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Nr. 261

Montag, 8. November 1926.

101. Jahrgang

Der Kampf um die Erwerbslosenfiirsorge.

NochkeineGntscheidungimNeichstag

Die Abstimmung des Reichstags auf heute vertagt.

Berlin, 8. Nov. Der Reichstag ist auch am Samstag mit der Erwerbslosenfürsorge praktisch noch nickst weiter ge­kommen. Lediglich am Vormittag hat sich der Haushaltsaus­schuß eingeschaltet und die Beschlüsse des sozialpolitischen Aus­schusses auf Wunsch des Reichsfinangministers Dr. Reinhold so zusammengcstrickM, dag der Rcichsetat, wie ursprünglich vorge­sehen war, nun doch nur mit 9 Will.. Mark belastet bleibt. Da­mit ist aber auch von der Regierungsvorlage lediglich die Erhö­hung der Unterstützungssätze um 10 Prozent übrig geblieben. Das konnte nun wiederum die Regierung nicht hinnehmen, die sich schon am Freitag abend in einer Kabinettssitzung mit dem Er- werbsloscnproblem beschäftigte, und sich im Laufe des Samstags mit de» Regierungsparteien in Verbindung setzte. Das Ergebnis ihrer Verhandlungen wurde bald darauf in einem neuen Antrag der Koalitionsparteien niedergelegt, der im wesentlichen auf die Wiederherstellung der alten Vorlage hinausläuft.

So standen am Samstag abend die Dinge, nachdem sich im Plenum des Reichstags die Debatte ganz allgemein mit der Er­werbslosennot beschäftigt hatte. Irgend".!!' , neuen Gesichts­punkte traten nicht zutage, wohl aber scheint inan nun auch nach rechts hin unter den Einfluß der Propaganda der sozialdemokra­tischen Gewerkschaften zu gerate», daß eine wirksame Abhilfe nur durch die Einführung des Achtstundentages eintreten kann. Daß die Arbeitslosigkeit heute eine internationale Erscheinung ist, kam leider in der Aussprache nicht zum Ausdruck. Sie ging, nachdem noch einmal Vertreter stfft aller Fraktionen gesprochen hatten, ohne Abstimmung zu Ende. Die Abstimmung soll heute erfolgen. Wahrscheinlich werden die Dinge so laufen, daß die weitergehen­den sozialdemokratischen Anträge abgelchnt mrd die Sozialdemo­kratie sich dann mit der Regierungsvorlage einverstanden erklä­ren wird. Die Ansichten im Reichstage darüber, ob alles diesen mutmaßlichen Verlauf nehmen wird, sind jedoch sehr geteilt. Es bleibt also abzuwarten, ob alles glatt gehen wird, oder ob nicht im letzten Augenblick doch noch irgendwelche unvorhergesehenen Schmier' weiten eintreten.

Die Beschlüsse de« Haushattsausfchutzes.

Dr. Reinhold über die Erhöhung der ErwerbSlosenfürsorgc.

TU Berlin, 8. Nov. Der Haushaltsausschuß des Reichstags nahm am Samstag seine Beratungen nach den Ferien wieder auf und beschäftigte sich mit den Anträgen des Sozialausschusses zur Erwerbslosenfragei Reichsfinanzministcr Dr. Rcinhold be­rechnete die Mehrkosten für die im Sozialausschuß beschlossene Erhöhung der ordentlichen Erwerbslosenfürsorge auf rund 9 Millionen Reichsmark für den Monat. Diese 9 Millionen müsse

bei der mangelnden finanziellen Kraft der Länder und Ge­meinden das Reich allein tragen. Es könne dies nur aus den erhöhten Zolleinnahmen geschehen. Die weitere Voraussetzung sei, daß die Erwerbslosenvcrsicherung am 1. April 1927 verab­schiedet werde. Dagegen sei es unmöglich, dem Beschluß über die Verlängerung der Bczugsdauer für die Ausgesteuerten in der vom Sozialpolitischen Ausschuß beschlossenen Form zuzu­stimmen. Die getrennte Behandlung der Fürsorge könne bis 31- Mürz in der bisherigen Form verlängert werden und diese Sätze könnten prozentual zwischen Reich und Gemeinden ver­teilt werden. Selbstverständlich sei eine Uebergangslösung er­forderlich, aber cs sei auch durchaus notwendig, daß die Er- wcrbsloscnversichcrung, die in den nächsten Tagen dem Reichs­tag zugehen werde, zum 1. April nächsten Jahres vom Reichs­tag verabschiedet werde. Ebenso müsse die Regierung darauf bestehen, daß die Gemeinden entsprechend dem Antrag der Re­gierungsparteien an den Bezügen der Ausgesteuerten beteiligt würden. Dr. Rcinhold betonte weiter, daß der Reichsetat wei­tere 13 Millionen monatlich zu tragen haben würde, wenn die Ausgesteuerten ganz auf das Reich übernommen würden. Ohne Beteiligung der Gemeinden würden die Länder sich weigern, diese Lasten zu übernehmen.

In der Abstimmung wurde das Ersuchen des Sozialpoliti­schen Ausschusses gestrichen, wonach den Erwerbslosen die sog. Anwartschaft erhalten bleiben soll. Weiler wurde der Beschluß des Sozialpolitischen Ausschusses über die Ausgesteuerten wie­der gestrichen. Ebenfalls abgelehnt wurde die Einbeziehung der jugendlichen Erwerbslosen und endlich die Bestimmung, daß die Erwerbslosen laufend aus Kosten der Fürsorge gegen Invalidi­tät zu versichern sind. Genehmigt wurde die Erhöhung der Un­terstützungssätze um 15 bezw. 10 Prozent und der Beschluß, daß die obere Grenze der Fürsorge so zu gestalten ist, daß auch das vierte Kind den vollen Zuschlag erhält.

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Einberufung des Aelteftenrate» des Reichstags.

TU Berlin, 8. Nov. Der Aeltestenrat des Reichstages ist tele­graphisch auf heute vormittag eiiiberufcn worden, um darüber zu beschließen, welche Interpellationen mit der auswärtigen De­batte, die am Dienstag beginnen sott, verbunden werden sollen. Wie wir hören, beabsichtigen die Sozialdemokraten den Antrag zu stellen, den 9. November als Tag des Revolutionsbeginns sitzungsfrei zu lassen, sodaß wenn diesem Antrag entsprochen werden würde, erst am Mittwoch die auswärtige Debatte ihren Anfang nehmen könnte.

Dr. Curtius über die Innenpolitik.

Der Reichswirtschaftsminister in Pforzheim.

TU Pforzheim, 8. Nov. Anläßlich der badischen Eemeindc- wahlen sprach gestern Reichswirtschastsminister Dr. Curtius in Pforzheim überAktuelle wirtschaftliche und politische Fra­gen". Von seiner eingehenden Tätigkeit als Vürgerausschußmit- glied in Heidelberg in den Jahren 1919 bis 1922 ausgehend, legi­timierte der Redner sein Eingreifen in den badischen Gemeindc- wahlkampf in erster Linie mit der Notwendigkeit für den Reichs- wirtschaftsminister, sich in verstärktem Matze mit dem Problem der kommunalen Selbstverwaltung zu beschäftigen. Nicht nur die Fürsorgetätigkeit der Gemeinden, ihre Versorgungsbetriebe so­wie ihre Bcsteucrungstätigkeit und ihre Besteuerungssysteme er­forderten die Aufmerksamkeit der Reichsregierung, sondern dar­über hinaus komme es mit Rücksicht auf die Probleme des Fi­nanzausgleichs auf die Stellung der kommunalen Selbstverwal­tungskörperschaften im gesamten Reichsorganismus überhaupt an. Es scheine, als ob glücklicherweise eine Periode von Mitzver- ständnissw »nd Gegensätzen hinter uns liege und es gelingen würde, im gegenseitigen Vertrauen und Verständnis, unbeschadet d:r Verwaltungshoheit der Länder, ein zur Lösung der vorliegen­den Probleme geeignetes unmittelbares Verhältnis zwischen kom­munalen Eelbstverwaltungskörpern und Reichsregierung herzu- stcllcn.

Für den !b..ucn der Regierung, den Städte», Gemeinde« »nd sonstigen Verwaltungskörpern eine,, verstärkten Einfluß *n den gef, mten Organismus des Reiches zu verschaffe,,, sei der am Freitag vom Neichskabinett gefaßte Beschluß für den endgültigen N-.chswirtschaftsrat, die in der Abteilung 3 vorgesehenen Stim­men der kommunalen Selbstverwaltungskörper um je einen Sitz geniiber den bisherigen Beschlüssen und Entwürfen zu erhöhen, bezeichnend.

Der Mi-ister ging dann auf die Bemühungen zur Verbilli­gung des Eell bczugs d-e Belebung des Kreditmarktes, unmittel­bare Krcdithilfe, das Verufsausbildungsgesetz, das Schankstät- tengesetz, d ie Beseitigung der Wuchcrgesetzgebung »nd die grund-

l.gende Aerden ug des sog. Preisscnkungsgesetzes ein. Im Zu- sammenha g damit teilte der Minister mit, daß er für den Haus- »nd Erundbesiz insofern glaube sorgen zu können, als er ihm eineu befö rderen Sitz im Reichswirtfchastsrat verschaffe. Der Mi­nister drüt - die Hoffnung aus, daß es aus Anlaß der Anwesen­heit des maßgebenden französischen Unterhändlers für die Han­delsverträge schon jetzt gelingen würde, sich über Erweiterungen der im Jahre 1925 festgelegten Grundlage für den baldigen Ab­schluß des endgültigen Handelsvertrages in Deutschland und Frankreich zu einigen.

Der Minister berührte auch die Anpassung der Internationale,, Rohstahlgescllschast an die süddeutschen Verhältniffe. Er habe es für seine Pflicht gehalten, mit Len maßgebenden Herren der Schwerindustrie gerade über diesen Punkt eingehend zu verhan­deln und cs als unerläßlich notwendig bezeichnet, daß Süddentsch- land die bisherigen Bezugswege offen gehalten und ihm die Frie­denspreis-Relation gewährt werden müsse. Es sei zu erwarten, daß die Schwerindustrie die in dieser Frage gegebenen Verspre­chen auch einlösen werde.

Der Minister streifte auch die Frage der Wahlreform. Er de­mentierte dabei das Gerücht, das Neichskabinett habe bereits sach­liche Beschlüsse gefaßt und gab den Bedenken Ausdruck, die in den Kreisen der Deutschen Dolkspartei gegen die bekannt gewordenen Erundzüge des Entwurfs laut geworden seien. Man befürchte, daß die Neueinteilung in über 200 Stimmbezirke die Organisa­tion sämtlicher Parteien durcheinanderbringen würde und viel­leicht auch die Gefahr allzu starker Heranziehung von Kirchturms­politikern mit sich bringe. Jedenfalls bedürfe die Wahlreform­frage gründlichster Prüfung und Beratung.

In seinen Schlußworten berührte Minister Dr. Eurtius auch das Verhältnis zu Frankreich und die Frage der Auswirkung der Thoiry-Vcsprechung zwischen dem deutschen und dem französischen Außenminister. Das Ziel sei nicht nur di« Befreiung unseres Vaterlandes von der militärischen Belastung, sondern auch von der finanziellen Ueberlastnng. Ls sei unzweifelhaft ein« lang­sam« Aufwärtsbewegung in der deutschen Wirtschaft zu beobach­ten, wenn auch die ganze Lage noch als Depression zu bezeichnen sei.

Tages-Spiegel.

Reichswirtschastsminister Dr. Curtius sprach am gestrigen Sonntag in Pforzheim über Fragen der Innenpolitik.

I» Berlin wurde das deutsch-französische Saarabkommen abge­schlossen.

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Der Reichstag hat die Abstimmng über die neue Regelung de» Erwerbslosenfiirsorge auf heute vertagt.

Die kommunistischen Reichstags« bgeorimeten Urbans, Scholen« und Schwan wurden aus ihrer Partei ausgeschlossen.

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Die Reparationslommission bcscisiiftigtc sich in ihrer Samstags­sitzung u. a. mit der Frage der Anwendung des Dawcsplanes und der Ausführung des Friede,isvertrages.

Nach Meldungen aus Kopenhagen ist durch königliches Hand­schreiben das Folkething zmn 1. Dezember aufgelöst worden.

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Das japanische Kabinett bewilligte für das fünfjährige Flotten- Programm 261 Millionen Den nach.

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Präsident Coolidge will bei der nächsten Präsidentenwahl 1928 in den Bereinigten Staaten wieder kandidieren.

Das deutsch-franz. Saarabkommen.

Günstiges Vorzeichen für die deutsch-französischen Handelsvertragsverhandlungen.

TU Berlin, 8. Nov. Am Samstag ist im Auswärtigen Amt eine deutsch-französische Vereinbarung über den Austausch von Erzeugnissen einiger deutscher und saarländischer Industrien unterzeichnet worden. Von deutscher Seite zeichneten Reichs­außenminister Dr. Stresemann und Ministerialdirektor Posse und von ftanzöstscher Seite Botschafter de Margerie und Mi­nisterialdirektor Sesruhs. Die Vereinbarung soll der saarlän­dischen und der deutschen Industrie, besonders der eisenschaffen­den und der eisenverarbeitenden Industrie, die Möglichkeit ge­ben, ihre natürlichen Absatzgebiete zu beliefern. Diese Verein­barung ergänzt das am 5. August 1926 zwischen Deutschland und Frankreich abgeschlossene Abkommen über den Warenaus­tausch zwischen Deutschland und dem Saargebiet und bildet zu­sammen mit diesem eine zwar nicht vollständige, aber doch weit­gehende Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Saargcbiet.

Das Abkommen tritt nach Ratifizierung durch die gesetz­gebenden Körperschaften mit dem 1. Dezember in Kraft und läuft bis zum 31. März 1927. Wenn diesem Abkommen auch nicht die Bedeutung eines deutsch-französischen Handelsabkom­mens beizumessen ist, so ist sein Zustandekommen doch ein Zei­chen für das gemeinsame Bestreben der deutschen und franzö­sischen Regierung, ihre wirtschaftlichen Beziehungen vertraglich zu regeln. Obwohl sich die deutsch-französischen Verhandlungen der letzten vierzehn Tage nur auf dieses Abkommen beschränkt haben, sind die Unterhändler der Ueberzeugung, daß die vor­aussichtlich anfangs nächsten Jahres wieder aufzunehmenden Verhandlungen über eine langfristige Regelung der deutsch- französischen Wirtschaftsbeziehungen von diesem Abschluß gün­stig beeinflußt werden, und daß es dem Bestreben der beiden Delegationen gelingen wird, auch auf diesem Gebiet eine die beiderseitigen Interessen befriedigende Lösung zu finden.

Gültigkeit des Luftfahrlabkommen mit Frankreich.

TU Paris, 8. Nov. Me Direktton des Luftfahrtwesens teilt amtlich folgendes mit: Im Sinne des zwischen der deutschen und französischen Regierung abgeschlossenen Uebereinkommens sind die ordnungsgemäß eingetragenen französischen Luftfahr­zeuge berechtigt, deutsches Gebiet zu überfliegen, ohne vorher die Bewilligung deutscher Behörden hierfür einholen zu müssen. Dassblee gilt auch für deutsche Privatluftfahrzeuge bei der Hebe: fliegung französischen Bodens.

Wie die Telegraphenunion von unterrichteter Seite hie. erfährt, handelt es sich um Inkraftsetzung des im Mai zwisch Deutschland und Frankreich abgeschlossenen Luftfahrtabkoni menS, das seinerzeit zwar paraphiert, aber noch nicht ratifi­ziert wurde. Eine Bestätigung der obigen Meldung lieat an amtlicher deutscher Stelle noch nicht vor.