Kleine politische Nachrichten.
Keine Erhöhung -er Beamkengehälker. Die Beamten* Gewerkschaften haben dem Reichsfinanzminister verschiedene Forderungen auf Aufbesserungen und Zulagen unterbreitet. Aer Reichsfinanzminister lehnte eine Erhöhung der Gehälter und die Zahlung einer Notstandsbeihtlfe ab, da dadurch eine Belastung der Wirtschaft eintreten würde, die nach allgemeiner Ansicht nicht zu ertragen sei. Der Reichsfinanzminister berief sich dabei besonders auf ein Gutachten des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht.
Tfchikfcherins Schachzüge haben in Paris und London große Aufmerksamkeit und starkes Mißtrauen hervorgerufen. Man vergleicht den Abschluß des deutsch-russischen Handelsvertrages vor der Konferenz von Locarno mit dem Abschluß des Rapallo-Vertrages während der Konferenz von Genua.
Polnischer Terror. Das polnische Eisenbahnbauamt hat für alle Bahnmeistereien von Danzig eine Verfügung herausgegeben, wonach die Zahl der deutschgesinnten Danziger Arbeiter bei der Eisenbahn nicht größer sein darf als die der polnischgesinnten. Damit haben die Polen wieder einen Gipfelpunkt in ihren Terrorakten erreicht.
Lin Attentat wurde aus den Sekretär der ungarischen Gesandtschaft in Warschau verübt. Der Sekretär wurde von hinten angeschossen, der Täter entkam unerkannt.
Die französischen Schuldenverhandlungen mit Amerika sind durch die Indiskretion eines französischen Delegierten im letzten Augenblick gescheitert. Doch sind Verhandlungen über ein provisorisches Abkommen im Gange.
Der Marokkokrieg. Der Vormarsch der Franzosen in der Gegend von Kifane ist völlig zum Stillstand gekommen. Gegenüber der französischen Front werden große Ansammlungen von Riskabylen bemerkt. Auch die Lage von Tetuan ist sehr kritisch. Das Bombardement der Stadt durch die Riskabylen geht weiter. Unter den Eingeborenen von Tetuan ist eine Panik ausgebrochen. Dagegen funkt Primo de Rivera von Bord eines Schlachtschiffes, daß die spanische Beschießung Ajdir und mit ihm das Haus Abd el Krims in Brand gesetzt habe.
An der Jrakfronk bereiten die Türken militärische Verstärkung vor. Vier neue Divisionen wurden dorthin gesandt.
Die Tagung der Interparlamentarischen Union begann mit Begrüßungsansprachen Kellogs und Mac Kinleys. Die deutschen Delegierten sind tags zuvor in Washington ein- getrofsen.
Die Internationale Lustfahrtkonferenz. an der Vertreter 15 europäischer Länder teilnahmen, wurde am 30. September nach dreitägiger Verhandlungsdauer in Stockholm beschlossen.
Die Enthüllungen Lord Gceys über ein Friedensangebot des Präsidenten Wilson im Jahre 1916, dessen Auswirkung durch England verhindert wurde, haben in Amerika starke . Beachtung gefunden. Oberst House bestätigt in einer Erklärung die Veröffentlichung en Lord G reys.
Politische Wochenschau.
,. Das politische Interesse wird zurzeit vollständig von dLN Fragen des Sicherheitspaktes beherrscht, die in der Tat eine entscheidende Bedeutung nicht nur für Deutschland, sondern für Europa haben und auf Jahrzehnte hinaus der Geschichte des alten Erdteils das Gepräge geben können. In dem kleinen Schweizer Ort Locarno, der hart an der italienischen Grenze liegt und schon stark in das italienische Sprachgebiet gehört, findet die Zusammenkunft der Außenminister der am Rhein interessierten Länder statt. Der Ort selbst wird damit geschichtlich in den Vordergrund gerückt und kann unter Umständen einen dauernden Namen bekommen. Vor der Abreise des Kanzlers und Dr. Strese- manns aber gab es noch einen Zwischenfall, der für einige Stunden eine etwas kritische Lage schuf. Man war allgemein einig, daß die Kriegsschuldfrage, die Deutschland mit Schmach belastet, aufgerollt werden müsse, ehe ein Zu- , sammengehen mit den Westmächten erfolgen könnte. Nur über die Wahl des Augenblicks und die Form war man verschiedener Ansicht. Auf deutschnationales Drängen hat Dr« Stresemann das Problem bei der Uebergabe der deutschen Antwort aus die französisch-englische Einladung streifen lassen und gleichzeitig die Veröffentlichung dieses deutschen Memorandums gefordert. Dieser Schritt hat sich nicht ganz bewährt; die Antworten Frankreichs und Italiens waren nbweisend, die Belgiens scharf pointiert, die Englands schnodderig. Trotzdem darf die Frage nicht zur Ruhe kommen und wir halten es für selbstverständlich, daß Deutschland einen neuen Protest erhebt, ehe es Mitglied des Völkerbundes wird. An dieser Stelle hat es seine Berechtigung, weil der Eintritt in die Genfer Institution die Anerkennung des Versailler Vertrages bedeutet.
Gleichzeitig wurde noch einmal die Forderung nach Räu- mungderrheinischennördlichenZone erhoben. Die Entente hat darauf entgegnet, daß diese Räumung von der vorherigen Erfüllung der Abrüstungsbedingungen ab- hänge. Pariser Blätter dementieren zwar eine Meldung des „Manchester Guardian", wonach in dieser Frage ein Kom - pro miß im wesentlichen abgeschlossen sei, doch wird man trotzdem annehmsn können, daß sich die Lösung auf gutem Wege befindet. Auf keinen Fall können wir in den Völkerbund eintreten oder den Sicherheitspakt unterschreiben, solange die vertragswidrige Besetzung Kölns sortdauert. Die Entente hat also ein dringendes Interesse daran, diesem -Zustande ein Ende zu bereiten. Ihre Ausstände an der deutschen Entwaffnung waren so geringfügig, daß man sie in Deutschland geradezu als Schikanen empfand. Nennenswerte Schwierigkeiten erwarten wir nicht mehr, da sicherlich auf allen Seiten der dringende Wunsch besteht, diese Angelegenheit nun endlich aus der Welt zu schaffen.
Wir sehen der Konferenz in Locarno ohne übertriebenen Optimismus entgegen. Sehr leicht ist die Aufgabe nicht; denn die Besprechung wird eine Fülle von Fragen anschneiden müssen die heute noch einem wirklichen Frieden entgegenstehen. Wir rechnen dazu vor ollem das Rheinlandabkommen und die Besetzungsfristen, ebenso den Artikel 16 des Völkerbuydes, der uns leicht Lv peinliche Verrrücklunaen mit Rußland treiben kann.
Mn gewisser Fortschritt liegt darin, daß dieOstverrrage vorläufig beiseite geschoben worden sind und nicht mehr einen integrierenden Bestandteil des Westpaktes bilden. Die Tschechen haben aus Furcht vor Isolierung in Berlin bereits angeklopft und sich zu Verhandlungen über einen Schiedsvertrag angeboten. Hoffentlich vergißt man bei diesen Verhandlungen nicht, sich der deutschen Minderheiten in Böhmen und Mähren mit aller Entschiedenheit anzunehmen und der Prager Regierung ein für allemal zu erklären, daß die Vergewaltigung unserer Stammesgenossen, wie sie sich am krassesten erst jüngst in Marienbad und Teplitz gezeigt hat, mit einem guten Verhältnis zwischen beiden Staaten unvereinbar ist.
Die Polen haben einen anderen Weg beschritten und sofort Annäherung an Rußland gesucht. Tschitscherin ist bereits in Warschau gewesen und dann zu ärztlichen Konsultationen in Berlin eingetroffen. Wie weit die Abmachungen zwischen ihm und Polen gegangen sind, wissen wir noch nicht. Polnische Meldungen erzählen von einem Bündnis, das deutlich seine Spitze gegen uns richtet. Wir würden das aus wirtschaftlichen Gründen bedauern, politisch aber kann es kaum schaden, da es zweifellos dazu führen muß, daß Frankreich auf weiteren Schutz Polens verzichtet. Eine Aufgabe unserer Ansprüche auf den Korridor und Ob.n' "'esien kommt nicht in Betracht. Unsere Stellung ist klar. kann im besten Falle einen Waffenstillstand bedeuten. Eine Auseinandersetzung auf friedlichem Wege aber muß früher oder später erfolgen. Das wird man hoffentlich in Locarno mit wünschenswerter Offenheit erklären. Herrscht drüben der Wille zur Verständigung, so werden sich die Schwierigkeiten beseitigen lassen, sonst dauert der friedlose Frieden weiter. _
Lalw, den 3. Oktober 1925.
Zum Tonntao.
OL es heutzutage auch Menschen gibt, die den Sonntag oder wenigstens eine Stund« des Sonntags, zum Alleinsein benützen? Es werden wenige sein, die mit der Einsamkeit etwas Rechtes anznfangen wissen. Dann ist sie freilich öd. langweilig, ja gefährlich. Nur die Einsamkeit ist heilsam, die sich alsbald mit guten Geistern belebt. Es gibt deren viele, die nur in der Einsamkeit und Stille recht zur Geltung kommen, vor allem Geschwätz aber, und wenn es noch so wohlgemeint wäre, sich schnell znrücttziehen. Wenn wir die feinsten Stimmen der Natur und die zarteste Sprache des Herzens hören wollen, müssen wir lernen, alleinsein zu können. Die beste Arznei für schwere innere Not liegt wahrscheinlich auch nicht in Geselligkeit und Aussprache, sondern n jener Einsamkeit, von der es im Harfenlied heigt:
„Und kann ich nur einmal rech: einsam sein,
So bin ich nicht allein."
Jesus sagt von solcher Einsamkeit: „Ich Lin nicht allein, sondern der Vater ist bei mir." P. St.
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Der Winterfahrplan.
Am morgigen Sonntag tritt im Reichsbahnverkehr der Winterfahrplan in Kraft. Die nunmehr im Zugverkehr eintretenden Aenderungen sind auf dem bereits in diesem Sommer im Verlag des „Calwe: Tagblatt" erschienenen Fahrplan verzeichnet. Durch den Fortfall der Schnellzüge und beschleunigten Personenzüge auf der Nagoldbahn erleidet der Verkehr eine wesentliche Einbuße.
Tanzabend Ger^a Randols.
Anläßlich eines Gastspiels in Saarbrücken schreibt der „Saar- conrier": „Gerda Nandolf ist eine künstlerisch vollendete Tänzerin. Sie tanzt mit einer wundervollen Gelöstheit des Körpers. Ihre Kostüme sind glänzend. Ihre Tänze, die nach allen Kunstrichtungen hin ausgestaltet sind, verraten Geist und Originalität, und jeder Tanz bildet eine neue Ueberraschung." Ueber Kurt Werner schreibt die „Eßlingsr Zig": „Der Künstler ist als Sänger und Sä-nuspieler vorzüglich, verfügt über eine prächtige Stimme und eine Mimik, die ihresgleichen sucht."
Die Aerzte gegen die Wohnungsnot.
Wo man auch den Kampf gegen die zahllosen Volksnöte ansetzt, immer wieder wird man ans die Wohnungsnot zurück- geführt, deren Folgen niemand besser kennt als der Arzt. Um so beachtenswerter ist die Entschließung der deutschen Ärzteschaft auf ihrer diesjährigen 44. Tagung: „Bei der Bekämpfung der gesundheitlichen Schäden, unter denen unser Volk leidet, sehen die deutschen Aerzte das stärkste Hindernis in dem Wohnungselend. In diesem Wohnungselend liegt einer der Hauptgründe für die Ausbreitung der Volksseuchen, insbesondere der Tuberkulose und der Geschlechtskrankheiten, sowie eine wichtige Ursache für die zunehmende Zerstörung keimenden Lebens. Der 44. Deutsche Aerztetag fordert die deutschen Aerzte auf, alle Bestrebungen zur Bekämpfung der Wohnungsnot zu fördern und die Regierung und Stadtverwaltungen immer wieder auf die entscheidende Bedeutung der Schaffung ausreichender Wohnungen für den gesundheitlichen Wiederaufbau des Volkes hinzuweisen."
Vom Landivirtschaftlichen Hauptrcrbai'w.
Am Dienstag vormittag versammelten sich in Stuttgart die Mitglieder des Landesausschusses des Landwirtschaftlichen Hauptverbandes für Württemberg und Hohen,zollern, um zu den die Landwirtschaft betreffenden Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik Stellung zu nehm^ Präsident Domänenpächter D i e t l e n-Tübingen eröffnete b7e Verhandlungen mit einem Rückblick über die vom Verband in der letzten Zeit geleistete vielseitige und schwierige Arbeit. Generalsekretär Hummel gab einen Tätigkeitsbericht, aus dem der Ausbau der mannigfachen Beratungsstellen und der Pressestelle des Verbandes zu erwähnen sind. Der vom Vorstand ausgearbeitete Haushaltungsplan für 1926 fand nach eingehender Durchsprache die Genehmigung des Ausschusses. Der Mitgliederbeitrag des Verbandes beträgt demnach im kommenden Jahre 3,56 „tt. Der Kernpunkt der Verhandlungen war die Stellungnahme zu wichtigen wirtschaftlichen Fragen. Dr. Frhr. v. Stausfenberg-Rißtiffen berichtete über den augenblicklichen Stand und die kommende Entwicklung der Zollpolitik. Bei der heutigen Einstellung der Weltwirtschaft auf das die nationale Wirtschaft schützende Zollsystem müsse auf gleiche Sicherung der eigenen Erzeugung gedrungen werden. Die Belastung und Verschuldung des gesamten deutschen Volkes führe den Tag herbei, an dem Deutschland auf feine eigene Erzeugung angcwiefen ist. Die Lage der Landwirtschaft sei heute so, daß in den nächsten zwei Jahren bis zur Schaffung des endgültigen Zolltarifes kleinere und auch mittlere Betriebe zufammenbrechen müssen. Oelonomierat Vogt-Gochsen unterstrich die Forderung nach Sparsamkeit im Betrieb wie in den Bedürfnissen. Landtagsabgeordneter Dingler-Talw berichtete über den Entwurf des Baulandgesetzes. Das Gesetz, das
I die Zusammenlegung von Eeländen z^cks Gewinnung von Bau- ^ land vorsieht, sei in seinen Bestimmungen so hart, daß es auf eine Enteignung des Grundbesitzes bis zu 30 Prozent hinauslaufe. OLerrechnungsrat W o l f a r t h-Schussenried sprach über die gesetzliche Aendcrung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, die die landwirtschaftlichen Betriebe aufs schwerste belasten. Die Lasten werden mich von nicht landwirtschaftlichen Kreisen als untragbar bezeichnet. Der Gesetzentwurf über den Reichswirt- schaftsrat. den Entwurf eines Reichsmilchgesetzes, den der Städtetag dem Reichstag und den Reichsministern vorgelegt hat und das Arbeitsgerrchtsgesetz unterzog Generalsekretär Hummel einer Kritik, indem er sich für eine gerechtere Berücksichtigung der Landwirtschaft ausfprach. — Zu allen diesen Fragen nahm ein großer Teil der Ausschußmitglieder in einer ausgedehnten Aus- Iprache Stellung, wobei die Wünsche der Landwirtschaft auf steuerlichem, wirtschaftlichem und sozialpolitischem Gebiet von verschiedenen Seiten beleuchtet und begründet wurden. 7 Entschließungen gelangten zur Annahme.
Die Kosten der Finanzämter.
Die gesamten Reichs-, Staats- und Kommunalsteuerverwaltungen im Deutschen Reich erforderten vor dem Kriege 8 Millionen, die Kosten der Steuererhebung aller deutschen Staaten betrugen 119 Millionen, sodaß von sämtlichen Steuererträg- nisscn 127 Millionen Mark Unkosten abzuzjehen waren. In dem verkleinerten Reich von heute kosten die Finanzämter 583 Millionen, die Verwaltungskostcn im Steuerdienst sind also um 406 Millionen Mark höher als vor dem Kriege, wobei allerdings die größere Zahl und Höhe der Steuern mitberücksichtigt werden muß.
Vom Trncksachen-Bersand.
Anscheinend herrscht in der Öffentlichkeit Unklarheit darüber, wie die Post Zusätze in Drucksachen beurteilt, die durch Stempelabdrücke gemacht werden. Zur Beseitigung von Zweifeln machen wir darauf aufmerksam, daß durch Stempel hergestellte Abdrücke nicht als Drucksachen gelten. Drucksachen, die mit Stempel bewirkte Zusätze erhalten, werden daher ebenso wie handschriftlich ergänzte Drucksachen behandelt. Bei Nachtragungen bis zu fünf Worten unterliegen sie der Gebühr für Teildrucksachen (unter Umschlag bis 56 Gramm 5 Pfg., als Karte im Fernverkehr 5 Pfg., im Ortsverkehr 3 Pfg.), werden mehr als fünf Worte nachgetragen, so ist das Druckstück unter Umschlag mit der Briefgebühr, als Karte im Fernverkehr mit 5 Pfg., im Ortsverkehr mit 3 Pfg. freizumachen. Orts- und Datumsangaben, sowie die allgemein üblichen Absenderbezeichnungen zählen nicht mit.
Wetter für Sonntag und Montag.
Nach Abwanderung der nördlichen Depression hat über Mitteleuropa ein starker Hochdruck Platz gegriffen, so daß für Sonntag und Montag trockenes, beständiges und teilweise aufheiterndes Herbstwetter zu erwarten ist.
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(SCB.) Eutingen, 2. Okt. Mittwoch vormittag hat die offizielle Uebernahme des zweiten Gleises Eutingen-Ergcn- zingen unter Anwesenheit des Präsidenten Dr. Sigel von der Reichsbahndirektion Stuttgart stattgefunden. Die Srecke Horb- Stuttgart ist dadurch nur noch eingleisig zwischen Nebringen und Herrenberg.
(SED.) Pforzheim, 1. Okt. Der Küfer Wilhelm Brank von Bilfingen war mit einem jungen Pferde eines Metzgers nach Er- singen gefahren, um geschäftliche Besorgungen auszuführen. Beim Rathaus scheute das Pferd. Dabei verlor Brenk die Herrschaft über sein Fuhrwerk und wu^de von dem umstürzenden Wagen so unglücklich herabgeschleudert, daß er blutüberströmt mit schweren Kopfverletzungen auf der Straße liegen blieb. Ein Sanitätsauto verbrachte den Verunglückten nach Anlegung eines Notverbandes in das städtische Krankenhaus nach Pforzheim.
(STB.) Altingen, OA. Herrenberg, 2. Okt. Kam da ein „Herr" in einen Laden, während draußen seine Frau und sein Sohn, jedes mit einem Rad versehen, auf ihn warteten. Ec stellte sich unter der Ladentüre so auf, daß er mit seiner Frau sprechen konnte. Von der Bedienung ließ er sich verschiedene Sachen vorlegen, doch nichts war ihm passend. Dann ließ er einen Zehnmarkschein wechseln, nahm das gewechselte Geld und auch den Zehnmarkschein wieder, setzte sich aufs Rad und verschwand mit seiner Sippschaft.
(SLB.) Stuttgart, 1. Ott. In den letzten 11 Jahren ergibt sich für Stuttgart eine ungeheure Zunahme (Verfllnffachung) der Kraftfahrzeuge und eine erhebliche Abnahme der Pferde im Vergleich zur Menschenzunahme. Die Zahl der Personenkraftwagen allein hat in Stuttgart die Zahl der Pferde übertroffen. Das Pferd ist zwar nicht verdrängt, aber doch in den Hintergrund gedrängt. Aehnlichc Erscheinungen zeigen sich auch in anderen Großstädten. Anders ist das Ergebnis in Württemberg im Ganzen, wo trotz der stetigen un» starken Zunahme der Kraftfahrzeuge der Pferdebestand, wenn auch nur unerheblich, zugenommen hat.
(ÄTV.) Böblingen, 2. Okt. Im Anwesen des Wagners Rommel brach, vermutlich durch Kurzschluß, in der Früh ein Brand aus, der aber rechtzeitig gelöscht werden konnte. Die Einrichtungen konnten größtenteils gerettet werden.
(SLB.) Schramberg, 2. Okt. Eine 22jährkge Fabrikarbeiterin machte aus Aerger über einen ihr im Betrieb erteilten Verweis einen Selbstmordversuch, indem sie etwa 56 Gramm eines ihr zur Verarbeitung übergebenen Benzolpräparats trank. Da sie kurz nach der Tat einer Magenausspülung unterzogen wurde, hatte der unüberlegte Streich außer einer stark berauschenden Augenblickswirkung keine weiteren Folgen.
(SCB.) Müssingen, OA. Rottenburg, 2. Okt. Ein schwerer Unfall ereignete sich heute vormittag bei den Brückenarbeiten an der Bahnstrecke zwischen Mössingen und Nehren. Die seitwärts vom Bahndamm liegende alte Brücke sollt« mittels eines Krahnens hochgezogen werden. Dieser kippte nach vorn überund begrub drei Bahnarbeiter unter sich. Martin Mößner von Belsen wurde mit eingedrücktem Brustkorb ins Bahnhofgeoaude verbracht, wo er bald darauf starb. Arbeiter Fürr aus Nehren wurden Füße und Unterleib eingeklemmt; doch scheinen die Verletzungen nicht lebensgefährlich zu sein. Arbeiter Fahrner von Belsen wurde leicht verletzt und konnte allein nach Hause gehen. Wen die Schuld an dem Unglück trifft, konnte bis jetzt noch nicht festgestellt werden.
(STB.) Vom Bodcnsee, 2. Okt. Unweit Lindau stürzte ein Flugzeug des Bodensee-Aero-Lloyd, wahrscheinlich infolge einer Störung des Motors, auf den Bodenfee ab und wurde schwer beschädigt. Doch konnte es noch das Land erreichen. Der Führer und zwei Passagiere wurden verletzt.
(SCB.) Friedrichshafen, 1. Okt. Das Flugzeug „Lindau der Vodensee-Vsrkehrsgesellschaft Aero Lloyd, das mit fünf Passa- gieren über dem Bodensee eine Rundfahrt machte, plötzlich einsetzender Böen zwischen Schloßpavillon und Pachthafen niedergehen. Hierbei stieß es gegen einen morschen Pfahl, der brach und einen Träger abschlug. Ein Schwimmer ftlllte stch nni Wasser und der Apparat begann zu sinken. In höchster Gefahr kam der Motorbootbesitzer Bergmann-Friedrichshofen und konnte die in Lebensgefahr schwebenden Passagier« und den Piloten au» der gefährlichen Situation befreien.