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Nr. 303
Verlag der Schwarzwald.Wach! G. m. d. H. Calw. Beranlworlllch« Schriftlellung: Friedrich Han» Scheele, siir den Anzeigenteil: Georg Wurster. Kreidleiier. «elch»si«stell, Calw «Alte» Postamt,. Fernsprecher 251. Schluß der Anzeigenannahme s Uhr »ormiilag«. Drurk: A. OelschlLger'sche Buchdrusterei Calw.
Freitag, 29. Dezember 1933
Bezugspreis: Monatlich RM. 1.50 durch Träger. Bei Postbezug zuziig« ltch Zustellgebühr. Anzeigenpreis: Dt« lleinspaltige mm.Zeile ti Psg., Rctlamezrtlr 20 Psg. Bei Wiederholung Nachlaß. Erfüllungsort für beide Teile Calw. Für richtige Wiedergabe von durch Fernspruch aufgenommenen Anzeigen wird leine Gewähr übernommen.
1. Jahrgang
Begrenzung des Hochschul-Zugangs
Zn Württemberg dürfen im Jahre 1934 nur 611 Abiturienten studieren
— Berlin, 28. Dez. Der Reichsminifter des Innern hat «nnmehr die erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes gegen die Ucbersüllnug deutscher Schulen und Hochschulen erlassen und die Zahl der Abiturienten denen im Jahre 1934 die Hochschulreife Anerkannt wird, mit IS 000 begrenzt. Auf die einzelnen Länder wird diese Zahl folgendermaßen verteilt:
Württemberg 611, Preußen 8984, Bayern 1670, Sachsen 1838, Baden 574, Thüringen 380, Hessen 340, Hamburg 898, der Nest auf die übrigen Länder.
Die Zahl der Abiturientinnen, denen die Hochschulreife zucrkannt wird, ist nicht gesondert bestimmt worden. doch darf der Anteil der Abiturientinnen in einem Lande nicht 10 v. H. der zugewiescnen Zahl überschreiten. Znerkannt wird die Hochschulreife nnr jenen Abiturienten, die den besonderen Anforderungen der Hochschule nach ihrer geistigen und körperlichen Reise, nach ihrem Charakterwert und ihrer nationalen Zuverlässigkeit zu genügen geeignet erscheine».
Uebcr die Zuerkennung der Hochschulreife wird eine besondere Bescheinigung erteilt, die jedoch bei Bewerbungen um einen praktischen Beruf nicht benutzt und von den an- stcllcnden Stellen auch nicht verlangt werden darf. Die Nicht- zuerkennnng der Hochschulreife bedeutet für Abiturienten auf keinen Fall eine Minderbewertungx sie werde» nnr durch ihre Anlage auf Berufe verwiesen, für die es der theoretische» Hochschulbildung nicht bedarf.
Anslese künftig schon in den höheren Schulen
In den folgenden Jahren wird eine von Jahr zu Jahr teilweise fcstzusetzende weitere Senkung der Nichtzahl eintrcten. Es wäre nicht zu rechtfertigen, wenn auf die falzenden Jahrgänge, die als Kricgsgcburtcnjahrgänge schwächer besetzt sind, nicht die gleichen Maßstäbe an Ans- lcseschärse angewandt würden. Gerade diese Jahrgänge haben nachgewiesenermaßen eine besonders hohe Zugangshäu
figkeit zu den höheren Schulen gezeigt. Im übrigen ist vorgesehen, durch neue Auslesebestimmungen die Zahl der Besucher der höheren Schulen, vor allem der Oberstufe, künftig so zu senken, daß ein Eingriff bei den Abiturienten bzw. beim Uebertritt in die Hochschule nicht mehr erforderlich ist.
Maßnahmen für die Abiturienten ohne Hochschnlbercchtigung
Der Neichsanstalt für Arbeitsvermittlung erwachsen durch die Maßnahme des Reichsinnenministeriums neue Aufgaben. Die nicht für hochschulrcif anerkannten Abiturienten müssen in beruflich, sittlich und gesundheitlich einwandfreien Lehr- nud Ausbildung?stellen untergebracht werden. Der Präsident der Neichsanstalt Dr. Syrnp hat sich deshalb an den NeichSinnenministcr mit der Bitte gewandt, die Entscheidung über die Zulassung der jungen Leute zur Hochschule möglichst rasch, nicht erst im März zu treffen, da es dann schwer sein dürfte, die Verbindung mit der Wirtschaft herzustellen.
An die Wirtschaft, sowie an Handel, Handwerk und Industrie wird der Appell gerichtet, sich dieser jungen Abiturienten anzunehmen.
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Der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, Syrup, sprach vor der Presse über Maßnahmen, die der Unterbringung der nicht zum Hochschulbesuch berechtigten Abiturienten getroffen werden sollen. Es sind im Laufe der letzten Wochen bereits eingehend burchgearbeitete Pläne ausgestellt worden und auch schon in der Durchführung begriffen, die eine sachgemäße Berufsberatung dieser Abiturienten sichcrstellen und bewirken sollen, daß aste Abiturienten dem Wirtschaftsleben zugeführt werden. Die Verhandlungen mit den Spitzenver- bänbcn der Wirtschaft sind eingeleitet. Sie zielen auch dahin, den Ausbildnngsgang für die Abiturienten entsprechend ihrem Alter und ihrer Schulreife anders zu gestalten als bei den jüngeren Lehrlingen.
Tages-Spiegel
Der Reichsinneuminister hat in Durchführung -es Gesetzes gegen die Uebersüllung deutscher Hochschulen die Zahl der Abiturienten, denen im Jahre 1934 die Hochschulreife znerkannt wird, anf 15 000 begrenzt.
Nach altem Brauch hissen am Nrujahrstag erstmalig wieder sämtliche Behörden die Flagge». Die Bevölkerung wird ansgcsordert» sich dem Vorgehen der Behörde» anzu- schließen.
Die nächste Führertagnng der NSDAP findet vom S. bis 7. Januar ans dem Obersalzberg statt.
Beamte der Deutschen Reichspost, die sich um die nationale Erhebung außergewöhnlich verdient gemacht haken, sollen nach einer Verfügung -es Reichspostministers anßer der Reihe befördert werde«.
Der französische Botschafter in Berlin» Francois-Poncet, ist in Paris über die Absichten des Kabinetts in der Rüstnugs- frage unterrichtet worden.
Der Botschafter des Deutschen Reiches, Roland Köster» brachte dem Präsidenten der Republik Lebruu bas Beileid -es Reichspräsidenten zur Eisenbahukatastrophe bei Lagny zum Ansdruck.
Der englische Botschafter in Rom hat sich «ach Capri zu Außenminister Simon begebe«. Simon wird am 3. Januar nach Rom fahre«.
Die Flugzeuge der englischen Luftstreitkräste haben einer amtlichen Mitteilung zufolge im Jahre 1933 über 61 Millionen Kilometer znrückgelegt. Diese Gesamtstrecke ist 1600- mal so lang wie der Erdumfang.
Wie aus Kronstadt nach Oslo gemeldet wird, liegen dort am Rande des Eisgürtels 21 Schiffe, die auf Eisbrecherhilfe warten, um in de» Hafen zu gelangen, während in Kronstadt 34 Schiffe im Eis fests?tzen.
Ein verheerender Taifun hat Madras heimgesucht. Außer ungeheurem Sachschaden ist der Tod von 2.70 Menschen zu verzeichne«. 10 000 Stück Bich sind verendet.
Die neue preußische Gemeindeverfaffung
„Bürger" «nd „Einwohner"
— Berlin, 29. Dez. Der preußische Minister des Innern hat jetzt eine Durchführungsverordnung zum Gemeindcvcr- fassungsgesetz vom 15. Dezember ds. Js. erlassen, in der bestimmt wird, daß die Gemeinderäte vorbehaltlich der späteren Verleihung von Stadt- oder Gemeindebriefen spätestens bis 1. April 1934 zu berufen sind. Die Berufung soll mit größter Beschleunigung erfolgen.
Das Gemeindeverfassungsgesetz macht einen Unterschied zwischen Einwohnern und Bürgern der Gemeinden. Die Bürger sind in eine Bürgerrolle einzutragen, sie müssen ihre Kräfte jederzeit ehrenamtlich in den Dienst des Wohles der Gemeinde stellen. Die Durchführungsverordnung formuliert die Begriffe „Einwohner" und „Bürger" folgendermaßen:
Einwohner der Gemeinde ist, wer in ihr nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches seinen Wohnsitz hat. Bürger der Gemeinde ist bis zur endgültigen Regelung jeder reichsbeutsche Einwohner, der über 25 Jahre alt ist und seit dem 1. Juli 1933 in der Gemeinde ununterbrochen wohnt.
Wer nach diesem Zeitpunkt zugezogen ist, erwirbt das Bürgerrecht erst, wenn er seit einem Jahre in der Gemeinde seinen Wohnsitz hat. Bürger der Gemeinden sind ferner ohne Rücksicht auf die Dauer des Wohnsitzes in der Gemeinde aktive Reichs- und Staatsbeamte und hauptamtliche Beamte der Gemeinden, sowie die obersten örtlichen Letter der NSDAP und die rangältesten Führer der Sturmabteilungen oder der Schutzstaffeln der NSDAP.
Schlitten
von Personenzug überfahren
zwei Tote, ein schwerverletztes Kind
TU. München, 29. Dez. Donnerstag nachmittag hat sich bei Tutzing infolge des starken Nebels ein schweres Verkehrs- unglttck ereignet. In einer schiencnglcichen Uebcrfahrt wurde ein mit drei Personen besetztes Schlittenfuhrwcrk von dem nach Weilheim fahrenden Personcnzug überfahren. Dabei wurde der Gntsverwalter Eugen Baumgartner und ein acht Jahre alter Gastwirtssohn getötet. Der dritte Insasse, das Brüderchen des getöteten Kindes, erlitt beiderseitige Schen- kelbrttchc und wurde ins Krankenhaus eingelicfert. Auch die beiden Pferde des Schlittenfuhrwerks sind umgckommen. Das Unglück ist auf den starken Nebel zurttckzustthren.
Falschmünzerbande ausgehoben
— Saarbrücken, 29. Dez. In Elversberg im Saargebiet versuchte ein junger Mann, bei einem Einkauf mit lauter falschen Fünf-Frankcn-Stücken zu bezahlen. Er wurde verhaftet. Seine Vernehmung führte zur Festnahme von drei weiteren jungen Burschen,- bei einem von diesen fand man eine vollständig eingerichtete Falschmttnzcrwcrkstätte.
Frankreich wiederholt das alte Spiel
Durch Täuschungsmanöver an der Abrüstung vorbei — Botschafter Franeois-Poneet bei Paul-Doneour
TU. Paris, 29. Dez. Der französische Außenminister Paul-Bon cour empfing gestern nachmittag den französischen Botschafter in Berlin, Francois-Poncet und unterrichtete ihn über die Absichten der französischen Regierung. Er gab ihm alle erforderlichen Erklärungen über die in der Mitteilung im Ministerrat am Mittwoch erwähnte Denkschrift, die bekanntlich in großen Zügen von den Ministern gebilligt worden ist und die zur Zeit am Quai d'Orsay im einzelnen ausgearbeitet wird. Die Unterredung dauerte über eine Stunde. Francois-Poncet wird Ende der Woche nach Berlin zurückreise», um am Neujahrsempfang des Diplomatischen Corps durch den Reichspräsidenten teilzunehmen. doch glaubt man,Haß er erst am 4. oder 5. Januar mit der Neichsregierung Fühlung nehmen wirb, um ihr das französische Memorandum zu überreichen.
Der französische Außenminister empfing im Laufe des Donnerstags außerdem den polnischen Botschafter, den russischen Botschafter und den neuen amerikanischen Botschafter in Moskau, Hullit. Ministerpräsident Chautemps empfing den belgischen Außenminister Hymans und den griechischen Außenminister Maxnnos.
Sperrfeuer der Pariser Presse
Die Besprechungen, die der Berliner französische Botschafter mit dem Außenminister Paul-Boncour ausgenommen hat, geben nach Ansicht Pariser diplomatischer Kreise dem am Mittwoch gefaßten Beschluß des französischen Mini- stcrrats bine besondere Note. Man erklärt, daß Francois- Poncet 6k' den ersten Januartagcn dem Reichskanzler an Hand der in Bearbeitung befindlichen Denkschrift den französischen Standpunkt in der „Abrüstungsfragc" erläutern werde. Schön der Ausdruck „Abrüstung" kennzeichne die Richtung, in der die französischen Vorschläge sich bewegen würden. Das Thema „keine Aufrüstung Deutschlands, sondern allgemeine Abrüstung im Genfer Nahmen" wird deshalb auch von der Presse variiert, wobei einige Blätter, die anf angebliche Mitteilungen des Onai d'Orsay fußen, nachdrücklich feststellcn wollen, daß entgegen anders lautenden Nachrichten bei den neuen Vorschlägen, die Frankreich etwa machen könnte, von Ziffern noch keine Rede sei. Der „Temps" erklärt, das Abrüstungsproblem könne nur durch eine Verständigung aller in Frage kommenden Negierungen gelöst werden, d. h., man müsse nach Genf l!> zurückkchren, sobald die Besprechungen zu zweit beachtenswerte Ergebnisse gebracht hätten.
Die Londoner Presse beurteilt die französische Stellungnahme zum Abrüstungsproblem im allgemeinen ziemlich
pessimistisch und ist geneigt, in ihr nur ein französisches Manöver zu erblicken, um die Verantwortlichkeit Frankreichs für ein Totlausen der unmittelbaren deutschfranzösischen Aussprache von sich abzulenken und Zeit zur Festigung der französischen Bündnisse mit den Trabantenstaaten in Südost- und Osteuropa zu gewinnen .Die Pariser Berichte stimmen dahin überein, daß Frankreich die Vorschläge des Reiches nicht zur Grundlage für direkte Verhandlungen machen wolle, aber bereit.ist, unter bestimmten Voraussetzungen die diplomatischen Verhandlungen fortzusetzen.
Die durch den französischen Ministerratsbeschluß geschaffene Lage wird auch nicht ohne Einfluß auf die bevorstehende Unterredung des in Capri weilenden britischen Außenministers Sir John Simon mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mussolini sein. Der Vorbereitung dieser Unterredung biente ein längerer Besuch des britischen Botschafters Sir Eric Drummond bei Simon am Mittwoch.
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Hymans über seine Pariser Besprechungen
Der belgische Außenminister Hymans erklärte Pressevertretern gegenüber u. a. über seine Pariser Besprechungen: „Wir haben uns besonders mit dem Abrüstungsproblem beschäftigt. Die Hauptsorge Belgiens ist stets gewesen, einen Rüstungswettlauf zu verhindern, England und Italien dürften ebenso bereit sein wie Belgien und Frankreich, eine solche Gefahr zu bannen. Belgien ist eines der Länder, die der Kriegsgefahr am stärksten ausgesctzt sind. Zur Verteidigung seines Gebietes hat es neue schwere Opfer anf sich genommen. Deshalb ist die Lösung des Problems für Belgien von größter Bedeutung. Der Genfer Organismus besitzt sicherlich keinen unabänderlichen Charakter. Wie alles Mcnschcniverk muß auch er sich entwickeln und nach besseren Arbeitsmethoden suchen. Aber die Grundsätze des Volker- bnndspaktcs sind aufrechtznerhalten."
Neujahrswünsche des Papstes
— Berlin, 29. Dez. Der deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl, v. Bergen, hat in der Neujahrsaudienz seiner Heiligkeit dem Papst herzliche Neujahrsgriiße des Reichspräsidenten ausgesprochen. Papst Pius Xl. bat den Botschafter, seine wärmsten Wünsche für bas Ergehen des Herrn Reichspräsidenten von Hindenburg und für das Wohl des ganzen deutschen Volkes zu übermitteln.