Millionen von Männern im besten Alter sind auf den Schlachtfeldern verblutet^ Millionen Zivilisten wurden unter den Trümmern des Bombenkrieges begraben, Millionen Soldaten kehrten verkrüppelt und krank aus dem Krieg zurück. Millionen von Männern sind, noch in Gefangenschaft.
Viele Städte und Dörfer des Landes liegen in chaotischen Trümmern. Gewerbe und Industrie sind verwüstet. Die Finanzen sind zerrüttet, das Reich überschuldet, die Sozialversicherung erschöpft. Die Landwirtschaft ist in ihrer Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt. Das Gespenst des Hungers geht um. Die Moral des Volkes Jst erschüttert.
Das ist das entsetzliche Erbe, das uns die nationalsozialistischen und militaristischen Führer hinterlassen haben, als ihr Drittes Reich unter den Schlägen der überlegenen Alliierten Armeen rühmlos zusammenbrach, als seine Träger und Führer feige flohen oder durch Selbstmord den Weg in die verdiente Hölle antraten.
Unser Volk will leben
Unser Volk aber kann und will den geschlagenen und vernichteten Führern des Dritten Reiches nicht in den Untergang folgen. Es muß leben und es will leben. Es muß und will wieder vorwärts und aufwärts kommen. Es mhß und will wieder ein angesehenes und gleichwertiges Glied in der friedlichen Völkerfamilie werden.
Mit anderen um Existenz und Zukunft unseres Schwabenlandes besorgten Männern habe ich mich trotz großer Bedenken bereit gefunden, in der württembergischen Verwaltung an der geistigen und moralischen Rehabilitierung unseres Volkes und im Wiederaufbau des politischen und wirtschaftlichen Lebens mitzuwirken. Schwer lastet auf uns die übernommene Verantwortung, denn wir sind uns der Größe unserer Aufgabe und der Schwierigkeiten voll bewußt. Aber wir vertrauen auf den gesunden politischen Sinn des schwäbischen Volksstammes, auf seine Tüchtigkeit und Seinen Fleiß, auf seine Redlichkeit und Zähigkeit.
In loyaler Zusammenarbeit mit der Militärregierung und bei tatkräftigem Einsatz aller physischen, geistigen und moralischen Kraft der württembergischen Bevölkerung wird und muß es uns gelingen, die Schwierigkeiten zu meistern, um den Weg für geordnete und lebenswerte Verhältnisse zu bahnen.
Neuer Geist, neue Maßnahmen
Zunächst gilt es, Verwaltung und Wirtschaft des Landes von Nazi-Korruption und Ungeist zu säubern. Die Naziverbrecher, die sich so schwer an unserem Volke versündigt haben, müssen der wohl
verdienten Strafe zugeftlhrt werden. Wir wollen diese Reinigung nicht nur vornehmen, weil sie von den siegreichen Alliierten gefordert wird, sondern weil sie uns selbst ein geistiges und moralisches Bedürfnis ist.
Unser Schwabenland darf sich rühmen, von allen Völkern des europäischen Festlandes die erste Verfassung mit demokratischem Einschlag gehabt zu haben. Wir können stolz sein auf unsere politische Tradition, auf das demokratische und soziale Vorbild, das Württemberg im Rahmen des Deutschen Reiches einst war. Zu diesen demokratischen und sozialen Idealen wollen und müssen' wir wieder zurückfinden. Wir brauchen eine Regierung und Verwaltung, die im Willen des Volkes wurzelt und, handelt. Lange genug haben wir unter der Tyrannei des Hitler- Faschismus gelitten, der unserem Schwäbischen Wesen stets fremd war.
Die demokratischen Rechte und Freiheiten können aber erst wirksam werden, wenn wir unser Volk und Land gereinigt haben von dein unschwäbischen Nazi- Regime. Wir müssen das System der faschistischen Diktatur,- in dem Gewalt vor Recht ging, in dem Korruption und Parteilichkeit üble Orgien feierten, restlos austilgen und wieder einen gesunden und sauberen Rechtsstaat aufbauen.
Die Nazi-Partei schuf das ebenso anmaßende wie verderbliche Wort vom „deutschen Herrenvolk“, das andere Völker zu knechten berufen sei. Wir wollen kein Herrenvolk sein, das von der Arbeit anderer lebt, sondern wir wollen ein ehrlich und redlich werkendes Volk sein, das sich durch Leistung und Rechtschaffenheit wieder seinen Platz an der Sonne erarbeitet und erkämpft-
Zu dieser zwar schweren, aber notwendigen Arbeit und Leistung, Ehrlichkeit und Redlichkeit rufen wir das Schwabenvolk auf. Wir müssen Kameradschaft und Solidarität üben. Wir müssen vertrauensvoll Zusammenarbeiten. Wir müssen alle, die reinen Herzens und guten Willens sind, zur Mitarbeit heranziehen.
reift heran. Gemüse und Hackfrüchte stehen hoffnungsvoll. Städter, helft unseren Landwirten bei der schweren Arbeit und erleichtert ihnen so die Erfüllung ihrer Abgabepflicht zu Gunsten der städtischen Verbraucher!
An die Arbeiter und Handwerker ergeht der Appell, ihre Arbeitskraft dort einzusetzen, wo es am dringendsten ist: beim Wiederaufbau des Verkehrs und der Wohnsiedlungen, der landwirtschaftlichen, gewerblichen und industriellen Gebäude. Der- Wiederaufbau wird sich nach Plänen vollziehen, an denen unsere Verwaltung unter Heranziehung bewährter Fachleute arbeitet.
Appell an die Schwaben
Von der raschen Lösung des Kohlenproblems hängt die Belebung der Wirtschaft im allgemeinen, der Baustoffindustrie im besonderen ab. Die wahnwitzige Zerstörung fast aller Fluß- und Straßenbrücken durch die Nazi-Frevler erschwert den Transport von Kohlen, Nahrungsmitteln und anderen Gütern. Wir sind an der Arbeit, die Eisenbahnen, Wasser- und Landstraßen frei und aktionsfähig zu machen.
Der Wiederaufbau unserer zerstörten Dörfer und Städte kann nicht, wie nazistische Scharlatane großmäulig verkündeten, in zwei bis drei Jahren, sondern nur in langjährigen Fristen erfolgen. An den Kosten des Wiederaufbaus müssen auch die Teile des Landes mittragen, die das große Giück hatten, verhältnismäßig unversehrt aus dem Krieg hervorzugehen. Einstweilen müssen wir zusammenrücken, die Obdachlosen und Flüchtlinge unterbringen, die Kranken und Invaliden versorgen.
Schwäbisches Volk! Grauenvoll, ist dia Lage, die uns das rühmlos von der politischen Bühne weggefegte Hitlerreich hinterlassen hat. Bitter muß unser Volk für seine geschichtliche, und politische Verirrung ins Nazi-Regime büßen.
Aber wir dürfen auch aufatmen, daß wir frei sind von der Tyrannei des Nazismus, daß wir das kostbare Gut der Meinungs- und Gewissensfreiheit zurückgewonnen haben und daß wir auf dem Weg zu einem freien demokratischen Staat sind, an dem unser schwäbisches Volk, an seine alte stolze Tradition anknüpfend, wieder sein Schicksal selbst gestalten kann.
In diesem Sinn und Geist schließe ich mit den hoffenden und mahnenden Strophen unseres schwäbischen Dichters und Demokraten Ludwig Uhl and:
Wer redlich hält zu seinem Volke, der wünscht ihm ein gesegnet Jahr. Vor Mißwachs, Frost und Hagelwolke Behüt uns aller Engel Schar.
Und mit dem bang ersehnten Korne Und mit dem lang entbehrten Wein, Bring uns dies Jahr in seinem Home Das alte, gute Recht herein.
Man kann im Wünschen sich vergessen, Man wünschet leicht im Überfluß.
Wir aber wünschen — nicht vermessen, Wir wünschen, was man wünschen muß. Denn soll der Mensch im Leibe leben, So brauchet er sein täglich Brot,
Und soll er sich zum Geist erheben, So tut ihm seine Freiheit not!
Lebensmittelabgabe an Angehörige der Besatjungstruppe
Auf-Weisung des Gouvernement Militaire de Cahv mache ich die Inhaber der Einzelhandelsgeschäfte nachdrücklich darauf aufmerksam, daß- Lebensmittel an Angehörige der Besatzungstruppe nur bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des Gouvernement Militaire de Calw abgegeben werden dürfen. . • Der Landrat
Vor gewaltigen Aufgaben
Gewaltig sind unsere Aufgaben. Niemand darf bei ihrer Lösung gleichgültig oder gar schimpfend zur Seite stehen. Wir wollen wieder eine saubere und gerechte Justiz gestalten. Schule und Jugenderziehung müssen den hohen Geist der Humanität und des Völkerfriedens atmen, sowie auf Können und Leistung ausgerichtet sein.
Unsere Landwirtschaft rufen wir auf, weiterhin in gewohntem Fleiß ihre Pflicht zu tun, um in Stadt und Land den Hunger zu bannen, ln diesen Tagen dürfen unsere Bauern eine gesegnete Ernte in die Scheunen führen. Eine erfreulich reiche Obsternte
Jetjt ist es Zeit zur Kleesamengewinnung !
Durch die natürlichen Verhältnisse bedingt, spielt die Viehhaltung im Kreis Calw und damit der Futteibau eine sehr große Rolle. Rotklee- und Kleeprasacker sind vor allem die Grünfutterquellen des Sommers. Die künftige Anlage solcher Futter- tlächen setzt das Vorhandensein von Saatgut voraus. Da wir im kommenden Ansaatjahr aber vorwiegend auf das kreiseigene Saatgut angewiesen sein werden, fordere ich die Bauern und Landwirte auf, geeignete'Rotkleebestände unbedingt zur Samengewinnung stehen zu lassen. Nicht nur der Eigenbedarf muß gedeckt werden, sondern es muß daoei auch an diejenigen Berufskameraden gedacht werden, die bei bestem Willen nicht in der Lage sind, Kleesamen selbst zu gewinnen. Auf keinen Fall darf es Vorkommen, daß aus Gründen der
Arbeitserleichterung oder sonstigen, nicht triftigen Gründen die Rotkleesamengewinnung unterbleibt. Einwände derart, daß der Rotklee für Grünfutterzwecke benötigt wird, sind nicht stichhaltig.
Es ist und bleibt jedoch Tatsache: wenn jeder Bauer und Landwirt seine Pflicht voll erfüllt und die Kleesamenerträge heuer einigermaßen günstig ausfallen, wird der Kreis Calw in der Lage sein, sich mit echtem Schwarzwälder-Rolkleesamen größtenteils selbst zu versorgen.
Rückgabe von Vermögenswerten der Deutschen Reidispost
Die in den Händen des Publikums (auch des Postpersonals) beiindlichen Vermögenswerte dsr früheren Deutschen Reichspost — besonders Postsäcke, Zustellertaschen, Dienstumhänge, Werkzeuge, Fahrräder, Schreibmaschinen, Kraflwagenteile, Möbel usw. — sind sofort an die zuständige Postdienststelle (für den Bereich des Postamts Plorz- heim in der Zeppelinstr. 16 — Kraltwagenhof — In Pforzheim) zutückzuliefern. Das Poslpersonal ist besonders verpflichtet, seiner Vorgesetzten Dienststelle unaufgefordert zu melden, wer Gegenstände der ehemaligen Deutschen Reichspost ln Besitz hat oder wohin die Vermögenswerte gekommen sind. Wer solche Gegenstände noch länger widerrechtlich zurückhält, hat Anzeige und unter Umständen schwere Strafen zu erwarten.
Postamt Pforzheim
Bad Liebenzell, 6. August 1945.
Am ersten Besatzungstag ging unser lieber Onkel pnd Qroßonkel
Wilhelm Emendörfer
geb. 23. Juni 1863 gest. 17- April 1945
ln die ersehnte Heimat. Durch viel Jammer und Not trugen wir ihn am 27. April zur letzten Ruhestätte.
Familie Emendörfer, Hotel Ochsen Bad Liebenzell
Familie Jakob, Usingen (Taunus) Familie Schöning, Calw.
Obenihausen, Ende Juli 1945. Todesanzeige und Danksagung Unsere in mütterlicher Liebe gute Schwester
Friederike Pfrommer
ist am 26. Juli 1945 im Alter von 45 Jahren von ihrem schweren Leiden in eine bessere Heimat abberufen worden.
Allen, die ihr im Leben und beim letzten Gang in Liebe zugetan waren, hauptsächlich auch der Krankenschwester, die ihr bis zuletzt ihre Pflege zuteil werden ließ, sei aufrichtiger Dank gesagt
• In stiller Trauer:
Die Geschwister.
Nagold, 1. August 1S45
Todesanzeige und Danksagung
Nach einem Leben reich an Arbeit ist unser treusorgender lieber Vater, Scliwie ’ervater und Großvater
Ihre Verlobung beehren sich anzuzeigen
Dora Köhler Rudolf Dickmann
Wilhelm Kapp
Tuthrabrika.it
Heinzenhausen/Pfalz
Unterreichenbach
am 29. Juli im 84. Lebensjahr zur ewigen Rühe heimgegangen. Am 31. Juli haben wir ihn zur Seite unserer lieben Mutter bestattet.
V.
22. Juli 1945
Wir danken allen, die in den lebten Stunden des irdischen Lebens in Gebet und stiller Fürsorge unseres Vaters gedachten, von Herzen. Audi allen denen, die ihm im Leben zur Seite standen, wie denen, die ihn auf seinem letjten Weg begleiteten, sagen wir herzlichen Dank.
r
Übersetzungen
In stiller Trauer:
Lina Altmann, geb. Kapp, mit Gatten Liesel Jäger, geb. Kapp, mit Gatten Hermann Kapp mit Gattin und 6 Enkelkinder.
Um den Behörden und der Bevölkerung bei Vorlegen von Schriftstücken, Gesuchen usw, in der französischen Amtssprache bei der Militärregierung entgegenzukommen, wird ab 6.8.1945 in Calw, Marktplatz 24, neben Fotohaus Fuchs, ein Dolmetscher-Übersetjer- Büro eröffnet.
Francis Wollmann, Dolmetscher
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A. Oelschläger’sdie Buch druckerei, Calw.
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