öffentÜche Sitzung des Kreistags am 16.7.1973
]n keiner Phase der Reform ist es trotz eines schmerzhaften Aderlasses und weitergehender Forderungen zu einer Zerreißprobe gekommen. Zu keiner Zeit hat es bei uns unschöne Auseinandersetzungen, geschweige denn eine Trübung persönlicher Verhältnisse gegeben. Obwohl insbesondere der südliche Teil des Kreises und unser Nachbar Freudenstadt um nichts in der Welt in die neuzubildende Region Nordschwarzwald und zum Regierungsbezirk Karlsruhe gehen wollten, konnten ein Riß innerhalb des Kreises und die Trennung zwischen den beiden Schwarzwaldkreisen vermieden werden, als diese Pläne Gestalt annahmen.
Es sollte wahrlich keine Anregung zur Probe aufs Exempel sein, wenn ich vor 10 Jahren etwas scherzhaft darauf hinwies, daß vor einem halben Jahrtausend Markgraf Albrecht von Brandenburg (meinem Heimatland) mit Geschick den Ausbruch einer Fehde zwischen Ulrich von Württemberg und Karl von Baden in Wildbad zu verhindern wußte.
Die schnelle richtige Einschätzung der Situation durch unsere Gemeinden und vor allem die Art und Weise, mit der uns das Regierungspräsidium in Karlsruhe bisher begegnete, sowie die Erledigung der Anliegen von Kreis und Gemeinden durch die Verantwortlichen in Karlsruhe hat reibungslos zur Integration geführt und Wunden rasch vernarben lassen.
Noch ein Wort zur Region, das mir unerläßlich erscheint:
Die Region Nordschwarzwald, um die und deren mehrfach gefährdetes Oberzentrum ich mich selbst in dem Ausschuß der Sachverständigenkommissionen bemühte, ist bereits fest im Bewußtsein der politisch Verantwortlichen in Landkreis und Gemeinden verankert. Es wird an uns allen liegen, ob diese kleine Region zwischen dem mächtigen, mittleren Neckarraum und dem Raum Karlsruhe ein Eigengewicht mit politischem Durchsetzungsvermögen erhält. Wir haben es bei ihrer Konstituierung in der Hand, ob sachgerechte Entscheidungen getroffen werden, die möglichst von allen Gruppierungen den regionalen, den parteipolitischen und den unterschiedlichen Interessengruppen getragen werden können, oder ob durch Ausspielen knappster möglicher Mehrheiten, die in Ernstfällen sich leicht verändern können, dieses wichtige Instrument für gemeinsame, großräumige Planung erheblich belastet oder gar blockiert wird. Ein Fehlstart wUrde nicht nur sachgerechte Planungen erschweren, sondern rechtlich in näherer oder weiterer Zukunft mögliche gemeinsame Investitionen aus Mißtrauen nicht einmal zu Denkansätzen bringen.
Die Stunde Null für die Region bringt alten Beteiligten, dem Oberzentrum Pforzheim, zu dem wir stehen und dessen Leistungsfähigkeit wir alle benötigen, und unseren durch viele gleichlaufende Interessen verbundenen Landkreisen eine Chance, die nicht vertan werden sollte. Es wäre unverzeihlich, wenn das fair play, das nie verletzt wurde, als es wirklich um Existenzfragen ging, ein Ende nehmen sollte beim Werden des Neuen, das doch wohl bei uns von allen bejaht wird.
"Consules videant" ....! Die Verantwortlichen mögen sehen, daß die Region keinen Schaden nehme!
Brücke von Gemeinden zum Landkreis, vom Kreis zur Region und umgekehrt, Stimulator und Koordinator kann das neue Kreisplanungsamt sein. Wie die Region ein Instrument gemeinsamer interkommunaler Planung und kommunalpolitischer Zusammenarbeit sein soll, so muß das neu aufzubauende Kreisplanungsamt ein solches der Kreispolitik werden und nicht etwa als ein technisches Amt sein Leben fristen. Dieses Amt hat alle Planungen der Kreisorgane und der einzelnen Ämter des Landratsamtes zu koordinieren, wenn möglich zu inspirieren und mit gründlich ausgewertetem statistischem Material zu versehen.
Diesem Amt, das zwar gesetzlich vorgesehen, dem aber durch das Gesetz keine rechtlichen Mittel zur Realisierung seiner Pläne eingeräumt worden sind wie den Gemeinden durch das Bundesbaugesetz und den Regionen durch das Landesplanungsgesetz, kann gerade in Ermangelung solcher Rechte für die freiwillige Zusammenarbeit unserer Gemeinden, bei Bereichs- und Bauleitplanungen und für regionale Entwicklungspläne unbeschwert wichtige Anregungen geben.