Verhandelt am 23. IM 1923.

Inhaltsübersicht:

8 1. Landwirtschaftliche Wintecschule.

8 2. Voranschlag der Amtskörperschaft für das Jahr 1922.

8 3. Entschädigung der Mitglieder des Be­zirksrats und der Amtsversammlung. 8 4. Kleinrentnerfürsorge.

8 3. Beschaffung einer Mehlreserve.

Beginn: vorm. 8'/z Uhr. Schluß: nachm. 12','s Uhr.

Anwesend:

Obecamtmann Münz als Vorsitzender,

29 stimmberechtigte Vertreter,

19 Mitglieder ohne Stimmrecht,

Von den Mitgliedern des Bezirksrats, die nicht der Amtsversammlung angehören: Hirschwirt Kleiner, Ebhausen, Gutsbesitzer Dettling, Obertalheim, Obecamtspfleger Rapp,

Sparkassen- Direktor Killinger, Schriftführer Verwalter Rieger.

Der Vorsitzende eröffnet die Amtsver­sammlung mit dem Hinweis darauf, daß der Bezirksrat im Hinblick auf Punkt 1 der Ta­gesordnung die Einberufung einer außeror­dentlichen Amtsversammlung beschlossen habe.

Hierauf wird die Anwesenheit der stimm­berechtigten Vertreter der Gemeinden festge- stellr, wobei sich ergab, daß der Vertreter von Wildberg trotz erfolgter Ladung zur Sitzung nicht erschienen ist.

8 i.

Landwirtschaftliche Winterfchule

Durch Beschluß der Amtsversammlung vom 24. April 1922 ist der Bezirksrat beauftragt wor­den, die nötigen Schritte zur Errichtung einer landwirtschaftlichen Winterschule in Nagold in Bälde zu unternehmen.

Die seither in der Sache verhandelten Akten wurden vorgetragen, insbesondere der Beschluß des Bezirksrates vom 16. Juli ds. Is. Hienach hielt es der Vezirksrat für wünschenswert, sofort eine landwirtschaftliche Winterschule zu erbauen.

Da der Platz sowohl in den Anlagen des Bezirkskrankenhauses als auch der Gemüsegarten des Bezirkskrankenhauses weniger in Betracht komme, auch das beim Stadtbahnhof gelegene, der Amts- körperschaft gehörige Grundstück nur dann in Frage käme, wenn der Nachbar, Gutsbesitzer Mayer, in einen Tausch einwilligen würde, fand im Bezirksrat der Wunsch einstimmige Annahme, die landw. Winterschule auf dem städtischen Sportplatz, gegenüber der Knoll'schen Fabrik, zu erstellen, unter der Vor­aussetzung daß die Stadtgemeinde Nagold der Amtskörperschaft Len erforderlichen Platz unentgeltlich abtrete.

Die Bezirksratsmitglieder Kleiner und Dettling nnterstützen auf das Lebhafteste den Be­schluß des Bezirksrats, da nur der untere Teil des Oberamtsbezirks von der Winterschule in Calw Vorteil habe, die Gemeinden des übrigen Bezirks aber ein gleiches Anrecht auf bessere Ausbildung ihrer Söhne haben; was das Gewerbe schon habe, dürfe der Landwirtschaft rächt vorenthalten werden.

Hierauf entwickelt sich eine eingehende Aussprache. Schultheiß Wagner von Spielberg hält die ganze Frage in erster Linie für eine Finanzfrage; er frägt an, wie groß die Zahl der Schüler in Caliv aus dem Bezirk Nagold sei und wünscht Auskunft, ob nicht das Lehrerseminar irgendwie zur Verfügung gestellt werden könne. Die Stadtgemeiude Nagold müsse bei der Sache ganz besondere Opfer bringen, ebenso der landwirtschaftliche Bezirksverein, bezw. die Landwirtschaft selbst. Wichtiger erscheine ihm, daß die Weglast den Gemeinden ab und auf die Amtskörperschaft übernommen werde.

Hirschwirt Kleiner gibt zur Antwort, daß, soviel er wisse, im ersten Schuljahr die Calwer Schule von 28 Schülern des hiesigen Bezirks sl von Neuenbürgs und im zweiten Schuljahr von 24 Schülern und zwar vorwiegend aus den Gemeinden des unteren Bezirks besucht worden sei.

Gemeinderat Studienrat Weinbrenner gibt Aufschluß über die Seminarfrage; im Laufe dieses Herbstes müsse die Behörde Entscheidung treffen, in welcher Form das Seminar weitergeführt werde, da statt 6 Jahrgängen jetzt nur noch 3 vorhanden seien. Noch am letzten Freitag sei es einer Abord­nung von Nagold nicht gelungen, eine bindende Erklärung der Stuttgarter Stellen zu bekommen, da die Entscheidung in Berlin noch nicht getroffen sei. Jedenfalls werde das Seminar unter allen Um­ständen als Internat weitergeführt, sodaß für andere Zwecke nicht viel Raum geschaffen werden könne.

Stadtschultheiß Maier gibt Aufschluß über die neuen Schulverhältnisse und die seitherigen Verhandlungen mit den Oberschulbehörden. Die Stabtgemeinde sei bereit, die Gewerbeschule durch einen Flügelanbau so zu vergrößern, daß auch die landwirtschaftliche Winterschule Unterkunft finden könnte. Die Erfahrung zeige, daß es immer besser sei. selbständig zu bleiben, als bei Nachbarbezirken unterzustehen. Die Stadtgemeinde sei bereit alles zu tun, was in ihren Kräften stehe, die Vorfrage müsse aber geklärt sein, ob die Landwirtschaft eine besondere Schule wolle oder nicht.