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Nr. 242

Amts- unck Anzeigeblatt für cken Oberamtsbezirk ^alw.

Freitag, den 16. Oktober 1925.

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Zernsprecher Nr. S.

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SS. Jahrgang

Der Sicherheitspakt angenommen.

Noch keine Lösung der Rheinlandsragen und Ostverträge. Die entscheidende Sitzung.

TU Locarno, 1K. Okt. D>e Konferenz von Locarno hat kn ihrer gestrigen Vollsitzung den Eesanutext des Entwurfes des Eicherheitspaktes angenommen.

Die gestrige Vormittagsvollsrtzung der Konferenz, in deren Verlauf der Sicherheitspakt angenommen wurde, fand nach ein- einhalbstündiger Dauer kurz nach 12 Uhr ihr Emde. Im Anschluß an die Sitzung fand noch eine kurze persönliche Besprechung statt. Benesch, der als letzter aus dem Gebäude trat, äußerte, daß die Verhandlungen einen sehr glücklichen Verlauf genommen hät­ten und daß alles so gut wie fertig sei. Man dürfe hoffen, daß die Konferenz am Samstag ihr Ende erreicht haben werde.

Der amtliche Bericht.

Das Lommunique über die gestrige Sitzung hat folgenden Wortlaut:

In der heutig!

Lntwurs eines Sicherheitspaj

gen 8.

i. Vollsitz, heitspakt

ung wurde der Eesamttext für den

die Frage der Schiedsverträge auf die Tagesordnung gesetzt. Die Vertreter Polens und der Tschechoslovakei wurden eingeladen, an der Sitzung tellzunehmen, um den Bericht der Rechtssachver- ftändigen über ihre Arbeiten hinsichtlich der Entwürfe von Schieosverträgen zwischen Deutschland und Frankreich bezw. Deutschland nnd Belgien mit auzuhören. De» Text dieser Entwürfe wurde von den beteiligten Delegationen angenom­men.

Die Vertreter Polens und Tschechoslovakei machten alsdann Mitteilung über den bereits fortgeschrittenen Stand ihrer eige­nen Verhandlungen mit den Vertretern der Regierungen über den Entwurf von Schiedsvcrträgen zwischen Deutschland und Polen bezw. zwischen Deutschland und Tschechoslovakei. Es wurde be­schlossen, die endgültige Annahme der, verschiedenen Verträge so­wie di« Erörterung der Frage des Zeitpunktes einer Veröffent­lichung einer späteren Sitzung vorznbehalten."

Veröffentlichung des Westpakts am Mittwoch.

TU Locarno, 16. Okt. Die Konferenz hat beschlossen, den Si­cherheitspakt nicht in Locarno zu veröffentlichen, sondern ihn am nächsten Mittwoch gleichzeitig in allen Hauptstädten der Oeffent- lichkett zu übergeben.

Aus Locarno wird gemeldet, daß der Sicherheitsvertrag vor seiner Unterzeichnung dem französischen und englischen Kabinett Zorgelegt werden wird.

Zurückhaltung in Berlin.

Noch keine Endlösung.

TU. Berlin, 16. Okt. Die Tatsache, daß in der gestrigen Vollsitzung in Locarno dem offiziellen Communique zufolge der Gesamttext für den Entwurf eines Sicherheitspaktes angenom­men ist, könnte zu voreiligen Schlüssen verleiten. In politischen Kreisen Berlins äußert man sich hierüber dahin, daß selbstver­ständliche in der Konferenz hierüber einmal abgeschnitten werden müsse, daß es sich aber bei der Annahme des Textes für den Sicherheitspakt durchaus nicht um letzte Lösungen handle. So sind.z. B. die Fragen der Schiedsverträge mit der Tschecho­slowakei und mit Polen noch ungeklärt. Es ist sogar damit zu rechnen, daß sie, besonders was Polen angeht, noch erhebliche Schwierigkeiten machen werden. Ferner haben auch die Fragen der sog. Rückwirkungen noch keine befriedigende Lösung ge­funden.

Don der Bereinigung dieser Fragen aber dürste es abhän- gen, ob «in Sicherheitspakt zur Tatsache wird oder nicht. Auch Meldungen über einen unmittelbar bevorstehenden Abschluß der Konferenz entbehren zurzeit jeder Grundlage. Der Abschluß der Konferenz läßt sich vielmehr erst voraussehen, wenn eme Re­gelung aller Fragen erfolgt ist. Di« Frage der Unterzeichnung vss Paktes wird erst akut, wenn sich der Abschluß der Konferenz übersehen läßt. Die deutsche Delegation hat bestimmte Richt­linien, innerhalb derer sie sich frei bewegen kann. Obste die etwa zustandekommenden Abmachungen schon dort in Locarno unter­zeichnet, oder ob für diese Unterzeichnung ein späterer Zeitpunkt und ein besonderer Ort, ähnlich wie bei den Abmachungen in London, vereinbart wird, steht ebenso noch nicht fest.

Kempner wieder in Locarno.

TU Locarno, 16. Okt. Staatssekretär Kempner ist gestern nachmittag um halb 3 Uhr wieder in Locarno eingetrofsen. Un­mittelbar im Anschluß an das Essen der Weltpresse fand eine Besprechung beim Reichskanzler statt, in der der Staatssekretär über seinen Berliner Aufenthalt Bericht erstattete.

Muffolini in Locarno.

TU Locarno, 16. Okt. Gestern nachmittag um 4.16 Uhr traf Mussolini im Auto in Locarno ein und stieg in der Villa des früheren italienischen Konsuls Farinelli ab.

Kurz nach der Ankunft Mussolinis stattete der englisch« und gleich darauf der französische Außenminister dem italienischen Ministerpräsidenten einen Besuch ab. Mussolini erwiderte die Besuche sogleich.

Rheinlandfragen und Ostvertrüge.

Ergebnislose Ministerbesprechnng.

TU Locarno» 16. Okt. Am Anschluß au die Höflichkeitsbesuche Mussolinis bei Briand und Chamberlai« traten um halb 7 Uhr

larung

mit allem Nachdruck in den Borvergruud gestellten Rhcinland- sragen gewidmet war.

TU. Locarno, 16. Okt. Nach den Besprechungen, die gestern abend zwischen den Hauptdelcgierten stattfanden, ist ein völliger Umschwung der Lage eingetreten, da nunmehr von deutscher Seite die sogenannten Rückwirkungen, nämlich der ganze Kom­plex der Rheinlandfragen, in den Vordergrund gestellt wurden. Die Konferenz ist damit in ein Stadium getreten, dessen außer­ordentlicher Ernst auch von amtlicher Stelle nicht mehr bestritten wird. D« deutsche Delegation kennzeichnet die Situation, daß siekeine Krise und kein Bruch" sei, aber im Augenblick kein Ausblick auf eine befriedigende Lösung vorhanden sei. Es ist vereinbart, daß nun folgendes

amtliches Communique

ausgegeben wird, das ebenfalls den Ernst des augenblicklichen Standes der Konferenz voll wiederspiegelt:

Heute abend fand eine Besprechung zwischen dem Reichs­kanzler Dr. Luther, dem Reichsaußeuminister Dr. Strese- mann, dem französischen Außenminister Briand, dem englischen Staatssekretär des Aeußern Chamberlai» und dem belgischen Außenminister Vanderfclde statt. Es wurden in etwa dreistün­diger Aussprache, die im Zusammenhang mit dem Sicherheitspatt stehenden allgemeinen Fragen erörtert. Eine Sitzung der Kon­ferenz ist für morgen noch nicht festgesetzt. In den Verhandlun­gen der Rechtssachverständigen über die östlichen Schiedsver- ttäge ist eine Einigung bisher noch nicht erzielt."

Auch daraus geht also hervor, daß die scharfe Zuspitzrmg der Lage, die mit keinem früheren Stadium zu vergleichen ist, in erster Lrnie auf die Schwierigkeiten in den Rheinfragen zu- rückzuführen ist.

»

Nach einer ergänzenden Information des Berichterstatters der Telunion ist die Lage auch noch durch di« Tatsache ver­schärft worden, daß die Polen unter keinen Umständen von dem Lstpakt abgehen wollen, während von deutscher Seite noch im Laufe des gestrigen Nachmittags betont worden ich oaß di« deutsche Delegation unter keinen Umständen den Ostpakt ab­schließen werde.

Die Verhandlungen der juristischen Sachverständigen stehen auf dem toten Punkt.

Man muß mit der Tatsache rechnen, daß die Haltung der Polen, die schon durch die Diskussion der Rheinlandfragen ohnehin außerordentlich kritische Situation weiter kompliziert. In Konferenzkreisen wird die allgemeine Lage dahin beurteilt, daß die Konferenz durch die gestrige Debatte über die Rhein­landfragen auf Biegen oder Brechen stehe, da di« deutsche Dele­gatton die für Deutschland lebenswichtigen Fragen zu allererst geklärt haben will.

Der Reichspräsident in Sachsen.

Hindenburgs Besuch in Dresden.

Dresden, 16. Okt. Reichspräsident von Hindenburg traf :stern vormittag 11.25 mit dem fahrplanmäßigen D-Zug in »rcsden ein, wo er vom Ministerialpräsidcnten Held und den Spitzen der Reichs-, Staats- und städtischen Behörden begrüßt wurde. In seiner Begleitung befanden sich Staatssekretär Meiß­ner und sein Sohn, Major von Hindenburg. Hindenburg fuhr sann zusammen mit Ministerpräsident Held durch die reich mit Fahnen geschmückte innere Stadt nach dem Ministerialgebäude.

k. ""Ä- ^ Reichspräsident lebhaft von der zahlreichen Menge begrüßt. Im Ministerium wurden dem Reichsprästden- .-ü unbekannten Minister und Ministerialdirekto-

" ^^stellt. Nach kurzer Begrüßung und Dankesworten fuhr wo dessen Präsidium nebst zahlreichen Abgeordneten und die Presse den Reichspräsidenten begrüßte.

Nach kurzem Verweilen fuhr Hindenburg ins Rathaus, wo er vom Oberbürgermeister willkommen geheißen wurde.

Um 1 Uhr gab die sächsische Regierung zu Ehren des Reichs­präsidenten im Hotel Bellevue ein Frühstück, zu dem die Staatspräsidenten, das Landtagsprästdium, der Präsident des Reichsgerichts, di« Spitzen der Reichs- und Staatsbehörden, der Kirchen, der militärischen Kommandostellen u. a. geladen waren. Während der Tafel begrüßte Ministerpräsident Held den Herrn Reichspräsidenten mit einer Ansprache.

Reichspräsident von Hindenburg erwiderte hierauf unter anderem:

Herr Ministerpräsident! Für den Willkommengrub, den Sie namens der Sächsischen Regierung an mich richteten, danke ich Ihnen aufs herzlichste. Sachsen ist neben dem Industriegebiet an Ruhr und Rhein ein zweiter Mittelpunkt der deutschen Wirt­schaft, ein Zentrum industriellen werktätigen Schaffens, und so tritt, wie unlänM im Westen des Reiches, auch heute di« Sorge,

Tages-Spiegel.

In der gestrigen Vollsitzung tu Locarno wurde der Sicherheits- Pakt tu seinen! Sesamtentwurf angenommen.

»

Der Wortlaut dco Ticherhcitspaltes wird am nächsten Mittwoch in den europäischen Hauptstädten gleichzeitig verössentlicht werden.

»

Eine gestern abend stattgehabte Konferenz de rsünf Hauvtdcle- gierten über die Rheiulandfragen «ird die Ostverträge verlies ergebnislos.

Die Annahme des Sicherhcitspaltes in Locarno wird in Berliner Regierungskreise» mit großer Zurückhaltung beurteilt, -a di» für Deutschland wichtigsten Fragen noch ungelöst find.

*

Mussolini ist gestern nachmittag in Locarno eingetrofsen.

*

Die Botschafterkonserenz hat sich mit der Frage der deutschen Ad, rüstung beschäftigt nnd wird demnächst einen Schlußberrcht von der interalliierten Kontrollkommission einfordern.

Reichspräsident

die das deutsche Wirtschaftsleben gegenwärtig belastet, mir hier in besonderem Maß« entgegen. Ei« dürfen versichert sein, baß die Notlage der deutschen Wirtschaft Gegenstand ständiger und ernstester Aufmerksamkeit der Reichsregierung und ihre Besse­rung eine der ersten Aufgaben des Reiches ist. Aber es bedarf der Anspannung aller Kräfte in Reich und Ländern, um dies« Schwierigkeiten zu meistern, um in friedlichem Wettbewerb der deutschen Arbeit freie Entfaltung und dem deutschen Arbeiter ständige nnd lohnende Beschäftigung zu verschaffen und zu er­halten. Gerade hierbei zeigt es sich» daß das Reich, unser ge­meinsames Vaterland, allen seinen Stämmen und Ländern Rückhalt und Kraft gibt, und daß wir nur geschlossen, nur im ganzen stark genug find, um außerordentliche Nöte und Krisen zu überwinden. Und zu dieser Stärke gehört auch ein zweites: die innere Einigkeit i mdeutschen Volke, das Gemeinschaftsgefühl, das über Parteien und Interessen stehen muß."

Abends 7.25 Uhr fuhr der Herr Reichspräsident mit dem fahrplanmäßigen Zuge nach Berlin zurück.

Der Krieg in Marokko.

Vom spanischen Kriegsschauplatz.

TU Paris, 16. Ott. Nach Meldungen aus dem spanischen Hauptquartier in Marokko haben die Spanier ihre Stellungen bei Ajdir ausgebaut und befestigt. Diese Operationen würden von General Sara geleitet. Einem der spanischen Armee ange­hörenden englischen Ingenieur ist es gelungen, mehrere Was- «rquellen ausfindig zu machen, sodaß die Soldaten nicht an Wassermangel leiden werden. In der Bucht von Alhucemas wurden Minen entdeckt, di« von Abd el Krim zu dem Zweck ge­legt wurden, die spanischen Truppentransportschiffe in die Lust zu sprengen.

Vormarsch im Küstengebiet.

TU Madrid, i». Okt. Die bei Alhucemas gelandeten spani­schen Truppen rücken auf dem Kiistenstreifen weiter vor. um die Verbindung mtt Melilla herzustellen. Spanische Kriegsschiff« kreuzen dauernd vor der Küste, um jede Zufuhr für Abd el Krim abzuschneiden.

Di« Manuschaftsverluste in Syrien und Marokko.

TU Paris, 16. Okt. Ministerpräsident Painleve wurde gestern über die Lage in Syrien und Marokko gehört. Der Abg. Des- jardins verlangte Aufschluß über die Höhe der franwüschen Verluste in Syrien. Der Ministerpräsident gab die Zahl der Mannschaftsverluste mit 6041 an. Als der Sozialist Renaudel seinerseits sich über die französischen Verluste in Marokko erkun­digen wollte, blieb Painleve die Antwort schuldig mit der Be­gründung daß er die Ziffern momentan nicht gegenwärtig Habs

Die Lage in Griechenland.

Bor schweren innerpolitischen Kämpfen.

TU Belgrad, 16. Okt. Wie die Blätter aus Athen melden, erwägt die griechische Regierung ernste Vorbereitungen zur Ab­wehr eines Plüsches in Athen. Im Pyräus nnb Phaleron wer­den Verteidigungsmaßnahmen getroffen und an wichtigen Punk­ten Geschütze i nStellung gebracht. Die Zensur wird außer­ordentlich streng gehandhabt. sodaß Nachrichten aus der Haupt­stadt nur auf Umwegen in das Ausland gelangen können. Die Regierung hat in ven letzten Tagen zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Unter den Verhafteten befinden sich die frühe­ren Minister Papanariu und Papamondelon. Alle bisherigen Verhandlungen zwischen der Regierung und der Opposition sind gescheitert. Jetzt lehnt die Opposition weitere Verhandlungen ab und erklärt, daß die aufgestellten Kanonen ganz überflüssig seien. Ls werde auch ohne Gewaltanwendung gelingen, die Regierung zu stürzen. Die Blätter berichten weiter, daß sich in Mazedonien ernste Ereignisse vorbereiten. Der Oberst Balkad- schis organisiere bewaffnete Streitkräfte. um gegen Athen zu marschieren. _

Die Wirren in China.

Vox einem chinesischen Aiigrffs gegcü Schanghai.

TU London, 16. Okt. Der Gouverneur? Tschekiang steht m>. Truppen vor den Toren von Schanghai und nimmt gegen di« Stadt eine drohende Haltung ein. In Schanghai herrscht große Befürchtung, da man stündlich einen Angriff gegen die Stadt be­fürchtet.