Aus Stadt und Land

Calw, den 5. Oktober 1925.

Vom Rathaus.

Stadtschultheiß Göhner eröffnet die öffentliche Sitzung «m 414 Uhr. Es wird sogleich in die Tagesordnung eingetre­ten. Die Vorverhandlungen für die Einrichtung einer Kraftfahr­linie nach Neuweiler sind nunmehr zum Abschluß gekommen. Unternehmer der Linie wird L ö r ch e r - Neuweiler. Der Ge­meinderat beschließt, dem Unternehmer zur Beschaffung eines Wagens 6000 Mark darlehensweise zu gewähren. Die Geld- beschaffnug hat. wie bereits mitgeteilt, der Gemeindeclektrizi- tätsverband Teinach übernommen, sodaß die Stadt lediglich die Zinsfpanne zu tragen hat, während sich die Gemeinden Ober- kollwangen und Neuweiler zur Uebernahme der Bürgschaft ver­pflichtet haben. Die neue Verkehrslinie wird von Neuweiler über Oberkollwangen und Teinach nach Calw führen. Somit wird auch die letzte der 3 Krastwagenlinien in Betrieb genommen werden und ist dann eine bessere Verkchrsverbindung mit den Waldgemeinden kaum denkbar. Ein Gesuch Wurster-Agenbach um Gewährung eines Darlehens zur Inbetriebnahme einer Ver­kehrslinie Agenbach-Würzbach-Calw wird abschlägig beschieden, da die Verbindung Würzbach-Calw bereits besteht und der letz­teren hierdurch Konkurrenz erwachsen würde. Mehrere Mitglie­der des Gemeinderats äußern den Wunsch, die Abfahrtszeiten der bereits verkehrenden Kraftwagen in Calw baldigst öffentlich bekanntzugeben. Der allgemeine städt. Fuhrakkord wird an Fuhrunternehmer Adolf Ziegler vergeben, welcher weitaus das billigste Angebot eingereicht hat. Ein Baugesuch des Maler­meisters Karl Kirchherr findet trotz Einspruch des Nachbar­anliegers Genehmigung. Ein Gesuch des Baumaterialien­händlers Alfred Pfeiffer um ein städt. Darlehen von 8000 Mk. und Abtretung eines Bauplatzes am Kapellenberg zur Erstel­lung eines Doppelwohnhauses wird nach langer Debatte, an der die GR. Pfeiffer, Halle, Baeuchle, Störr, Scholl sich beteiligen, im Interesse der Wohnungsnot genehmigt. GR. Baeuchle beantragt, bei der Vermessung des abzugebenden Grundstückes eine Breite von 3 Metern für den später zu erweiternden Weg nach dem hohen Felsen einzubehalten. GR. Autenrieth klagt über die Verunzierung des Stadtbildes am Beginn der Sau­steig durch die Ablagerung von städt. Baumaterial. Abhilfe wird vom Vorsitzenden zugesagt. Nach Verwilligung einer Woh­nungsprämie für eine Dreizimmerwohnung beschäftigt sich der Ge­meinderat mit dem Arbeitsplatz Piston auf dem unteren Brühl. Es wir beschlossen, das Pachtverhältnis mit sofortiger Wir­kung aufzulösen und den Platz für städt. Zwecke zu verwenden. Die Fäkalienablagcrung, welche notgedrungen mehrmals auf dem Brühl und im Krappen erfolgte und mehrfach Anlaß zu Klagen gab, wird in Zukunft unterbleiben. Der Gemeinde­rat nimmt hierauf von einem Gesuch der Bewohner der unteren Jnselstraße Kenntnis, in welchem über die Verkehrsstörungen und die Gefährdung der Sicherheit des Fußgängerverkehrs und des Eigentums durch den starken Lastwagenverkehr in der Jn- felstraße Klage geführt wird. GR. Sannwald bestätigt, daß der Verkehr in der Jnselstraße sehr stark ist und daß bereits mehrfach durch rücksichtsloses Fahren Beschädigungen verursacht worden sind; längere Zeit andauernde Verkehrsstörungen seien in der engen Straße öfters zu beobachten. GR, May schildert eingehend die Verhältnisse in der Jnselstraße und gibt dem Wunsche Ausdruck, auch die Anlieger der Straße möchten von sich aus für möglichste Freihaltung der Fahrbahn Sorge tragen. Der Vorsitzende verspricht entsprechende Schritte zur Regelung des Verkehrs in der Jnselstraße zu unternehmen; ein Fahr­verbot komme nicht in Frage; dagegen müsse das Stehenlassen von Wagen verboten werden. Im Anschluß hieran wird sodann ein Vorschlag des Vorsitzenden, die Fahrtgeschwin­digkeit für Kraftfahrzeuge innerhalb der Stadt durch eine Ver­ordnung herabzusetzen, besprochen. Nach längerer Debatte, an der die GR. Sannwald, Pfeiffer, Störr, May, Pfrommer und Autenrieth teilnahmen, erklärt der Gemeinderat sein Einver-

I Üäü^nis, daß die Fahrgeschwindigkeit innerhalb der Stadt von 30 auf 20 Kilometer ermäßigt und an unübersichtlichen Straßen­strecken Warnungstafeln mit entsprechenden Aufschriften ange­bracht werden. Dem Kaninchenzüchterverein wird auf An­suchen für die demnächst stattfindende Herbstausstellung ein städt. Beitrag von 30 Mk. verwilligt. Der Vorsitzende gibt Kennt­nis davon, daß im kommenden Winter auf dem Windhof ein Feuersee angelegt wird. Die Anlage ist als Notstandsarbeit ge­plant. Nachdem Frau GR. Conz über mangelhafte Gas­versorgung Klage geführt, die nach Angabe des Vorsitzenden ihren Grund in den unzureichenden alten Rohrleitungen findet, stellt GR. Haile eine Anfrage belr. Preissenkung der Strom- und Gaspceise wie sie die Preissenkungsaftion der Reichs­regierung vorsieht. Der Vorsitzende erklärt hierauf, daß bei der finanziellen Lage der städt. Werke an eine solche nicht zu den­ken sei. Eine Anfrage von GR. Haile, betreffs Senkung der Preise für Brot und Kleingebäck führt zu einer lebbaften Aus­einandersetzung. in welcher GR. Pfrommer den Stand­punkt der Bäckermeister darlcgt und energisch vertritt.

Wetter für Dienstag und Mittwoch.

Der Hochdruck im Westen bedingt einen ziemlich hohen Ba­rometerstand. Die Depression im Rordosten verursacht jedoch vielfach Trübung. Für Dienstag und Mittwoch ist vorwiegend trockenes und auch zeitweilig aufheiterndes Wetter zu erwarten.

*

(SCB.) Pforzheim, 5. Oft. Im Fabrikanwesen der Gebrü­der Ratz brach ein Brand aus. Das Feuer war aus unbekann­ter Ursache im Vergoldungsraum ausgebrochen, verbreitete sich über den Ankleideraum des Personals und bedrohte das übrige Anwesen. Die Feuerwehr beseitigte die Gefahr. Der Schaden ist ziemlich groß.

(SCB.) Heilbronn, 5. Oft. Die Verhandlungen mit Gro-ß gartach über den Anschluß an das Gaswerk Heilbronn haben zu einem positiven Ergebnis geführt. Der Vertrag ist bereits beiderseitig unterzeichnet. Verhandlungen mit weiteren Ge­meinden sind im Gang.

(SCB.) Ncckarsulm, 5. Oft. Die Leitung der Neckarsulmer Fahrzeugwerke hat lautNeckar-Echo" die Entlassung von 1000 Arbeitern angekündigt. Die Arbeitszeit ist bereits verkürzt und soll bis auf 3 Tage in der Woche eingeschränkt werden. Die Firma erklärt, daß sie Aufträge habe, daß ihr aber die Be­triebsmittel fehlen, um das Werk in dem seitherigen Umfang weiterzuführen. Die Entlassungen sollen in Abteilungen zu je 200 Mann pro Woche, vor sich gehen. Auf die wirtschaftliche Lage des Einzelnen soll besondere Rücksicht genommen werden.

Eingesandt.

Für die unter dieser Rubrik gebrachten Veröffentlichungen übernimmt die Schriftleitung nur die prebgesetzliche Verantwortung.

Zum kommenden Reichsschulgesetz.

Vom Bezirkslehrerverein Calw wird uns geschrieben:

Um das auf der vierjährigen Grundschule aufzubauende Volks­schulwesen einheitlich für das ganze Reich zu ordnen, ist schon seit Jahren ein Reichsschulgesetz geplant. Dieses soll Grundsätze für die ins Einzelne gehende gesetzliche Regelung in den verschiede­nen Ländern aufstellen. Vor einigen Wochen ist nun ein Ent­wurf zu einem Reichsschulgesetz bekannt geworden, der im Reichs­innenministerium ausgearbeitet wurde. Die dortsietroffenen Be­stimmungen sind zweifellos von den katholischen Machten Deutsch­lands der Rcichsregierung abgetrotzt worden. Die Schulhoheit des Staates soll unter Bruch der Reichsverfassung beseitigt und die Volksschule, und nur sie, unter die zahlreichen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften aufgeteilt werden.

Mehrere große Parteien mit Einschluß der Deutschen Volks­partei haben den Entwurf abgelehnt. Die Mehrheit der Länder hat anläßlich einer Besprechung des Entwurfs in Leipzig gegen ihn Stellung genommen. Auch die württ. Lehrerschaft, aufs tiefste erschrocken über den geplanten Frevel an Schule und Volk, erhebt ihre warnend« Stimme. Die eoang. theologische Fakultät der Universitär Tübingen wird um eine Entscheidung darüber an­gerufen werden, ob die geplante Zerreißung und Verkirchlichung der Volksschule mit wahrhaft evangelischem Geiste vereinbar sei bllrger zum entschlossenen Kampf auf gegen den beabsichtigten

oder nicht. Die württ. Lehrerschaft ruft »Le deutschen Staats- Verfassungsbruch, gegen die Beseitigung der staatlichen Schul­hoheit, gegen die Auslieferung des Schulwesens an die verschie­denen Weltanschouungs- und Religionsgemeinschaften, gegen die Vernichtung der Gewissensfreiheit, gegen die Beseitigung des gleichen Rechts der Eemeindebürger im Bildungswesen, g«ye» die Verschwendung von allgemeinen Steuermitteln zur Einrich­tung Icistungsunfähiger Sonderschulen. Sie bezeichnet es als ein staatsgefährliches Unternehmen, in einem niedergetretenen und innerlich zerrissenen Volke die inneren Gegensätze zu verschär­fen und durch Schulmaßnahmen zu vertiefen, statt durch Pflege der Volksgemeinschaft in einer allgemeinen Volksschule und durch stärkere Betonung der nationalen Bildungsgüter den Willen zur staatlichen Einheit zu wecken und zu stärken.

Aus Geld-,

Volks- und Landwirtschaft.

Berliner Briefkurse.

1 holl.Gulden 690.3

1 sranz. Franken 195,1

1 schweiz. Franken 810,9

Ueberseeische Auswanderung aus Württemberg 192019N Nach Mitteilungen des Württ. Etat. Landesamts betruc nach der Reichsstatistik die Ueberseeische Auswanderung au, Württemberg im Lahr 1920 14 Personen, 1921 919, 1922 2441,

1923 12 706, und 1924 5061: im ersten Halbjahr 1925 1343 Nach einer württ. Statistik betrug die Auswanderung aus Würt­temberg einschließlich der europäischen Binnenwanderung im Jahr 1920 1869, im3ahre 1921 1490, 1922 3118, 1923 15450,

1924 7497 und im ersten Halbjahr 1925 866.

Produktenbörse und Marktberichte des Landwirtschaftlichen Hauptverbandes Württemberg und Hohenzollern e. B. Stuttgarter Obst- und Gemüscmarkt vom 3. Oktober.

Tafeläpfel 1523; Schütte!-, Fall- und Mostäpfel 710; Spalierbirnen 4050; Tafelbirnen 2040; Tafeltrauben 25 bis 35; Preiselbeeren 3540; Pfirsiche 5060; Quitten 15 bis 20; Nüsse 3040; Zwetschgen 2026; Kartoffeln 45; Endiviensalat 815; Wirsing 67; Filderkraut 3-4; Bohnen 2030; Kopfsalat 812; Weißkaut rund 34; Rotkraut 6 bis 8; Blumenkohl 2070; rote Rüben 710; gelbe Rüben 7 bis 8; Karotten 812; Zwiebel 810; Rettiche 36; Sel­lerie. 1020; Tomaten 1520; Spinat 15; Mangold 1012.

*

Calwer Wochenmarkt.

Bei dem letzten Samstag stattgefundcnen Wochenmarkt wur­den folgende Preise bezahlt: Kartoffeln 44.50 Wirsing 12, Weißkraut 12, Rotkraut 15, gelbe Rüben 20, Spinat 40, Zwiebel 20, Blumenkohl 50100, Rettige 510, Bohnen 30 bis 40, Endivien 1525, Kopfsalat 10, Gurken 1520, To­maten 35, Aepfel 2535, Birnen 3540, Zwetschgen 2530, Trauben 3540, Rosenkohl 2040. Landkraut 3.503.80 pro Ztr., Tafelbutter 2.40, Landbutter 2-102.20 ^(., Eier 16 bis 18 Pfg.

Schweinepreise.

Balingen: Milchschweine 2842, Läufer 4555 Güg­

lingen: Milchschweine 2030, Läufer 4670 ^ Hall: Milchschweine 2841, Läufer 63 Oehringen: Milch­

schweine 3441 ^ Vaihingen a. E.: Milchschweine 25 bis 45, Läufer 107Ri je das Stück.

Fruchtpreise.

Balingen: Dinkel 13.5014, Weizen 15.50, Haber 9.50 bis 11 ^ Nagold: Weizen 13-14, Dinkel 10. Gerste 12 bis 12.50, Roggen 1212.50, Haber 8.5011 Tübingen:

Dinkel 911, Haber 910, Weizen 1213, Gerste 16.2011, Saatdinkel 11.5012, alter Alber Haber 12.80 ^ Urach: Dinkel 8.5012.50, Gerste 11-13.25, Haber 1013.50, Gerst« 1113.25, Haber 10-13.50, Weizen 13-14.50, Roggen 11 bis 12.80, Kernen 14.50Ri pro Ztr.

u Oy-VSQ' von 5rÄQSk§ö2.

(LS. Fortsetzung)

nicht. Misterl Wieviel Männer hat eine u Mcklrche Liebe ins Verderben gerissen und doch Gold /starker als Liebe viel stärkerl Gold ist der furchtbarste D mon der Welt!"

Allerdings!"

Sie von Gold? Haben Sie miterlebt, wie ii E dw Menschen ,n die Wüste laufen? Dem sicheren Lode en anderen nicht trauend? Kommen Sie mi dann zeige ich Ihnen solch einen Wahnsinnigen."

Der Dokt^ folgte mit heimlich klopfendem Herzen. Ein ne ^weißi^^Lett eine freundliche Schwester ei

Auf dem Lager lag ein Mann. Er konnte nicht alt sei ZE" auch das lockige, wirre Haar schon grau schimmerte. Sen Züge waren regelmäßig und konnten schon gewesen sein. Fei Waren sie eingefallen und von tiefen Furchen durchzogen. Sei: Alleren Hände, die die Finger länger erscheinen ließen, als f A""n, Zitterten auf der Decke. Die tief in den Höhlen liege; den Augen waren geschloffen. "

Sl.nblick ergriff den Deutschen/ Fremd schien ihm diese

'S " °"""n -

Der Kranke öffnete die Augen. Es mußten schöne blau

ikn^ Jetit^war ^ dunklen Kopf interessant wir!

nv ^ar lhr Blick unstet und flackernd. Er sah den Ah

dann^ukt- bebenden Dr. Büttner teilnahmslos ac

euhte sein Auge auf der pflegenden Schwester. Ein leise

^ ^Limokoa!" Mund, er breitete die Arme:

/r tmurig^den Kopf°^' die Schwester an. dann schütteli

»Nein, nein!"

-er wa?au?;er^sich" und schluchzte krampfhaft. Vitt

"M1,e hieß das Wort, das er sprach?"

muß ein Name sein!"

Mr Seite dräng?/un^ bei fremde Mann ,i

Lber den Kranr-n ' " das Bett trat. Er beugt« sic

Fred Andersen!"

Die matten Augen blinzelten.

Fred Andersen, ich bringe Ihnen Grüße von Limokoa!"

Er dachte nicht daran, daß es gegen die Sitte verstieß, wie er Die Dame mit Vornamen nannte, aber es verfehlte die Wirkung nicht; jener richtete sich auf und starrte Büttner in das Gesicht. ^Limokoa, meine liebe, kleine Limokoa!"

Büttner kniete bei ihm.

. .«Sie sehnt sich nach Ihnen! Werden Sie gesund. Mister An- dersenl Reifen Sie zu ihr! Ich selbst will Sie hinbringen! Sie liebt Sie doch so unendlich!"

Er sah ihn an und schüttelte den Kopf.

Ich darf nicht ohne das Gold kommen. Wo ist es?" Denken Sie nicht an das Gold."

Er wurde wieder erregt.

Gesund will ich werden. Doktor, machen Sie mich gesund und dann will ich das Gold holen und dann nicht eher nein nein"

Der Arzt winkte.

Ganz wie Sie wollen, aber jetzt muffen Sie schlafen."

yDas will ich."

Plötzlich trat ein angstvolles Leuchten in sein Auge und er winkte Büttner heran.

Wissen Sie? Hat Limokoa gesagt, wo das Gold ist?"

Sie hat gar nicht von dem Golde gesprochen. Nur von ihrer Sehnsucht nach Ihnen."

»Ruft Jetzt will ich schlafen. Grüßen Sic Limokoa. Wenn ich das Gold habe, bleibe ich bei ihr. Immer! Immer! Weißt du noch, Limokoa? Kleine, liebe, süße Limokoa, das Lager auf dem Grunde des Meeres? Weißt du noch, Limokoa meine liebe, liebe Limokoa!"

Er hatte die Augen geschloffen und streichelte leise Büttners Hand. Er glaubte nun wohl, sie selbst sei an seinem Lager. Der Arzt stand auf.

Kommen Sie, er schläft. Das Morphium, das ich ihm vor­her gegeben, wirkt."

Während Büttner in tiefster Erschütterung hinausging, blieb der Arzt noch einen Augenblick bei dem Kranken, dann kam er ihm nach und trug ein Paket in der Hand.

Sie sind müde, Mister?"

Ich werde sicher in dieser Nacht nicht schlafen."

Ich muß im Krankenhause bleiben. Morgen werde Ich Sie bitten, mir zu erzählen, wie seltsam hier wieder einmal Gott Zu­fall waltete und was Sie von dem Kranken wissen. Hier habe ich bei ihm etwas gefunden. Es scheint eine Art Tagebuch, aber ich hatte weder Zeit noch Ruhe, hineinzusehen. Da Sie die Gat­tin des Kranken zu kennen scheinen es ist immer, so weit ich bei flüchtigem Durchblättern ersah, von dieser Limokoa die Rede. Entweder sind es Erlebnisse, wie sie kein anderer Mensch erlebt«,

oder Phantasien eines kranken Hirns. Ich denke, es ist in diesem Falle keine Indiskretion, wenn ich es Ihnen gebe. Wollen Sie es lesen?"

Gern!"

Morgen früh möchte ich es zur Hand haben. Vielleicht wird er es fordern, wenn er morgen noch etwas fordern kann."

Sie meinen?"

Solche Krankheiten sind unberechenbar, aber vielleicht geben di« Aufzeichnungen uns einigen Aufschluß/

Ich lese sie gern."

Sie traten noch einmal in das Krankenzimmer. Fred Ander­sen lag auf dem Rücken und atmete still und friedlich. Um seine» Mund lag ein glückliches Lächeln.

Büttner nickte still.

Armer, verblendeter Mann!"

Er nahm das Heft und ging durch die düsteren Straßen zn seinem Hotel zurück. Dort war es lebhaft. Eine rohe Tanz- musik auf einem verstimmten Klavier. Wilde, fragwürdige Ge­stalten, die mit Dirnen tanzten. Ewald Büttner ging in sein Zim­mer und riegelte sich ein. Er stellte die Kerze zurecht, legte sich auf sein Lager und schlug das Heft auf.

Eine klare, feste Schrift. Der Geist war zum wenigsten nicht verwirrt, als dar Heft begann. So schrieb kein Irrer!

Und während drunten der Lärm wuchs und endlich ver­stummte, während es still wurde in Puma und auch vom Fort die letzten Signale verhallten, während die Stimmen der Wüste, die weit herüberklangen, sich mit dem Rauschen des mächtigen Colorado zu leisem Eeisterraunen vereinten, las Ewald Büttner das merkwürdigste Buch, das jemals Menschenarmen lasen: Die Auszeichnungen Fred Andersens das Schicksal der kleinen Limokoa.

Siebentes Kapitel.

Fred Andersens Tagebuch.

Ich will ein Tagebuch Wien. Nein, ich will nicht, ich nuM Wer würde mir sonst glauben, was mir geschah? Wie sollte ich es später selbst glauben, wenn die Erinnerung nicht mehr stark ist in mir?

Seitdem ich davon überzeugt bin, daß ich es schreiben muß, zermartere ich mir den Kopf, mit welcher Zeit ich beginne. Ein Tagebuch, das ein Bild geben soll über das Geschick eines Men­schen, soll beginnen mit seiner Geburt. Ich aber bin zweimal geboren, habe zwei Leben geführt. Das eine war kurz, begann schön und voller Hoffnungen und Pläne, aber es endete schreck­lich. Es war ein verlorenes Leben, denn ein böser Geist halt« Macht gewonnen über mich und riß mich ins Unglück, und dieser böse Geist hieß Maud Allen.

(Fortsetzung folgt.1