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Nationalsozialistische Oageszeilung
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Amtliches Organ äer N. §. v. A. p.
Alleiniges Amtsblatt für alle Stadt- und Gemeinde-Behörden des Kreises Ealtv
Rr. 174
Eaiw. Montag, SV. Suli 1VS4
1. ^»ayrgang
Die Hintergründe des Wiener Handstreichs
Ein Machtkampf alter Konkurrenten — Folgen des Zerwürfnisses in den eigenen Reihen
(S o n d e r b e r t ch t d e r N S. - P r e 11 e) kk. Berlin, 29. Juli.
Man hat in Wien selbst noch nicht gewußt, wer am Mittwoch den Handstreich aus das Bundeskanzleramt ausgeführt hat, als eine gewisse Presse des Auslandes bereits zum Generalangriff schritt — nach ihrer Meinung auf das Deutsche Reich, in Wirklichkeit auf den Frieden Eurovas. Keine Verdrehung, keine Lüge und keine Verleum- düng war zu infam, als daß man sie nicht gegen das Deutsche Reich ins Treffen geführt hätte. Erst allmählich bricht sich die Wahr- heit Bahn, die kurz gefaßt nur so lautet:
Weder die NSDAP, noch das Deutsche Reich haben mit dem Mord an Bundeskanzler Dr. Dollfuß, noch mit dem Putsch in Wien irgend etwas zu tun.
Wir sind heute in der Lage, ganz un- verdächtige Zeugen hiefür anzufüh- ren. Die tschechische nationaldemokratische Presse hat bis heute nicht den geringsten Be- weis auch nur einer Spur von Deutsch- freundlichkcit geliefert. Die beiden wichtig- sten Blätter dieser Partei beschäftigen aber in Wien Berichterstatter, die, wie man aus Erfahrung weiß, zu den höchsten Behörden Oesterreichs nicht die schlechtesten Beziehungen unterhalten. Es hat auch Zeiten gegeben, da österreichische Behörden den Umweg über diese Blätter gewählt haben, um eine österreichische Nachricht nach Oesterreich zu „lan zieren".
Und nun berichtet das nationaldemokra- ttsche Blatt „Narodni Politika" über die Wiener Vorgänge:
„Es handelt sich um nichts anderes, als um einen Kamps um die Macht zwischen Leuten gleichen Lagers, zwischen Nintelen und Dollfuß, zwischen dem Führer der steirischen Heimwehr (nicht zu verwechseln mit dem Steirischen Heimatschutz, der sich schon vor mehr als einem Jahre Adolf Hitler unterstellt hat und deswegen aufgelöst wurde. Die Schriftleitung) und dem Führer der österreichischen Heimwehr. Es war nun ein Versuch, Dollfuß die Macht zu nehmen und sie Rintelen zu übereignen. Im ganzen also ein grober Kamps zweier alter Konkurrenten um die Macht, um die entscheidende Stellung im Staate."
„Man kann sich zwar vorstellen", so heißt es dann weiter, „daß die Erklärung der deutschen Negierung, sie werde die Grenze überschreitende österreichische Aufständische verhaften. Taktik sein könne, aber die völlige Teilnahmslosigkeit der übrigen österreichischen Haken- lreuzler an dem Putsch kanr keineLaktiksein. denneinesoun- lähige Taktik ist unmöglich be den Anhängern Hitlers, dte nichi den Verlust einer Einzelaktion riskiert Haber würden. Eines der bemerkenswertesten Momente ist die Tatsache, daß nurderKanz- lerDollsußersch offen worden ist und nicht die übrigen zwei Mini- st er, insbesondere nicht der ehemalige VizekanzlerFesi/ _
SaS Neueste in Kürze
Laut einer tschechischen, offenbar gut unterrichteten Pressestimme, soll der tiefste Grund der Wirren in Oesterreich in einem Zerwürfnis in den eigenen Reihen der Regierungspartei bestehen.
Mit Frankreich wurde ein Wirtschaftsabkommen unterzeichnet, das Deutschland einen freien Ueberschutz an Devisen gewährleistet.
Im Memelland geht die Unterdrückung weiter. Der Landtag scheint aufgelöst zu sein und die „Memelländischr Rundschau" wurde verboten.
Die deutschen Kampfspiele erreichten am Sonntag mit ganz hervorragenden sportlichen Ereignissen ihren Höhepunkt.
DaS Sängerfest in Heilbronn, an dem auch Reichsstatthalter Murr teilnahm bildet» ein machtvolles Bekenntnis -»»« deutschen Kiek.
Die dem gleichen Partetlager entstammenden „Narodni Listy" ergänzen diese Mittei- lungen in wertvoller Weise:
„Major Feh wußte schon am Mittwoch vormittag in der Zeit der Ministerratssitzung, die für 11 Uhr zusammenberusen war. daß ein Angriff auf das Bundeskanzleramt bevor st ehe. Seine Informationen teilte er dem Ministerrat nichi rechtzeitig mit. Es kam dann zu scharfen Zusammenstößen zwischen Fey und Dollfuß, bei denen sich Fey sogar zu schweren Drohungen gegen den Kanzler Hinreißen ließ."
Bestätigt werden diese angedeuteten Vermutungen der beiden tschechischen Blätter durch eine Nachricht des Wiener Berichterstatters der „Narodni Listy", in der es u. a. heißt:
„Wenn die verhafteten Wiener Haken- kreurler M vor den militärischen Ausnahmegerichtshof in Wien gestellt werden sollen, warum wurde dann am Donnerstag abend ein Teil der Verhafteten aus der Kaserne in der Marokkanergasse zum Südbahnhos vbergeführt und von dort mit einem Sonderzug weiter befördert, unbekannt wohin?"
Diese Mitteilungen und Stellungnahmen keineswegs deutschfreundlicher Blätter beweisen, daß sich auch im Auslande die Erkenntnis Bahn bricht, daß das Geheimnis des Wiener Handstreiches vom Mittwoch noch der Aufklärung bedarf, einer Aufklärung. die zeigen wird, daß weder das Deutsche Reich, noch die NSDAP, auch nur eine intellektuelle Schuld an den Ereignissen in Wien tragen, daß vielmehr der nicht seit dem Verbot der NSDAP, in Oesterreich am 19. Juni 1933, sondern seit der Veröffentlichung des Lausanne! Abkommens am 15. Juli 1932 tobende innerpolitische Kamps in diesem Staat die Ursache der Explosion war.
Noch immer Kämpfe in Oesterreich
Diese tschechischen Blättermeldungen gewinnen um so mehr an Glaubwürdigkeit, als die Aufrichtigkeit der amtlichen und Nundfunknachrichten der Wiener Regierung auch sonst sehr stark angezweifelt werden muß. Wenn Major Fey am Mittwoch abend gegen 23 Uhr verkündete, daß in ganz Oesterreich Ruhe herrsche und tags darauf die Heimwehrpressestelle Starhembergs von „Siegen" der Heimwehr kreuz und quer durch Oesterreich berichtete, „Siege" übrigens, die bis heute andauern und seither vom Bruderverband der Ostmärkischen Sturmscharen für sich angesordert wurden, so daß die Kriegsberichte Starhembergs immer mehr zu Polemiken gegen die Sturmscharen wurden, so muß der österreichischen Negierung, deren Rundfunkpropagandadienst trotz der Neubesetzung sich ausschließlich auf Angriffe gegen die NSDAP, und das Deutsche Reich beschränkt, der Vorwurf gemacht werden, daß sie selbst die Unklarheiten »och vermehrt.
Denn tatsächlich spielen sich in Oesterreich loch immer Kämpfe ab, die keineswegs spie- erische Geplänkel sind. Am Samstag gab es wch recht bemerkenswerte und für beide Leile verlustreiche Kämpfe in Klagen- urt, in den Vororten Salzburgs — ,ier so heftig, daß das Standrecht verhängt werden muhte — in St. Georgen in Kärnten, bei St. Veit und St. Donat (Kärnten), im Drautal. das die Aufständischen eine Zeitlang ganz beherrscht haben, in Linz, wo drei Gendarmeriebeamte fielen, kn Bad Ischl im Salzkammergut, in Graz (ein Toter, zahlreiche Schwerverletzte) Und in zahlreichen Orten Südkärntens und Südsteiermarks.
Auch am Sonntag kam es noch zu örtlich beschränkten Unruhen in Lustenau (Vorarlberg), Innsbruck (Tirol), S ü d - kärnten und am Semmering bei
Die neue oesterr. Regierung
Schuschnigg Bundeskanzler, Starhemberg Vizekanzler
DNB. Wie«, 30. Juli.
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Amtlich wird gemeldet: Bunbespriifident Miklas hat heute morgen 2 Uhr de« bisherige« Buudesminister für Unterricht, Dr. Kurt Schuschnigg, zum Bundeskanzler ernannt und die von dem designierten Bundeskanzler vorgelegte Liste der Mitglieder der neuen Regierung genehmigt.
Die Liste -er neue« Regiernngsmitglieder lautet:
Bundeskanzler Dr. Kurt Schnschnigg, der gleichzeitig Las Bundesministerinm für Landesverteidigung, für Unterricht und für Justiz führt: Vizekanzler Ernst Rüdiger Starhemberg, der gleichzeitig mit -er Führung der Angelegenheiten des gesamte» Sicherheitsrvesens betraut wird: Bundesminister EgonBerger-Wal-enegg, der mit der Führung der auswärtigen Angelegenheiten betraut wird; Bnndesmiuister Major a. D. Emil Fey übernimmt zu seiner bisherigen Funktion als Generalstaatskom- miffär die Angelegenheiten der innere« Verwaltung: Bnndesmiuister für Finanzen ist Dr. Karl Buresch: Bundesminister für Handel und Verkehr Fritz Stockinger; Buudesminister für soziale Verwaltung Odo Neustädter - Stürmer» dem überdies die Angelegenheiten der bernssstänbische« Neuordnung Angewiesen werden; die Besetzung des Bundesministerinms für Land- uud Forstwirtschaft bleibt Vorbehalte»
Forderungen der Tiroler Heimwehr
Die Tiroler Heimwehr fordert in einem politischen Lagebericht, daß -ie Fahne des Heimatschntzes neben der rot-weiß-roten Fahne zur StaatSsahne erklärt werde. In dem gleichen Aufsatz werden Andeutungen gemacht, daß die Heimwehr weitgehende politische Fordernnae» stellen müsse und «und
stellen werde. In dem Artikel wird auch gesagt, daß in der Nacht zum 26. Juli alle bekannten Innsbrucker Nationalsozialisten von der Heimwehr trotz Widerstandes einer hohen amtlichen Stelle verhaftet worden seien. Der Aufsatz schließt, mit dem Aufruf: Heil Oesterreich unter grün-weißer Flagge.
Der Polizeiführer, der beim Eindringen der Putschisten in das Wiener Bundeskanzleramt die dortige Wache befehligte, Inspektor Doppler, hat Selbstmord verübt.
Italienischer Aufmarsch
Mechanisierte Division an der Kärntener Grenze
Die Wiener „Neue Freie Presse" meldet ans Udine:
Alle italienische« Alpcnstraße» sind mit Truppen überfüllt. Diese Truppen find mit voller Gebirgsansrüstnng versehen. Unter den mobilisierten Trnppen befindet sich auch die erste mechanisierte Division in Stärke von 8VÜV Man«. Die Division besteht aus Tanks und Panzerautos modernster Art, schwerer und leichter Artillerie sowie sechs- «nd achträdrigen Lastautos. Mechanisierte Einheiten bewege» sich ans der Straße Ndtne —Tarvis, während Bersaglieri, Radsahrtrnp- pen und Piemonteser Ulanen auf der Straße Monte-Croce vorüberziehen.
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Uebertritt «ach Südslawien
Das „Deutsche Volksblatt" in Neusatz berichtet aus Marburg an der Drau, daß SSO Aufständische aus Kärnten die südsawi- sche Grenze überschritten hätten. Sie hätten den südslawischen Behörden 200 Jnfanterie- gewehre, ein Maschinengewehr und eine große Anzahl von Revolvern ansgeliefcrt Die Waffen seien österreichische Militär- gewchre, die in italienischen Fabriken umaearbeitet worden ieieu.
Mürzzuschlag, wo die Kämpfe zeitweise ein größeres Ausmaß annahmen.
Insgesamt werden die Verluste der Re- gierungstruppen, einschließlich der Heimwehren, mit78Totenund 165Verwun. deten angegeben, wovon auf das Bundesheer 18 Lote und 37 Verwundete, auf die Gendarmerie 10 Tote und 20 Verwundete, auf die Wiener Polizei 2 Tote und 5 Verwundete entfallen. Die Aufständischen sollen bisher ungefähr 200 Tote gehabt haben.
Von der Erbitterung, mit der gekämpft wurde, zeugt ein militärischer Bericht übe« die Kämpfe im Ennstal, der im bezeichnen- den Gegensatz zu den Berichten der Heimwehr, die von „fluchwürdigen Rebellen" und „Mörderbanden' nur so wimmeln, steht. Es heißt da am Schlüße ausdrücklich von ..irre« geleiteten tapferen Bergbewohi n e r n".
Starhemberg redet
Es wird von niemandem geleugnet werden, daß Herr von Papen keine leichte Aufgabe zu bewältigen hat. Niemand ist sich darüber klarer als der Führer selbst, weshalb er ja gerade Herrn von Papen nach Wien entsendet. Die Erteilung deS Agrements der Wiener Negierung wird vor Mitt- woch kaum erfolgen, da erst bis zu diesem Tage die neue Regierung gebildet werden soll.
Andererseits darf man nicht nach der augenblicklichen Lage urteilen. Noch führt — vertretungsweise — Vizekanzler Starhemberg die österreichische Negierung, der am Freitag Kbend in einer Rundfunkrede an den Tatsachen vorbeisprach. Es ist kein Geheimnis, daß Starhemberg nur deshalb feine Heim- Wehr 1932 in die österreichische Negierung entsandte, weil er sonst überhaupt in die Versenkung verschwunden wäre. Man mag sich zum Kern seiner Rede, daß Oesterreich, Um seine deutsche Sendung zu erfüllen, kci- tten Nationalsozialismus brauche, stellen, wie tzian will, Oesterreichs Bevölkerung selbst hat in den letzten zwei Jahren immer wieder »um Ausdruck gebracht, daß es sein Schicksal nicht davon abhängig machen will, wer ge- bade Besitzer von Starhemberg-Wechseln ist. Keinesfalls hat aber Starhemberg, der sich selbst einst um eine Führerstelle in der SA. bewarb, das Recht, Zweifel in die Erklärung des Führers zu setzen, daß er den Zwist zwi- scheu den beiden Regierungen deutscher Staaten beendet wißen will.
Herr von Papen wird also vor allem jene in gewissen Kreisen Oesterreichs — ob aus Ueberzeugung oder über Auftrag, ist gleichgültig — vorherrschenden Meinungen beseitigen müßen, daß das Reich Oesterreichs Unabhängigkeit bedrohe, eine Auffassung, die sich auf die Leitartikel einiger — meistens jüdischer — Skribifaxe stützt, die sich und ihre schmierige Feder schon seit Jahren mit dem deutschen Oesterreich verwechseln und die dann von anderen nach Macht strebenden oder um ihre auf die deutsche Zwietracht aufgebaute Machtstellung bangenden Kräften mit Freuden aufgegriffen werden.
Enthebung Rinlelens
vom römischen Gesandtenposten
Der österreichische Gesandte in Rom, Dr. Nintelen. der im Zusammenhang mit dem Wiener Handstreich verhaftet wurde, ist noch immer nicht vernehmungsfähig, da er ein zweitesmal operiert werden mußte.
Der Ministerrat hat inzwischen seine Enthebung vom römischen Gesandtenposten beschlossen. Angeblich soll die Regierung triftige Beweise in der Hand haben, daß er in den Aufstand verwickelt ist — ein neuer Be- weis dafür, daß die Verdächtigung des Rei- ches hinfällig ist. Denn nur völlige Unkenntnis der österreichischen Verhältnisse kann zur Annahme verleiten, daß Nationalsozialisten einen — noch dazu von vornherein aussichtslosen — Putsch für Dr. Rintelen unternehmen.
Beisetzung Dr. Dollfusz'
Samstag nachmittag fand in Wkin unter großem Gepränge die Beisetzung der sterblichen Ueberreste des Bundeskanzlers statt, zu der als Vertreter Mussolinis Senator de Martins, als Vertreter des unasri«