Umschau aus aller Welt

Reichspräsident von Hindcnburg hat dem englischen Ge­lehrten Campell Doögson, der 20 Jahre lang Verwalter der Handzeichnungen und Stiche im Britischen Museum war, die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. In den bayrischen Bergen sind während der Weihnachtsfeiertage zahlreiche Münchener Skiläufer verunglückt. In die Chirur­gische Klinik in München wurden allein über 30 Verwundete eingeliefert. Auf dem Neckar bei Seckenheim wurden drei elfjährige Jungen aus Ilvesheim auf einer Eisplatte, die sich vom Ufer gelöst hatte, stromabwärts getrieben. Da Ge­fahr bestand, bas; die Eisplatte an einem Pfeiler der Robcrt- Wagncr-Brücke in Mannheim zerschellen würde, begaben sich ein Polizeibeamter und eine Zivilperson in den Neckar. Es gelang, die Eisplatte noch vor der Brücke an das Ufer zu ziehen. In Kohlscheid bei Aachen wurden zwei Brüder im Alter von 10 und 17 Jahren, die eine Hühnerfarm zu über­wachen hatten und des Nachts infolge der Kälte den Ofen unvorsichtig heizten, am andern Morgen tot aufgcfunden. Man vermutet, daß sie von ausströmenden Kohlenoxydgasen betäubt und getötet worden sind. Der Cuxhavencr Fisch­dampfer Eppendorf hat 68 Mann des an der Nordküste Nor­wegens gestrandeten norwegischen KüstenwachschiffesFritjof Nansen" geborgen. Der deutsche FischdampfcrVolksdorf" ist an der norwegischen Küste gescheitert. Die Besatzung von 13 Mann konnte gerettet werden. Immer neue Nachrich­ten über strenge Kälte treffen aus Nord- und Mittelitalien ein. Seit 1929 zum ersten Male ist wieder der Trasimenische See zugefroren. In den Bergwerken von Fuschun (Muk- ben) ist ein Brand ausgebrochen, der nach den ersten Schät­zungen acht Tote, 16 Verletzte und elf Vermißte gefordert hat. Die Brandursache ist noch nicht geklärt.

Aus Württemberg

Jetzt keine Ueberstunde« mehr

Vom Gewerbe- und Handelsaussichtsamt mußten in letz­ter Zeit viele und zum Teil weitgehende Gesuche um Ge­nehmigung von Ueberzeitarbeit aus Industrie und Gewerbe für männliche und namentlich auch für weibliche Arbeiter be­willigt werden, deren Ablehnung für Unternehmer und Ar­beiter schwere Folgen gehabt hätte. Die Anträge wurden meistens mit dem Zwang zur Einhaltung ganz kurzer Lie­ferfristen begründet, von denen die Erteilung der Aufträge abhängig gemacht worden sei.

Wenn das Amt in der Frage bisher soweit als möglich entgcgengekommen ist, so muß es doch mit allem Nachdruck darauf Hinweisen, daß nun der Zeitpunkt gekommen ist, von dem ab wieder von den Unternehmern für ihre Waren län­gere bzw. normale Lieferfristen ausbcdungen werden müs­sen. Das Amt kann demnach auch die künftige Genehmigung von Ueberzeitarbeit mit der genannten Begründung grund­sätzlich mindestens dann nicht mehr in Aussicht stellen, wenn die Anträge erst nach Uebcruahmc der Aufträge eingereicht werden. Aber selbst dann wird unbedingt ein strengerer Maßstab als bisher im Interesse aller Beteiligten angelegt werden müssen.

Zur Eingliederung der Evaugelischeu Jugeudverbände i« die Hitler-Jugend

Ueber die Einigung der Hitler-Jugend und der evange­lischen Jugendvcrbändc hat das Reichsministerium des In­nern folgendes bekanntgcgcbcn:

Die Einigung der Hitler-Jugend und der evangelischen Jugendvcrbändc ist gesichert. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ein. Zusammenschluß in den Einzelvcrbänden durchgcführt wird, ist unbedingt zu vermeiden, daß durch Unbesonnenheiten und durch unfricdliches Verhalten Störungen entstehen. Im be­sonderen ist herausforderndes Auftreten von Gruppen oder Einzelpersonen unbedingt zu unterlassen. Es ist selbstver­ständlich, daß Ser Sem Deutschen besonders heilige Wcih- nachtsfrieben in dieser Zeit durch keinen Mißton gestört wer­den wird."

Zu dieser Bekanntmachung wird im Einverständnis mit dem Gebietsführcr der Hitler-Jugend für Württemberg mit-

getcilt, daß auch sein Aufruf imNS-Kurier" vom 22. De­zember 1933 in diesem Sinne zu verstehen ist und daß jegliche Eingriffe in Besitz- und Eigentumsverhältnisse an Heimen und Plätzen zu unterbleiben haben.

Aus Stadt und Land

Calw, den 29. Dezember 1933.

Wcihuachtsmusik in der Stadtkirche

Eine weihnachtliche Feierstunde schönster Art bereiteten am Abend des zweiten Weihnachtsfciertags drei Stuttgarter Musikanten einer andächtig lauschenden Zuhörerschaft. Man­fred Schiiz, Organist an der Schlosskirche in Stuttgart, ein Sohn unserer Stadt, hatte 'mit zwei Violinspielern des Eberhard-Ludwigsgymnasiums (Eberhard Stiesel und Hugo Holz) zusammen eine von Gemeindegcsang eingerahmte Folge von Orgel- und Violinstücken einer zusammengehöri­gen Mcistcrzcit der deutschen und italienischen Musik ver­einigt, die sich alle in den verinnerlicht festlichen Ton der deutschen Weihnacht einfügten. Das Herzstück bildeten fünf Orgelchorüle I. S. Bachs aus dem Weihnachtskreis des evangelischen Chorals, ungemein plastisch und sorgsam regi­striert und gespielt diese Orgelchorüle Vachs sind eine wahre Heimat deutscher Kunst und deutscher Frömmigkeit, unerschöpflich an Reichtum und Tiefe der Formen und Ge­danken. In Calw gibt es dank der ununterbrochenen Arbeit auf kirchenmusikalischem Gebiet eine Gemeinde, der diese Sprache vertraut ist. Es war stilistisch ein glücklicher Ge­danke, diesen Orgelchorälen fünf Violinwerke zur Seite zu stellen, die in ihrer freieren Form jenes Herzstück umspiel­ten. Was uns diese beiden Schüler spielten und wie sie spiel­ten, das war ganz prächtig. Daß sie beide technisch meister­haft spielten, auch so schwere Werke wie die Sonate Bibers aus seinen biblischen Mysterien, das vergaß man völlig über dieser Reinheit und hingebenden Größe des Ausdrucks, der den Zuhörer wirklich ins Innere dieser Musik führte. Man empfand überall, wie die drei jungen Musiker sich gemeinsam in jedes dieser Werke arbeitend vertieft und um den besten Ausdruck gerungen hatten, mit der bescheidenen Unterord­nung unter das Werk, die dem Deutschen eigentümlich ist. Es lag eine wirkliche Weihe über diesem Abend- möchte dieser Zug in die Tiefe unserer deutschen Jugend bleiben!

Krippenspiel in Althengstett

Das diesjährige Weihnachten wurde für die Gemeinde Althengstett durch die Darbietung eines von der Spielschar der HI cingeiibtcn Krippenspicls in der Kirche in besonders schöner Weise cingclcitet. Der Spielleiter, Hauptleh' 'r Haug von Ernstmühl, und seine Schar haben ihr Bestes eingesetzt, um das Spiel mit seinem wertvollen Text und seinen in edler Haltung gestellten Bildern und Gestalten der Heiligen Geschichte zu den Herzen sprechen zu lassen. Besonders aner­kennenswert ist, daß die Spieler sich durch den leider spär­lichen Besuch der Feierstunde nicht abhaltcn ließen, ihr Bestes zu geben. Mögen sie mit ihrem verdienten Leiter sich durch die Versicherung dankbarer Zuschauer belohnt fühlen, daß ihnen dieses Krippenspiel nicht bloß gefallen hat, sondern ein inneres Erleben schenkte! Tenn das ist ja der oberste Zweck solcher Veranstaltungen und der damit verbundenen Mühe: die Empfänglichkeit für edle Unterhaltung zu wecken und auch mit den Mitteln der darstellenden Kunst den Weg zur Seele des Volkes zu suchen und zu bahnen.

Weihnachtsfeier der Ortsgruppe Althengstett der NSDAP

Die Ortsgruppe Althengstett der NSDAP feierte gemein­sam mit der SA, NS-Frauenschaft, BdM und HI im Gast­hausZur Traube" eine würdige Weihnachtsfeier, die sehr gut besucht war und mit einem schneidigen Marsch vom Mu- sikvercin eröffnet wurde. Ortsgruppcnlciter Dr. Schmitz begrüßte die Fcstteilnehmer mit einer kraftvollen vaterlän­dischen Ansprache und forderte alle Anwesenden auf, den Ge­danken unseres Führers Adolf Hitler entsprechend, auch ihrerseits dazu beizutragcn, daß Liebe und Einigkeit wieder in unser geliebtes Deutschland cinzichcn und alle zur Volks­gemeinschaft umschließen mögen. Im ersten Teil des Pro­gramms fand die Aufführung des deutschen ZeitbildesVru- derkampf" von Heinz Horst ernste Aufmerksamkeit. Der Bund

Schwarzes örett

Hitler-Jugend Gef. 4/ll 12«

Es fehlen mir noch von einigen Standorten die Tätigkeits­berichte. Dieselben sind sofort cinzusenden.

Am Samstag, den 36. Dez., abends 8 Uhr, haben folgende Standorte in der Schule anzutreten: Möttlingen, Neuhcng- stett, Althengstett, Ostelsheim und Simmvzheim. Für das Er­scheinen mache ich die betreffenden Führer verantwortlich.

E. Kühnle, Gefolgschaftsführer.

Kriegsopfer der NSKOB Calw (Stadt)

Der Monatsbeitrag wird ab 1. Januar 1934 durch mit Ausweis versehene Blockwartc ehrenamtlich eingezogen. Ich erwarte daher von jedem einzelnen Mitglied, daß der Bei­trag pünktlich bezahlt und den zum Einzug bestimmten Ka­meraden ihr Ehrenamt nicht dadurch erschwert wird, baß die­selben wiederholt um den Beitrag laufen müssen.

Rathfelder, Ortsgruppenobmann.

deutscher Mädchen brachte unter Leitung von Frau Dr. Schmitz abwechslungsreiche Darbietungen und erntete gro­ßen Beifall. SA und Hitlerjugend erfreuten unter Turn­leitung Luipold mit Hebungen am Pferd und prachtvollen Pyramiden die begeisterten Zuschauer. Im Schlußwort brachte Ortsgruppenleiter Dr. Schmitz ein dreifaches Sieg- Heil auf den Führer aus.

Wetter für Samstag und Sonntag

Ueber Großbritannien liegt der Kern einer mit ihrem Einfluß über ganz Deutschland hinwcgreichendcn Depression. Für Samstag und Sonntag ist mehrfach bedecktes, auch zu leichten Niederschlägen geneigtes, mäßig kaltes Wetter zu erwarten.

*

Hirsau, 28. Dez. Eine gemeinsame Weihnachtsfeier ver­einigte die ganze Jugend Hirsaus, von den Kleinen der Sonntagskinderschule bis zu den Größeren der Hitlerjugend, des Bundes deutscher Mädel, des Luisenbundes und der Jugendschar, am Heiligen Abend in der festlich geschmückten Kirche. Gesänge, Sprcchchöre, Schriftlesungen und eine An­sprache des Ortsgeistlichen bildeten den Inhalt der Feier. Eine gemeinsame Bescherung der Kinderwelt bildete den Abschluß.

Gechingeu, 28. Dez. Letzte Woche wurden auf dem Rat­haus durch Bürgermeister Schmidt an hilfsbedürftige Fa­milien und Einzelstehenöc Bezugsscheine für Kleider, Wäsche oder Haushaltungsartikel verteilt. Das Christfest brachte nachmittags eine feine Weihnachtsmusik in der Kirche. Mit­wirkende waren Pfarrer Reu sch und Frau, Oberlehrer Heckeler, die Bildhauer Pilz, Frl. Gretel Breitling, Frieda Dürr, Else Kühnle und der Schülerchor. Auch die Feier der Kinderschüler fand wie alljährlich unter Lei­tung von Schwester Schaible großen Anklang.

Höfe« a. o. E., 28. Dez. Eine der angesehensten Holzhan- delsfirmen des Schwarzwaldes, die Firma Krauth u. Co., Säge- und Hobelwerk mit Parkettfabrik in Höfen a. ö. Enz, feiert in diesen Tagen ihr 7Sjährigcs Bestehen. Sie ist die mittelbare Nachfolgerin der berühmt gewordenen Holländer Holzkompanie, die 1768 in Calw gegründet wurde.

^ Obertalheim OA. Nagold, 28. Dez. Hier ereignete sich ein bedauerlicher Unglttcksfall, dem ein Menschenleben zum Op­fer fiel. Die 70jährige Ehefrau Theresia Locheisen stürzte in den Keller hinab und erlitt einen Schädelbruch, an deren Folgen sie nach einer Stunde gestorben ist

Wittlcnsweiler OA. Freudenstadt, 28. Dez. Ein Weih­nachtsgeschenk, auf das noch kommende Geschlechter der in Wittlensweiler lebenden Familie Kneißler stolz sein dürfen, erhielt der neunzigprozcntig kriegsvcrletzte Gottlob Kneiß- lcr. Reichspräsident von Hindenburg und der Führer über­sandten ihm, der in all den Jahren nach dem Krieg durch mehrere Amputationen am rechten Bein und jetzt durch eine weitere Splitterherausnahme aus der rechten, zweimal durchschossenen Hand vieles durchzumachen hatte, je ein Bild

H kvdzän von /viäkux oscsun

Loxxrrqdt ISN df krom»» idsuz-Verlsz VrödeureU

Na, ja, er ist eben kein kleiner Geschäfts­mann, sondern faßt seine Geschäfte groß­zügig und amerikanisch auf."

Ach. wenn es das wäre! Weißt du denn nicht, daß seine Geschäfte fast immer vom geraden Weg abweichen? Ja, ja. ich weiß!! Nach außen hin ist er Häusermakler, aber was verbirgt sich bei ihm dahinter? Dunkle Kreditgeschäfte. Wucherzmsen, allerlei An­gelegenheiten. die das Licht scheuen. Wes­halb sucht er sich denn ausgerechnet dich als Sekretär und Helfer aus? Weil er genau weiß, daß du in Not bist, daß du gern gut lebst und leicht beeinflußbar bist! Ach, ich durchschaue ihn ganz genau . . ."

Robert Hellmann stand auf.

Hör' endlich auf mtt deinen Predigten", sagte er kalt.Du änderst nichts an meinem Entschluß. Ich versprach Bergmann, daß ich sofort zu ihm kommen wolle: ich ziehe auch rn seine Wohnung. Ich bin schließlich kein Kind, das du beeinflussen kannst . .

Er gmg mit großen Schritten durchs Zim­mer seinem Schlafraum zu. Krachend fiel die Tür ins Schloß.

Erika hörte, daß er seine Koffer vom Schrank nahm. Schubladen wurden aus- erissen, heftig schlug die Kleiderschranktür in und der.

Sie rrß die Tür zu seinem Zimmer auf und trat zu ihm. Wortlos hals sie ihm beim Einpacken.Die Sachen lasse ich holen", sagte der Bruder jetzt.Ich muß gehen. Bergmann erwartet mich noch heute abend. Wir wollen alles genau besprechen. Morgen früh will ich zur Universität, mich exmatri­kulieren lasten . . ."

Erikas Hände flogen erregt hin und her. Robert, warum alles so überstürzt . . .?"

Weil ich Geld brauche", schrie er heftig. Ich bin das Hungerleben hier mit dir satt. Ich will viel Geld verdienen und so schnell wie möglich, begreifst du das denn immer noch nicht?"

Ja. dann hat es wohl gar keinen Zweck mehr, wenn ich dir noch etwas sage . . sagte sie. Ihre Stimme war heiser geworden, mechanisch glitten ihre Hände über seinen Koffer hin und her.

Er wandte sich zum Gehen.

Sie verstellte ihm den Weg.Robert . . . bitte, versprich mir eins . . . wenn du nicht weiter kannst, wenn du nicht mehr aus noch ein weißt, komm zu mir ... ich werde dir dann helfen ..." Er schob die bittenden Hände beiseite.

.Laß doch die Dummheiten", sagte er rauh. Als er das erstarrte und verstörte Gesicht der Schwester sah, wurde seine Stimme etwas weicher.

Meinst es ja gut. Erika, ich weiß wohl. Aber du wirst sehen, daß ich dich und deine Hilfe nicht brauche. Vielleicht kann ich dir sogar bald helfen, daß du dich nicht mehr zu quälen brauchst. Ich schenke dir dann schöne Klnder, Schmuck." Er beugte sich zu ihr herunter.Einverstanden?"

Sie wollte noch etwas sagen, aber eine jähe Angst schnürte ihr die Kehle zusammen. Sie schwieg und sah ihn nur traurig an.

Na. also, auf Wiedersehen. Erikind! Mach nicht solch trauriges Gesicht. Es wird schon alles gut werden. Ich komme ab und zu her­ein und erzähle dir . . ."

Er küßte die Schwester flüchtig auf die Stirn, winkte noch einmal. Dann war Erika Hellmann allein.

5. Kapitel

Der Beifall donnerte und lärmte zur Bühne herauf. Immer wieder trat Evelyn Ostin vor die Rampe, lächelte anmutig, grüßte zu ihren Verehrern herab.

Dann flog ihr Blick hinüber zur Loge Rudolf Overbergs. Er hatte sich erhoben und grüßte herüber, klatschte begeistert Bei­fall. Doch der Herr neben ihm war kalt und ruhig sitzen geblieben, rührte keine Hand und sah nur aufmerksam und beobachtend zu ihr herüber. Als endlich der Vorhang gefallen war und die Schauspielerin sich müde und abgespannt in ihre Garderobe begab, hätte niemand die strahlende, schöne Frau wiedererkannt. Ein bitterer, böser Zug lag um ihren Mund, eine tiefe, senkrechte Falte hatte sich in die weiße Stirn ein­gegraben.

Unausstehlich, daß Rudolf so viel mit Kernbach zusammen war! Sie empfand eine geheime Angst vor den kalten, forschenden Augen dieses Mannes, die bis auf den Grund zu blicken schienen. Zwar wußte sie. daß Rudolf Overberg ihr rückhaltlos ver­traute ...

Sie ließ sich vor dem Toilettentisch müde nieder. Dann hob sie den Kops und sah auf­merksam in den Spiegel. Ihr Gesicht schien ihr fremd und häßlich geworden, sie war abgespannt und erregt zugleich: kein Wun­der nach den sehr anstrengenden Tagen, nach der harten Arbeit. Gewiß, der Erfolg des neuen Stückes war stark, bisher hatte

sie noch nie erneu so ungeheuren Bestall ge- habt. Immerhin, all das konnte sie nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie in den nächsten Tagen große geldliche Verpflichtun­gen zu erfüllen hatte. Ihre Gläubiger hatten durch die Verlobung mit Overberg ver­tröstet schon lange gewartet, jetzt endlich mußte sie bezahlen.

Mechanisch schminkte sie das Gesicht ab. schickte die Garderobesrau hinaus. Sie mußte heute mit Rudolf Overberg sprechen. Wor­auf sollte sie warten? In ein paar Wochen konnte sie verheiratet sein, und alles war gut. Wenn sie nur gewußt hätte, wie es kam. daß die Summen sich so ungeheuer an­gesammelt hatten? Ihre Gage war sehr hoch, aber viel höher noch waren ihre Ansprüche gewesen. Unbedenklich hatte sie Kredit aus- genommen. Immer von neuein . . . jetzt war die Summe so groß geworden, daß sie er­schrak. Wenn sie nur nicht auch noch diesem Bergmann in die Finger geraten wäre! . . .

Einen Augenblick überlegte sie, ob sie Ru­dolf alles erzählen sollte. Selbstverständlich würde er ihr helfen. Sie stellte sich die Un­terredung vor. sie sah nn Geist seine ernsten grauen Augen aus sich ruhen . . . nein, nein . . . wie peinlich! Es ging eben nicht. Wenn sie verheiratet war. standen ihr ohne weiteres genügend Mittel zu Gebote, dann konnte sie ohne Sorgen die Summe nach und nach bezahlen . . .

In ihre Gedanken fiel Overbergs tiefe Stinime.

Fertig. Evelyn?"

Sie erschrak. Dann suchte sie ihrer Stimme Festigkeit zu geben. Sie ging zur Tür. hinter der er stand, und rief heiter:

Noch nicht. Bitte. Rudolf, geh schon vor. Ich komme gleich nach . . ."

Fortsetzung folgt.