die zahlreichen bei der Bagage gehenden, die sogenannte „Kolonne", und diejenigen, welche in die Pferdedepots zurückgeschickt werden. — Das Husarenregiment 13 rückte anfangs Dezember nur noch mit 382 Pferden aus; 220 waren nach drei Monaten abgegangen.
Den Grund für diese erschreckende Erscheinung findet der Reiteroffizier in der geringen Wider st andsfähig- keitunseres Pferdematerials, das er darum auch mit dem kleinen, asiatischen Pferd vergleicht, das eine viel größere Anspruchslosigkeit und Dauerhaftigkeit besitze. Er selbst habe während des ganzen Feldzuges durch 6 Monate ein einziges Pferd dieser Zucht geritten und mit ihm biwakiert, während seine Kameraden, die ungarischen Pferde, die den preußischen gleichen, ritten, vier bis fünf Pferde zur Strecke brachten. Die Kavalleriepferde seien bei uns eben degeneriert und nicht gehörig abgehärtet. Man sehe viel zu sehr auf die Größe der Pferde, auf „glattes" Haar usw., während die Leistungsfähigkeit nicht von der Größe, sondern von der Stärke derselben, vom gesunden Huf, den kräftigen Beinen und der Anspruchslosigkeit abhänge. Der aus der Erfahrung urteilende Reiterosfizier schreibt:
„Ist es kriegsmäßig, daß wir für unsere Kavallerie in den wenigen Manövertagen das Biwakieren ängstlich zu vermeiden suchen? — Diese Angst entspringt aus der richtigen Erkenntnis, daß wir unser verwöhntes, beinschwaches Pferd nach wenigen Biwaks fast ungeeignet finden müssen, weitere Manövertage durchzuhalten. Was nützen die Rufe nach Kavallerievermehrung, wenn bei unserem beinschwachen Pferde in kurzer Zeit ganze Divisionen auf der Strecke liegen werden! Daß es unseren Nachbarn vielleicht noch viel schlimmer ergehen wird, ist bei diesen Ueberlegungen ganz gleichgültig und behebt uns nicht um unsere Sorge um unser Pferd. Das preußische Pferd ist durch eine lange Friedenszeit und durch unsachgemäße Aufzucht verweichlicht und nicht hart genug!
In der Truppe mehr Abhärtung! Tägliches Reiten auf hartem Boden zur Kräftigung von Huf- und Knochen, häufiges Biwakieren im Frühling und Sommer vor der Manöverzeit, vor allem aber Beseitigen der weichen Strohstreu im Stalle, die das Bein schwächt wie das Lotterbett den menschlichen Körper, die der Orient nicht kennt, wo das Pferd tagsüber auf einer harten Lehmtenne steht, die die Luft zudem nicht verpestet, und die besonders den Huf, wel
cher bei dem arabischen Ahn des preußischen Pferdes auf dem Felsboden entstand, verweichlicht und degeneriert.
Man Härte die Pferde bei jedem Wetter systematisch im Freien ab und schaffe für die Beurteilung der Stallpflege in einer Schwadron andere Kriterien als das sogenannte „glatte" Haar. Meist nur in der Reitbahn gerittene und ängstlich eingedeckte Pferde sind Treibhauspflanzen und keine Kriegspferde! Wahrhaft helfen jedoch kann nur eine Acnderung in der Aufzucht des Pferdes! Auch das Pferd ist ein Produft der Scholle. Auf ostpreußischem Sandboden geboren, auf Wiesen am Tage sich tummelnd, auf dicker Strohstreu nachts im warmen Stalle stehend, ist der ganze Organismus der jungen Remonte, ihr Bein und Huf, zart und schwach; als kränkliche verweichlichte Kinder kommen sie dann in die Truppe, in den harten Dienst, den sie nicht durchhalten können. Der ostpreußische Züchter und der Staat vermögen hier allein zu helfen. Elfterer Härte die jungen Fohlen ab, er tut damit ein patriotisches Werk! Und der Staat, er eile, die Leinen, arabischen, harten Hengste planmäßig mehr als bisher zur Zucht mit heranzuziehen; man züchte ein kleineres, dem asiatischen ähnliches Pferd. Man gebe die Kürassier- und Ulanenregimenter gänzlich auf, man schaffe in Bezug auf das Pferdematerial, nicht in Bezug auf Tradition und Ausrüstung, die als wichtige Faktoren der Kavallerie verbleiben müssen, eine Einheitskavalle- r i e, bei der das Husarenpferd mir als Typ vorschwebt."
Ktadt, Bezirk «m- Nachbarschaft,
Calw, den 3. März 1914.
„Was du ererbt von deinen Bätern hast . . .
Ein zeitgemäßes Mahnwort.
II.
Mancher Gegenstand wird vielleicht in Ermanglung eines anderen modernen Stückes nur noch „geduldet", während ein anderer, dem bereits seit Jahren Gnaden- und Galgenfrist gewährt wird, in irgend einem Winkel aus der Bühne oder in einer Rumpelkammer lichtlos dahinvegetiert. Wie es denn eine Pflege für die „ausrangierten" Haushaltungsgegenstände auf dem Lande, wo man die Altertumswerte als solche überhaupt nicht zu schätzen versteht, kaum gibt. Da darf es einen dann nicht Wunder nehmen, wenn sich die alten Sachen bei einer anläßlich der Veräußerungsfrage sich ergebenden Besichtigung durch die Verkaufslustigen nicht eben im rosigsten Lichte präsentieren und in den Leuten, die den betreffenden Gegenstand veräußern wollen, der Gedanke an dessen Ehrwürdigkeit, Eigenart und Schönheit nicht besonders rege wird.
Vielleicht kommt auch der Sohn vom Militär und die Tochter vom Dienst in der Stadt zurück. Letztere weiß alles mögliche von den „schönen Möbeln" der „Herrschaft" zu erzählen. „Modern" ist bei den beiden jungen Leuten Trumpf. Die Alten aber sind mit ihrer pietätvollen Anhänglichkeit an ihre alten Sachen allein, die Kinder tun ein übriges; die Tochter verehrt ihren Eltern ein paar Blumenvasen aus der Stadt in den bekannt-blöden Aufmachungen, der Sohn hat sonstige Produkte und Feinheiten des Kunstraffinements der Städter zur Hand und versteht dieselben entsprechend zu verwerten. Die feinen Heiligenbilder an den Wänden müssen leeren Lithographie-Machenschaften weichen, deren Motive den beiden Alten womöglich überhaupt nicht verständlich sind. Der alte Kasten von anno dazumal paßt auch nicht mehr herein. Also hinaus mit ihm. Die Truhe dito. Das Spinnrad ist ein längst überwundener Standpunkt. Die Tochter weiß ja etwas „modernes" dafür. Gut, als raus auch mit diesem. So frißt die Sache um sich, wie der Schwamm, wenn er in einem Hause steckt. Nach kurzer Zeit ist dank der Neuerungssucht der Jungen aus der gediegenen Bauernstube mit all ihrem anheimelnden drum und dran ein stilgerechtes „Stadtzimmer" geschaffen. Die jungen Leute sind nun befriedigt. Flitter, Tand und Mode regieren. Es fehlt an nichts, nur an dem — Reiz und der schlichten Schönheit von früher.
Wie sich die Leute da versündigt haben, das wollen sie nicht erkennen und zugeben. Daß es aber mit der
Ruhe, Behaglichkeit und der schlichten Sauberkeit der früheren Stube rum ist, das fühlen sie nun instinktiv. Nicht selten, aber auch gar nicht selten, kann da so eine Bauersfrau nach der vollzogenen „Renovierung" dann zu einem sagen: „I hätts solle net macha, 's isch ja wohl net arg schö meh gwe, aber 's fehlt mer halt emmer ebbes." Die Lücke, die das Stück gerissen hat. und die Leere, die die Leute bei deren Anblick immer wieder empfinden, läßt sie jetzt, nachdem der Gegenstand für sie verloren ist, erst den Wert und die Notwendigkeit desselben erkennen. Das sind in der Hauptsache die Beweggründe, welche die Landleute veranlaßen, ihre Altertümer zu veräußern. Wohl lassen sich Statistiken darüber aufmachen, um wieviele Eisenbahnwaggonladungen alljährlich unser Schwarzwald allein an Altertümern beraubt wird, darüber aber, wieviel ihm dadurch an Gemüts-, Heimat- und bodenständigen Schönheitswerten verloren gehen, laßen sich nackte Ziffern nicht erbringen.
Man mache unsere Bauernhäuser zu Heimstätten alles möglichen Modekrams und Jahrmarkts-Tandc». Man beraube sie ihrer Altertümer vollends, hole, was zu holen ist in den Bauernhäusern und verschaffe den Leuten dafür die zweifelhaften Segnungen und Machenschaften des Molochs Mode. Dafür aber fülle man sein eigenes Haus mit den Schätzen der vom First bis in den Keller geplünderten und durchstöberten Bauernhäuser, was Haben dann letztere uns dann noch voraus an Eigenart und kernigem Reize? Antwort: Gar nichts. Dafür aber stehen all diese Dinge in einem Privathause oder in einer Privatsammlung sauber herausgeputzt da. Aber das ist alles. Haben sie noch etwas von den ideellen Werten an sich, die sie früher hatten, wenn sie jahrelang in einer Privatsammlunng vergraben liegen?
(Schluß folgt.)
Schutz gegen Rücksichtslosigkeit.
Das Monbachtal, das sich von der Nähe des Dorfes Möttlingen gegen das Nagoldtal hinunterzieht, übt durch seine romantische Schönheit alljährlich in steigendem Maße seine Anziehungskraft auf Tausende von Ausflüglern aus. So begrüßenswert die Freude an der Natur ist, so bringt andererseits der Maßenverkehr erhebliche Nachteile mit sich. Der Weg von Möttlingen ins Monbachtal führt eine etwa 2Li Kilometer lange Strecke über ein Wiesental, es ist ein Fußweg, dessen Eigentümer die Wiesenbefltzer sind. Nun begehen diesen ursprünglich schmalen Fußweg besonders an manchen Sonntagen ganze Scharen von Touristen, Vereinen, Schülern, oft in Trupps von 500—600 Personen, die, ohne auf den Graswuchs Rücksicht zu nehmen, zum Teil in Gliedern von 4—6 Personen dahermarschierend, und dadurch auf eine Breite von 5 und mehr Metern den Graswuchs verderben. Den Wiesenbesitzern entsteht dadurch alljährlich ein Schaden, der sich nach gemeinderätlicher Schätzung vorige» Jahr auf 300—400 ..F. belaufen hat und der den Betroffenen von keiner Seite ersetzt wird. Infolge der berechtigten Beschwerden der Betroffenen hat sich der Gemeind erat Möttlingen veranlaßt gesehen, die Benützung des Fußpfades für Fremde gänzlich zu verbieten und das K. Oberamt zu ersuchen, dieses Verbot durch entsprechende Anweisung der Landjägermannschaft durchführen zu helfen. So bedauerlich diese Maßregel für die Touristen sein mag, so berechtigt erscheint sie als Abwehr gegen die Rücksichtslosigkeit, mit der von mancher Seite oft mit dem Eigentum des Nebenmenschen umgegangen wird.
Leichter Schneefall hat die Nacht über eingesetzt und das Auge erblickte am Morgen weiße Höhen und Wälder.
—tt Bad Liebenzell, 2. März. In jüngster Zeit hat die „Liebenzeller Mission" einen bedeutsamen Schritt vorwärts getan: sie hat die deutschen Admiralitätsinseln in ihr Arbeitsgebiet ausgenommen. Diese fast noch ganz unerforschten Inseln in der Südsee werden noch von Menschenfressern bewohnt, und erst seit kurzem ist es deutschen Schutztruppen möglich gewesen, nach mancherlei Mißerfolgen dort endlich an einem Punkte festen Fuß zu fassen. Es war darum für das Missionskomitee ein schwerer Entschluß, und auch für