Calw, den 13. August 1935
Dienstnachricht
Die Pfarrei Althcngstett wurde dem Pfarrer Hermann in Bartholomä, Dek. Aalen, übertragen.
Vom Freizeitlager des BdM. in der Calwer Jugendherberge
Gestern abend zog eine fröhliche Schar BdM.-Mädchen durch die Straßen unserer Stadt. Es waren die Mädchen, die zurzeit in der Calwer Jugendherberge im Freizeitlager weilen. Unter der Führung der Jungmädeluntergauführerin und einiger Calwer Kameradinnen wurden ihnen die Sehenswürdigkeiten unserer Stadt gezeigt.
Acht Wochen
Ende letzter Woche sind unsere ersten Reservisten nach abgcleisteter freiwilliger Dienstzeit in den Garnisonen Luöwigsburg, Heilbronn und Ulm wieder in die Heimat .zurückgekehrt. Die Soldatenzeit ist ihnen allen gut bekommen, und daß sie von ihren Erlebnissen viel zu erzählen wissen, versteht sich. Ein treffender Bericht eines Ersatzreser- uisten mag hier unseren Lesern einiges von den Eindrücken des Soldatenlebens im neuen Deutschland vermitteln.
Soldatenlevcu ist eine Kur
Wer jahrelang keinen Sport mehr treiben konnte, wer etwa Gefahr lief, sich hinter ak- tenbelabenen Schreibtischen einen Bauch an- .znmästen, für den war die Soldatcnzeit bei der „anspruchslosen" Infanterie eine Kur, der hatte nun Gelegenheit, die eingerosteten Knochen wieder gelenkig zu machen und eine gewisse Gewichtsverminderung vorzunehmen.
Wer wirklich Soldat ist und wer es nie werden wird, das stellt sich in der Kaserne meist schon nach wenigen Stunden heraus. Man braucht nur zu sehen, wie sich der ein- .zelne in Ser Kaserne benimmt, wie er sich bei einzelnen Verrichtungen und Hantierungen anstellt. Es hat tatsächlich Mutter- -sö Huchen gegeben, die, als sie sich meldeten, ihre Wochen Dienstzeit als einen nur durch einige Jnstruktionsstunden zu verkürzenden Erholungsaufenthalt für bessere Herren der „Gesellschaft" ansahen und entrüstet ablehnteu, Betten zu bauen und ihr Lederzeug zu putzen, die glaubten, sie müßten einen Burschen gestellt bekommen, weil man ihnen doch „in ihrer Stellung" (!) derartige Arbeiten nicht zumutcn könne.
Wir haben uns gefreut, wenn sie mißmutig, in nicht mehr ganz sauberem Drillichzeug, mit Mülleimern und beleidigter Miene über den Hof schlichen oder mit Besen und Schaufel hantieren mußten. Mit solchen Zeitgenossen wurde kurzer Prozeß gemacht. Sicherem Vernehmen nach soll ihnen sogar der „Heilige Geist" persönlich erschienen sein.
Es gibt auch einige, die sich in ihrer Dienstzeit von Grund auf gewandelt haben. Es ist klar, daß unsere Gruppe natürlich eine geschlossene Kameradschaft war, die wie Pech und Schwefel zusammenhielt und in der es solche „Brüder" nicht gab. Und es ist selbstverständlich, daß natürlich unsere Kompanie die beste gewesen ist! Wer würde von seiner Kompanie etwas anderes sagen?
Ein guter „Landser"
Es gibt Menschen, die mit einem besonderen Spürorgan ausgestattet sein müssen. Sie besorgen einfach alles, sie haben alles und verstehen es wunderbar, jedes Ding zu ihrem Besten zu wenden. Unser „Dicker" hatte stets die besten Uniformstückc. Er verstand es ausgezeichnet, vor jedem Appell zu beanstandende Kleidungsstücke „zur Reparatur" an Schneider- und Schusterstube abzugeben und nagelneue Sachen von der „Kammer" als Ersatz hcrauszubekommen.
Keiner weiß, wie er es fertigbrachte. Aber wenn es Kompott gab, empfing er bestimmt drei Portionen, und das unter den Augen des wachsamen U. v. D.Mit seiner Spürnase hatte er sofort heraus, wenn es irgendwo einen ruhigen Dienst zu schieben galt. Abends pflegte ihn sein Temperament zu überfallen, und erst in tiefer Nachtstunde kehrte er heim. Dafür verstand er es, wundervoll auf dem Marsche zu schlafen und bei -Geländeübungen sofort „volle Deckung" zu nehmen. Er war ein guter Landser!
Wenn wir in heißer Mittagsstunde in unseren Betten dösten, erklang von ferne das Lied des Zielvereins: „Wir sind die besten Schützen, der . . . ten Kompanie. Wir zielen, daß wir schwitzen, doch treffen tun wir nie!" Sie hatten immer nur richtig gezielt, doch leider nie getroffen. Unter Aufsicht eines Feldwebels mühten sie sich nun ab, durch
Ueber den Marktplatz, wo Marktbrunnen und Rathaus bewundert wurden, gings zur Ntckolauskapelle; dann durch die Lederstraße, mit ihren alten Fachwerkbauten, und über den Brühl auf den „Hohen Felsen", um von dort aus einen Blick über Stadt und Tal zu werfen. Ueber das Schützenhaus gings wieder zu der schon recht lieb gewonnenen Calwer Jugendherberge zurück.
Wie wir erfahren, ist die Zahl der Lager- teilnehmcrinnen in den letzten Tagen, obgleich einige ihre Freizeit schon verbracht haben, auf 42 angewachscn. Mit der Lagerführerin und der Köchin sind es also 44 Mädchen, Sie sich im Freizeitlager in der Jugendherberge aufhalten.
Der Aufenthalt im Frcizeitlager soll der Erholung dienen, danach ist auch der Tag
Soldatendienst
vielfaches Heben und Strecken des Gewehrs eine „ruhigere Hand" zu bekommen. Nur Sonnabends wurde der Zielverein abgelüst durch die „Stunde Ser Nation". Da kosteten die übrigen Sünder der Woche unter der „sonnenschützenben Hülle" der Gasmaske in lebhafter Bewegung die Mittagsstunden aus.
Ans dem Exerzierplatz
Wir wollen es zngeben, wir haben schwer geflucht, wenn auf dem Dienstplan stand: 4>L Stunden „formale" Ausbildung auf dem vorderen Kasernenhof; so mit linksum und rechtsum, mit und ohne Gewehr. „Mit Exerzierpatronen laden und sichern!" und dergleichen mehr. Daran haben wir „alten Knochen" so von 28 bis 35 wenig Freude gehabt. Dafür haben unsere Augen gestrahlt, wenn cs ins Gelände ging. Wir hatten vorher sagenhafte Geschichten gehört von unserem Exerzierplatz an tiefem Sand und öder Dürre. Aber dann haben wir bald auf allen Vieren gerobbt mit wahrer Leidenschaft, und am schönsten war es, wenn wir mit einem vielstimmigen „Hineinnnn" und aufgepflanztem Seitengewehr den bösen Feind attackieren konnten. Und das Schießen machte uns viel mehr Spaß, wenn cs richtig knallte.
Die Vorgesetzten
Unser Major? Man hat bei ihm stets gefühlt, daß er ein Herz für seine Soldaten hat und daß er es gut mit ihnen meint.
In der Zeltstadt
Hitler-Jugend schafft sich ihre Schlafgelegenheiten selbst! Ein netter Platz zum Zelten findet sich überall und binnen kurzem steht eine Zeltstadt, wie aus dem Boden gestampft da. Der „Quartiermacher" hat nur eine Sorge: soviel Stroh wie nur irgend möglich herzuschaffen. Zur Ehre der Herrenberger sei's gesagt, sie haben sich dieser Anspruchslosigkeit nicht verschlossen. Die Calwer hatten schnell und gut ihre „nächtliche Bleibe". Eine recht gute Stimmung war vorhanden, aber das ist selten mal anders, wenn Jungs beisammen, „unter sich", sind.
„Patsch naß!"
Eine frisch-nasse und fröhliche Angelegenheit war am Samstag der Auftakt der sportlichen Wettkämpfe, der in bas schön angelegte Herrenbergcr Freibad führte. Das Auge mußte einem tränen, wenn man damit Calws eigene Schwimmgelegcnheiten verglich. Stammheims und Bad Liebenzclls Schwimmstätten sind zwar reizvoller, aber leider fast unerreichbar für das tägliche Bad des Werktätigen. So rächte sich an den Calwer schwimmbegeisterten Jungen die mangelnde Trainingsgelegenheit und setzte sie, im Gros genommen, ins Hintertreffen. Ein Glück, daß der Bann-KS.-Leitcr ein . . . Cannstatter war, er konnte so Calw trotzdem noch drei Erste erschwimmen. Bei den Staffelwettkämpfen reichte es Calw auf die zweiten Plätze.
Gepäckmarsch mit „15" im Asse«
Nach der Morgenstärkung („Vliemchen"- Kaffee) aus der Feldküche stellten sich W Mannschaften unterbannweise zum 10-Kilo- metcr-Gepäckmarsch. So wie sie sich in Marsch setzten, mußten sie in Stunden geschlossen wieder zurückkehren. Nur so konnten sie die „100 Punkte" erreichen. Und da es außerdem keine Uebcrpunkte gab, war einer rekordsüchtigen Ucberbeanspruchung zum Schaden der nächsten Tagesleistungen weitmöglich ein Riegel vorgeschoben.
Gegen 23 Uhr marschierten auch die letzten Mannschaften in voller Ordnung durchs Ziel.
„Früh morgens, wenn die Hähne kräh'«"
Die Lagerjugend ist das nicht anders ge-
eingeteilt. Frühmorgens geht es aus dcu „Federn", anschließend folgt im nahen Stadtgarten die Morgengymnastik, auf die das Frühstück umso besser schmeckt. Der Morgen ist bann meist der Freizeit gewidmet. Beim Mittagessen wird kräftig eingehauen; das nahrhafte Essen, die anschließende Bettruhe und die kräftige Luft unseres Tales machen cs nicht verwunderlich, wenn fast allgemein Gewichtszunahmen zu verzeichnen sind. Am Nachmittag gehts oft zum Baden oder cs werden Ausflüge gemacht. Abends vereint dann ein Heim- oder Schulungsabend die Mädchen, denn neben der Erholung soll die Schulungsarbeit nicht vergessen bleiben. Mit gemeinsamen Liedern vergeht der Abend nur zu rasch, denn im Frcizeitlager geht es bald zu Bett.
als Reservist
Unser Hauptmann? Unser Hauptmann war ein Mann, für den die ganze Kompanie jederzeit durchs Feuer ging. Alte „Zwölfender" raunten, sie hätten schon fabelhafte Vorgesetzte gehabt, noch nie aber einen solchen wie unseren Hauptmann. Er war ein Nationalsozialist vom Scheitel bis zur Sohle, ein Soldat durch und durch und eine Führernatur, wie sie nicht alltäglich ist.
Unser Oberleutnant? Den hatten wir schon gern „von wegen der Marscherleichtc- rung", für die er stets zu haben war. Mit jugendlicher Frische hat er Sturmangriffe mit uns gemacht, die sich schon sehen lassen können.
Unser Feldwebel? Ein straffer, vorbildlicher Soldat! Er war SA.-Sturmführer, wie überhaupt sich unter dem Ausbil- üungspersonal eine Reihe von SA.-Führern befanden, die ins Heer zurückgekehrt sind. Ganz selbstverständlich, daß er ein Nationalsozialist war, und mit Stolz erzählte er von seinem Kursus auf der Reichsführerschule der SA.
Unser Unteroffizier? Der hat uns, wenn es nicht anders ging, auch dann und wann harte Worte gesagt, immer aber trat er bis zum letzten für seine Gruppe ein, und nie gab er einen von uns preis, wenn er etwas ausgefressen hatte. Wir haben es ihm gedankt durch Mühe und Leistung.
wöhnt. Ab Fünfe fängt man die Viertel- stunöenschläge der Kirchturmuhr mitzuzählen an, cs krabbelt rundum; urwüchsiger Mutterwitz führt in den sich übersteigernden Zurufen. Die Calwer hatten gar hohen Besuch vom Gebiet im Zelt. Oberbannführer Uhland schlief mitten unter uns. Um Sechs war alles von selbst vor den Zelten, und die „große Wäsche" konnte beginnen. Jetzt ein flotter Lauf und Morgengymnastik, zeltschaftweise. Alles ist wieder eingespielt in unserm Organismus. Nun aber Kaffee gefaßt, ein kleiner Gegendienst verschafft Bauernbrot dazu. Um Sieben steht alles in mustergültiger Ordnung zur Morgenfeier angetreten, die die Herrenberger HI. gestaltete.
Die Wettkämpfe begirme«
Auch da zeigt es sich wieder: alles ist gut vorbereitet. Die Mannschaften sind auf die einzelnen Bahnen verteilt, und schon hagelts auch schon Keulenwurf-„Geschosse" durch die Lust, schlanke, wohlgebaute Jungenkörper schnellen im Weitsprung über die Meterlängen hinweg, drüben spurten die 100-Meter- Läufer. Was ist noch viel zu erzählen, die „Hitlerjugend"-Beilage bringt es in Zahlen gefaßt, für das Calwer Interesse zusammcn- gestcllt. Danach steht die Calwer Gefolgschaft im Mannschaftsvierkampf, auf den es beim Bannsportfcst der HI. ja am meisten ankam, an ehrenvoller zweiter Stelle. Auch in den Einzelkämpfen sprach Calw ein gewichtiges Tatwort mit.
Ans dem Sportplatz beim Freischwimmbad Die leichtathletischen Kämpfe waren zu Ende, jetzt kam bas Kampfspiel im Hand- und Fußball zu seinem Recht. Calw hatte, stark crsahgeschwächt, das Freilos zum Vorentscheidungsspiel im Fußball „bis zur Entscheidung" gegen Horb gezogen. Die Sonne brannte auf die Köpfe nieder, der Kick aber erforderte eine „dreimalige Spielverlängerung" auf eine nahezu 3>Lstünbige Spielzeit. Am Schluß mußte sich Horb mit 1:2 geschlagen bekennen. Die Hitze veranlaßte indessen die Calwer, deren zweite Mannschaft infolge einer Beerdigung in Bad Liebenzell am Erscheinen verhindert war, unter Preisgabe des Sieges in der Bann-Fußball- >
Schnappschüsse vom Bannsportfest der H3.
Schwarzes Brett
vaNeiamIIIL. Nackdruck verbolru.
Calw, den 13. August 1935
Kreisfnnkstclle Calw. Von einem erkrankten Teilnehmer habe ich eine Fahrkarte zur Berliner Funkausstcllung frei. Anmeldungen und nähere Auskunft bei der Krcisgeschäfts- stelle Calw (Altes Postamt).
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HI. Baun 128. Vom 12.—25. August ist allgemeiner Diensturlaub. Ausgenommen sind einige Standorte, in denen noch Bann- oder Unterbanndienst durchzuführcn ist.
Meisterschaft auf den Endkampf gegen die weitaus frischere Mannschaft des Platz-Unterbannes zu verzichten. Und so kam Herrenberg auf sichere Weise zur zwcitmaligen Fußballmeisterschaft des Bannes. Au, beiden Lagern angefeuert, lieferten sich Freudenstadt und Herrenberg im Handball das Entscheidungsspiel. In der ersten Halbzeit sah cs nach einer leichten Ueberlegenhcit der Herrenbergcr aus. Aber Freudenstadt hptte sich „was vorgenommen" und dies war, die Bannmeisterschaft heimzubringen. Es erkämpfte sie sich redlich durch einen 6:4-Sicg.
Der Aufmarsch der Uuterbanne zur Großkundgebung
In straffer Disziplin marschierten die 1000 Hitlerjungen hinter ihrer Bannfahne und den Gefolgschaftsfahnen durch die fahnengeschmückten Straßen Herrenbergs zum Marktplatz. Zackige Märsche der Spielmannszüge erklangen. Unterbannführer Paul Renz sprach die einleitenden Worte des Sprechchores, Kreisleiter Dr. Lcchler hielt dann die Rede, in der er u. a. auch die konfessionellen Fragen streifte. Die Rede wurde mit stärkstem Interesse ausgenommen. Abschließend nahm Vannführcr Waidelich den Vorbeimarsch der Tausend ab. Gegen 6 Uhr konnten die Unterbanne nach Abschluß der Preisverteilung in ihre Standorte zurückfahren, während die Führerschaft noch zu einer Tagung eine Stunde zusammenblieb.
Joel.
Calwer Wochenmarkt
Bei dem am letzten Samstag in Calw stattgehabten Wochenmarkt wurden folgende Kleinhandelspreise bezahlt: Kartoffel 8—9, Brockelcrbsen 25, Stangenbohnen 20—25, Buschbohnen 20, gelbe Rüben 12—15, Spinat 20, Tomaten 20—30, Zwiebel 10—12, rote Rüben 15, Weißkraut 12—15, Wirsing 12 bi.s 15, Blaukraut 15—20 je das Pfund. Gurken 10—30, Kopfsalat 6—10, Endivien 10—12, Nettig 6—10, Blumenkohl 10—30 je das Stück. Frühäpfel 25—30, Pfirsiche ausl. 60 bis 55, inl. 35, Zwetschgen 30 und 32, Trauben 65, Birnen 20—35, Pflaumen 15—20, rote Träuble 25, Stachelbeeren 20, Einmachgurken 76—80 je bas Pfund. Frische Eier 10 Pfennig das Stück.
Voraussichtliche Witterung für Mittwoch und Donnerstag: Es ist zur Unbeständigkeit geneigtes Wetter zu erwarten.
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Hochdruck, der bisher die Wetterlage chte, ist im Abbau begriffen. '
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