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Rr. 210

Mittwoch, den 9. Septmebrr 1925.

Die Handelsvertragsverhandlungen.

. Der gegenwärtige Stand.

/ TU. Berlin, 9. Sept. Am 15. September werden die deutsch- französischen Handelsvertragsverhandlungen von deutscher Seite unter Führung Trendelenburgs wieder ausgenommen. Eine der Hauptschwierigkeiten wird hierbei die französische Zoll­tarifnovelle bilden. Wenn die Novelle rechtzeitig von dem Parlament verabschiedet werden wird, wird ein Definitivum möglich sein, im anderen Falle wird man sich mit einem Pro­visorium begnügen müssen. Gegenüber den deutsch-russischen Verhandlungen ist ein «roher Optimismus nicht am Platz. Wäh­rend vor 8 Tagen die Verhandlungen so standen, daß die deutsche Delegation im Begriff war, abzureisen, sind die Ver­handlungen zwar wieder in Fluß gekommen, eine endgültige Antwort steht aber noch aus. Die Verhandlungen erlitten eine Unterbrechung dadurch, daß beide Delegationen unter Führung des Grafen Brockdorff-Rantzau und Stomomiakoff in Linin- grad zur Jubiläumsfeier der Akademie weilten. Die deutsch- italienischen Verhandlungen nehmen ihren ruhigen Fortgang. Die Alarmmeldungen der Agentur Volta und des Corriere della Sera treffen nicht zu. Da am 1. Oktober der neue deutsche Zolltarif in Kraft tritt, scheint Italien einen Druck auf Deutschland ausüben zu wollen, um noch frühzeitig di« Ver­handlungen zum Abschluß zu bringen.

n-

Mitteleuropäische

WirtschaftsLagurrg.

Wien» 8. Cept. Heute vormittag wurde in Wien unter außerordentlich zahlreicher Teilnahme der in- und ausländischen wirtschaftlichen Vereinigungen die Mitteleuropäische Wirt­

eröffnet, der ein Bcgrüßungstelegramm der Generalsekretärs eröfnet der ein Begrüßungstelegramm des Generalsekretärs des Völkerbunds, Sir Eric Drummond, verlas. Hierauf hielt George Patsch-London einen mit lebhaftem Beifall aufgenom­menen Vortrag überWirtschaftskrise, Weltfrieden und inter­nationale Kreditbeziehungen", worin er die Kreditgewährung als das grundlegende Problem des heutigen Wirtschaftslebens bezeichnet« und für die Beseitigung aller den internationalen Handel hemmenden Schranken eintrat. Minister a. D. Eothein sprach sodann überDie gegenwärtigen wirtschaftlichen Ver­hältnisse Deutschlands". Er verwies auf die Gefahren, die der europäischen Wirtschaft durch die wirtschaftliche Balkanisierung Mitteleuropas und auch durch die Friedensdiktate überhaupt drohe. Auch der Dawesplan werde zu einem gewissen Zeit­punkt eine Revision erfahren müssen, weil die wirklichen Lei­stungen Deutschlands nicht unerschöpflich sein könnten und das Passivum der deutschen Handelsbilanz, das Eotheim in diesem Jahre auf fünf Milliarden Goldmark berechnet, schon wegen des Mangels an Absatzgebieten steigen müsse. Jedenfalls fei immer wieder mit Nachdruck zu betonen, daß nur durch das Niederveißen aller Schutzzollmauern und die Beseitigung der ungerechten Friedensdiktate eine Besserung eintreten könne. Nachdem noch der Präsident der französischen Handelskammern, Roger gesprochen hatte, wurde die Beratung auf heute nachmit­tag vertagt.

4 -

Der Wirtschaftskrieg mit Polen.

Getreideeinfuhr trotz Wirtschaftskrieg.

TU. Berlin, 9. Sept. Die preußische deutsch-nationale Land-' tagsfrvktion weist in einer Kleinen Anfrage darauf hin, daß trotz des Wirtschaftskrieges mit Polen auf dem Umwege über die Tschechoslowakei polnisches Getreide in großen Mengen in Deutschland eingeführt wird. Dadurch werde Polen die Mög­lichkeit gegeben .sich den Folgen des Wirtschaftskrieges zu ent­ziehen. Es wird gefordert, daß sich das Staatsministerium so- wrt mit der Reichsregierung in dieser Angelegenheit in Ver­bindung setzt.

Mirristerbefprechrmgen in Genf.

Nm die Autzenminifterkorrferenz.

Beschlußfassung über die Ministerzusammenknnft.

(TU.) Genf, 8. Sept. Pajnleve, Chamberlain und Briand oegabcn sich heute nachmittag nach Aix-les-Bains, um dem dort weilenden britische» Ministerpräsidenten Baldwin einen Besuch abzustattcn. Bei dieser Gelegenheit wurden die Berichte der Londoner Sachverständigen einer genauen Prüfung unter­zogen. Weiter wurde über die bevorstehende Zusammenkunft der alliierten Minister mit Dr. Strescmann, die Ende Septem­ber stattfinden soll, Beschluß gefaßt. Sowohl in englischen als auch in französischen maßgebenden Kreisen war man nicht ab­geneigt, der Zusammenkunft der Minister einen bedeutsameren Charakter durch die Teilnahme der Ministerpräsidenten zu ge­ben. Diese Anregung, die ursprünglich von deutscher Seite aus­ging, und durch die Absicht Mussolinis, an den Besprechungen teilzunehmen, neue Nahrung erhielt, war heute ebenfalls Ge­genstand der Ministerbesprechungen in Aix-les-Bains.

Die Einladung an Dr. Stresemann.

(TU.) Paris, 8. Sept. Aus Genf wird gemeldet, daß der französische juristische Sachverständige Fromageot heute dort eintrifft und daß heute abend der endgültige Text der Einla­dung, die an Dr. Stresemann zu der Lausanner Konferenz ergehen soll, festgesetzt wird. Die Einladung wird von Eham- berlain, Vandervelde, Briand und Scialoja unterzeichnet sein. Vandervelde wird Genf morgen verlassen, um einen kur­zen Urlaub im Süden zu verbringen. Briand beabsichtigt, die­ser Tage nach Paris zurückzukehren. Chamberlain wird sich eine kurze Ruhepause gönnen, die er in der Schweiz verbrin­gen will, um dann erst gegen Schluß der Völkerbundstagung nach Genf zurückzukehren. Die Stadtverwaltung von Lausanne hat mitgeteilt, daß sie glücklich sein werde, die Außenminister zu der geplanten Konferenz zu empfangen.

Eine optimistische Rede Chamberlain«.

(TU.) Genf, 8. Sept. Auf einem Festessen der Presse zu Ehren Painleves, Chamberlains und Vanderveldes äußerte sich der britische Minister des Aeußern sehr optimistisch über den Erfolg der Londoner Beratungen der Sachverständigen. Es sei seit den Londoner Verhandlungen ein größerer Fort­schritt erzielt worden, als Chamberlain jemals erwartet hätte, aber es wäre törich, zu glauben, daß nun bereis alles erreicht ft'^Die Außenminister würden in ihrer Zusammenkunft, die nicht fern von Genf stattfinden würde, noch manche Schwierig­keiten zu überwinden haben. Zum Schluß erklärte Chamber« E"' ^ sehe voller Hoffnung in die Zukunft und erwarte be- mrr, r. '"r nächsten Jahre sich auch jeder Staat, der dem Völkerbund noch fern stehe, in Genf an den allgemeinen Bera­tungen über den Frieden beteiligen werde.

Briand über die Paktverhandlunge«.

, 9. Sept. Die Morgenblütter geben eine Unter«

. iands mit einem deutschen Pressevertreter wieder,

Stresemann Ende September zusammcnzutreffen. Als den spä­testen Termin betrachtet er Anfang Oktober. Briand erklärte dann weiter: Es läge jetzt an Deutschland, das entscheidende Wort zu sprechen. Briand werde auch aus dieser Konferenzseine ehrliche Friedenspolitik fortsetzen. Wörtlich sagte der fran­zösische Außenminister dann:Sagen Sie, daß ich meine Kar­ten offen auf den Tisi^ schen Denischl<

alles sprechen. . ... .,_....

Länder finden oder wir gehen alle zugrunde. Wir sind Dr. Stresemann entgegengekommen, um ihm seine Politik zu er­leichtern. Wenn er auf die Konferenz kommt, soll er wißen, daß er festen Moden unter den Füssen hat. Wir werden uns

das unserer Arbeit einen besonderen Impuls geben. Wirtschaft­lich ist die deutsch-franMsche Verständigung durchaus möglich, st« wird zum Teil schon eingeleitet. Aus politischem Gebiet wird sie schwieriger, aber doch möglich sein.

Dr. Gaus wieder in Berlin.

(TU.) Berlin, 9. Sept. Ministerialdirektor Dr. Gaus ist von der Londoner Juristenkonferenz nach Berlin zurückgekehrt. Man nimmt an, daß er in den nächsten Tagen mit dem Reichskanzler und dem Reichsaußenminister Zusammentreffen wird. Die Genfer Gerüchte, wonach eine Einladung an Dr. Stresemann zu einer Konferenz der Außenminister bereits er­folgt sei, entsprechen nicht den Tatsachen. Jedenfalls ist eine solche Einladung in Berlin nicht eingetroffen.

Einheitsfront der kleinen Entente.

TU. Genf, 9. Sept. Di« Minister der Kleinen Entente, Benesch (Tschechoslowakei), Nintschitsch (Südslawien) und Duca (Rumänien) traten gestern zu einer kurzen Besprechung zu­sammen, um ihre Richtlinien für eine gemeinsam« Politik fest­zulegen. Den Hauptgegenstand der Beratungen bildete der Viftwurf eines Ostpaktes über den eine vollkommen« Einigung erzielt wurde. Nach Schluß der Beratungen begab sich Nint- schitsch und der Führer der kroatischen Bauernpartei Raditsch, nach Evian, um dem dort weilenden Ministerpräsidenten Pa- sitsch einen Besuch abzustatten. ^

Die Borfitzenden der Bölkerbnndskommisfionen.

TU. Genf, S. Sept. Die sechsköpsige Kommission des Völ­kerbundes trat gestern vormittag zusammen, um sich zu konsti­tuieren. Jeder Staat ist nach Möglichkeit in einer Kommission durch einen Delegierten vertreten. -Die Kommissionen wähl­ten hierauf ihre Vorsitzenden und zwar für die 1. Kommission (die juristische Kommission) Scialoja-Jtolien, für die 2. (die lmisiion für technische Fragen) van EysinSi-Holland, für

" ' l, für (die

^ di«

6. (die politische Kommission)'Guerrero«San Salvador.

Wahl von K weiteren Vizepräsidenten durch die Voll­versammlung.

TU. Eens, 9. Sept. Nachdem sechs Vizepräsidenten durch

Mionen bestimmt

SS. Jahrgang

Tages-Spiegel.

Das Reichskabinctt wird voraussichtlich am 17. September zu den Ergebnissen der Londoner Juristenkonfercnz Stellung nehmen.

Gegen die Deutschen Ost-Oberschlesiens hat eine systematische, von der polnischen Regierung unterstützte Hetze eingesetzt.

Reichspräsident v. Hindenburg ist gestern abend von München wieder in Berlin eingetroffen.

Die Ratifikationsurkunden des Handelsvertrages zwischen Deutschland und Großbritannien sind heute in London aus­getauscht worden.

Ende September werden in der südlichen Eifel große Hebungen französischer Truppenkörpcr stattfinden. Für die Manöver dürste hauptsächlich die Gegend von Mayen, Adenau und Ahrweiler in Frage kommen.

In Washingtoner Kreisen verlautet, daß der in diesem Monat in Newyork eintreffende Finanzminister Caillaux beabsichtigt, für die Barbezahlung der Kriegsschulden an Nordamerika die französischen westindischen Besitzungen anzubieten.

Der Vizepräsident der Bank Polsli ist von seiner Amerika, und Englandreise zurückgekehrt. Es ist ihm nicht gelungen, in Amerika den 2. Teil der polnische« Anleihe zu erhalten.

Die griechische und dj« jugoslavisch« Regierung haben sich ge­einigt, zur Sl '

ein seit dem anznrufen.

>r Regelung der verschiedene« strittigen Fragen, die Friedcnsschluß bestehen, Rumänien als Schiedsrichter

barer Sturm, der seit einigen Tagen a» der Siidküste wütet, zerstörte in Kynshu LSS Häuser. SV Schisse 5in der Räbe von Fasan wurde» ourck eine Sturm-

E»n furchtbarer Koreas

sanken. In der Nähe von Fnsän wurden durch eine Sturm­flut sv Häuser fortgrrissen. Biele Menschenleben find zu beklagen.

worden find, wählte die Vollversammlung noch weitere 6 Vize­präsidenten und zwar Jshiwgapan, Chamberlain-England, Briand-Frankreich, Duca-Rumänien, Lemita-Vcnezuela und Prinz Arsa-Persren. Da die hiermit gewählten Vizepräsidenten keinerlei Pflichten und Aufgaben haben, ist ihre Wahl lediglich als eine Ehrung des Staates anzusehen, dem sie angehörcn.

Der Krieg in Marokko.

Vor neuen Anrissen Abd cl Krims.

TU. London, 8. Sept. Wie aus Madrid gemeldet wird, herrscht dort di« größte Bestürzung Wer Abd «l Krims Ofen- stve gegen die spanische Maroklofront bei Tetuan. Die Marok­kaner ziehen hinter der Front immer wieder neue Truppen zusammen, die sie zu einem großen Angriff gegen das spanisch« Hauptquartier in Ajdir ei »setzen, Primo de Rivera zieht an bedrohten Stellen der spanischen Front starke Artillerie zur Ab­wehr zusammen, da sich in den letzten Kämpfen besonders die feindliche Artillerie in auffallender Stärke bemerkbar gemacht bat. Selbst spanische Flieger waren vor dem Abwehrfeuer der Marokkaner nicht sicher. Albe Berichte, die von der Front kom­men, find sehr stark zensiert, sodaß in Madrid der Eindruck zu Gunsten der Spanier geändert ist.

Die Rifleute fetzen ihre Angriffe sort.

TU. Pari«, g. Sept. Nach einer Meldung aus Fez setzen die Rffleute ihre Angriff« im Raum von Jssual trotz schauerer Ver­luste hartnäckig sort. Die Araberstämme, die noch vor kurzem mit den Franzosen wegen ihrer Unterwerfung verhandelten, haben die Verhandlungen abgebrochen und beteiligen sich wie­der an den Kämpfen gegen Ä« Franzosen. Unter den Araber- stammen hinter der französischen Front macht sich wieder eine besonders starke Prapagandatätiigkeit der Stenten Abd el Krims bemerkbar. Der Umschwung in der Haltung der Am­be tstämme wird darauf zurückgeführt, daß sich die Kerntruppen der Rifleute an den Kämpfen beteiligen und die Angriffe von Abd el Krim geleitet werden.

Erst« spanische Truppenlandung in Marokko.

TU. Madrid, 9. Sept. Heute nachmittag sind unter dem Befehle des Generals Saro die ersten spaniphen Truppen auf der Halbinsel Moro Nuova in der Bucht von AHuremas ge­landet worden. Die Truppen konnten sich unmittelbar nach ihrer Landung verschanzen, ohne auf wesentlichen Widerstand der Rifleute zu stoßen.

Fnnkspruch Prinu» de Rtoeras an Kitzlig und Regierung.

TU. Paris, 9. Sept. Nach einem amtlichen Bericht ad Madrid hat General Primo de Rivera von Bord desAlse 13" aus an den König und die Regierung folgenden F' sprach gerichtet: ,T>i« Truppen sind heute mittag in der B von Tebadilla gelandet. Um 12.80 Uhr haben sie unter Führung des Generals Saro nach kurzer Artillerievorbereitu ohne großen Widerstand die Stellungen des Feindes besetzt.

FranzSfische

TU. London, 8. Sept. Der amtliche englische

Niederlage t» Syrien.

Der amtliche englische Funkspruch bringt eine Meldung aus Bagdad, wonach die zum Entsatz der belferten Garnison von Sueida ausgesandte französische Ko« lonme in einen Hinterhalt gefallen ist und völlig aufgcricben wurde. Ueber 1500 Manu wurden getötet, den übrigen gelang es, in größter Unordnung zu entkommen. Den Drusen ist ein ganzes Artillerieregimeut in die Hände gefallen. Die Gar­nison von Sueida hat sich ergeben. Damaskus ist urumtteibar