Der Meinungsaustausch mit Frankreich

Ergänzungsfragen des französischen Botschafters an den Reichskanzler -

DanzigPolen

Der Besnch LeS Präs, deute» Rauschning in Warschau

Warschau, 12. Dez. Ueber den Besuch des Präsidenten -es Senats der Freien Stadt Danzig in Warschau ver­öffentlicht die polnische Telegraphenagentnr eine amt­liche Mitteilung, in der es Heisst:

Gegenstand der Aussprache waren vornehmlich die Vor­aussetzungen siir eine dauernde Befriedung der Verhältnisse zwischen Danzig und Pole». Außerdem wurde auch eine Neihe von Streitfragen, die bisher noch nicht durch die Völkerbungsinstanzen entschieden sind, erörtert. Die Aussprache ergab Uebcreinstimmung in dem Ziel, die wirt­schaftlichen Beziehungen so zu gestalten, wie sie der Gemeinsamkeit des Wirtschafts- und Zollgebiets ent­sprechen, ivobei die besondere Struktur der Freien Stadt durch geeignete Maßnahmen berücksichtigt werden könnte. Die stattgefundenen Besprechungen werden die Basis für demnächst aufznnchmcnbe Verhandlungen der Eachberater bilden, wobei die Lösung der noch offenstehenden Fragen im beiderseitigen Einvernehmen angestrebt wird.

Polen

derfranzösifchenBemulterungmüde?

Zu der beabsichtigten Ostreise Paul-BoncourS schreibt die LondonerNews Ehronicle": Wenn der Völkerbund tor­pediert werde, könnte sich Frankreich nur auf seine Bünd­nisse stützen, und die Aufgabe Paul-Boncours gehe ohne Zweifel dahin, diese Bande enger zu ziehen. Einige der französischen Bündnisse in Osteuropa seien ziemlich lok- ker geworden, so besonders dasjenige mit Polen, das der französischen Bemutterung ein wenig müde sei. Paul-Bon- :our werde seine Aufgabe in Warschau wahrscheinlich nicht sehr leicht finden; denn es bestünden Anzeichen, daß die pol­nische Negierung mehr Gemeinsames mit der drut­sch e n R e g i e r u n g als mit der französischen finde. Der diplomatische Mitarbeiter desDaily Telegraph" meint, auch Benesch, der als der überzeugteste Anhänger des Völ­kerbundes gelte, müsse erkennen, daß cs nur noch die Wahl zwischen einem Umbau des Völkerbundes oder gar keinem Völkerbund gebe, da der Völkerbund den Rücktritt Italiens nicht überleben würde. Polens Beispiel werde voraussicht­lich die Stärke der Kleinen Entente und auch Frankreichs beeinflussen. Der polnische Außenminister habe ganz offen seinen Mangel an Vertrauen in die Maschinerie des Völkerbundes ausgesprochen; Warschau habe die Unter­redungen mit Berlin begonnen, ohne vorher Frankreich oder den Völkerbund zu verständigen.

Moralische Kriegsrüstung im Fernen Osten

Die Sowjetunion stellt Bauern, Arbeiter «. Angestellte Vesser

Warschau, 13. Dez. Wie die Telegraphenagentnr der Sowjetunion mittetlt, haben der Volkskommissarenrat und das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei beschlossen, der Bevölkerung des Fernen Ostens eine Reihe von Ver­günstigungen zu gewähren. So werden die Kollektivwirt­schaften und die Kollektivwirtschaftsbaucrn von der Abliefe­rungspflicht befreit. Weiter werden die Gehälter und Löhne der Arbeiter und Angestellten um 10 bis 30 v. H. sowie die Truppensolbe erhöht.

Offiziell wird diese Maßnahme mit der Förderung der Siedlung im Fernen Osten begründet; in erster Linie aber dürfte Stimmungsmache unter der Bevölkerung selbst für die Sowjetherrschaft angesichts des drohenden Konfliktes mit Japan die Ursache sein.

Kleine politische Nachrichten

Der Aeltestenrat des Reichstags ist bereits gebildet. Vor­sitzender ist der Neichstagsprästdcnt. Als Mitglieder werden ihm folgende 21 Abgeordnete angehören: Dr. Buttmann, Darre, Ritter von Epp. Dr. Fabricius, Feder, Dr. Frank, Dr. Frick, Dr. Fritsch, Dr. Goebbels, Haake, Heß, Himmler, Dr. Hugenbcrg, Kube, Dr. Ley, von Papcn, Graf zu Revent- low. Rühm, Scldte, Stöhr und Streicher. Der Reichstag wird 2 Ausschüsse, und zwar den Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung und den Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten, einsetzen.

Das Neichserbhosgesetz gilt überall in Deutschland. Wie wir von amtlicher Seite erfahren, treffen die wiederholt auftauchenden Pressemeldungen, für einzelne Länder oder Landteile sei eine Sonderregelung des Erbhofrechts erfolgt oder in Aussicht genommen, nicht zu. Selbstverständlich mußte zur Vermeidung von Härten eine Neihe von Ucber- gangsbestimmungen im Wege der Durchführungsverord­nung geschaffen werden; auch diese gelten aber für das ganze Reich. Das Neichserbhosgesetz hat ein einheitliches Anerben­recht geschaffen, das an die Stelle der zahllosen örtlichen Sonderrechte getreten ist.

Konteradmiral Emsmann s. In Berlin ist Konteradmi­ral Emsmann tm Alter von 78 Jahren gestorben. Er hißte im Jahre 188g auf der Insel Naura im Stillen Ozean die deutsche Flagge, ebenso i960 auf Samoa. Später war er erster Offizier auf der kaiserlichen Jacht Hohenzollern und Kommandant von Helgoland.

Nuntius Orsenigo 80 Jahre alt. Am 13. Dezember voll­endete der apostolische Nuntius Eesare Orsenigo das 60. Le­bensjahr. Im Februar 1930 bestimmte ihn Papst Pius Xl. zum Nachfolger des als Kardinalstaatssekretär im Vatikan berufenen bisherigen Nuntius Pacelli zum Vertreter des päpstlichen Stuhles bei Ser Regierung des Deutschen Reiches.

Eine Absage des ungarischen Ministerpräsidenten. Mini­sterpräsident Gömbös erklärte zu de» Aeußerungen des tschechoslowakischen Außenministers Benesch in Kaschau, tzorvrsrr-rusL kür Frieden in Europa sei die Beseiti­gung der Ungerechtigkeiten aus den Frieöensverträgen. Eine Teilnahme Ungarns an einem Bunde der Donaustaaten unter Führung Benescks komme vordem nicht in Frage.

Die zweite Besprechung zwischen dem Führer und dem französischen Botschafter in Berlin, Poncet, noch vor dem Besuch des italienischen Staatssekretärs Suvich in der Reichs­hauptstadt hat in Pariser politischen Kreisen offensichtlich überrascht. Die Tatsache dieser Unterredung wird von fran­zösischer Seite zunächst in folgender Weise erklärt:

Die erste Aussprache zwischen dem Reichskanzler und dem französischen Botschafter am 23. November habe weit­gehende und grundsätzliche Meinungsverschieden­heiten bezüglich des R ü st u n g s p r o g r a m m S deutlich gemacht. Da gewisse von deutscher Seite in diesem Zusam­menhang gestellte Forderungen u. Wünsche von französischer Seite als schwer erfüllbar bezeichnet oder überhaupt miß­verständlich aufgcfaßt worden seien, habe dir Neichsregie- rung es für gut befunden, den deutschen Standpunkt in der Rüstungsfrage ergänzend klarzulegcn und zu prä­zisieren.

Was aber den genauen Inhalt und Verlauf der Unter­redung zwischen dem Kanzler und Francois-Poncet anlangt, so zeigt man sich in Paris noch nicht genau unterrichtet. In Erivartung einer konkreten Mitteilung von amtlicher französischer Seite sind die Pariser Blätter fast ausschließ­lich auf Vermutungen ihrer Berliner Korrespondenten angewiesen, die zumeist die amtliche deutsche Verlautbarung zu Grunde legen. So glaubt derMatin", der bekanntlich als erstes Organ der Pariser Jnsormationspresse nachdrück­lich für eine unmittelbare deutsch-französische Aussprache eingctrcten ist, folgendes mittetlen zu können:

Francois-Poncet habe dem Kanzler eine Neihe er­gänzender Fragen über die im Laufe der Unter­redung vom 23. November entwickelten allgemeinen Ideen gestellt. Gewisse Fragen habe der Kanzler sofort klar beant­wortet, andere Fragen seien für spätere Verhandlungen Vor­behalten worden. Andererseits habe der Reichskanzler den französischen Botschafter gefragt, welche Ziele der französische Außenminister verfolge, indem er den offiziellen Besuch sei­nes tschechischen Kollegen in Paris empfange und seine eigen: Reise nach Prag und Warschau im voraus ankündigen lasse. Poncet Hab: darauf dem Reichskanzler Sie Versiche­rung gegeben, daß Frankreich keineswegs eine poli­tische Einkreisung des Reiches anstrcbe. Hingegen, so behauptet derMatin" abschließend, habe Poncet dem Reichs­kanzler nur bestätigen können, daß Frankreich zum minde­sten in seinen Grundzügen an den Ideen des Völker­bundes fcsthalte. Dieser Umstand schließe aber die Mög­lichkeiten unmittelbarer Verhandlungen zwischen Deutsch­land und Frankreich und die aufrichtige Hoffnung, dabei positive Ergebnisse zu erzielen, keineswegs aus.

Die offiziösen Blätter erklären, daß die bisherigen Ber­liner Besprechungen keine Verhandlungen seien, sondern nur der Feststellung dienen sollen, ob konkrete Ver­handlungen möglich §cien oder nicht. Die der

Trotz der beruhigenden Versicherungen der spanischen Negierung werden ans dem ganzen Lande neue Gewalt­taten des anarchistisch-syndikalistischen Pöbels gemeldet. In Madrid versuchte eine Gruppe von Syndikalisten das Findelhaus mit einer feuercrzcugendcn Flüssigkeit in Brand zu stecken. Nur durch das rechtzeitige Eingreifen des Personals konnte eine Katastrophe vermieden werden Die Anarcho-Syndikaliften scheinen es daraus abgesehen zu haben, den Generalstreik im ganzen Lande zu er-

Nach inoffiziellen Schätzungen betragen die Verluste aus den Zusammenstößen der letzten Tage an Loten 15 Polizei- bcamte und Zivilgardistcn und 60 Zivilisten, an Verwunde­ten 31 Polizisten und Zivilgardisten und 118 Zivilisten. Da jedoch ans einer ganzen Reihe von Orten genaue Nachrich­ten über die dortigen Opfer der Aufstandsbeivegung noch nicht eingegangcn sind, muß die Anzahl der Todesopfer auf wenigstens 125 und die der Verwundeten aus 808 bis 100 geschätzt werden.

Der spanische Innenminister erklärte, die Aufstandsbe­wegung sei in den mittleren und westlichen Provinzen völlig zusammengebrochen; im Nordosten Spaniens, der von vorn­herein das Hauptgcbiet der Aufstandsbewegung gewesen sei, könne es zwar noch hier und da zu einem kleinen Auf­flackern der Rebellion kommen, aber ernsthafte Gefahr sei auch von dort nicht mehr zu erwarten.

Im Laufe des Dienstag ist der größte Teil Spaniens wieder zur Ruhe gekommen. Die Schnellgerichte haben be­reits mit ihrer Arbeit eingesetzt. Das Militär ist zurück­gezogen worden. Lediglich in La Coruna und Granada ae-

Regierung nahestehenden Zeitungen bemühen sich, die kon­sequente Haltung Frankreichs gegenüber den deutschen For­derungen nachzuweisen. Im Vordergrund des Interesses steht nach wie vor die Stärke des künftigen deutschen Heeres und die Anrechnung der verschiedenen Verbände. Man scheint erkannt zu haben, daß cs in dieser Frage auch auf England und Italien ankommt und daß Frankreich durch allzu lau­ten Protest gegen die deutscheAufrüstung" nur die Not­wendigkeit seiner eigenen weitgehenden Ab­rüstung zur Diskussion stellen würde.

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AuS Berlin wird berichtet:

lieber die Unterredung des Reichskanzlers Adolf Hit­ler mit dem französischen Botschafter Francois-Poncet ver­breitet der Spezialdtenst der Harms-Agentur, der Kanzler habe sich bei Francois-Poncet über die wirkliche Absicht des französischen Außenminstcrs im Hinblick auf den bevor­stehenden Besuch Beneschs in Paris sowie Paul-Boncours bevorstehende Reisen in die Oststaaten Eropas erkundigt und beruhigende Versicherungen vom französischen Botschaf­ter erhalten.

Nach Erkundigungen von zuständiger Stelle handelt es sich hierbei nur um Kombinationen der Agentur, die dem Tatsachcninhalt der Unterredung nicht entsprechen. In das gleiche Gebiet der Kombinationen gehören die Behaup­tungen deSEcho de Paris", daß der Reichskanzler bei sei­ner Unterredung mit dem französischen Botschafter vom 23. November sich in Einzelheiten über Art und Zeitpunkt der Vernichtung der abzuschaffendcn Waffengattungen durch die nichtentwaffneten Staaten eingelassen hat.

In London nimmt man sich Zeit

Der englische Botschafter in Paris, Lord Tyrrell, ist am Dienstagnachmittag wieder von London nach Paris zurück- gekehrt, und wird dort die diplomatische Aussprache mit d r französischen Negierung über die Lage fvrtsetzcn. Der eng­lische Botschafter in Berlin ist über die Londoner Bespre­chungen auf dem laufenden gehalten worden, so daß er die Verhandlungen in Berlin weitcrführen und die deutsche Re­gierung von der englischen Auffassung unterrichten kann. Die deutschen A u s g l e i ch a n s p r ü ch e werden in Lon­don in all ihren Rückwirkungen eingehend untersucht. Die Erwägungen sind aber noch nicht zum Abschluß gekommen. In englischen Negierungskrcisen rechnet man damit, daß die diplomatischen Besprechungen sich zunächst mindestens bis zum Zusammentritt des Völkcrbundsratcs Ende Januar hinzichen werden.

In politischen Kreisen ist das Gerücht aufgetaucht, baß Ministerpräsident Chautemps und Außenminister Paul-Von- cour unter Umständen Wert auf einen persönlichen Gedan­kenaustausch mit MacDonald und Sir John Simon legen würden, che sie die deutsch-französischen Verhandlungen auf- nehmen.

zwingen. In Santiago, Algeciras, Saragossa, Granada und Gijon ist der revolutionäre Generalstreik ausgernsen wor- den. In der znletzt genannte» Stadt liegt der gesamte Ver­kehr still. Die Bevölkerung ist ohne Brot. Eine Straßenbahn wurde überfalle» und nach Räumung durch die Fahrgäste mit einer Bombe zerstört. In de« um Gijon liegenden Dör­fer» herrschen ebenfalls die Anarchisten, die die Verbin- dungsstraßen ausrisse« und die Licht- und Krastzentrale» zerstörten.

lang es den Syndikalisten, noch zwei Kirchen anzuzünden. In Ferrol, wo sich 3000 Werftarbeiter im Streik befinden, und in Pamplona kam es zu kleineren Zusammenstößen mit der Polizei. In Gijon dauert der Streik weiter, während in Saragossa, dem Hauptbrandherd, die Ruhe wieder hergestcllt ist, ebenso in Barcelona. Auch in Madrid hat die Aufforde­rung zum Generalstreik kein Gehör gefunden. Von Ferrol aus wurde der KreuzerLibcrtad" als Vorbeugungsmaß­nahme nach San Sebastian entsandt.

Die gesamten Rechtsparteien haben im Parlament eine Erklärung abgegeben, daß sie sich angesichts der anarcho- syndikalistischen Nevolutionsversuche restlos hinter die augenblickliche Negierung stellen. Man nimmt an, daß di« neue Negierung Lerroux am kommenden Freitag ge- bildet wird.

Belagerungszustand über Spanien

Unser Bild zeigt einen Maschinengewehrposten in den Straßen Madrids